Tatsächlich entstehen die meisten neuen Jobs im Einzelhandel, im Gastgewerbe und in ITDienstleistungen, sind also zumeist schlecht bezahlt. Die Industrie, wo qualifizierte Stellen entstehen, schrumpfte zuletzt.
Halten wir fest: Sie werden massiv von den gut wirtschaftenden Bundesländern unterstützt. Sie verbrennen dieses Geld vollkommen sinnfrei beim BER und anderen, teilweise sogar schädlichen Projekten. Sie vernichten gut bezahlte Arbeitsplätze, Sie schaffen prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Sie vertreiben die Industrie, Sie treiben die Wohn- und Energiekosten in die Höhe.
Wenn man sich die Aussagen Ihrer Funktionsträger – und hier spreche ich ganz besonders die Linkspartei an – und Ihre weiteren Ansätze so ansieht, so scheint Ihre Misswirtschaft bewusst und geplant zu sein.
So schmückt eine uns schon vom Bundestagswahlkampf wohlbekannte Hamburger Funktionsträgerin der Linkspartei ihre Twitter- und Facebookseite mit einem Titelbild mit der Aussage „Der Kommunismus wird gewinnen“. – Das werde ich Ihnen gerne gleich als Dokument zur Verfügung stellen.
Berliner Bundestagsabgeordnete der Linkspartei stören sich nicht an dieser Aussage und stehen mit dieser Genossin im regen Kontakt. Dazu erwarte ich von der Senatorin auch gleich noch eine Aussage, ob sie gedenkt, unsere Probleme hier über die Einführung des Kommunismus zu lösen, wie es dort die Parteigenossin darstellt.
Des Weiteren schaffen Sie mit dem Berliner Stadtwerk und den Änderungen des Berliner Betriebe-Gesetzes – besonders mit dem Anschluss- und Benutzungszwang – ein neues VEB-Kombinat. So entziehen Sie erfolgreichen Unternehmen wie der Wall AG die Geschäftsgrundlage,
So machen Sie es durch Ihr Mobilitätsgesetz zu einem Ding der Unmöglichkeit, Waren an- und auszuliefern oder Kunden zu erreichen.
Ja, es wurden viele Tausende Jobs geschaffen. Das Entstehen neuer Jobs trifft aber auf drastisch steigende Immobilien-, Miet- und Energiepreise. Selbst wer eine Arbeit gefunden hat, kann davon nicht automatisch eine Wohnung bezahlen oder von dem Job leben oder gar eine Familie finanzieren. Und sich damit hier auch noch zu rühmen, den Betroffenen, die von niedrigen Löhnen und hohen Kosten aufgerieben werden, auch noch Salz in die Wunden zu streuen – damit rühmen Sie sich? – Ich sage Ihnen: Schämen Sie sich!
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Bangert das Wort. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich lerne die Begrenzung unserer Redezeit in diesem Haus immer mehr zu schätzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gute Zahlen sind immer ein Grund zur Freude: Die Berliner Wirtschaft ist lebhaft und wächst nach dem neusten Konjunkturbericht der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe stärker als im Bundesdurchschnitt. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop rechnet mit einem Wachstum von etwa 3 Prozent für dieses Jahr; für Deutschland insgesamt geht die Bundesregierung von 2,4 Prozent Wachstum aus.
Wenn ich mir diese Prognosen anschaue, dann kann die Performance von Rot-Rot-Grün gar nicht so schlecht sein, wie immer wieder behauptet wird.
Diese positive Entwicklung der Wirtschaft hat natürlich auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: Knapp 1,5 Millionen Berlinerinnen und Berliner sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt – das ist ein Anstieg von 55 000 gegenüber dem Vorjahr.
Eine Zahl hat mich dabei ganz besonders gefreut: In Berlin haben mehr als 10 000 geflüchtete Menschen einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden, und laut Auskunft der Regionaldirektion gibt es derzeit 28 000 geflüchtete Menschen in Berlin, die für den ersten Arbeitsmarkt grundsätzlich in Frage kommen. Wir stellen fest: Die Bereitschaft der Unternehmen, geflüchtete Menschen zu beschäftigen, wächst. Berlin zeigt sich als weltoffene Stadt und sieht die Zuwanderung als Bereicherung und Chance, hieraus zusätzliches Potenzial zur Bekämpfung des Fachkräftemangels zu schöpfen.
Für uns heißt das: Wir dürfen bei unseren Bemühungen um eine gute Integration von geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt nicht nachlassen. Sicher, es funktioniert noch immer an vielen Stellen nicht alles reibungslos. Wir müssen bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen zulegen, und geflüchtete Menschen müssen nach erfolgreichem Spracherwerb umgehend in Beschäftigung und Ausbildung gebracht werden. Das ist in vielen Fällen noch nicht der Fall. Wenn dieser Anschluss nicht funktioniert, sitzen sie in ihren Unterkünften und vergessen das Gelernte schnell.
Die Probleme sind erkannt, und wir arbeiten an guten Lösungen. Apropos Fachkräftemangel: Den beseitigt man am besten durch gute Ausbildung, und diesbezüglich gibt es bei den Berliner Unternehmen leider noch viel Luft nach oben. Jahrelang hat die Berliner Wirtschaft ihre Ausbildungsleistung zurückgefahren. Jetzt wird über ein Problem lamentiert, das in vielen Bereichen hausgemacht ist. Deshalb mein dringender Appell an die Berliner Unternehmen: Bilden Sie aus! Geben Sie auch Jugendlichen eine Chance, die keine Topschulabschlüsse vorweisen können! – In Berlin haben wir die Verbundausbildung gestärkt, die gerade für kleine und mittlere Unternehmen ein gutes Modell ist und adäquate Unterstützung bietet. Geben Sie Quereinsteigerinnen und -einsteigern eine Chance! Meist verfügen sie über eine Menge an praktischer Erfahrung, und es gibt viele Möglichkeiten der berufsbegleitenden Weiterbildung und Qualifizierung.
Nein, keine Zwischenfragen von der AfD! – Bei all diesen positiven Zahlen und Erfolgen dürfen wir aber nicht vergessen, dass immer noch zu viele der Beschäftigungsverhältnisse in unserer Stadt prekär sind. Die Freiheiten und die Möglichkeiten unserer wunderbaren Stadt sind
nichts wert, wenn Menschen unter diesen Verhältnissen arbeiten müssen, wenn das Einkommen kaum reicht, die Miete zu zahlen, und die Arbeitsbedingungen schlecht und ungesichert sind. Zu viele dieser Menschen in Berlin arbeiten unter diesen Bedingungen.
Ebenfalls negativ schlägt die hohe Zahl befristeter Beschäftigungsverhältnisse zu Buche, von der insbesondere Frauen und junge Menschen betroffen sind. Es ist offensichtlich, dass Frauen, die befristet in das Arbeitsleben starten, die Entscheidung für ein Kind immer weiter hinausschieben. Es ist doch absurd, wenn wir auf der einen Seite Milliarden ausgeben, um jungen Menschen die Entscheidung für ein Kind zu erleichtern, und auf der anderen Seite durch befristete Beschäftigung die Familien- und Zukunftsplanung behindern.
Deshalb ist diese Koalition auch angetreten, gute Arbeit zu schaffen. Erste Maßnahmen haben wir bereits umgesetzt. Wir werden sachgrundlose Befristungen im Einflussbereich des Landes beenden. Wir haben bereits im letzten Jahr einen Landesmindestlohn beschlossen, der über dem des Bundes liegt, und bei der Novellierung des Vergabegesetzes möchten wir das Landesmindestentgelt von der bisherigen Berechnung nach Lebenshaltungskosten abkoppeln und an die Eingangsstufe des Tarifvertrags der Länder anknüpfen. Durch all diese Maßnahmen tragen wir dazu bei, dass die wirtschaftliche Entwicklung auch bei den Menschen ankommt.
Das Thema unserer Aktuellen Stunde lautet: „Berliner Arbeitsmarkt im Aufschwung“. Fakt ist aber, dass es in Berlin immer noch viele Menschen gibt, die von diesem Aufschwung ausgeschlossen sind. Ja, die Erwerbslosenquote sinkt. Wir haben es gehört. Sie liegt bei 8,1 Prozent. Die Unterbeschäftigung liegt allerdings etwas höher. Da haben wir 230 000 Menschen, die aktuell erwerbslos sind. Aber schlimmer noch: Die Langzeiterwerbslosigkeit hat sich verfestigt, und wenn Menschen dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, hat das Folgen. Sie fühlen sich immer mehr an den Rand der Gesellschaft gedrängt, und sie fühlen sich nicht nur so, sondern sie sind in vielerlei Hinsicht von der Teilhabe an unserer Gesellschaft ausgeschlossen.
Das dürfen wir nicht hinnehmen, und deshalb macht Berlin aktiv Arbeitsmarktpolitik. Wir verfügen über erprobte arbeitsmarktpolitische Instrumente, die sich sinnvoll mit den Maßnahmen des SGB II und SGB III ergänzen. Aber neben den flankierenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des Landes müssen wir auch grundständige Infrastruktur sicherstellen, um überhaupt in den Genuss von arbeitsmarktpolitischer Förderung kommen
zu können. Es gibt nicht genug Kitaplätze, weder für Wiedereinsteigerinnen noch für erwerbslose Frauen und Alleinerziehende. Ohne Kitaplatz und mit einer unzureichenden Schulinfrastruktur keine Integration in Arbeit! – So einfach ist das, aber auch so anspornend ist es für uns, hier für Abhilfe zu sorgen.
Wir brauchen einen Perspektivwechsel hin zu einer Arbeitsmarktpolitik für alle. So weit, so gut! Das hat sogar die GroKo im Bund jetzt erkannt. Die Idee vom sozialen Arbeitsmarkt funktioniert aber nur, wenn auch die Rahmenbedingungen stimmen. Arbeitsminister Heil hat zum großen Wurf ausgeholt, faktisch aber lediglich eine modifizierte Fortsetzung des bereits existierenden Programms „Soziale Teilhabe“ vorgelegt – ein weiteres Lohnkostenzuschussprogramm mit einer maximalen Förderdauer von fünf Jahren. Das ist unverständlich, denn mittlerweile ist hinreichend erforscht und bekannt, dass es zur Beseitigung von Langzeiterwerbslosigkeit längerfristigere Maßnahmen braucht.
Das Dilemma an der ganzen Geschichte ist, dass sich mittlerweile jeder und jede berufen fühlt, arbeitsmarktpolitische Beiträge zu produzieren. Keiner blickt mehr durch bei den arbeitsmarktpolitischen Sonderprogrammen des Bundes: „Soziale Teilhabe“, „Bürgerarbeit“, FAV, ABM, SAM, BEZ, AFG 242s und 249h, BSHG 19,1, 19,2 und 18,4 usw. mfg – mit freundlichen Grüßen Fanta Vier.
[Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall von Lars Düsterhöft (SPD) – Oliver Friederici (CDU): Ha, ha!]
Was es nicht alles so gab! Und all das wird vermischt mit Papieren zu diversen Formen von Grundeinkommen, ob solidarisch oder bedingungslos. Die Verwirrung ist perfekt.
Die Lösung des Problems ist eigentlich ganz einfach, denn hinter all dem steht die Erkenntnis: Wir brauchen einen sozialen Arbeitsmarkt – dauerhaft, aber durchlässig.
Und genau dazu muss es einen gesellschaftlichen Konsens geben. Bevor wir neue Modelle in die Welt blasen, brauchen wir dringend die Debatte um die Ausgestaltung eines sozialen Arbeitsmarkts.
Diese muss beinhalten: Wer hat Zugang zu einem sozialen Arbeitsmarkt? Welche Tätigkeitsfelder werden definiert? Welche Förderinstrumente – also Qualifizierung, Weiterbildung und Coaching – stehen den Menschen in einem sozialen Arbeitsmarkt zur Verfügung, um die Durchlässigkeit auf den ersten Arbeitsmarkt zu ge
währleisten? Und ganz grundsätzlich: Wie kann durch Zugänge zu den zentralen gesellschaftlichen Gütern – Arbeit, Bildung und demokratische Teilhabe – der Ausweg aus Armut ermöglicht werden?
Wichtig ist, dass bei der Diskussion um die Ausgestaltung eines sozialen Arbeitsmarkts die individuellen Hemmnisse der Erwerbslosen und ihre Wege aus der Erwerbslosigkeit im Mittelpunkt stehen und nicht die Profilierung der Politik. Der Zugang zur Erwerbsarbeit ist unverzichtbar für die eigenständige Existenzsicherung. Arbeit ist und bleibt der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe und Anerkennung sowie für die Einbindung in soziale Zusammenhänge. Sie ist zugleich die Quelle für Selbstsicherheit und Selbstbestätigung. Für die allermeisten Menschen ist es eine Frage der Würde, sich den Lebensunterhalt eigenständig zu verdienen. Deshalb bleibt es eine wesentliche Aufgabe unseres politischen Handelns, für alle den Zugang zur Erwerbsarbeit zu ermöglichen und zu fördern. Hier stehen wir nicht nur in der politischen Verantwortung. Nein, es ist eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, Erwerbsarbeit möglichst für alle zu schaffen. – Ich danke Ihnen!