Protokoll der Sitzung vom 17.05.2018

Das erlaubt § 15 Versammlungsgesetz. Wenn die Gefahr der öffentlichen Ordnung gegeben ist, dann kann solch ein Marsch verboten werden. Jedes Mal ist dieser unsägliche Marsch im Zentrum der Weltöffentlichkeit. Wir brauchen mehr Polizisten, um diesen Marsch zu schützen, als tatsächlich Teilnehmer da sind. Das ist doch beschämend! Warum werden Sie nicht endlich mal aktiv und sagen: „Diesen Marsch wollen wir in der deutschen Hauptstadt nicht mehr haben“? – Die Jüdische Gemeinde wäre Ihnen sehr dankbar dafür.

[Beifall bei der AfD – Anne Helm (LINKE): Jedes Jahr sind wir dagegen aktiv!]

Frau Dr. Kitschun, bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur Ihrer Frage: Das Versammlungsrecht – das habe ich schon dargestellt – hat einen hohen Verfassungsrang. Das ist auch gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte ein wichtiger Punkt. Deshalb ist an dieser Stelle der Weg mit den Auflagen, der hier gegangen wird, der richtige Weg.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Dann hat der Abgeordnete Hansel das Wort zu einer weiteren Zwischenbemerkung.

[Benedikt Lux (GRÜNE): Da muss der Geschäfts- führer den Antrag erklären!]

Aufgrund der emotionalen Betroffenheit muss man ganz klar sagen: Natürlich soll von Berlin das Zeichen ausgehen, dass wir diese Demonstration nicht wollen. Wir wissen allerdings, dass es hier Probleme gibt und dass die Demonstration so nicht verboten werden kann.

[Zurufe von der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Schneider! Moment! Das haben wir geklärt, aber das ist eine emotionale Geschichte.

[Zuruf: Sie müssen mal richtig zuhören!]

Hören Sie doch mal zu! Ich stelle es doch jetzt klar für alle im Haus und für die Berlinerinnen und Berliner: Wir möchten, dass von Berlin das politische Zeichen ausgeht, dass die Berliner bitte nicht an dieser Demonstration teilnehmen,

[Benedikt Lux (GRÜNE): Macht doch auch keiner!]

dass wir als Berliner nicht möchten, dass die Hauptstadt mit dieser Demonstration beschmutzt wird. Unterstützen Sie diesen Antrag! Es ist kein Verbotsantrag, es ist ein moralischer Appell an die Menschen in Berlin – hören Sie zu! –, dass wir dieses nicht wollen. Es ist ein Antrag, dem jeder in diesem Hause zustimmen kann, wenn er nicht meint, wieder hier ein parteitaktisches Süppchen zu machen. Okay? Ganz klar steht da im Antrag: kein Verbot!

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

ruhig jetzt! –, sondern dass von Berlin das Signal ausgeht an die Berliner: Berlin geht nicht zu dieser Demonstration.

[Beifall bei der AfD – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Offensichtlich haben Sie nicht mal Klarheit in Ihrer eigenen Fraktion! Spricht gegen seinen eigenen Redner! – Zuruf von links: Konfusion in der AfD!]

Zu einer Erwiderung hat die Kollegin Dr. Kitschun das Wort.

Wie die Zwischenrufe ja schon deutlich machen, sollten Sie jetzt wahrscheinlich in Ihrer Fraktion wirklich noch mal klären, was das Ziel ist.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Das habe ich gesagt!]

Ich möchte noch mal deutlich machen, dass alle anderen Fraktionen in der Vergangenheit und auch sicherlich in diesem Jahr breit mit gesellschaftlichen Organisationen zu der Gegendemonstration aufrufen. Das ist aus unserer Sicht der richtige Weg.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Dregger das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der al-Quds-Tag ist eine Erfindung des damaligen iranischen Revolutionsführers Ayatollah Khomeni im Jahr 1979. Er beschwor die Einheit der Muslime zur Vernichtung Israels. Sein strategisches Ziel war, die Führungsrolle des iranischen Revolutionsregimes in der islamischen Welt zu begründen, und der Kitt für diesen Zusammenhalt der muslimischen Welt sollte der Hass auf Israel sein. Diesem schändlichen Ziel dienen auch die alljährlichen al-Quds-Tags-Demonstrationen in Berlin. Die werden von den Initiatoren befeuert durch Verschwörungstheorien über eine angeblich amerikanisch-zionistische Verschwörung gegen die Muslime. Die noch immer ungelösten Fragen des Nahostkonflikts liefern leider immer die schrecklichen Bilder, um die Emotionen zu befeuern. Der al-Quds-Tag ist mit den Grundwerten unserer staatlichen Ordnung nicht in Übereinstimmung zu bringen.

[Beifall bei der SPD, der CDU, den GRÜNEN, der AfD und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vernichtungsaufrufe gegen Israel sind ebenso inakzeptabel wie antisemitische und antizionistische Propaganda. Und das bedeutet für die nicht wenigen Zufluchtsuchenden und Zuwanderer aus dem Nahen Osten von heute und von gestern: Wer sich weiterhin daran beteiligt, ist nicht willkommen in Berlin!

[Beifall bei der CDU und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Das gilt in gleicher klarer, eindeutiger Weise für alle rechts- und linksextremistischen Antisemiten, die sich da dranhängen.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Hier darf es keine falsche Toleranz geben, sondern klare Kante.

Meine Damen und Herren von der AfD-Fraktion! Die Zielrichtung Ihres Antrags sehe ich als unterstützenswert an. Aber was mir überhaupt nicht passt, ist die Tatsache,

dass AfD-Abgeordnete das syrische Regime, den syrischen Machthaber Assad in den vergangenen Monaten besucht haben in dieser politischen Lage im Nahen Osten. Und da stellt sich schon die Frage, ob auch in diesem Bereich genauso wie bei der Krim-Frage Ihre Haltung glaubwürdig oder ob Ihr Antrag eine Heuchelei Ihrer Fraktion ist.

[Beifall bei der CDU, der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Wer sich mit denjenigen trifft, die Teil dieser antisemitischen und antizionistischen Aktivitäten sind, wer Verbündeter des iranischen Regimes ist, wer die Hisbollah unterstützt, die Israel bekämpft, und wer sich mit diesen Leuten trifft, der ist kein glaubwürdiger Bekämpfer des al-Quds-Tags in Berlin. Und deswegen können wir Ihrem Antrag jedenfalls nicht folgen. Wir werden deswegen eigenständig aktiv werden. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Dann hat der Kollege Taş für die Linksfraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die demokratischen Parteien in diesem Hause – ich unterstreiche an der Stelle noch mal die demokratischen Parteien – sind sich einig, dass jeder Art des Antisemitismus entgegenzutreten ist. Antisemitismus ist mit allen gebotenen demokratischen Mitteln selbstverständlich zu bekämpfen. Insofern distanzieren wir uns völlig selbstverständlich von den antisemitischen al-QudsDemonstrationen und verurteilen diese auf das Schärfste.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die sogenannte AfD die allerletzte Partei, die solch einen Antrag stellen sollte. Es existiert ein Onlineportal namens Freie Welt, das von der stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzenden im Deutschen Bundestag, Beatrix von Storch, und ihrem Ehemann betrieben wird. – Mit Ihrer Erlaubnis würde ich daraus einiges zitieren. – Dessen Autoren berichten dort über judenfeindliche Angriffe in Deutschland, aber nur über solche, die von Muslimen begangen werden. Sie verschweigen dabei, dass über mehr als 95 Prozent der antisemitischen Straf- und Gewalttaten laut Bundespolizei seit Jahren von Rechtsextremen verübt werden.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Uns Demokraten unterscheidet, wenn Sie so laut sind, in diesem Zusammenhang von der AfD – –

[Stefan Franz Kerker (AfD): Sie sind keine Demokraten, Sie sind die SED-Nachfolgepartei!]

Sie können vielleicht einfach mal ruhig bleiben, zuhören, was dazulernen, und dann können Sie Ihren eigenen Antrag noch dazu studieren. –

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfragen, bitte! – Uns Demokraten unterscheidet in diesem Zusammenhang von der AfD, dass wir eben nicht mit Finger in eine Richtung zeigen, um Hetze zu betreiben. Wir verurteilen alle antisemitischen Denk- und Wertmuster in dieser Gesellschaft, ganz egal, ob die von Nazis oder Islamofaschisten begangen werden. Die AfD versucht immer wieder den Mythos zu verbreiten, dass Antisemitismus erst mit der erhöhten Anzahl der Geflüchteten nach Deutschland zurückgekehrt sei.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Unsinn!]

Dabei ist der Antisemitismus in Deutschland auch nach dem Zweiten Weltkrieg in der deutschen Gesellschaft nie verschwunden, und die AfD ist mit ihren nationalistischen und chauvinistischen Hetztiraden

[Frank-Christian Hansel (AfD): Dummes Zeug!]

mit ein Grund dafür, dass antisemitische, antimuslimische und ausgrenzende Werturteile im Allgemeinen derartig stark in die gesellschaftlichen Diskurse wieder eingekehrt sind.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Der AfD-Fraktionsvorsitzende im Deutschen Bundestag, Alexander Gauland, sagt im Jahr 2017: Die Deutschen dürften stolz sein auf die Leistungen deutscher Soldaten im Ersten und Zweiten Weltkrieg. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte so stundenlang fortfahren. Wer also Nazi-Kader in den Fraktionen beschäftigt,