Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

Wir als Rot-Rot-Grün dagegen kämpfen in Berlin um jede Wohnung.

[Zuruf von Henner Schmidt (FDP)]

Schon eingangs habe ich erwähnt, was wir bereits alles erreicht haben. Wir sind aber noch lange nicht am Ziel. Wir brauchen zum Beispiel ein Bündnis mit den Genossenschaften, Stiftungen und anderen gemeinwohlorientierten und eben nicht gewinnorientierten Bauträgern. Dazu gehört eine deutlich bessere Einbindung und auch Förderung der Genossenschaften. Was sie aber vor allem brauchen, ist Bauland, und zwar zu fairen Preisen, damit sie dauerhaft günstigen Wohnraum schaffen können. Wir haben das Geld dafür bereitgestellt und die politischen Linien dazu vorgelegt. Es ist jetzt am Senat, dies auch in die Hand zu nehmen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das gilt übrigens auch für die Anstalt öffentlichen Rechts soziale Wohnraumversorgung. Es kann doch nicht sein, dass der Senat den Landeseigenen die Frechheit durchgehen lässt, Mieterhöhungen durchzusetzen – gegen den erklärten Willen der Koalition! Ich erwarte vom Senat, endlich für die nötigen Kontrollinstrumente der AöR zu sorgen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Jörg Stroedter (SPD)]

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!

[Zuruf von Carsten Ubbelohde (AfD)]

Deshalb sind die Bezirke so wichtig, weil sie vieles von dem, was wir hier beschließen, umsetzen müssen. Sie brauchen dafür aber mehr Personal – und das auch gut bezahlt, wenn sie mit den Senatsverwaltungen oder der freien Wirtschaft mithalten sollen. Da hilft es auch nicht, wenn unser Senat darauf verweist, dass die Globalsumme der Bezirke stark gestiegen ist. Ich finde, das reicht eben gerade nicht. Nur mit ausreichendem Personal können die Bezirke ihren Beitrag leisten,

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

und nur so kann das Allgemeinwohl selbstbewusst gegenüber Investoren vertreten werden. Dazu gehört übrigens auch, dass wir die Bezirke jetzt in die Lage versetzen, als Ultima Ratio Beschlagnahmungen von Wohnraum durch das Treuhändermodell überhaupt durchführen zu können. Das ist ein ganz wichtiger Baustein gegen Spekulation.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Das und vieles mehr werden wir jetzt angehen, und zwar mit voller Kraft, denn wir machen in Berlin eine Wohnungspolitik, die sich den Interessen der Menschen verpflichtet fühlt und eben nicht dem maximalen Profit, auch wenn es FDP, CDU und AfD nicht gefällt.

Niemand regt sich auf, dass es Preisobergrenzen für Handytarife gibt. Keinen stört es, alle finden es super. Wenn es aber um die Begrenzung von Mieten geht, wird der Untergang des Abendlandes heraufbeschworen. Das ist doch total absurd!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Bravo! von Daniel Buchholz (SPD)]

Ich bin überzeugt, dass nur eine striktere Regulierung den gesellschaftlichen Zusammenhalt unserer Städte sichern wird. Und übrigens: Wenn unsere Bundesratsinitiative zum Mietrecht mal durchkommen würde, würden die Mieten in vielen Wohnungen hier sogar sinken. Ich finde, es braucht jetzt in Deutschland wirklich nicht nur ein paar kleine Maßnahmen, sondern wir brauchen eine mietenpolitische Revolution.

[Zurufe von der AfD und der FDP]

Das Motto dieser Stunde muss bleiben, gerade in Berlin, und für viele Berlinerinnen und Berliner wird es auch weiterhin gelten. Sie werden sich auf die Straße stellen. Sie werden demonstrieren. Wir müssen den Mietenwahnsinn stoppen, und zwar sofort.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Lachen von der FDP]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt das Wort Herr Sebastian Czaja.

[Daniel Buchholz (SPD): Der Überflieger von der FDP! – Jörg Stroedter (SPD): Jetzt kommt Tegel!]

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! 500 Tage – Frau Schmidberger hat gerade darüber gesprochen – haben Sie in dieser Stadt gewirkt, haben Sie in dieser Stadt gearbeitet.

[Zuruf von den GRÜNEN]

Sie haben behauptet, Sie haben in dieser Zeit dafür gesorgt, dass Wohnen in dieser Stadt günstiger geworden ist. Die Bilanz ist eine vollkommen andere. Ansonsten wären eben nicht 30 000 Berlinerinnen und Berliner auf die Straße gegangen – erstens.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

(Katrin Schmidberger)

Zweitens will ich die Behauptung in den Raum stellen, dass Wohnen in dieser Stadt unter einer Linken-Senatorin zu einer Gerechtigkeitsfrage geworden ist. Wieso ist das so? Wir haben heute viele Allgemeinplätze gehört, wenn es darum ging, dass nicht hinreichend gebaut worden ist. Aber ich möchte es mal hinreichend konkret machen:

Am Thälmannpark – Schaffung 600 Wohnungen von Investor und GEWOBAG – gibt es keine Entscheidung zum Bau. Frau Lompscher! Sie ziehen das Verfahren nicht an sich. 600 Wohnungen! – Postscheckamt, Möckernbrücke: Neuplanung des Projektes, da der Senat das Verfahren nicht an sich zieht, 58 mietpreisgedämpfte Wohnungen fallen weg, 750 Wohnungen insgesamt. – Elisabeth-Aue: Auf mehr als 70 Hektar könnten bis zu 5 000 Wohnungen entstehen. Nichts! – SEZ: Ungeklärte Fragen, auf dem Gelände könnten eine Schule und bis zu 500 Wohnungen entstehen. – Buckower Felder, ähnlich Blankenburger Süden: Unklare Bürgerbeteiligung, keine Senatsaussagen zum tatsächlichen Umfang der zu bebauenden Wohnungen, 450 bis 900 Wohnungen. Nichts!

[Zuruf von der LINKEN]

Turm am Alexanderplatz: Aufgrund des Einspruchs der BVG derzeit auf Eis, 400 bis 500 Wohnungen. Nichts! – Rhinstraße 137 bis 139: Hier sollte ein Wohnbauprojekt mit 800 bis 1 000 Wohnungen entstehen. Nichts! – Konrad-Wolf-Straße auf dem alten Gelände des Dynamohotels sollen 150 Wohnungen entstehen. Nichts!

[Zuruf von der LINKEN: Was ist mit Tegel?]

Westkreuz: 900 Wohnungen. Nichts! – Güterbahnhof in Köpenick: Bis zu 1 500 Wohnungen. Nichts! – Greifswalder Straße in Pankow: 600 Wohnungen. Nichts!

[Zurufe von der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich weiß, die Realität schmerzt, und ich rechne Ihnen zusammen: 11 790 Wohnungen haben Sie in 500 Tagen in dieser Stadt nicht realisiert oder dazu beigetragen, dass etwas passiert. Das ist Ihre Bilanz.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Und das führt am Ende dazu, dass die Mieten in dieser Stadt steigen. Damit müssen Sie sich schlichtweg auseinandersetzen. Das ist mit Ihre Leistung in der Stadt, dass Sie eben nicht bauen, bauen, bauen.

[Zuruf von der LINKEN]

Und wenn die Opposition nach bauen, bauen, bauen ruft, dann ist es genau der Grund, weil genau das an dieser Stelle nicht passiert. Diese 11 790 Wohnungen würden massiv dazu beitragen, den Druck auf den Markt schon einmal zu senken.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Kurt Wansner (CDU) – Zuruf von der LINKEN]

Wenn Sie dann noch dazu beitragen, dass in dieser Stadt die Prozesse schneller laufen, dass die Grundstücksübertragungen bei den Kommunalen, bei den Privaten schneller funktionieren, dass die Beurkundungen schneller laufen, dass die Baugenehmigungen schneller laufen, auch dann würden wir schneller vorankommen, wenn es darum geht, in dieser Stadt Wohnraum zu schaffen. Aber das, was bleibt, ist doch am Ende eines – dass der Eindruck am Ende übrigbleibt, eben weil die Genehmigungsprozesse in dieser Stadt so lange dauern: Wenn überhaupt einer schnell in dieser Stadt unterwegs ist, dann ist es die Kröte, aber nicht die Genehmigungsprozesse, die notwendig wären.

[Beifall bei der FDP]

Neben der Beschleunigung, die wir dringend brauchen, brauchen wir natürlich auch ein umfassendes Maßnahmenpaket, wenn es um innovative Baukultur geht. Berlin ist die lückenhafteste Metropole Europas, nur wir wissen nicht mal mehr, welches Flächenpotenzial wir haben. Da kündigt mal eben der Regierende Bürgermeister nebenbei in einem Interview in der „Welt“ den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld auf und sagt, da will er bauen. Er hat es ja nicht so mit Volksentscheiden und mit dem Bürgerwillen in dieser Stadt.

[Heiterkeit von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Ja, passt in die Linie, ist konsequent, Herr Regierender Bürgermeister! Aber solange wir in dieser Stadt über kein Baulückenkataster verfügen, das selbst Frankfurt/Oder und Mülheim an der Ruhr haben, und damit die Potenziale, die wir tatsächlich haben, auch heben, müssen wir uns mit dieser Frage zunächst gar nicht beschäftigen, sondern die vorderste Aufgabe ist, die Baufelder in dieser Stadt zu identifizieren und sie auch schnell der Bebauung zuzuführen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Wenn wir über innovative Baukultur sprechen, dann bleibt am Ende von dieser Innovation, die Sie in den Raum stellen, leider nur eine Broschüre übrig. Sie haben einen großen Supermarktgipfel angekündigt, haben sich für Überbauungen feiern lassen. Auf Nachfrage in Ihrem Haus in Form einer Schriftlichen Anfrage blieb eines übrig: eine Imagebroschüre. Nichts! Eine Imagebroschüre, viel gedrucktes Papier, aber dass Sie sich als Senatorin hinstellen und zur Speerspitze der innovativen Baukultur machen, dass wir uns hinstellen und das Potenzial von 300 Supermärkten nutzen, um dort Boardinghouses zu bauen, studentisches Wohnen zu realisieren, das diese Stadt braucht, um dort Wohnraum zu schaffen, das ist Fehlanzeige. Übriggeblieben ist einzig und allein eine gedruckte Broschüre und keine einzige Wohnung.

[Beifall bei der FDP]

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Stroedter?

Und es ist – ja, gern –, und es ist – –

[Zuruf von der FDP: Aber nicht jetzt!]

Wenn Sie sagen, ja, dann –