Protokoll der Sitzung vom 17.05.2018

[Beifall von Stefan Franz Kerker (AfD)]

Insofern finde ich natürlich den Einwand des Kollegen Düsterhöft von der SPD, dass der Antrag eine Schande sei, befremdlich, als die SPD die ganzen Jahrzehnte hier an der Regierung war. Aber im Grunde gab es Einklang zwischen allen Fraktionen, dass der barrierefreie Zugang zu allen Wahllokalen gewährleistet sein muss. Wir werden das mit unterstützen. Man muss auch den Hintergrund berücksichtigen, dass in den letzten Jahren die Zahl der Briefwähler immer mehr zugenommen hat. Briefwahlen waren ursprünglich für Menschen mit Behinderung oder kranke Menschen vorgesehen, die es nicht mehr schaffen, den Weg zum Wahllokal allein zu gehen. Mittlerweile ist die Briefwahl weniger zur Ausnahme, sondern eher zur Regel geworden, was ursprünglich eigentlich nicht so vorgesehen war. Ich will an Länder wie Frankreich erinnern, die die Briefwahl sogar wegen der Manipulationsanfälligkeit ganz abgeschafft haben.

Wir sollten versuchen, den Zugang zu unseren Wahllokalen so zu gewährleisten, dass auch alte Menschen am Wahltag persönlich zur Wahlurne schreiten können. Dann besteht auch nicht das Risiko des Fremdausfüllens von Stimmzetteln usw. Wir kennen das ja alle. Deswegen hoffen wir, dass dieser Antrag ein erster Schritt in die

richtige Richtung ist, und werden das weiter beobachten und begleiten. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Dr. Michael Efler (LINKE)]

Für die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Topaç das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass unser Antrag „Barrierefreie Wahlen in Berlin ermöglichen“ fraktionsübergreifend im Ausschuss angenommen wurde. Ich glaube, nicht allen Menschen ist klar, wie viele Hürden Menschen mit Behinderung auf dem Weg zur politischen Teilhabe überwinden müssen. Das beginnt damit, dass beispielsweise nicht alle Informationen zu den Wahlen und Wahlprogrammen in leichter Sprache zur Verfügung stehen.

Auch der Wahltag stellte immer wieder zusätzliche Hürden bereit. Wählerinnen und Wähler mit Behinderung mussten sich vorher im Internet darüber informieren, ob und inwieweit ihre zugewiesenen Wahllokale tatsächlich barrierefrei sind. Bei den letzten Wahlen war ein Viertel der Wahllokale nicht barrierefrei. Für blinde und sehbehinderte Menschen bedeutete die Teilnahme an Wahlen im Wahllokal, dass sie vorab ihre Stimmzettelschablonen zwar kostenfrei, aber eben selbst beim Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin organisieren mussten.

Welche Folgen das hat, können wir alle im Bundesteilhabebericht lesen. Die nicht barrierefreie Wahl führt dazu, dass sich Menschen mit Behinderung faktisch wesentlich seltener an Wahlen beteiligen. Auch wenn für viele Wählerinnen und Wähler das Wählengehen zu einer demokratischen Pflicht geworden ist, weiß ich aus meiner Biografie, dass es mehr ist. Es ist nicht nur eine Pflicht, sondern ein bürgerliches Grundrecht und damit auch ein Privileg, das nicht alle Menschen gleichermaßen genießen.

Mit dem Antrag „Barrierefreie Wahlen in Berlin ermöglichen“ setzen wir nichts anderes als den Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention um. Wir stärken damit Menschen mit Behinderung, ihre politischen Rechte wahrzunehmen – und das gleichberechtigt. Aber wir haben uns als R2G nicht nur zur inklusiven Stadtgesellschaft bekannt, sondern auch dazu verpflichtet, das Recht auf Teilhabe gemeinsam mit den Betroffenen und den Interessenverbänden umzusetzen.

Manche Maßnahmen können wir schnell umsetzen, wie die barrierearmen Wahllokale, aber andere Maßnahmen bedürfen eines längeren Atems. Das Wohnteilhabegesetz, die Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes, das

(Stefanie Fuchs)

Bundesteilhabegesetz sind Prozesse, die wir bereits angeschoben haben, aber für die wir uns auch Zeit nehmen wollen und müssen, denn wir wollen mit den Betroffenen auf Augenhöhe sprechen und Gesetze im Sinne der Betroffenen umsetzen.

Ich bitte Sie darum, diesen Antrag für barrierefreie Wahllokale und Schablonen für sehbehinderte und blinde Menschen zu unterstützen, und wünsche mir natürlich vor allem für die Bezirke eine gute Begleitung bei der Umsetzung. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die FDP hat jetzt der Kollege Seerig das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, diese Debatte ist ein typisches Beispiel für die Politik von Rot-Rot-Grün, nämlich für gelebtes Recycling. Wir haben über diesen Antrag geredet, als er eingebracht wurde. Wir haben darüber im Ausschuss geredet und den Antrag ohne Änderungen einstimmig beschlossen. Nun kann man die Rede vom letzten Mal hier noch einmal verlesen –

[Zuruf von Stefanie Fuchs (LINKE)]

ich höre Kritik von der Kollegin Fuchs, ich habe dazu schon einmal geredet, ich weiß es –, aber wozu noch mal? Offensichtlich hat Rot-Rot-Grün Interesse daran, Redezeit zu verbrauchen, damit wir vielleicht über andere Dinge nicht reden.

[Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Aber im Kern ist natürlich das Anliegen des Antrages – das zeigt ja auch die einstimmige Abstimmung – gut und sinnvoll. Wie wir bei der Diskussion im Ausschuss erleben mussten, ist offensichtlich der Antrag auch notwendig, weil das, was da an Einlassungen von der Innenverwaltung kam, zumindest aus meiner Sicht nicht unbedingt gezeigt hat, dass dort schon Problembewusstsein oder gar die Kenntnis der Behindertenrechtskonvention angekommen ist. Insofern sollten wir alle sehr gespannt auf den Bericht sein, den wir dann zum 30. Juni kriegen.

Ein Wermutstropfen ist aus unserer Sicht, dass das Thema Schulung der Wahlvorstände zu Wählerinnen und Wählern mit kognitiven Einschränkungen nicht auch noch aufgenommen wurde, aber vielleicht folgt das ja bald, wenn sich dann auch Berlin endlich dem Thema der Wahlrechtsausschlüsse widmet.

Wir Freien Demokraten werden logischerweise diesem Antrag zustimmen, denn ein wirkliches, reales Wahlrecht

für alle ist ein existenzielles Merkmal einer lebendigen, echten Demokratie. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zum Antrag Drucksache 18/0667 empfiehlt der Innenausschuss einstimmig mit allen Fraktionen die Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen und der fraktionslose Kollege Wild. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist das auch hier einstimmig beschlossen worden.

Die Tagesordnungspunkte 14 bis 16 stehen auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 17:

Wohnungsbaupotenziale ausschöpfen! Mischnutzungen bei bisherigen Einzelhandelsflachbauten auch für Wohnbebauung nutzen

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen vom 25. April 2018 Drucksache 18/1021

zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0636

In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. – Herr Kollege Gräff! Sie haben das Wort.

[Zuruf]

Der ist nicht da. Reihen wir hinten ein, dann nehme ich jetzt erst mal Herrn Buchholz. Ist Herr Buchholz von der SPD da? – Ist auch nicht da! Das ist ja hochverdächtig.

[Heiterkeit]

Herr Scheermesser von der AfD ist aber da. Dann fangen wir mit der AfD an. – Ah, Moment! Herr Gräff, herzlich willkommen!

[Beifall und Johlen]

Es geht um die Wohnungsbaupotenziale auf Flachbauten. Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich entschuldige mich auch ganz formal bei Ihnen und natürlich beim Plenum.

[Stefan Förster (FDP): Das kostet eine Runde!]

Herr Förster! Was soll ich jetzt sagen, nach dem Redebeitrag heute?

(Fadime Topaç)

Meine Damen und Herren! Wir haben hier schon zweimal im Plenum darüber gesprochen. Jetzt bin ich froh, dass die anderen Kolleginnen und Kollegen, die dazu wahrscheinlich auch sprechen werden, da sind. Wohnungsbaupotenziale auf Supermärkten – wir lassen als CDU-Fraktion nicht nach und stellen auch an dieser Stelle fest, dass dort in den letzten Wochen und Monaten nichts, aber auch gar nichts passiert ist.

Deswegen noch einmal der Apell von uns als CDUFraktion. Wir haben ein großes Potenzial bei diesem Thema in Berlin. Wir haben in den letzten Wochen noch einmal mit denjenigen Gespräche geführt, die bereit wären, Einzelhandelsflächen zur Verfügung zu stellen, um sie neu zu entwickeln und weiterzuentwickeln. Wir wissen, dass diese Frage kontrovers diskutiert werden muss. Auf der anderen Seite gibt es Wohnungsunternehmen, Wohnungsbaugenossenschaften und freie Unternehmen, die sich vorstellen können, gemeinsam mit Discountern und Supermarktketten etwas zu entwickeln. Alleine, was fehlt, sind weitere Schritte, die von der Senatsverwaltung unternommen werden, um das umzusetzen.

[Daniel Buchholz (SPD): Das ist doch Quatsch!]

Es hat, wie gesagt, im Juni 2017 den ersten Supermarktgipfel gegeben. Danach gab es keine konkreten Schritte seitens der Senatsverwaltung mehr. Deswegen gehen wir davon aus, dass Sie unseren Antrag hier im Plenum unterstützen – vielleicht haben Sie sich das noch einmal überlegt, Herr Buchholz, seit der Ausschusssitzung, wo wir das kontrovers diskutiert haben. Wir glauben, Wohnungspolitik und der Wohnungsneubau sind ein Mosaik. Dazu gehören viele Bausteine. Aber einer der wesentlichen Bausteine ist das Potenzial – übrigens nicht nur in den Außenstadtbezirken, sondern auch in der Innenstadt – , auf Supermarktflächen zu bauen. Deswegen werben wir um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Jetzt hat Herr Buchholz von der SPD-Fraktion das Wort.

[Paul Fresdorf (FDP): Mach’s kurz!]

Keine Angst, auch ich habe nur drei Minuten! Sie brauchen keine Angst haben, dass ich länger rede. – Verehrter Herr Gräff! Da muss ein Missverständnis vorliegen.