Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herr Christian Buchholz?

Nein, ich glaube, das reicht da drüben. – Da wissen wir doch Bescheid, wo Sie herkommen und wie Sie ticken! – Das sollte man klar und deutlich sagen. – Und wir wissen auch – das haben wir beim Ausschluss Ihrer zwei Abgeordneten aus der eigenen Fraktion gesehen –, dass solche Äußerungen und solche Gesinnungen bei Ihnen teilweise geduldet werden und teilweise auch zur Rolle gehören.

Spannend ist – das hat der RBB letztes Jahr sehr schön deutlich gemacht – auch Ihre Verbindung als Berliner Landesverband der AfD zur Identitären Bewegung. Ich erinnere an die Grillparty, die Sie hatten, und den Bruderkuss zwischen der jungen Identitären Bewegung und der jungen AfD. Was Ihr Abgeordneter Weiß dort getan hat, spricht Bände.

[Zurufe von der AfD]

(Thorsten Weiß)

Ihr Unvereinbarkeitsbeschluss ist Schall und Rauch, sie leben es nicht! Sie müssen damit leben, dass Sie hier nicht die Fraktion sind, die den Finger heben darf

[Frank-Christian Hansel (AfD): Doch, ganz genau! Nur wir! und fragen kann, ob etwas verfassungswidrig ist oder eben verfassungskonform. [Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Zur Sache selbst – Herr Pazderski, da können Sie noch eine Menge lernen! –: Sie nutzen dann den Verfassungsschutz, wenn er Ihnen politisch passt, wenn er in Ihre Ideologie, in Ihre politische Hetze passt. Dann ist der Verfassungsschutz für Sie ein wichtiges Thema.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Eine Bankrotterklärung, was Sie hier abliefern, weil Sie zur Sache nichts sagen! – Georg Pazderski (AfD): Versagen auf ganzer Linie!]

Auf der anderen Seite wollen Sie den Verfassungsschutz einseitig einsetzen. Sie wollen ihn politisch lenken, und Sie wollen ihn am besten abschaffen, das hat Ihr Kollege Gläser im Verfassungsschutzausschuss mehrmals dargestellt.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Reden Sie zur Sache, Herr Schreiber!]

Deswegen sind Sie in der Frage völlig blind. Und ich glaube, Sie sind auch der falsche Ansprechpartner. Wir werden uns im Ausschuss für Verfassungsschutz darüber unterhalten.

Im Übrigen ist es so – das sollten Sie sich hinter die Ohren schreiben –: All das, was im Verfassungsschutzbericht steht, ob es Bestrebungen sind, ob es Organisationen sind oder Parteien – die stehen da nicht nur drin, weil es ein Mutti-Heft mit schönen Bildchen ist, sondern da ist der Rechtsstaat dran. Sie können davon ausgehen, dass der Verfassungsschutz sich die Sachen dort grundsätzlich permanent anschaut und auch rechtliche Prüfungen vornimmt. – Ich bin sehr gespannt auf die Debatte im Ausschuss. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Die Fraktion der AfD hat eine Zwischenintervention angemeldet. – Herr Woldeit, Sie haben das Wort! Bitte!

[Benedikt Lux (GRÜNE): Warum denn nicht Herr Gläser, der den Verfassungsschutz abschaffen will?]

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Kollege Schreiber! Ich muss mich sehr wundern. Erst mal ist es Ihnen gelungen, volle fünf Minuten zu sprechen, ohne einmal einen Hauch auf unseren Antrag einzugehen. Das ist schon mal sehr bemerkenswert.[Beifall bei der AfD]

Zweitens haben Sie Folgendes gemacht: Sie haben eine Anreihung von Mutmaßungen in den Raum gestellt. Sie beziehen sich auf einen Artikel in der „Zeit“ der voller Fehler ist, der gestern schon wieder revidiert wurde, wo es eine Fülle von Abmahnungen gibt.

Und vor allen Dingen verschieben Sie mutmaßlich und ein Stück weit böswillig – so nehme ich das wahr – irgendwelche Gruppierungen in die Nähe der AfD, was absolut hanebüchen ist, Herr Schreiber! Das geht so nicht!

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Wenn Sie bei der Wahrheit bleiben wollen, dann schauen Sie sich doch mal an, welche Bundestagsabgeordneten in den vergangenen Legislaturperioden welche Angestellten hatten. Dann reden wir davon, dass ein Herr Klar, ein RAF-Terrorist, ein Mörder, Angestellter bei Abgeordneten der Linkspartei war. Das sind Skandale

[Beifall bei der AfD – Bravo! von der AfD – Zuruf von Anja Kofbinger (GRÜNE)]

und nicht, wer irgendwann in irgendeiner Zeitung einen Artikel geschrieben hat, den Sie persönlich in irgendeiner Art und Weise als rechtsextrem empfunden haben – was es in der Tat gar nicht ist.

Herr Schreiber! Wir arbeiten in Ausschüssen, wo wir gemeinsam sind, kollegial zusammen. Hier fordere ich Sie auf, in eine Debattenkultur zurückzukehren, die Ihrem Anspruch gerecht wird. – Danke schön!

[Beifall bei der AfD]

Herr Woldeit! Ich fordere Sie auf, sich demnächst in Ihren Äußerungen zu mäßigen. Es gibt auch eine Justiz. Ich glaube nicht, dass es Ihnen zusteht, hier irgendwelche Dinge zu benennen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Aber die SPD darf das?]

Herr Schreiber! Sie haben die Möglichkeit, zu antworten.

Es ist sehr schön, dass die rechte Seite hier im Haus wach geworden ist – jedenfalls in der politischen Debatte –, nachdem Sie heute bei Ihren Anträgen sehr oft nicht nur

am Thema vorbeigeredet haben, sondern inhaltlich zu nichts, aber auch gar nichts beitragen. Damit können wir gut und gerne leben. Wir erleben auch, wie Sie sich verhalten. Man pöbelt in den Sitzen,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wer pöbelt denn hier? – Georg Pazderski (AfD): Herr Schneider macht das ständig! Ihr parlamentarischer Geschäftsführer]

man versucht, seine eigenen Phrasen nach vorne zu bringen. Sie wissen selbst, dass es weder hier im Parlament noch außerhalb dieses Raumes ankommt. Sie sollten sich wieder ein bisschen beruhigen und auf die Gesundheit achten!

Zu der Sache selbst, Herr Woldeit, muss ich Ihnen sagen: Mit der weinerlichen Art, wie Sie gerade vorgetragen haben, kann ich leben. Ich muss mich für gar nichts entschuldigen. Ich habe das dargestellt, was letztes Jahr und davor zu lesen war. Ich habe das dargestellt, was wir im Berliner Verfassungsschutzausschuss mehrmals diskutiert und besprochen haben. Ich habe dargestellt, wie Sie sich in den Ausschüssen verhalten, und ich habe dargestellt, dass Sie sich nicht klar zu den Themen bekennen. Sie haben keine klare Linie zu den Fragen: Wie stehen Sie eigentlich zu der Identitären Bewegung? Wie stehen Sie eigentlich zu den Reichsbürgern? Warum laufen Mitglieder von Ihnen bei Bergida mit? – Das würde ich gerne wissen. Das können wir alles gerne mal debattieren.

[Georg Pazderski (AfD): Das können wir gern diskutieren!]

Und dann können Sie den Finger erheben zu der Frage, ob wir über Verfassungskonformität und Verfassungsfeindlichkeiten von Bestrebungen diskutieren. Das können wir in einer ruhigen und sachlichen Art und Weise tun; damit habe ich überhaupt kein Problem.

Es gilt auch der Satz, liebe AfD-Fraktion: Genauso wie wir mit der NPD leben müssen, die verfassungsfeindlich und extremistisch und nicht verboten ist, müssen wir in diesem Haus auch mit Ihrer politischen Scheinheiligkeit leben. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Bravo!]

Bevor ich für die CDU-Fraktion Herrn Dregger das Wort gebe, möchte ich darauf verweisen, dass während Zwischeninterventionen keine Zwischenfragen zugelassen sind.

[Torsten Schneider (SPD): Die Geschäftsordnung gilt für alle!]

Herr Dregger! Sie haben das Wort!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Jetzt wird mal wieder zur Sache gesprochen!]

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Schreiber! Ich teile Ihr Unbehagen, wenn ich aus den Reihen der AfD das Thema Islam thematisiert sehe, und zwar, weil es immer und unterschiedslos in der gleichen Intonation thematisiert wird. Das führt dazu, dass dieses Land gespalten wird, und das findet nicht meine Unterstützung und meine Zustimmung.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

In jeder Innenausschusssitzung wird das aus Ihren Reihen thematisiert,

[Frank-Christian Hansel (AfD): Weil es sonst keiner macht!]

und zwar nicht nur gegenüber Extremisten und Verfassungsfeinden, sondern gegenüber allen möglichen muslimischen Communitys in dieser Stadt. Und dagegen verwahre ich mich mit der gleichen Entschiedenheit wie Kollege Schreiber.

[Beifall bei der CDU, der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Dennoch möchte ich darauf hinweisen, dass es uns nicht hilft – auch nicht in der Auseinandersetzung mit der AfD –, wenn wir auf die Themen nicht inhaltlich eingehen. Wir müssen uns auch inhaltlich mit den Dingen auseinandersetzen. Das bedeutet auch, uns mit diesem Antrag hier auseinanderzusetzen. Es ist leider Gottes so – das muss ich in Richtung der rot-rot-grünen Koalition auch unter diesem Senat sagen –, dass der Umgang mit diversen Randphänomenen des Islamismus durch diesen Senat wirklich optimierungsfähig ist.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Ach was!]

Das haben wir schon an mehreren Beispielen thematisieren müssen. Sie gestatten z. B. weiterhin salafistischen Extremisten Zugang zu öffentlichen Einrichtungen im Land Berlin so wie im letzten Jahr dem Berliner Muslime e. V. zu der Bibliothek am Luisenbad. Das ist ein Verein, der die salafistische Ideologie vertritt und deren Gastredner der Gründungsvater der salafistischen Ideologie in Deutschland ist. Wir haben das hier mehrfach thematisiert, und Sie haben bis heute nichts unternommen, um derartige Wiederholungen zu unterbinden. Und das stört mich genauso. Wir wissen und müssen anerkennen, dass es extremistische, islamistische Phänomene in dieser Stadt gibt, und wir sollten dabei zusammenstehen, sie klar und deutlich zu bekämpfen.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Paul Fresdorf (FDP)]