Protokoll der Sitzung vom 14.06.2018

Wir haben ganz viel zu den Themen Sauberkeit und Sicherheit bekommen. Das haben wir hier vor ein paar Wochen schon einmal in einer großen Diskussion miteinander besprochen. Eine Sache fällt mir auf: Fast jede Petition wird vom Bezirk oder vom Senat mit dem Satz beantwortet: Wir haben nicht genug Personal. – Dieses Spiel mache ich jetzt seit sieben Jahren mit, aber ich habe, offen gesagt, kein Interesse mehr daran, mich da anzuschließen. Lassen Sie uns bitte gemeinsam öfter im Sinne einer Dienstleistung gegenüber dem Bürger argumentieren und nicht immer zu der Begründung greifen: Wir haben nicht genug Personal. – Ich meine, dass das in diesen Zeiten nicht mehr angemessen ist. Das ist mein Appell für die weiteren Beratungen und auch an die weiteren Redner.

In jedem Fall herzlichen Dank im Namen der CDUFraktion! Wir werden uns weiter aktiv mit einbringen – auch bei den zukünftigen Entwicklungen, die geplant sind – in der Öffentlichkeitsarbeit und dem Sichtbarmachen von wichtigen Themen. – Vielen Dank!

[Allgemeiner Beifall]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Brychcy das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Arbeitsweise im Petitionsausschuss kommt der Idealvorstellung von konstruktiver, engagierter und parteiübergreifender Zusammenarbeit im Sinne der Menschen sicher am nächsten. Dafür herzlichen Dank an die Kolleginnen und Kollegen und an das gesamte Petitionsbüro für seine herausragende Arbeit!

[Allgemeiner Beifall]

Oft zahlt sich das teils hartnäckige Nachhaken bei den Senatsverwaltungen, Bezirken und Berliner Behörden wirklich aus, und den Anliegen der Petenten und Petentinnen kann letztlich ganz oder teilweise entsprochen werden. So waren wir bei einem Vorortbesuch in einer

Grundschule und konnten gemeinsam mit Eltern, Schulleitung, Bezirksamt und Senatsverwaltung erreichen, dass eine Schulstation – also Schulsozialarbeit – an der Schule vorerst gesichert wurde. Aber auch wir vom Petitionsausschuss können leider nicht zaubern. Im nächsten Doppelhaushalt wird sich die Frage der Finanzierung erneut stellen, und hier braucht es eine langfristige Perspektive des Haushaltsgesetzgebers – also von uns –, damit alle Schulstationen abgesichert und neue aufgebaut werden können.

Manchmal gibt es auch öffentliche Petitionen wie die zu besseren Arbeitsbedingungen für Erzieher und Erzieherinnen, die 12 000 Menschen aus Berlin unterschrieben haben. Beim Einreichen der Petition hat es uns angesichts der Schilderungen des Arbeitsalltags von Erziehern und Erzieherinnen, offen gesagt, vom Stuhl gehauen. Wenn sich dazu die Anzahl der Petitionen von verzweifelten Eltern, die erfolglos auf der Suche nach einem Kitaplatz sind, von Monat zu Monat erhöht, dann ist das ein ziemlich sicherer Indikator für eine akute Problemlage. Da geben wir uns als Ausschuss auch nicht mit Hinweisen zur Kompetenzaufteilung zwischen Senat und Bezirken zufrieden, sondern fragen so lange nach, bis für jedes Kind ein Kitaplatz gefunden ist.

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Harald Moritz (GRÜNE)]

Daher bitte ich Sie herzlich, liebe Senatsmitglieder – die Bezirksämter und viele andere Behörden, die wir fragen, sind ja leider gerade nicht hier –: Nehmen Sie unsere Aufforderung zur Stellungnahme und Problemlösung ernst, denn Sie werden uns nicht los!

[Beifall bei der LINKEN – Beifall von Harald Moritz (GRÜNE)]

Was mich während meiner Tätigkeit im Ausschuss besonders bewegt hat, sind aber die bundesgesetzlichen Grenzen unserer Tätigkeit. Ich hatte mehrere Petitionen von jungen Geflüchteten vorliegen, die gern in Berlin eine Ausbildung absolvieren wollten. In einem Fall kann eine junge Frau nun tatsächlich Friseurin werden, aber nur deshalb, weil der Herkunftsstaat keine Papiere für sie ausstellen wollte. Ansonsten wäre sie abgeschoben worden.

In einem zweiten Fall hatte eine junge Frau einen Pflegebasiskurs erfolgreich absolviert. Ein großes Berliner Krankenhaus hätte sie sofort in die Pflegeausbildung übernommen. Doch sie musste wegen ihres abgelehnten Asylbescheids wieder ausreisen, um ein Visum zum Zweck der Ausbildung zu beantragen und dann gegebenenfalls wieder einzureisen, sofern sie überhaupt die finanziellen Möglichkeiten dazu hat.

[Bravo! und Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zurufe von der LINKEN]

(Danny Freymark)

In einem dritten Fall durfte eine junge Frau mit unterschriebenem Ausbildungsvertrag ihre Ausbildung nicht absolvieren, weil bereits aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet wurden, was schlicht bedeutet, dass ihre Akte von einer Verwaltungsabteilung in die andere verschoben worden ist, wo sie übrigens auch Monate lang lag, ohne dass etwas passiert ist. Eine Ausbildungsduldung ist ab diesem Moment ausgeschlossen, und die junge Frau wurde letztlich leider abgeschoben.

Diese Fälle zeigen deutlich, dass hier ein dringender gesetzlicher Handlungsbedarf auf Bundesebene besteht, und da schaue ich natürlich die Kollegen und Kolleginnen von der CDU und von der SPD an, die das gern mal bei ihren Kollegen und Kolleginnen anstoßen könnten.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woldeit?

Nein, danke! – Seien Sie sicher, dass wir als Petitionsausschuss alles tun, was wir können, um uns für die Menschen, die sich an uns wenden, einzusetzen. Aber ohne gute gesetzliche Grundlage und den guten Willen von Senat, Bezirken und Berliner Behörden wird es natürlich nicht gehen. Also lassen Sie uns daher unsere gute Zusammenarbeit im Sinne der Menschen fortsetzen! – Danke schön!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Dr. Bronson das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich zu allererst und auch im Namen meiner Kollegin Jessica Bießmann sehr bei den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsausschusses bedanken, denn sie sind der eigentliche Motor und die eigentliche Triebfeder unseres Gremiums. Bislang 1 571 Eingaben zeigen eine klare Notwendigkeit dafür, dass wir uns wöchentlich zusammensetzen und über die eingereichten Anliegen befinden. In der laufenden Legislatur konnten wir fast 500 Petenten und Petentinnen einen positiven oder teilweise positiven Bescheid erteilen und einem Drittel mit einer benötigten Auskunft weiterhelfen. Aber auch, wenn es sich immer nur um Einzelfälle handelt, ist der Petitionsausschuss doch ein deutlicher Wasserstandsanzeiger für die Berliner Verwaltung und die Politik. Dort liegt nach wie vor sehr vieles im Argen.

[Beifall bei der AfD]

Gerade für die AfD ist Bürgernähe und die direkte Einflussnahme auf althergebrachte Strukturen und deren Verbesserung von besonderer Wichtigkeit.

[Beifall bei der AfD]

Die Durchsetzung direkter demokratischer Mitwirkung ist für uns ein programmatisches Kernanliegen.

[Beifall bei der AfD]

Im Petitionsausschuss selbst gehört der Bereich, für den ich zuständig bin, zum großen Feld der Sozialanliegen. Ich habe sehr viel mit Petitionen zu tun, die sich mit Fragen der Rente und ihrer Bemessungsgrundlage auseinandersetzen. Leider sind diese Probleme jedoch in den seltensten Fällen für den Petitionsausschuss geeignet. Woran liegt das? – Es gibt klare Rechtsvorlagen, über die wir uns schlichtweg nicht hinwegsetzen können. Wir können bestenfalls ein Verfahren beschleunigen, indem wir uns an die Rentenanstalt direkt wenden, oder aber die Erstellung medizinischer Gutachten und anderer Dokumente anregen.

Die Berechnungen der Rentenanstalt sind für Laien oftmals nicht nachvollziehbar. Da sind Petitionen für mich auch ein Lehrstück. Trockene Zahlenkolonnen und Verweise auf Paragrafen sind nicht sehr spektakulär und eignen sich auch kaum für einen Redebeitrag mit schillernden Beispielen. Dennoch möchte ich einen Vorgang hervorheben. Er ist bezeichnend. Eine Petentin aus dem Landkreis Märkisch-Oderland hat ihre Altersrente vom April 1997 neu berechnen lassen wollen, damit ihre Erziehungsleistung nach der Gesetzesänderung vom Juli 2014 mit der sogenannten Mütterrente entsprechend honoriert wird. Leider endete der Vorgang vorläufig damit, dass die Rentenversicherungsanstalt Berlin-Brandenburg die Petentin darauf verwies, dass sie womöglich Anspruch auf Grundsicherung im Alter nach dem Sozialgesetzbuch VII hat. Das ist nur ein Beispiel von vielen anderen, in denen es um die richtige Bemessung einer Altersrente, um die Feststellung eingeschränkter Erwerbsfähigkeit oder die korrekte Übertragung von Rentenzahlungen aus DDR-Zeiten geht.

Hinter diesen nüchternen Verwaltungsakten stehen menschliche Einzelschicksale mit Ängsten vor Versorgungsnot und drohender Altersarmut. Die Tatsache, dass viele Menschen in ihre Rentenversicherung eingezahlt und Kinder großgezogen haben und sich im Alter entscheiden müssen, ob sie einkaufen gehen oder die Wohnung heizen, weil die besteuerte Rente nicht reicht, ist das größte Armutszeugnis dieser vermeintlich so reichen Republik, die sich Milliardenausschüttungen an Migranten leistet, die nicht einen Cent in die Sozialversicherung eingezahlt haben.

[Beifall bei der AfD]

(Franziska Brychcy)

Gerade als Oppositionspolitiker und relativer Neuling auf dem Feld lernt man aber sehr viel und sehr schnell über die Verschlingungen der Bürokratie. Sehr oft ist die lange Dauer von Verfahrensabläufen der Anlass einer Petition. Es ist immer sehr ärgerlich, wenn Menschen sehr lange auf Entscheidungen von Behörden warten müssen.

Allerdings möchte ich hier keine Schuldzuweisungen in Richtung der Verwaltungsangestellten unternehmen. Im Gegenteil, wir wissen alle um die Personalnot und den hohen Krankenstand in den Berliner Behörden. Hier ist der rot-rot-grüne Senat aufgefordert, sich eindeutig um die Verbesserung der teilweise katastrophalen Arbeitsbedingungen zu kümmern.

Viele Bürger beschreiten mittlerweile auch den Klageweg und kommen gar nicht mehr zum Petitionsausschuss. Sie glauben, damit eine Entscheidungsfindung beschleunigen zu können, und tragen dabei nur zur weiteren Überlastung der Gerichte bei.

Abschließend möchte ich mich bei den Kollegen der anderen Fraktionen ganz ausdrücklich für die freundschaftliche und hilfsbereite Zusammenarbeit im Petitionsausschuss bedanken. Die Arbeitsatmosphäre untereinander ist sehr kollegial und hebt sich damit sehr erfreulich von den anderen Fachausschüssen ab, in denen ich auch tätig bin.

[Beifall von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Ein besonderer Dank gilt auch Herrn Ronneburg von den Linken – der vielleicht jetzt rot werden wird, weil ich ihn ausdrücklich für die besondere Leistung und die Leitung des Petitionsausschusses loben möchte.

[Beifall bei der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Ich bin mir sicher, dass wir alle auch weiterhin trotz aller politischen Unterschiede gemeinsam unser Möglichstes tun werden, um den Menschen in dieser Stadt zu helfen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt der Kollege Moritz das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Petitionsausschuss gibt uns ein Gefühl für die Problemlagen einzelner Bürgerinnen und Bürger und damit auch für die gesamte Stadt. Dieses Gefühl brauchen wir, um gute Politik für Berlin machen zu können. Ich möchte mich daher zuallererst bei den Menschen bedanken, die sich mit Petitionen an uns wenden. Sie bringen uns Vertrauen entgegen und machen uns in vielen Fällen auf Missstände

in der Verwaltung oder in landeseigenen Betrieben aufmerksam. Nur so erhalten wir die Chance, an den Stellen, wo noch nachzusteuern ist, auch nachzusteuern und für Verbesserungen zu sorgen.

Zahlen sind schon genannt worden: 1 571 Eingaben im vorigen Jahr, dazu noch eine ganze Reihe von Zuschriften, die sich mit Ergänzungen oder erneuten Prüfungen beschäftigen. Wir sehen also: Die Erwartungen der Petentinnen und Petenten an den Ausschuss ist groß. Das ist auch klar. Sehr oft geht es um Themen, die die Menschen ganz persönlich und direkt betreffen. Gleichzeitig ist die Petition oft die letzte Station in einem langen Prozess auf der Suche nach Gerechtigkeit.

Auch 2017 haben wir uns – auch das ist schon gesagt worden – fast wöchentlich getroffen. Rund 1 800 Eingaben konnten wir abschließend beraten. Knapp ein Viertel davon mussten wir negativ bescheiden, aber ebenso ungefähr ein Viertel war positiv und teilweise positiv.

Spitzenreiter bei den Arbeitsgebieten waren das Ausländerrecht mit 225, Soziales mit 234 Petitionen, Verkehr mit 105, Umwelt mit 102 und Justiz mit 126 abgeschlossenen Petitionen.

Lassen Sie mich ein Beispiel aus einem meiner Arbeitsgebiete, dem Verkehr, berichten. Es geht um eine Straße, die Sie wahrscheinlich alle kennen, die nicht gerade für Verkehrssicherheit steht: die Oranienstraße in Kreuzberg. Dortige Gewerbetreibende und Teile der Anwohnerschaft reichten eine Petition ein, die die Straße leiser und sicherer machen sollte. Sie forderten weitere Tempo-30Bereiche, die konsequente Ahndung von Parkverstößen, die Schließung der Fahrradweglücke, zusätzliche Querungshilfen, Abstellplätze für Fahrräder und eine Einbahnstraßenregelung. Wir haben diese Petition zum Anlass genommen, uns die Situation vor Ort mit allen Beteiligten, etwa der Senatsverwaltung, der VLB, dem Bezirksamt usw., anzusehen. Wie uns allen bereits klar war, musste und muss in dieser Straße dringend etwas passieren.

Kurzfristig konnten wir erreichen, dass die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz den Tempo30-Bereich ausgeweitet hat. Mit dem Bezirk konnten wir vereinbaren, dass das Ordnungsamt mindestens dreimal pro Woche gegen Parkverstöße vorgeht. Weitere Punkte wie ein Fußgängerüberweg sind in der Prüfung. Wir werden da sicherlich weiter dranbleiben. Das Mobilitätsgesetz wird uns hier vielleicht mehr Handlungsspielraum verleihen.

Am Ende möchte ich mich auch noch herzlich bei meinen Kolleginnen und Kollegen im Petitionsausschuss bedanken. Wir haben eine sehr gute Arbeitsatmosphäre. Die kollegiale Zusammenarbeit macht Freude,