Protokoll der Sitzung vom 26.04.2018

Wenn Sie sagen, ja, dann –

halten wir die Uhr an. – Herr Kollege Stroedter! Sie dürfen Ihre Zwischenfrage stellen.

Bei Tegel ist er sonst schneller.

Herr Kollege Stroedter! Kleinen Moment! Wir müssen das Mikro noch freischalten.

Sehr geehrter Herr Kollege Czaja! Wie glaubhaft ist denn Ihre Aufzählung über die 11 000 Wohnungen, wo vieles auch einfach mal herbeigeredet ist, wenn Sie gleichzeitig 15 000 Wohnungen in Tegel und Spandau verhindern wollen, weil der Flughafen Tegel offen bleiben soll?

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dies ist insofern glaubhaft, Herr Stroedter, weil wir als Freie Demokraten in dieser Stadt den Wohnungsmarkt und den Wirtschaftsstandort im Blick haben.

[Beifall bei der FDP – Zurufe von der SPD und den GRÜNEN]

Einen Flughafen zu schließen, ist am Ende des Tages völlig absurd, aber die Debatte werden wir in den nächsten Wochen noch wesentlich intensiver führen. Heute geht es doch darum, die richtigen Antworten zu finden, insbesondere damit die ganzen jungen Frauen, die Kinder in dieser Stadt auch in Zukunft noch bezahlbaren Wohnraum haben. Das ist doch die Kernherausforderung, die wir haben bei einer Stadt, die bis 2030 auf 4 Millionen

Einwohner wächst. Wir sind doch allen, die hier sind, Antworten schuldig und darüber hinaus. Damit sollten wir uns auseinandersetzen.

[Beifall bei der FDP – Steffen Zillich (LINKE): Halten Sie den Hines-Tower für die Lösung?]

Jetzt ziehen Sie sich nicht das Haar aus der Suppe,

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

sondern nehmen Sie insgesamt die Projekte in dieser Stadt! Sie können doch nicht so tun, dass das eine gut ist, das andere schlecht ist. Nehmen Sie doch mal die Gesamtsumme und die Bewegungen,

[Beifall von Holger Krestel (FDP) – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

die allein durch Angebot am Markt entstehen würden! Sorgen Sie dafür, dass die 70 000 Dachgeschosse ausgebaut und die Anweisungen von Frau Lompscher zurückgezogen werden, damit die die 70 000 Dachgeschosse ausgebaut werden!

[Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Sorgen Sie dafür, dass in einer Stadt, die wächst, auch in der Höhe wächst, die Traufhöhe steigt! Machen Sie das doch am Ende des Tages! Denn das würde dazu führen, dass wir weitere Potenziale in dieser Stadt heben. Sie kennen doch die Herausforderung. 193 000 Wohnungen fehlen in dieser Stadt, und was tun Sie? – Nichts! 11 790 haben Sie verhindert. Das ist Ihre Bilanz.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Kurt Wansner (CDU) – Zuruf von Steffen Zillich (LINKE)]

Wenn am Ende des Tages eines hilft, dann ist es ein Maßnahmenpaket, das dazu führt, in dieser Stadt schneller und einfacher zu bauen. Schneller genehmigen, die Landesbauordnung mal ordentlich entrümpeln, dazu beitragen, dass der Staat als größter Mietentreiber in dieser Stadt mit gutem Beispiel vorangeht! Fangen wir doch damit an, jedes Gesetz in diesem Haus darauf zu prüfen, welche tatsächlichen Auswirkungen es auf die Wohnkosten in dieser Stadt hat!

[Beifall bei der FDP]

Fangen wir doch damit an, jedes Gesetz in diesem Haus zu prüfen, welche Auswirkungen es auf das Bauen hat! Machen wir nicht. Wir sind doch selbst diejenigen, die dazu beitragen, dass in dieser Stadt das Bauen teuer wird, damit das Mieten teuer wird und am Ende des Tages das Wohnen teuer wird. Das sind Sie als Regierung.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Wir machen Ihnen einen konkreten Vorschlag: Prüfen Sie jedes Gesetz, das das nach vorne bringt!

[Beifall bei der FDP]

Und sorgen Sie auch dafür, dass das Urteil, das wir in den letzten Wochen zur Grundsteuer zur Kenntnis nehmen

durften, nicht nur einfach zur Kenntnis genommen wird. Lassen Sie uns an dieser Stelle eine ernsthafte Debatte führen und die schallende Ohrfeige, die wir als Politik für eine gewisse Reformmüdigkeit bekommen haben, dazu nutzen, die Grundsteuer in dieser Stadt auf Null abzusenken, denn das führt auch zu einer Entlastung der Mieterinnen und Mieter. Das wäre ein konkreter Ansatz, den wir hier im Landesparlament lösen könnten. Da müssten Sie sich nicht immer eine Ausrede suchen und am Ende des Tages zum Bundesrat marschieren. Das wäre mal was ganz Konkretes.

[Beifall bei der FDP]

In diesem Sinn braucht es eine gemeinsame Kraftanstrengung, egal ob von Opposition oder Regierung, um in dieser Stadt tatsächlich 193 000 Wohnungen zu bauen. Das ist die Kernherausforderung, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Da darf es keine Tabus geben. Und es darf vor allem eins nicht geben – das rufe ich Ihnen ganz deutlich zu –: Es darf keine Ideologie in dieser Debatte geben, sondern es muss darum gehen, Wohnraum für die Berlinerinnen und Berliner zu schaffen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Nun gebe ich das Wort Frau Senatorin Lompscher. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, in welcher Stadt mein Vorredner lebt. In dieser Stadt wird unglaublich viel gebaut, darunter auch diverse Wohnungen und zum Glück auch Infrastruktur.

[Kurt Wansner (CDU): Sie reden wirr!]

Ich habe doch noch fast nichts gesagt. – Man hat das Gefühl, die Stadt sei dabei, mit ihrer Wachstumsherausforderung sehr verantwortlich umzugehen.

Zugegebenermaßen ist Berlin spät dran. Die Stadt wächst nicht seit gestern und auch nicht seit 500 Tagen, sondern sie wächst schon seit längerer Zeit. Zudem ist es so – das wissen Sie bestimmt –, dass man, wenn man etwas bauen will, es vorher planen muss, und das dauert eine gewisse Zeit.

[Holger Krestel (FDP): Aber nicht fünf Jahre!]

Das Thema dieser Aktuellen Stunde lautet „Bezahlbares Wohnen für Berlin“, und wir sind uns ganz bestimmt einig, dass Wohnen ein Grundrecht jedes Menschen ist. Verantwortliche Politik auf Bundes- und Landesebene und auf kommunaler Ebene muss sich dafür einsetzen, dass Wohnraum allen Bürgerinnen und Bürgern zu angemessenen und leistbaren Bedingungen zur Verfügung

steht, insbesondere denjenigen, die sich nicht selbstständig am Markt versorgen können, zumal wenn er so verrücktspielt wie derzeit.

[Zuruf von rechts: Hier spielen alle verrückt!]

Die Wohnungsfrage ist die zentrale Frage unserer Zeit. Die Kosten für das Wohnen sind in den letzten Jahren massiv gestiegen. Dass das Thema Wohnungsnot und steigende Mieten in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, hat spätestens die große Mietendemo vor knapp zwei Wochen gezeigt. Berlin wächst rasant, in den letzten fünf Jahren um 242 000 Personen. Die Zahl neuer Arbeitsplätze wächst sogar noch schneller, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Dynamik nachlässt. Dieses Wachstum der Stadt wollen wir sozial und ökologisch gestalten.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Zum Thema Mietentwicklung: 2009 kosteten Angebotsmieten noch um die 6 Euro. 2016 waren es schon 10 Euro. Das ist ein Anstieg um zwei Drittel. Bei bestehenden Mietverhältnissen – das zeigt der Mietspiegel – ist der Anstieg etwas weniger, aber immerhin ein Drittel. Viele private, vor allem kapitalmarktorientierte Vermieter orientieren sich bei ihrer Mietengestaltung vorrangig an Renditeerwartungen und nicht etwa am realen Bewirtschaftungsaufwand für die Wohnungen, geschweige denn an den Bedürfnissen und den finanziellen Möglichkeiten ihrer Mieterinnen und Mieter. Das erhöht dramatisch den Druck auf die Menschen. Das schafft existenzielle Ängste.

Bundesrechtliche Rahmenbedingungen wie z. B. das zeitlich unbegrenzte Umlegen von Kosten für Modernisierungen, zulässige Bestandsmieterhöhungen von

15 Prozent alle drei Jahre und eine nahezu wirkungslose Mietpreisbremse verschärfen die Situation zusätzlich.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vor diesem Hintergrund ist es die Hauptaufgabe der Berliner Mieten- und Wohnungspolitik, ausreichend und bezahlbaren Wohnraum in einer lebenswerten Stadt zu sichern. Dafür müssen wir sowohl preiswerten Wohnraum neu schaffen als auch günstige Mieten im Bestand aktiv sichern. Wir brauchen beides; das gehört zusammen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Zum Mieterschutz tun wir alles, was auf Landesebene möglich ist. Wir nutzen die Mietpreisbremse – bei aller Kritik –, die Kappungsgrenzenverordnung, die Umwandlungsverordnung, die Kündigungsschutzklauselverordnung – ich könnte fortfahren. Das sind die Möglichkeiten, die uns das Bundesrecht derzeit gibt. Wir nutzen sie. Die aktuelle Lage beweist, dass das bei Weitem nicht ausreicht. D. h., der Bund muss sich bewegen. Ich möchte ehrlich gesagt nicht wie Frau Schmidberger glauben, dass

(Sebastian Czaja)

da nichts geht. Vielleicht ist die Christlich-Soziale Union, die jetzt das Bauministerium führt, in der Lage, die Brisanz der Wohnungsfrage bundespolitisch aufzugreifen. Wir werden jedenfalls auch in Berlin dafür sehr deutliche Signale setzen.