Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Abgeordnete Herr Schultze-Berndt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Vorrednerin! Ich gebe Ihnen in allen Punkten vorbehaltlos recht. Zuerst wende ich mich aber an die Zuhörer hier auf der Tribüne und an die

Menschen vor den Rundfunkempfängern, die uns heute lauschen.

[Heiterkeit – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Die RIAS-Hörer!]

Wir diskutieren hier gerade die parlamentarische Priorität der Partei Die Linke auf der Tagesordnung dieses Abgeordnetenhauses. Es ist die letzte Sitzung des Abgeordnetenhauses für die nächsten acht Wochen. Es ist die Sitzung, in der noch mal alles richtig Prioritäre auf den Weg gebracht wird.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Liebe linke Wähler! Wenn Sie die folgenden Themen für nicht so wichtig erachten – so etwas wie Arbeitslosigkeit, Altersarmut, Obdachlosigkeit, Schulausfall, Lehrermangel, Kitaplatzmangel, marode Straßen, Wohnungsnot, Modernisierung der öffentlichen Verwaltung, übervoller ÖPNV und Kriminalitätsbelastung –,

[Zuruf von Anne Helm (LINKE)]

wenn Sie das alles nicht wichtig finden, dann sind Sie heute bei der Linken gut aufgehoben.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Darüber reden wir seit 18 Monaten!]

Wenn Sie heute Morgen um drei Uhr wach geworden sind und sich gesagt haben: Wir brauchen einen neuen Unternehmerinnenpreis –, dann sind Sie heute bei der Linken richtig aufgehoben,

[Beifall bei der CDU – Zurufe von Anne Helm (LINKE) und Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

denn die wissen, was die Stadt braucht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Walter?

Bitte, Herr Walter, Sie haben das Wort!

Sehe ich es richtig, dass Sie Frauenförderung für ein lustiges Thema halten, das nicht relevant für unsere Stadt ist?

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Nein, das haben Sie falsch verstanden! Das ist ein richtig guter, schöner Antrag. Der ist so gut, der ist so schön, dass er fast ohne jegliche Aussprache in allen Ausschüssen durchgewinkt wurde, weil alle Normaldenkenden sagen: Das ist eine gute Idee! Machen, nicht quatschen! – Das ist doch unwürdig!

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Ines Schmidt (LINKE)]

Das kann man doch mit der Verwaltung umsetzen. Da können gute kreative Geister, wie Frau Schmidt es gerade vorgetragen hat, sagen: Wir haben da mal eine Idee, wir wollen das gerne aufwerten. – Ja! Machen! Darüber brauchen wir doch keine parlamentarische Diskussion!

[Zuruf von Ines Schmidt (LINKE)]

Aber: Die CDU hat auch eine Priorität gesetzt, so wie die Linke es für diesen Antrag getan hat.

[Torsten Schneider (SPD): Ja?]

Die CDU hat gesagt, wir wollen das Thema Kriminalitätsbekämpfung in den Vordergrund stellen.

[Oh! von der Linken – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Fällt Ihnen aber spät ein, Herr Schultze-Berndt! Sie haben fünf Jahre lang den Innensenator gestellt!]

Und die Linken bringen eben die Priorität „Unternehmerinnentag und Unternehmerinnenpreis neu aufstellen“. Die Grünen haben auch eine Priorität gesetzt. Sie denken daran: Acht Wochen keine Sitzung! Die Priorität für die Stadt, die Millionenmetropole Berlin. Der Antrag lautet: Diskriminierung bekämpfen – „International Decade for People of African Descent (2015-2024) in Berlin umsetzen“. Dieser Antrag der Grünen ist ebenfalls wichtig, er ist ganz, ganz toll. Er ist ohne Debatte in den Ausschüssen durchgegangen. Er hat überhaupt nichts mit parlamentarischer Debatte zu tun und schon gar nichts mit einer Priorität für die Menschen vor Ort in der Stadt Berlin. Die Menschen schauen auf uns, wollen gerne Antworten haben, und wir kommen – Entschuldigung! – mit Unternehmerinnenpreis und African Descent.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Aber so ist das mit den Prioritäten bei Rot-Rot-Grün.

[Zurufe von Dr. Wolfgang Albers (LINKE) und Torsten Schneider (SPD)]

Die sind immer ein bisschen anders, als es die Wähler zumindest in meinem Wahlkreis erwarten würden.

Wir hatten eine rot-rot-grüne Regierungsbildung,

[Zurufe von Torsten Schneider (SPD) und Katrin Seidel (LINKE)]

und die rot-rot-grüne Koalition ist in dieses Parlament gekommen und hat zwei mächtige Anträge eingebracht.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Acht Leute von Ihnen sitzen da! Sind die schon in den Ferien?]

Die ersten beiden Anträge, die von Rot-Rot-Grün im Abgeordnetenhaus eingebracht wurden waren – erstens: Berlin wird Becherheld! Zweitens: Berlin wird FairtradeTown! – Das sind Ihre Prioritäten!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Die erste Priorität des Justizsenators war natürlich nicht das Verfahren zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren, sondern, wir erinnern uns alle, die Unisex-Toiletten.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Nun zum vorliegenden Antrag. Der ist völlig unstrittig und ist, wie ich gesagt habe, weitestgehend ohne Debatte in den beteiligten Ausschüssen durchgewinkt worden. Es soll der Unternehmerinnenpreis überdacht werden. Moderne Frauen, moderne Männer haben in unserer Stadt gemeinsame Herausforderungen, und solche modernen Menschen sind auch die Unternehmer, insbesondere dann, wenn sie eigene Kinder haben: Schule, Kita, Fachkräfteversorgung, Weiterbildung, Digitalisierung und Forschungsorientierung. Jetzt soll eine neue Konzeption erstellt werden. Wir finden das gut – mal zurücktreten, mal schauen, was man bisher gemacht hat, was man eventuell anders und besser machen kann. Und so wünschte ich mir das, was Frau Schmidt gerade vorgetragen hat, was im Bereich des Unternehmerinnenpreises gemacht wird, auch für andere Politikbereiche: mal gucken, was man bisher erreicht hat.

[Katrin Seidel (LINKE): Dann haben wir ja alles richtig gemacht!]

Was haben wir erreicht bei den Schulabbrechern? Was haben wir bei der Qualifizierung für die duale Ausbildung erreicht? Was haben wir erreicht im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung?

[Anne Helm (LINKE): Dann machen Sie das doch!]

Was haben wir erreicht bei der Langzeitarbeitslosigkeit? Was haben wir bei der Wartezeit in den Schuldnerberatungen erreicht, bei den Schulschwänzern, bei der Anmeldung der Fahrzeuge?

[Danny Freymark (CDU): Ja!]

Was für Anmeldezeiten haben wir bei den Standesämtern? Was haben wir da erreicht? Und sollten wir vielleicht sagen, wir machen das mal anders?

Wir finden diesen Antrag sehr gut. Wir unterstützen alle von Frau Schmidt gerade vorgetragenen Anliegen ausdrücklich, weil sie es auch wirklich ernst meint und gut meint – wie wir im Übrigen auch. Aber wir sagen: Wir brauchen flankierende Maßnahmen für die ganze Stadt und nicht nur für den weiblichen Teil der Stadt. Wir wollen eine bessere Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften durch Verbeamtung statt einen ideologischen Kampf gegen die Verbeamtung. Wir wollen eine Ausweitung der

Kitaangebote, insbesondere auch an den Tagesrandzeiten. Wir brauchen eine deutliche Verbesserung der Ausbildungsfähigkeit der Schulabgänger durch Einführung eines elften Pflichtschuljahres für Jugendliche ohne Schulabschluss. Wir brauchen eine konsequente Bekämpfung des Schulschwänzens.

[Zuruf von Sabine Bangert (GRÜNE)]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Schmidt?