Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu, eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden. Für die erste Frage rufe ich nun ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Redepult zu treten. Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Herr Kollege Schneider! Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die inakzeptablen Hängepartien und Verzögerungen sowie das unberechenbare und unverlässliche Zickzack bei den planerischen und sonstigen Umsetzungen großer Infrastrukturmaßnahmen im Bezirk Pankow – z. B. beim seit Jahren finanzierten Bau einer Schwimmhalle, der Schaffung von 1 600 Schulplätzen und Hunderten von Wohnungen auf der Brache des ehemaligen Rangierbahnhofs und in Blankenburg-Süd?
Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Als Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen habe ich natürlich mit den gesamtstädtischen Planungen sehr viel zu tun, aber nicht mit allen Projekten, von denen Sie hier sprechen. Wir müssen allerdings feststellen, dass die Herausforderungen der wachsenden Stadt uns alle gleichermaßen treffen und dass die Vorbereitungen darauf sowohl planerisch als auch ressourcenmäßig nicht auf dem Stand sind, auf dem wir jetzt zu geordneten Umsetzungsprozessen kommen können.
Der Blankenburger Süden, den Sie auch angesprochen haben, ist ja, wenn ich mich recht entsinne, 2015 bei der Aufstellung des Städtebauprogramms für die wachsende Stadt erstmals ins Gespräch gekommen. Hintergrund war und ist die Tatsache, dass es dort eine 70 Hektar große landeseigene Fläche gibt, die als gut bebaubar gilt. Die Vorbereitungen dieses Projektes haben gezeigt, dass es weit mehr ist als die Erschließung eines Wohnungsbaupotenzials auf einer konkreten landeseigenen Fläche, sondern dass man hier ein Stadtentwicklungsprojekt mit erheblicher Größenordnung und einem erheblichen Koordinierungs- und Abstimmungsbedarf hat.
Am Samstag ist dafür die Bürgerbeteiligung gestartet, der verschiedene politische Beschlussfassungen vorausgingen, die dieses Haus auch zur Kenntnis genommen hat – u. a. die Festlegung eines Untersuchungsgebietes für eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme und die Festlegung eines Vorkaufrechtsgebietes in den gleichen Abmessungen, weil es nicht ganz unwichtig ist, dass man auch die Verfügung über die für die Entwicklung notwendigen Flächen erhält. Es ist ein sehr anspruchsvolles Projekt, und es ist ein mit sehr vielen Konflikten behaftetes Projekt. Das heißt, da besteht Klärungsbedarf. Dort sowohl den Planungsprozess als auch den Kommunikati
onsprozess so auszurichten, dass wir tatsächlich einen Schritt vorwärts kommen, um den Herausforderungen der wachsenden Stadt gerecht zu werden, das ist eine Aufgabe, der ich mich stelle und der wir uns alle gemeinsam stellen müssen. – Vielen Dank!
Herr Kollege Schneider! Sie wünschen eine Nachfrage zu stellen? – Dann bekommen Sie das Wort. – Bitte schön!
Jetzt mit Blick auf Rangierbahnhof und Schwimmhalle: Ist der Senat in Ansehung der Tatsache, dass hier Investitionen von insgesamt mehr als 1 Milliarde Euro, Tausende Wohnungen sowie Schulen und Arbeitsplätze in Rede stehen, mit mir der Ansicht, dass der Senat die erforderlichen Planungen wegen ihrer herausgehobenen gesamtstädtischen Bedeutung an sich ziehen sollte, und falls nicht: Worin liegt der inhaltliche Unterschied zu den Planungen auf dem Gelände des Güterbahnhofs in Treptow-Köpenick, die der Senat an sich gezogen hat?
Herr Schneider! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich greife Ihre letzte Frage auf, weil sie das ganz gut klarmacht. Beim Güterbahnhof Köpenick gibt es ein nicht ganz so kompliziertes, aber durchaus komplexes Planungsverfahren, das mit dem Blankenburger Süden vergleichbar ist. Es ist dort in Abstimmung mit dem Bezirk inhaltlich sehr gut so weit vorbereitet, dass auch in Abstimmung mit dem Bezirk gemeinsam entschieden wurde, dass dieses Bebauungsplanverfahren auf der Ebene der Senatsverwaltung durchgeführt wird. Das ist übrigens beim Blankenburger Süden genauso. Auch dort sind die Planungen, die künftig anschließenden Planungen Sache des Senats und des Abgeordnetenhauses. Hier sind wir noch nicht so weit. Aber auch dort ist jetzt schon klar, dass die Planungen durch die Senatsverwaltung durchgeführt werden.
Was die Schwimmhalle angeht, ist das ein Punkt, den ich mir gern einmal vertiefend anschauen kann. Dieses Thema ist bisher zu keinem Zeitpunkt an mich herangetragen worden.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Noch mal zurück zum Blankenburger Süden: Frau Senatorin! Können Sie uns das bitte noch einmal darlegen? Die Bürgerbeteiligung ist mit dieser Auftaktarena am Samstag gerade erst gestartet. Es steht noch nicht fest, in welchem Umfang dort wirklich Wohnungsbau entsteht? Es steht noch nicht fest oder steht fest, dass es eine Verkehrserschließung geben wird? Wie wollen Sie das Vertrauen, das durch den sehr misslungenen Start jetzt ein Stück weit abhandengekommen ist, bei den Bürgerinnen und Bürgern wieder aufbauen, dass das dort tatsächlich mit den Anwohnerinnen und Anwohnern neu entwickelt wird und dann auch ein zukunftsfähiges Quartier im Blankenburger Süden entstehen kann?
Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Was feststeht, habe ich ja gerade gesagt. Wir haben dort eine landeseigene Fläche, auf der man Wohnungsbau errichten könnte, und dazu gab es hier aus diesem Haus auch Aufträge, entsprechende Planungen vorzubereiten. Es steht fest, dass dort nichts zusätzlich gebaut werden kann, ohne dass vorher sowieso bestehende Probleme in diesem Raum gelöst werden. Dazu gehört die Verkehrserschließung, dazu gehören jetzt schon bestehende Ausstattungsdefizite z. B. im Bereich der Schulversorgung. Dazu gehören Dinge, die schon sehr lange – gerade die Abgeordneten aus Pankow werden es wissen – im Gespräch und umstritten sind. Ich nenne mal das Stichwort: Verkehrslösung Heinersdorf. Das sind also sowieso Probleme in diesem Raum.
Es hat sich dort seit 1990 eine rasante städtebauliche Entwicklung abgespielt, die – ich will mal sagen – einen etwas spontanen Charakter dahin gehend hatte, dass sie eben nicht in eine Gesamtstrategie des städtischen Wachstums und der Infrastrukturbegleitung eingebettet war. Das ist etwas, was wir jetzt nachholen müssen, und deshalb sind wir auch in einer Situation, dass es ein sehr langfristiges Verfahren ist. In diesem langfristigen Verfahren haben wir am Samstag den Auftakt der Bürgerbeteiligung gehabt. Dieser Auftakt der Bürgerbeteiligung ist in einem Vorkommunikationsprozess vorbereitet worden, der tatsächlich das Beteiligungskonzept zum Inhalt hatte. Wir haben jetzt auch die Erfahrung vom Samstag. Ich war ja von Anfang bis Ende da und weiß also, wie die
Erwartungen dort sind. Erwartungen, dass man die Stadt weiterentwickeln kann, ohne dass es jemand merkt, sind natürlich Erwartungen, die man von Vornherein enttäuscht. Das ist klar. Das ist dort auch offen und klar kommuniziert worden.
Wenn wir z. B. darüber reden, dass Verkehrslösungen Voraussetzung dafür sind, dass man überhaupt ein Wohnungsbaupotenzial erschließen kann, zeigt sich, dass es natürlich auch Betroffene von solchen Verkehrslösungen gibt. Die Beteiligung von Betroffenen ist übrigens etwas, was erst stattfinden kann, wenn die Planungen so weit vorangeschritten sind, dass man auch genau weiß, worin die Betroffenheit konkret besteht. Die Bürgerbeteiligung ist also gestartet. Sie hat angefangen, und wir sind auf einem langen, durchaus komplizierten Weg.
Wir kommen nun zur Frage der CDU-Fraktion. – Frau Kollegin Seibeld – bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! – Ich frage den Senat in Anbetracht der richtigen Entscheidung des Regierenden Bürgermeisters, für das Land Berlin im Bundesrat der Aussetzung des Familiennachzugs zuzustimmen, wie es um den Koalitionsfrieden bestellt ist.
Erst einmal freue ich mich darüber, dass Sie offensichtlich die Entscheidung im Bundesrat, die das Land Berlin getroffen hat, nachvollziehen können. Ich will an der Stelle aber sagen, dass es bei einem so wichtigen Thema – das ist es ohne Zweifel, denn die Frage, wie wir es mit dem Familiennachzug halten, hat eine große integrationspolitische Bedeutung – auch völlig richtig ist, sich darüber auszutauschen und auch unterschiedliche Positionen zu haben.
Ich glaube, dass wir uns in der Koalition sehr einig sind, dass der Familiennachzug von großer Bedeutung ist und dass er auch sichergestellt sein muss, weil nur dann Integration wirklich möglich ist. Dazu sind die Entscheidungen im Bundestag gefallen. Wir hatten uns im Bundesrat zum Verfahren zu verhalten. Zu diesem Verfahren war mir wichtig, dass sich das Land Berlin enthält, weil ich keine andere Möglichkeit gesehen habe, über einen Vermittlungsausschuss auf diese Frage noch einmal inhaltlich Einfluss nehmen zu können. Das ist die Position. Insofern hat das, glaube ich, keine nachhaltigen Auswirkungen auf den Koalitionsfrieden, um den Sie sich sorgen. Hier ging es um eine wichtige politische Frage, zu der wir unterschiedliche Positionen ausgetauscht haben. Letztendlich enthält man sich dann auch im Bundesrat, wie das bei Meinungsverschiedenheiten üblich ist. Das ist im Koalitionsvertrag geregelt, Sie wissen das. Das war mit der CDU genauso.
Wie wird sich denn diese Entscheidung auch im Rahmen der Richtlinienkompetenz auf die Abschiebezahlen in Berlin auswirken?
[Katina Schubert (LINKE): Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun! – Frank-Christian Hansel (AfD): Wir reden über Zuzug, nicht über Wegzug!]
Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Da sehe ich gar keinen inhaltlichen Zusammenhang. Wir haben über die Entscheidung im Bundestag einen geregelten Familiennachzug. Wie gesagt: Das kann man inhaltlich so oder so bewerten. Ich will hier noch einmal deutlich auch für mich betonen, dass ich es richtig und wichtig finde, dass es Familiennachzug gibt. Das andere ist aber die Frage, wie wir mit Abschiebungen umgehen bei Menschen, die nicht einen entsprechenden Aufenthaltsstatus haben. Ich glaube, es ist nicht sachgerecht, da eine Verbindung herzustellen.
Herr Regierender Bürgermeister! Die Frage der CDU galt ja dem Koalitionsfrieden. Ist Ihnen erinnerlich, dass im Jahr 2002 die Koalition von Brandenburg mal im Bundesrat versucht hat, mit Ja und Nein gleichzeitig abzustimmen? Unter anderem war der Kollege Schönbohm von der CDU beteiligt.
[Heiko Melzer (CDU): Er wollte auch noch einmal nachfragen! – Danny Freymark (CDU): Dank! – Torsten Schneider (SPD): Das haben wir dreimal geprüft! – Heiterkeit]
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Otto! Ich kann mich gut daran erinnern, auch, wer damals Bundesratspräsident war und was das ausgelöst hat. Ich würde mir diese Situation als Bundesratspräsident auch ganz gern ersparen. Ich glaube, das war für alle Beteiligten nicht glücklich, wie es dann im Bundesrat diskutiert wurde. Insofern wiederhole ich noch einmal: Ich bitte, das wirklich zu trennen. Es ging hier im Bundesrat um die Frage, wie wir damit umgehen, dass möglicherweise der Vermittlungsausschuss angerufen werden soll. Es ging nicht um eine direkte Abstimmung in der Sache. Sie haben es gesehen. Es gab auch zwischen den Bundesländern unterschiedliche Positionen dazu. Baden-Württemberg, Brandenburg haben Regierungen, die in ähnlichen Konstellationen arbeiten wie wir, und haben dafür auch keine Möglichkeit und keinen Anlass gesehen zuzustimmen. Das bitte ich auch zu akzeptieren.
Vielen Dank! – Nachdem am Montag eine Pressekonferenz durch Frau Senatorin Scheeres durchgeführt wurde, frage ich den Senat, welche Neuerungen mit der geplanten Schulgesetzänderung für die Gemeinschaftsschule kommen sollen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Kittler! Wir planen eine umfangreiche Schulgesetzänderung. Ein Schwerpunkt der Schulgesetzänderung wird die Integration der Gemeinschaftsschule sein. Seit zehn Jahren befindet sich die Gemeinschaftsschule in einer Pilotphase. In Berlin gibt es jetzt zurzeit aktuell 24 Gemeinschaftsschulen. Das zeigt, dass die Gemeinschaftsschulen von vielen Eltern in den unterschiedlichen Bezirken angenommen werden. Wir erhoffen uns auch durch die gesetzliche Verankerung, dass weitere Gemeinschaftsschulen hinzukommen. In einem sehr intensiven Prozess wurden die Gemeinschaftsschulen evaluiert, mit sehr positiven Ergebnissen, positive Ergebnisse, was die Qualität der Arbeit angeht. Die Stärke der Arbeit mit heterogenen Gruppen der individuellen Förderung wurde auch noch einmal deutlich, aber auch die Stärke der inklusiven Arbeit der Gemeinschaftsschule. Die Gemeinschaftsschule wird innerhalb des Zwei-Säulen-Modells, das uns auch als Koalition sehr wichtig ist, die schulstufenübergreifende Schulart stärken, beziehungsweise die integrierten Bildungsgänge.
Verschiedene Dinge müssen wir regeln, indem wir die Gemeinschaftsschule in das Schulgesetz aufnehmen. Wir regeln zum Beispiel auch die Einzugsgebiete. In der Vergangenheit war es so, dass die Gemeinschaftsschulen ihre Schülerschaft komplett aussuchen konnten. Die Bezirke freuen sich sehr darüber, dass sie die Schülerschaft zu zwei Dritteln aus den Kiezen in die Gemeinschaftsschulen aufnehmen, also zuweisen, können. Die Gemeinschaftsschule kann ein Drittel der Kinder neu aufnehmen.