Protokoll der Sitzung vom 22.03.2018

Frau Senatorin! Könnten Sie uns mal erläutern – wenn man sich auf einem möglichen Entwicklungsgebiet eine größere Anzahl von Wohnungen vorstellt –, auf welchen Wegen man dann das organisiert und welche Möglichkeiten es auch im Umgang mit Grundeigentümern gibt?

Frau Senatorin!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Auf eine ausführliche Erläuterung werde ich hier verzichten, weil wir uns in der Aktuellen Fragestunde befinden. Aber ich verweise darauf, dass sowohl im Städtebaurecht als auch im Verwaltungsrecht und im Planfeststellungsrecht natürlich Wege aufgezeigt sind, wie bestimmte Planungsziele im öffentlichen Interesse durchgesetzt werden können, auch mit welchen Schritten man im Umgang mit privaten Eigentümern das Einvernehmen darüber herstellt, diese Planungsziele auch zu erreichen. Und dann kann es im Fall der Nichteinigung auch den Weg geben, dass man über Ankäufe, Entschädigungen usw. die Durchsetzung von Planungszielen – ich betone: im öffentlichen Interesse – auf einer politischen Entscheidungsgrundlage auch auf diesem Weg erreicht.

Die nächste Nachfrage geht an den Abgeordneten Schrader. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Welche Schlüsse ziehen Sie aus den Anfang dieser Woche vorgelegten Untersuchungsberichten zu

den Ausbrüchen aus der JVA Tegel und der JVA Plötzensee?

Herr Senator Behrendt, bitte schön!

Frau Präsidentin! Herr Angeordneter Schrader! Meine Damen und Herren! Zutreffenderweise haben Sie eben ausgeführt, dass die Herren Borgas und Meiborg am Anfang dieser Woche ihre Untersuchungsberichte vorgelegt haben. Ich hatte sie nach dem Ausbruch aus der JVA Tegel und auch nach den Ausbrüchen aus der JVA Plötzensee beauftragt, für uns unter anderem die Abläufe, die Baulichkeiten zu prüfen. Ich danke beiden, dass sie das übernommen haben und dass sie uns ausführliche Berichte vorgelegt haben, die auch gestern Gegenstand der Erörterung im Rechtsausschuss waren. Sie zeigen dort eine ganze Reihe von Unzulänglichkeiten auf, von baulichen bis zu Personalfragestellungen, die uns jetzt ins Pflichtenheft geschrieben wurden.

Die allernötigsten Maßnahmen, was die Sicherheit an den Pforten angeht, habe ich schon im Februar durch das Sofortprogramm auf den Weg gebracht. Darüber hinausgehend werden wir uns jetzt daranmachen, die Vorschläge in diesen beiden Gutachten in die Tat umzusetzen. Dort geht es zum einen um bauliche Maßnahmen, beispielsweise im Bereich der Kfz-Werkstatt, über die der Ausbruch aus der JVA Plötzensee erfolgt ist. Da steht die Frage im Raum, ob man die räumliche Situation eigentlich so lassen kann. Herr Borgas und seine Kommission haben festgestellt, dass das nicht verantwortbar ist. Auch bauliche Maßnahmen im Außenbereich des Hofes werden vorgeschlagen. Auch daran werden wir uns machen.

Bei der Alarmtechnik haben wir es hier mit drei ehemaligen Anstalten, die zusammengeführt wurden, zu tun, da ist die Alarmtechnik nicht optimal abgestimmt. Das werden wir uns vornehmen und die divergierenden Systeme vereinheitlichen.

Für die JVA Tegel hat Herr Meiborg vorgeschlagen, die Zaunsituation in den Freistundenhöfen zu ändern. Das werden wir machen, damit die Zäune nicht mehr überwunden werden können. Herr Mouki, der jetzt noch in Belgien in Haft sitzt und auf dessen Auslieferung wir warten, ist vermutlich über den Ordnungszaun vom Freistundenhof geklettert.

Und wir werden – auch das war schon gestern Thema im Ausschuss – die Kontrolltechnik an der Pforte verbessern. Dort geht es um die Lkws, die dort ein- und ausfahren. Zum einen geht es darum, den Verkehr zu reduzieren, denn jeder Pkw, jeder Lkw, der dort rein- oder rausfährt, ist ein Sicherheitsrisiko.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Diejenigen, die unverzichtbar sind, müssen beim Rausfahren deutlich besser kontrolliert werden, als es bisher der Fall war. Sie sind bisher abgespiegelt worden, und das war unzureichend. Die Kollegen, die sich das vor Ort angeguckt haben, wissen das. Wir haben als Sofortmaßnahme Kameras besorgt, damit man den Unterboden besser sieht. Das ist von Herrn Meiborg als nicht ganz großer Wurf bezeichnet worden. Da hat er recht. Wir werden uns jetzt daranmachen, entweder die schon seit Langem diskutierte Grube – die Sie aus der KfzWerkstatt kennen – dort zu installieren. Da gibt es Arbeitsschutzfragestellungen; die Gewerkschaften sind nicht ganz so begeistert, dass die kontrollierenden Beamten bei schlechtem Wetter, Schneematsch und Ähnlichem unter dem Lkw kontrollieren, wenn es vom Abrieb oder wenn Öl tropft. Sie haben schon gefragt, ob sie das mit einem transparenten Regenschirm machen. Das wäre für mich nicht das Entscheidende, wichtig ist, dass wir die optimale Sicherheitstechnik bekommen. Wir machen eine Markterkundung, was Scansysteme angeht. Da gibt es ganz interessante Angebote, die einen Vorher-nachherVergleich machen, das Fahrzeug beim Rein- und beim Rausfahren fotografieren, einen Abgleich machen und Alarm geben, wenn sich etwas verändert hat. Das scheint mir der richtige Weg zu sein. Wie gesagt, wir machen eine Markterkundung, was es auf dem Markt gibt und was es kosten könnte.

Zum Personal: Auch dort gibt es eine ganze Reihe von Ausführungen in den Gutachten, dass die Attrappe, die Herr Mouki im Haftraum drapiert hatte, fahrlässig übersehen wurde. Dort geht es darum – ich habe das auch vor zwei Tagen in der „Abendschau“ gesagt –, die Sensibilität der Mitarbeitenden immer hochzuhalten. Wie man das erreicht, ist die zentrale Herausforderung der mittleren Führungsebene, dass die Kolleginnen und Kollegen des Allgemeinen Vollzugsdienstes nicht mit dem Bewusstsein in die Anstalt gehen: Es ist jetzt zehn Jahre gutgegangen, es wird auch heute oder morgen gutgehen –, sondern mit dem Bewusstsein den Dienst antreten: Es könnte heute etwas passieren. – Und genau so müssen sie dann entsprechende Kontrollen durchführen und Aufmerksamkeit an den Tag legen. Da besteht Optimierungsbedarf und Optimierungsnotwendigkeit, wie gesagt, das ist Aufgabe der mittleren Führungsebene. Das werden wir in den Fortbildungen noch intensiver zum Gegenstand machen.

Ich habe angekündigt, dass wir das testen werden. In anderen Sicherheitsbereichen gibt es das auch. Am Flughafen wird auch die Aufmerksamkeit des Personals getestet. Das werden wir in Zukunft auch machen. Sie werden Verständnis haben, dass ich das hier nicht weiter ausführen möchte, damit die Kolleginnen und Kollegen sich nicht im Detail darauf einstellen können.

(Niklas Schrader)

Wir werden zu entscheiden haben, wie es mit der KfzWerkstatt insgesamt weitergeht, welche Betreuungsrelation dort angezeigt ist. Auch das ist ein Thema in den Gutachten.

Ich fasse zusammen: Wir sind sehr dankbar, dass die Kollegen Meiborg und Borgas uns den Spiegel vorgehalten haben und auf zum Teil sehr lange angewachsene strukturelle bauliche Probleme hingewiesen haben. Die TA II in Tegel ist aus dem vorvorletzten Jahrhundert. Wir haben uns auf den Weg gemacht, die Missstände abzustellen.

Vielleicht noch als letzten Punkt, weil das viel diskutiert wurde und eine Fraktion hier im Hause so tat, als hätte sie von dieser Diskussion nichts mitbekommen: Ja, wir haben personelle Engpässe in den Justizvollzugsanstalten. Im Rahmen des Sofortprogramms hatte ich angeordnet, auf E-4-Basis, befristet bis Ende nächsten Jahres 50 Tarifbeschäftigte einzustellen – befristet deswegen, weil wir bis dahin den allergrößten Teil der 250 in Ausbildung befindlichen jungen Menschen fertig ausgebildet haben und übernehmen können. Erfreulicherweise haben sich sehr viele Berlinerinnen und Berliner beworben, nämlich über 200 innerhalb einer Woche. Erfreulicherweise ging es sehr schnell, die Ausschreibung auf den Weg zu bringen, weil die Personalvertretungen hier mitgezogen haben, weil sie den Bedarf gesehen haben. Ich habe daraufhin entschieden, dass wir nicht 50, sondern 60 neue Mitarbeitende einstellen, die dann in den verschiedenen Anstalten die Sicherheitsaufgaben und damit Kontrollen übernehmen können und wir die Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten dadurch noch erhöhen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Sollte nach den umfänglichen Ausführungen noch eine Frage offengeblieben sein, hätte der Kollege Schrader das Wort.

Dann haben wir die Fragestunde damit für heute beendet und kommen zur

lfd. Nr. 3:

Prioritäten

gemäß § 59 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.1:

Priorität der Fraktion Die Linke

Tagesordnungspunkt 42

„Campus für Demokratie“ in Lichtenberg auf den Weg bringen

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP Drucksache 18/0916

hierzu:

Änderungsantrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/0916-1

In der Beratung beginnt die Fraktion Die Linke und hier der Abgeordnete Zillich. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits im Jahr 2009 hat das Berliner Abgeordnetenhaus einen Beschluss gefasst, in dem die Gründung eines Zentrums für Widerstand und Oppositionsgeschichte gegen die SED-Diktatur in Berlin angeregt worden ist. Damals sollte dies bereits unter Einbeziehung der RobertHavemann-Gesellschaft und ihres Archivs und unter Einbeziehung anderer Berliner Gedenkstätten geschehen. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Bund war vorgesehen.

Angesichts fehlender Zusagen des Bundes und angesichts mangelnder finanzieller Mittel konnte dieses Projekt zunächst nicht weiterverfolgt werden. Nunmehr sind wir in einer deutlich besseren Situation; die Ausgangslage hat sich seitdem erheblich geändert. Sowohl Land als auch Bund als auch Bezirk unterstützen die Idee, die im Vorschlag des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Roland Jahn, ihre Basis gefunden hat, einen „Campus für Demokratie“ einzurichten. Damit hat Roland Jahn die Vision für die Entwicklung am Ort der Zentrale der Stasi und damit des zentralen Repressionsinstruments der SEDDiktatur beschrieben.

Was beinhaltet diese Idee des „Campus für Demokratie“? – Es geht darum, einerseits einen Ort zu markieren und als Zeugnis zu erhalten und an die Repression und ihre Opfer zu erinnern, aber auch über die Funktionsweise der Repressionsapparate aufzuklären. Es geht darüber hinaus darum, die Erinnerung an die konkrete Zeit zu erhalten, die Erinnerung an die politischen Auseinandersetzungen wachzuhalten, an die politisch Aktiven, nicht nur als Opfer, sondern als Akteure, im gesellschaftlichen Prozess zu erinnern. Es geht vor allem darum, die authentischen Zeugnisse der DDR-Opposition zu bewahren.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

(Senator Dr. Dirk Behrendt)

Darüber hinaus geht es darum, die Impulse der friedlichen Revolution sichtbar zu machen, die Impulse an Mut, Kreativität und Demokratisierungswillen, die Erfahrung von Selbstermächtigung und Befreiung als eine wichtige politische Erfahrung für ein demokratisches Gemeinwesen wachzuhalten.

Gleichzeitig ist mit der Campus-Idee der Ansatz verbunden, aus dem angeschlossenen Geheimdienstviertel einen offenen Ort der Erinnerung, der Begegnung, des Austauschs zu machen. Das beinhaltet eine behutsame städtebauliche Öffnung. Das beinhaltet die Gestaltung des öffentlichen Raums auf dem Campus. Das beinhaltet natürlich auch Hinweise auf diesen Campus im weiteren Stadtraum. Und es beinhaltet die Ansiedlung von Institutionen, Bildungseinrichtungen, Kultur und Demokratieförderern.

Mit dem Antrag positioniert sich das Abgeordnetenhaus zur Entwicklung des Campus in diesem Sinne. Wir sind froh, dass das so breit geschieht. Wir wissen gleichzeitig, dass diese Entwicklung nur eine schrittweise sein kann. Aber sie braucht eine politische Übereinkunft. Sie braucht einen kommunikativen Rahmen. Erste Anker- und Ansatzpunkte sind auf dem Gelände sichtbar. Mit dem Stasi-Museum der ASTAK, mit den verschiedenen Institutionen des Bundesbeauftragten für die StasiUnterlagen und vor allem seinem Archiv sind wichtige Institutionen vor Ort. Mit der Open-Air-Ausstellung über die friedliche Revolution, die dauerhaft dort zu sehen ist, ging es einen wichtigen Schritt weiter. Mit der Entscheidung über die Sicherung der Arbeit der HavemannGesellschaft und über die Ansiedlung ihres Archivs der DDR-Opposition auf dem Campusgelände ist es entscheidend weitergegangen. Viele in diesem Haus wissen, wie lange es gedauert hat, um dahin zu kommen.

Die Herausforderung bei der Entwicklung des Campus liegt darin, dass wir es mit ganz verschiedenen Institutionen zu tun haben, mit Institutionen des Landes, des Bundes und mit privaten Eigentümern. Wir müssen eine Vielzahl von Nutzern, Akteuren und Interessen berücksichtigen. Um sie im Entwicklungsprozess zusammenzubringen, hat der Senat ein Standortmanagement eingerichtet. Der Landesbeauftragte wird Beiträge zum konzeptionellen Rahmen der Entwicklung leisten. Der Bundesbeauftragte wird federführend in dem Prozess wirken. So geht es Schritt für Schritt voran.

Trotzdem noch zwei Anmerkungen: Erstens sind große Teile des Geländes in privater Hand. Damit sind auch die Privaten in die Entwicklung einzubinden. Darin kann eine Chance bestehen. Aber es sei auch klar gesagt: Wenn eine Entwicklung blockiert wird, z. B. mit der Spekulation auf hochwertige Wohnnutzung, wird diese Spekulation vergeblich sein, weil weder Land noch Bezirk eine solche Nutzung rechtlich eröffnen werden.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Zweitens: Die Entwicklung kann nur partnerschaftlich erfolgen. Das Land plant, auf dem Gelände an der Frankfurter Allee in landeseigenen Gebäuden Ateliers einzurichten. Die brauchen wir dringend in Berlin, und sie können einen guten Beitrag für die Campusentwicklung leisten. Wenn der Bund eigene Institutionen auf diesen Flächen ansiedeln will, kann dies nicht zur Folge haben, dass das Land mit seinen Ateliers einfach weicht, sondern da muss in gemeinsamer Verantwortung für gemeinsame Lösungen gesorgt werden. Es muss nach Alternativstandorten für die Bundesinteressen gesucht werden, und in jedem Fall muss die Ateliernutzung gemeinsam gesichert werden.

Die Idee des Campus ist groß. Sie ist verlockend. Sie ist eine wichtige für diese Stadt und dieses Land. Ich bitte Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu! Den Änderungsantrag der AfD werden wir ablehnen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Freymark jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Ich freue mich, dass wir heute die Gelegenheit haben, über den Campus für Demokratie zu sprechen, eine Idee, die 2012 von Roland Jahn geboren wurde. Der eine oder andere dachte, das sei ein bisschen Quatsch oder vielleicht sogar etwas überzogen, aber es war genau richtig, in einer Stadt wie Berlin, einer Stadt der Freiheit so etwas zu diskutieren und zu ermöglichen. Die letzten sechs Jahre haben gezeigt: Die Debatten waren notwendig. Aber es zeigt sich auch: Die Debatten bringen ein Ergebnis. Das sehen wir heute. Fünf von sechs Fraktionen sagen Ja und geben ein klares Bekenntnis zu diesem Ort ab. Das ist ein wunderbares Zeichen in diese Stadt hinein. – Vielen herzlichen Dank!