Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

Das sind nur einige Fragen, die von den fach- und sachkundigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fachtagung in die Diskussion eingebracht wurden. Den Anwesenden war klar, dass noch viele Aspekte der Bibliotheksentwicklung genauer betrachtet werden müssen und vor allem, dass es bestimmter finanzieller, technischer und räumlicher Grundvoraussetzungen bedarf, um den Herausforderungen an moderne Bibliotheken gerecht zu werden. Gut ausgestattete Bibliotheken, frei vom Konsumzwang und mit kostenfreiem Zugang zum Internet, gehören zur Daseinsvorsorge. Rot-Rot-Grün hat sich in der Koalitionsvereinbarung verpflichtet, die öffentlichen Bibliotheken zukunftsfähig zu machen, und dafür braucht Berlin genau dieses Bibliothekskonzept, das jetzt entwickelt werden soll.

Unser Ziel ist es, auf seiner Basis das Bibliotheksnetz zu sichern, den Bedürfnissen der wachsenden Stadt anzupassen, es auszubauen und eine gesetzliche Regelung für die Bibliothekslandschaft Berlins anzustreben. Letzteres möchte ich noch mal für die Linksfraktion deutlich hervorheben. Unser Ziel ist ein Bibliotheksgesetz für Berlin.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Standards müssen her, damit lebenslanges Lernen ermöglicht wird, und zwar an Orten, die für alle erreichbar und nutzbar sind, an Orten, die gut vernetzt sind und die das Erleben von Literatur, das Erfahren von Wissenschaft und Kommunikation ermöglichen. Dass diese Standards nur mit ausreichend qualifiziertem Personal, das dafür auch gut bezahlt werden muss, und mit der Sicherung und Ausweitung von Räumen erreicht werden kann, dürfte klar sein, und dafür trägt unser Haus und tragen wir alle hier Mitverantwortung. Das gilt für wissenschaftliche Bibliotheken, die Zentral- und Landesbibliothek, die Bezirksbibliotheken und natürlich auch für die Schulbibliotheken. Nutzen wir für letztere auch die Chance, die sich mit dem Schulbauprogramm ergibt! Schaffen wir da, wo Bezirke das brauchen, auch neue Schulbibliotheken, die sich in den Stadtraum und in die Nachbarschaft öffnen, und schauen wir dabei auch mal über den Tellerrand! Was z. B. Aarhus mit nicht einmal einem Zehntel unserer Einwohnerschaft schafft, sollte doch auch in der Hauptstadt Deutschlands möglich sein. Gehen wir mit

diesem Antrag einen großen Schritt in die Zukunft der Berliner Bibliotheken!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Kluckert das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Braucht Berlin ein Bibliothekskonzept? Bibliotheken sind – das hat Frau Bangert richtig ausgeführt – die meistgenutzte Bildungs- und Kultureinrichtung in Berlin, und sie sind ein wichtiger Fort- und Weiterbildungsbestandteil für die Bürgerinnen und Bürger. Deshalb wird die FDP-Fraktion natürlich auch alles unterstützen, was eine gute Arbeit in den Bibliotheken ermöglicht.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Sabine Bangert (GRÜNE) und Regina Kittler (LINKE)]

Aber zu dem Antrag selbst: Herr Jahnke! Ich habe aufmerksam und interessiert Ihrem Vortrag gelauscht. Ich frage mich aber, wann die SPD die Bibliotheken entdeckt hat. Ist von Ihnen mal irgendeiner falsch abgebogen, hat dann so etwas von innen gesehen und findet es auf einmal ganz toll? – Denn man muss doch mal sagen: Sie regieren hier seit zwei Jahrzehnten.

[Ronald Gläser (AfD): Bald drei!]

Bald drei? – Also, Sie regieren hier seit bald drei Jahrzehnten. Sie haben die Bezirke, die überwiegend für die Bibliotheken zuständig sind, so ausbluten lassen, dass sie an den Bibliotheken immer mehr sparen mussten und dort den Rotstift angesetzt haben, aber jetzt auf einmal tun Sie so, als ob Sie mit der ganzen Misere nichts zu tun haben und fordern ein Konzept. Dazu muss ich das sagen, was ich auch schon in der vorigen Sitzung in Bezug auf die Alte Münze gesagt habe: Ein Konzept zu fordern, ist einfach zu wenig. Wir möchten, dass jetzt endlich mal geliefert wird, und wir wollen etwas sehen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Dr. Robbin Juhnke (CDU) – Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Nein, Sie debattieren nur herum. Sie machen eine Scheindebatte und tun so, als ob Sie etwas bewirken wollen. –

[Steffen Zillich (LINKE): Das ist jetzt aber ein harter Vorwurf!]

Ich komme von den Bezirken auf die Senatsebene zurück: Bei der Zentral- und Landesbibliothek hieß es zuerst: Wir finden einen Standort in dieser Legislaturperi

(Regina Kittler)

ode. – Jetzt finden wir schon einen Standort in diesem Jahr. Ich bin froh, wenn der Standort endlich mal gefunden wird, aber eigentlich hätte er schon vor zwei Jahren gefunden werden können. Das hängt hier alles viel zu sehr zurück. Da nehme ich jetzt Herrn Lederer heraus, weil er da noch nicht Senator war. Aber die SPD war da schon in der Regierungsverantwortung, und bei der Geschwindigkeit, mit der Sie hier arbeiten, sind die Buchseiten längst vergilbt, bevor irgendein Erfolg zu verzeichnen ist.

[Beifall bei der FDP]

Zu dem Antrag selbst: Der Antrag ist einfach nur ein großer Wunschzettel, eine substanzlose Luftnummer. Aber es ist immerhin schon mal gut, dass Sie dem Senat etwas Druck machen wollen, damit hier etwas passiert, was die Bibliotheken betrifft. Wir werden das im Ausschuss gern begleiten und auch den Antrag unterstützen. Ich kann allerdings sagen, dass nicht alles, was Sie in diesen Antrag hineingeschrieben haben, so bleiben wird. Uns fehlen z. B. noch Konzepte zu der Frage, wie lange Bibliotheken generell offenbleiben können, und dazu, dass wir größere Angebote in den Bibliotheken und einheitliche Bezirksbibliotheken brauchen. Es kann nicht sein, dass es dort ein paar kleine und dort ein paar große Bibliotheken gibt, die einen haben nachmittags auf, die anderen bis zum Abend. Hier muss sich auf jeden Fall etwas tun, und wir werden das gern mit Ihnen zusammen gestalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Zu dem Redebeitrag von Herrn Kluckert gibt es zunächst eine Kurzintervention des Kollegen Jahnke und danach eine von Frau Bangert. – Herr Kluckert, Sie können dann zu jedem einzelnen Beitrag Stellung nehmen.

Ich rede jetzt zu Herrn Kluckert.

Ja, ja! – Und er redet dann zu Ihnen.

Er hat ja die Backen ganz schön voll genommen und hier insbesondere gegen die SPD vom Leder gezogen.

[Holger Krestel (FDP): Das ist ja verboten!]

Deswegen will ich dazu doch noch mal ein paar Dinge sagen. Sie weisen auf die lange Regierungszeit hin, wo schon viel hätte passieren müssen. Ihnen sind aber höchstwahrscheinlich auch nicht die Planungen für einen einheitlichen Standort der ZLB entgangen. Das ist übrigens ein Vorhaben – was man zur historischen Aufklä

rung auch noch mal sagen kann –, das seit 100 Jahren in Berlin bestand. Schon vor dem 1. Weltkrieg gab es dieses Vorhaben, das aus Kriegsgründen und dann wegen der Nachkriegszeit usw. nie zum Zuge kam. Eine SPDgeführte Regierung hat das in der Tat schon unter Klaus Wowereit wieder aufgegriffen und hat ein Konzept für eine Zentral- und Landesbibliothek an einem Ort aufgestellt, und es ist seinerzeit auch ein Wettbewerb für einen Standort ausgeschrieben worden, der leider nicht zum Zuge kam. Dies hat andere Gründe, die die SPD sicherlich nicht zu verantworten hatte.

Nun mal zu den anderen Dingen, wo Sie auch die Backen ziemlich voll genommen haben! Sie sagten gerade: Viele Punkte in diesem Konzept werden nicht durchkommen. – Ich prophezeie Ihnen: Die werden alle durchkommen, auch wenn es vielleicht der FPD nicht passt. Aber wir haben hier sehr vernünftige Dinge zusammengeschrieben als Vorgaben für ein solches Konzept. Es ist doch überhaupt nicht gesagt, dass wir jetzt als Koalition das auf Punkt und Komma ausformulieren müssen. Es ist gerade der partizipative Prozess, den Sie anscheinend gar nicht verstehen. Also, wir geben vor, in welchen Bereichen ein solches Konzept liefern muss. Sie sagten ja, wir sollen jetzt nicht ein Konzept erstellen, wir sollen liefern. Ja, genau! Geliefert werden muss!

Und dieses Konzept sagt sehr genau, welche Punkte wichtig sind. Zum Beispiel steht auch hier „vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“. Es haben sich in der Tat dadurch, dass die Stadt alleine in den letzten fünf Jahren um eine Viertelmillion Menschen gewachsen ist, in sämtlichen Bereichen neue Anforderungen ergeben, also auch bei der Bibliothek.

Also auch dieses und gerade das Thema, das ich vorhin ausführlich ausgeführt habe – das lebenslange Lernen, die Medienkompetenz –, das ist ein Punkt.

Und durchaus kann man hier auch Herrn Juhnke recht geben, der eben sagte: Beispiele in ganz Europa, in der ganzen Welt für solche neuartigen Bibliotheken gibt es natürlich. Und das sind wir hier gewillt in Berlin zu schaffen, und natürlich auch in Zusammenarbeit mit den Bezirken, Das ist doch hier kein Konzept von oben, das die Bezirke in irgendeiner Art und Weise bevormunden will. Aber wir wollen Standards setzen, die in allen Bezirken dann auch gelten. Und das steht auch im Antrag drin. Von daher ist Ihre Kritik, würde ich sagen, eher viel heiße Luft.

Wir werden diesen Antrag im Ausschuss beraten, und ich denke, wir werden damit auf einen guten Weg kommen. – Danke für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

(Florian Kluckert)

Herr Kollege Kluckert! Wenn Sie wollen, können Sie darauf erwidern!

[Florian Kluckert (FDP): Nein danke! – Regina Kittler (LINKE): Jetzt bin ich aber enttäuscht! – Florian Kluckert (FDP): Ich muss ja Zeit schinden!]

Wollen Sie nicht? Dann hat Frau Bangert für eine zweite Zwischenbemerkung das Wort.

Ich finde das einen durchaus spannenden Vorgang. Wir reden über Bibliotheken, wir reden über Bildung, und ich stelle fest: Zuletzt Herr Kluckert, aber niemand von der Opposition ist der Lage, einen Antrag korrekt zu lesen.

[Florian Kluckert (FDP): Doch, ich habe ihn gelesen!]

Wenn Sie lesen würden, was da steht – wir haben nicht etwa ein Bibliothekenkonzept formuliert, sondern die Rahmenbedingungen für die Erstellung eines Konzeptes definiert, wo selbstverständlich auch die Öffnungszeiten und alles andere mit einbezogen werden, Herr Kluckert! Wir geben da bewusst Spielräume. So vermessen bin ich nicht wie Sie, dass wir ein Bibliothekenkonzept formulieren. Wir überlassen das den Expertinnen und Experten, die etwas davon verstehen.

Und keine Panik, dass es erst in zehn Jahren auf dem Tisch liegt! Wir wissen doch, dass die Bibliotheken schon Vorarbeit geleistet haben. Wir müssen nur die Berliner Bibiothekenlandschaft zum sinnvollen Konstrukt zusammenführen, damit da auch Synergieeffekte entstehen, denn ich muss beim Neubau von der ZLB keinen Umstand abdecken, der eventuell schon durch die Wissenschaftsbibliotheken abgedeckt wird. Das ist die Idee, wirklich eine klare Struktur zu haben, wie wir die Bibliothekenlandschaft entwickeln, wer welche Aufgabe hat: Welche Aufgaben haben wir bei den Bezirksbibliotheken, welche bei der Zentral- und Landesbibliothek und welche bei den Wissenschaftsbibliotheken und anderen Bibliotheken in Berlin? Ich verstehe gar nicht, was da so schwer zu begreifen ist.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Ich sehe: Wir müssen hier noch Fortbildung veranstalten. Ich kann Ihnen nur raten: Gehen Sie in Bibliotheken! Lesen Sie! Es bildet.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Heiterkeit von Regina Kittler (LINKE)]

Herr Kluckert, Sie haben das Wort!

[Regina Kittler (LINKE): Jetzt wird’s spannend!]

Natürlich habe ich den Antrag gelesen

[Regina Kittler (LINKE): Dann nicht verstanden!]

und kann Ihnen daher sagen: Wären Sie in die Bibliothek gegangen und hätten sich mal den Duden rausgezogen, hätte der eine oder andere Rechtschreibfehler nicht passieren müssen.

Aber es ist nicht Ihre Aufgabe, Konzepte entwickeln zu lassen und die Arbeit zu delegieren. Es ist auch nicht die Aufgabe des Senates, es zu tun. Der Senat soll handeln und endlich Konzepte vorlegen.