Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Heute legt der Senat Ihnen das erste Mobilitätsgesetz in Deutschland vor. Berlin ist damit Vorreiter. Das Mobilitätsgesetz, das wir heute ins Parlament einbringen, ist die Grundlage für tief greifende Veränderungen Berlins in den kommenden Jahren. Sie sind dringend notwendig, denn wir wollen die Mobilität des 21. Jahrhunderts
Wir wollen Berlin zu einer Stadt machen, in der Menschen schneller als bisher von A nach B kommen, in der sie nicht im Stau stehen, in der es keine Verkehrstoten oder Schwerverletzten gibt und in der die Luftverschmutzung der Vergangenheit angehört.
Wir wollen, dass im Jahr 2025, vielleicht auch 2030 Menschen aus aller Welt zu uns kommen, weil wir zu denen gehören, die Standards für moderne urbane Mobilität setzen. Im Augenblick ist es doch so, dass wir in die ausländischen Metropolen reisen müssen, um uns Anregungen zu holen, bei der Förderung der Elektromobilität, für eine neue Fahrradkultur, für die Reduzierung des Dauerstaus. Mit diesem Mobilitätsgesetz legen wir die erste wichtige Grundlage dafür, dass Berlin bald anders aussehen wird. Berlin wird lebenswerter und menschenfreundlicher.
Heute ist es schon mehrfach angeklungen, und deshalb werde ich, bevor ich zu den Inhalten des Mobilitätsgesetzes komme, zunächst kurz auf den Prozess der Erarbeitung eingehen, denn dabei sind wir auch schon neue Wege gegangen: Die Erarbeitung steht stellvertretend dafür, wie wir Partizipation verstehen und wie wir gesellschaftliche Teilhabe an Veränderungen haben wollen.
Das Gesetz wurde in einem sehr transparenten und öffentlichen Verfahren in direktem Dialog mit der Stadtgesellschaft, mit Bürgerinitiativen, Verbänden und Parteien, Fraktionen und Bezirken entwickelt, aber eben nicht mit den einschlägigen Lobbygruppen und ihren Anwaltskanzleien. Die zentralen Meilensteine wurden im Mobilitätsbeirat intensiv beraten.
Die Impulse für die Erstellung des Radverkehrsteils kamen maßgeblich aus der Zivilgesellschaft und haben sich dann in der Initiative „Volksentscheid Fahrrad“ gebündelt. Diese Impulse hat die Regierung aufgenommen, und es wurden mit der Initiative, mit weiteren Akteuren der Stadtgesellschaft, Vertreterinnen und Vertretern der Koalitionsfraktionen und der Verwaltung in einem intensiven Diskussionsprozess die Eckpunkte für diesen Radverkehrsteil entwickelt. Dabei waren auch einige hier im Parlament beteiligt. – Ihnen allen möchte ich ausdrücklich meinen Dank aussprechen!
Den Gesetzentwurf haben wir im Anschluss einer breiten Verbändebeteiligung unterzogen, und nach dem Mitzeichnungsverfahren und zahlreichen Hinweisen aus den
Herr Schmidt! Es ist eben nicht so, dass die Bezirke es ablehnen, sondern die Bezirke haben sich intensiv beteiligt. Das zeigen nämlich die vielen Hinweise. Wenn wir das verkehren und sagen, dass Hinweise Ablehnung bedeuten, dann möchte ich sehen, wie sonst Beteiligung stattfinden kann.
Und ich bin besonders stolz auf dieses Gesetz, weil das Berliner Mobilitätsgesetz ein Paradebeispiel dafür sein kann, dass sich Menschen eben nicht aus der Gesellschaft verabschieden, dass wir sie nicht nur als Wutbürger sehen, sondern dass sie ein Bündnis eingehen und mutig und gemeinsam mit der Regierung die Zukunft gestalten. Das ist positiv!
Das Mobilitätsgesetz wird substanziell aus fünf Teilen bestehen; drei davon liegen Ihnen jetzt vor: der allgemeine Teil mit den Zielsetzungen, der ÖPNV-Teil und der Radverkehrsteil. Zwei weitere Teile werden in diesem Jahr erarbeitet; es ist der Fußverkehrsteil und der Teil Intelligente Mobilität. Wie der Wirtschaftsverkehr noch weiter integriert werden soll, wird augenblicklich nämlich mit den Wirtschaftsverbänden zusammen beraten und besprochen. Die Ergebnisse werden im Herbst vorgelegt. – Sie, Herr Scholtysek, sind doch Teil dieser AG Integriertes Wirtschaftsverkehrskonzept: Insofern sind Ihre Vorwürfe hier unverständlich, und ich buche sie ab als reine Propaganda.
Lassen Sie mich herausstreichen: Wegweisend in dem Mobilitätsgesetz sind vor allem die Ziele, die in ihrer Gesamtheit zu einer sicheren und umweltfreundlichen Mobilität für alle und an allen Tagen rund um die Uhr führen sollen. Wegweisend ist die herausragende Bedeutung der Verkehrssicherheit, bei der als Ziel die sogenannte Vision Zero formuliert wurde. Und wegweisend – das ist zumindest meine Auffassung – sind die darin verankerten Klimaschutzziele, bei denen das Pariser Klimaschutzabkommen handlungsanleitend sein wird. Natürlich ist es wichtig, dass die Städte hier Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen. 70 Prozent der Menschen leben in Städten – wenn nicht wir, wer soll es denn dann tun? Das Gesetz stärkt darüber hinaus den Umweltverbund, um die Leistungsfähigkeit des gesamten Verkehrssystems zu verbessern.
Hier wurde schon mehrmals angesprochen: Ganz neu ist natürlich der Radverkehrsteil, mit dem wir endlich auf den sich seit Jahren abzeichnenden Trend zum Fahrrad
reagieren. Das gilt für Berlin, aber genauso gilt es für andere Metropolen wie Moskau, Paris, Wien, London oder New York. Überall auf der Welt ist der Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur ein großes Thema, denn es ist erkennbar, dass wir ohne angemessene Infrastruktur zukünftig chaotische Verhältnisse auf den Straßen haben werden, bzw. wir haben sie augenblicklich schon. Eine gute Radverkehrsinfrastruktur, zu der ein lückenloses Radverkehrsnetz, Radschnellverbindungen, aber auch Fahrradparkhäuser gehören, ist zwingend notwendig und in dem Gesetz niedergelegt.
Ja, wir wollen Menschen motivieren, vom Auto umzusteigen – umzusteigen auf das Rad oder den öffentlichen Personennahverkehr oder auch, zu Fuß zu gehen. Das Mobilitätsgesetz eröffnet eben nicht den Kulturkampf mit dem Auto, aber Menschen werden weniger auf das Auto angewiesen sein, da die Alternativen sehr gut ausgebaut sein werden – in der Zukunft, nicht heute. Richtig ist aber auch, dass sich die Rolle des Autos in der Stadt von morgen verändern wird und ändern muss. Die Menschen werden den Lärm, die Luftverschmutzung und die Inanspruchnahme des öffentlichen Raumes durch die Autos mit Verbrennungsmotor zunehmend weniger akzeptieren. Das Leipziger Urteil zeigt uns da, wo wir stehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition! Ich habe ihnen sehr genau zugehört. Ihre Ausführungen reichten von Beschuldigungen über eine ideologische Verkehrspolitik bis hin zur Klientelpolitik. Und genau das weise ich entschieden zurück!
Aber bei Ihren Ausführungen – das muss ich auch sagen – ist mir aufgefallen: Es war keine einzige neue Idee dabei, die in die Zukunft weist.
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN – Ronald Gläser (AfD): Bei Ihnen auch nicht!]
Sie ignorieren den technologischen, aber vielleicht noch viel wichtiger den gesellschaftlichen Wandel.
Wir sind heute aufgerufen, das Berlin von morgen und übermorgen zu denken und die Weichen dafür zu stellen.
Für uns ist ein „Weiter wie bisher“ keine Option. Das wird in die Sackgasse führen. Wir wollen Innovation statt Stillstand. Wir wollen Gesundheit statt Stickoxidbelastung. Wir wollen im internationalen Maßstab bei den neuen Mobilitätstechnologien führend sein, statt weiter Ladenhüter wie den Diesel zu päppeln.
Wir wollen die Mobilität des 21. Jahrhunderts gestalten. Dieses Gesetz legt die Grundlage für ein zukunftsfähiges und attraktives Berlin, und es ist die Basis für eine nationale, aber auch internationale Strahlkraft, die von dieser Stadt ausgehend wird. – Ich danke Ihnen!
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Der weitere Niedergang der deutschen Autoindustrie!]
Zur Gesetzesvorlage Drucksache 18/0878 wird die Überweisung federführend an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz und mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales und an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Bekanntermaßen müssen die Fragen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen, und sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein, sonst werden wir die Fragen zurückweisen.
Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu, eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden. Für die erste Frage rufe ich nun ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Redepult zu treten. Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Herr Kollege Schneider! Bitte schön, Sie haben das Wort!