Protokoll der Sitzung vom 28.06.2018

[Paul Fresdorf (FDP): Berliner Abitur!]

die an unseren Schulen eingestellt werden.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Ah!]

Da ich es mir schenken möchte, jeweils von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern zu sprechen, nehme ich den Sammelbegriff, so wie ich auch von Lehrkräften spreche statt von Lehrerinnen und Lehrern. Ich hoffe, das haben Sie jetzt verstanden.

[Zuruf von Hakan Taş (LINKE)]

Ich helfe ja gerne, wenn ich weiterbilden kann.

[Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Um noch einmal auf den Antrag zu sprechen zu kommen, möchte ich festhalten: Für mich findet der jetzige Quereinstieg in einem Zeitfenster statt, das sich, so wie es jetzt ist, auch wieder schließen wird – nämlich genau dann, wenn wir wieder genügend Lehrkräfte, die auf Lehramt studiert haben, in unseren Schulen einstellen können. Das muss die Zielstellung sein. All denen aber, die jetzt über den Quereinstieg zu uns kommen und fachlich hochqualifiziert sind, müssen wir jetzt auch gute Bedingungen schaffen, damit sie pädagogisch, psychologisch und methodisch gut arbeiten können. Den Rest können wir gerne im Ausschuss diskutieren.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordnete Kerker das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Werte Abgeordnete! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Der Antrag der SPD erinnert zwangsläufig an einen faulen Schüler, der bereits einen blauen Brief erhalten hat; die Versetzung ist stark gefährdet. Und nun, wenige Wochen vor Ende des Schuljahres kniet er sich noch einmal so richtig hinein, um die

(Regina Kittler)

persönliche Katastrophe der Nichtversetzung zu verhindern. Jeder, der das Berliner Schulsystem durchlaufen hat, weiß, dass zu diesem späten Zeitpunkt nichts mehr zu retten ist. Ähnlich ist die Situation des Berliner Senats.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Der Lehrermangel war hausgemacht, bedingt durch die permanenten Experimente im Berliner Bildungswesen. Das Konzept der Quereinsteiger war ein erster Strohhalm, um diese Krise abzuwenden. Leider hat der Senat in Bezug auf die fehlenden Lehrkräfte an Berliner Schulen erst sehr spät die Katze aus dem Sack gelassen. Die Zahlen bewegen sich nun zwischen 500 bis zu 1 200 nicht zu besetzenden Lehrstellen. Jetzt präsentieren Sie uns kurz vor der Sommerpause ein ganzes Sammelsurium an Maßnahmen, die zum Teil lange von Ihnen diskutiert wurden, die zum Teil auch schon vorgeschlagen worden sind, wie es die Kollegin richtig gesagt hat, die nun aber viel zu spät zur Anwendung kommen sollen. Dabei hätte man Ihren Katalog gewiss noch erweitern müssen, zum Beispiel in Sachen Ein-Fach-Lehrer. Im reiferen Alter neben dem Beruf noch einmal ein zweites Fach zu studieren, erscheint vielen potenziellen Quereinsteigerkandidaten eine zu große Hürde zu sein. Seit einem Jahr diskutieren Sie diese Option, allerdings fehlt es wie so oft an der Umsetzung. Wir als AfD sagen: Lieber verfügt Berlin über Ein-Fach-Lehrer als über Kein-Fach-Lehrer. Sie betreiben viel Aufwand, jedoch fällt der Ertrag immer geringer aus.

Ein geradezu absurdes Beispiel liefert uns in diesen Tagen die Polizeiakademie Berlin. Da stellt sich die Frage, was passiert, wenn zwei von drei Bewerbern beim obligatorischen Deutschdiktat eine glatte 6 erzielen. Nun eine Offensive planen, um die Rechtschreibung der Berliner Schüler zu verbessern, um sie für den Ausbildungsmarkt fit zu machen? – Angebracht wäre es, schaut man sich die Fakten an. Kaum eine andere Kulturnation stattet ihre Sprache schulisch mit so wenigen Stunden aus wie die deutschen. Nur ca. 16 Prozent macht der Deutschunterricht zwischen der ersten und der zehnten Klasse aus. Der in den meisten deutschen Ländern qua Lehrplan ausgewiesene Grundwortschatz – für die, die sich damit noch nicht beschäftigt haben: Das ist der Wortschatz, den Schüler am Ende der vierten Klasse aktiv beherrschen müssen – wurde von 1 100 Wörtern zu Beginn der 1990er-Jahre auf mittlerweile nur noch 700 Wörter heruntergefahren. So viel zum Thema, wir senken das Bildungsniveau nicht!

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Furchtbar!]

Hier kann man einen ganz bösen Vergleich anstellen, und den gönne ich mir jetzt einfach mal. Hundeforscher haben herausgefunden, dass Hunde bei entsprechendem Training mehr als 1 000 Wörter verstehen können, also immerhin einen passiven Wortschatz von 1 000 Wörtern

haben können. Unseren Schülern trauen wir das aber nicht zu.

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

Ihre Maßnahmen sehen anders aus. Man schafft das Diktat ab und ersetzt es durch einen Multiple-Choice-Test. Wer von den Zuschauerinnen und Zuschauern das jetzt hört und für absurd hält, dem sei gesagt: Das ist rot-rotgrüne Bildungspolitik!

[Beifall bei der AfD]

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schillhaneck?

Nein! Die Bildungskatastrophe spricht für sich; da brauchen wir keine Zwischenfragen.

[Beifall von Ronald Gläser (AfD)]

Zum Schluss noch ein Wort zu Ihrem Personalmanagement. Schaffen Sie sich bitte in Ihrer Senatsverwaltung eine Stabsstelle, die sich ausschließlich mit der Personalsituation der Lehrerinnen und Lehrer in unserer Stadt beschäftigt! Und bitte folgen Sie auch unserer Forderung, in der Lehrerschaft regelmäßig Umfragen abzuhalten, um Probleme frühzeitig zu erkennen, damit wir den Beruf des Lehrers, der Lehrerin weiterhin attraktiv halten! Harald Laatsch, unser baupolitischer Sprecher, hat den Satz geprägt: Berlin muss bauen, bauen, bauen. Wir sagen: Berlin braucht dringend Bildung, Bildung, Bildung.

[Beifall bei der AfD]

Bringen Sie Ihren Laden endlich auf Vordermann! Denn sonst garantiere ich eins: Dann werden die Berlinerinnen und Berliner dafür sorgen, dass Ihre Versetzung spätestens im Jahr 2021 definitiv nicht stattfinden wird. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD]

Für die Fraktion Bündnis 90/Grüne hat die Kollegin Burkert-Eulitz jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unterschwellige Drohungen können Sie hier so viele machen, wie Sie wollen, die Angst wird auf dieser Seite auf keinen Fall entstehen. Sie entlarven sich mit Ihrem Nichtwissen von ganz alleine. Die Menschen werden dazu in der Lage sein, das auch zu erkennen.

[Beifall bei den GRÜNEN und der SPD]

(Stefan Franz Kerker)

Ja, Frau Bentele, Sie waren die Erste, die den Antrag zu den Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern gestellt hat. Das wissen wir noch aus Oppositionszeiten, das ist mit der Organisation auch mal ein bisschen schneller. Die Kollegin Kittler hatte Ihnen auch schon erklärt, worum wir gebeten hatten, nämlich diesen Antrag quasi mit in diese Anhörung zu nehmen. Da wollten Sie aber ganz schnell sein. Deswegen ist auch die Ablehnung erfolgt, denn wir haben uns die Mühe gemacht, das mit allen, die da erfahren sind – einige sitzen auch hier im Publikum –, zu diskutieren, durch eigene Anhörungen in den Fraktionen, durch Diskussionen im Ausschuss und mit Dritten entsprechende Vorlagen zu entwickeln. Sie wissen auch ganz genau, dass wir mit dem Haushalt, der jetzt schon gilt, entsprechende Weichen längst gestellt haben. Das ist also ein Irrtum und ein Trugschluss, den Sie hier als Realität darzustellen versuchen. Dass wir jetzt aus dem Mustopf kommen, stimmt nicht. Das wird längst gemacht. Der Antrag ist sozusagen noch mal die Zusammenfassung der Dinge, die passieren können. Natürlich hätten wir auch gern die Stunden noch weiter abgesenkt, aber da wissen Sie auch, dass dann noch mal zusätzliche Fachkräfte notwendig gewesen wären.

Und ehrlich gesagt, bei der Kitaqualitätsverbesserungsdebatte der letzten Legislatur haben wir fast bis zur letzten Sitzung gebraucht, bis Ihre Regierung das damals mit beschlossen hat. Deswegen sind wir ziemlich schnell, vom November entsprechend im Dezember einen Haushalt mit den richtigen Festlegungen zu beschließen. Die Bevölkerungsentwicklungszahlen hatten Sie auch letzte Legislatur auf dem Schirm. Das heißt, die Probleme, die wir jetzt haben, haben sich lange absehbar ergeben. Und da ist die CDU mindestens in der Mitverantwortung, dass wir in der Krise stecken, in der wir stehen. Wir stecken in einer Fachkräftekrise. Darüber hat jetzt so richtig noch gar keiner gesprochen. Was wir nicht wollen, sind Abstriche bei der Qualität von Förderstunden und Verschlechterung von Betreuungsschlüsseln, auch keine Streichung bei Inklusion und Teilungsunterricht. Und ja, wir müssen weiterdenken. Und da hat die GEW sich ja auch schon mit Vorschlägen beschäftigt.

Wir werden auch noch mal weiter denken müssen als das, was wir hier bisher schon gemacht haben. Wir fordern eine Taskforce Fachkräftesicherung. Damit sollen der Senat und alle beteiligten Akteurinnen gemeinsam Maßnahmen für die Fachkräftesicherung entwickeln und umsetzen und mit den Universitäten und der Lehrkräftebildung und mit den Trägern entsprechend entwickeln. Wir sitzen zusammen, wir diskutieren, was wir machen sollen. Da gibt es Lösungen, die noch in der Abstimmung sind. Sie können sich darauf verlassen, dass auch in Kürze die Frage, wie diese – ich habe ja gelernt, dass es jetzt Gap heißt und nicht Lücke – Lücke, die uns alle entsetzt, also nicht nur die Quereinsteigerinnensituation zu verbessern, sondern selbst mit den Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern eine Lücke zu haben; diese muss jetzt

gefüllt werden. Und da sind alle aufgefordert, entsprechende Vorschläge zu machen. Da hätte ich z. B. gedacht, dass von der CDU entsprechende Vorschläge schon vorliegen. Wir haben die in der Debatte miteinander. Da werden Sie auch in Kürze von uns allen hören. Und das ist eigentlich die Debatte, die wir jetzt führen müssen. Denn die Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger haben im Gegensatz zu Ihrer Regierungszeit erhebliche Verbesserungen erfahren. Wir haben sehr viel Geld und Maßnahmen in die Hand genommen, um die Situation zu verbessern. Dieser Antrag ist nicht das Zeugnis, dass man nicht versetzt wird, sondern es ist ein guter Antrag. Zu dem stehen wir. Der wird umgesetzt. Und deswegen bin ich froh, dass wir so in die Sommerpause gehen. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Fresdorf das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Burkert-Eulitz! Sie haben recht, es ist in Teilen tatsächlich ein guter Antrag. Frau Bentele hat ausgeführt, warum es in Teilen ein guter Antrag ist, denn Sie haben unsere Inkompetenz-Kompensationskompetenz genutzt. Sie haben die Vorschläge der Freien Demokraten und der CDU aufgegriffen und setzen sie um. Da kann ich Ihnen gar keinen Vorwurf machen, das sind gute Vorschläge, die muss man tatsächlich umsetzen.

[Beifall bei der FDP – Beifall von Hildegard Bentele (CDU)]

Darum begrüße ich das sehr. Man soll ja Sachen auch positiv sehen, habe ich gerade in Paris gelernt. Also sehen wir das positiv. Es ist ja schön, dass Ihr Antrag zu großen Teilen daraus besteht, was wir Ihnen schon seit anderthalb Jahren vorbeten. Das ist hervorragend.

Aber das Thema Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger – das haben wir auch in der letzten Debatte zu diesem Antrag in Anführungsstrichen gesagt – wird uns dennoch weiter beschäftigen in diesem Haus. Das ist ein erster Aufschlag, denn wir befinden uns – das ist nicht übertrieben, auch wenn Herr Kerker es schon gesagt hat – mitten in einer Bildungskatastrophe. Wir befinden uns in einer Riesenbildungskatastrophe in diesem Land, und wir werden bald, in den nächsten Jahren, erleben, dass wir mehr Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger einstellen als ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer.

[Regina Kittler (LINKE): Schon im nächsten Schuljahr!]

Das wird der Zustand an den Berliner Schulen sein. Und da müssen wir gucken, wie wir damit umgehen werden,

(Marianne Burkert-Eulitz)

wie wir diese Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger vernünftig ausbilden, wie wir sie so aufsetzen, dass wir eine gute Politik dafür machen, dass diese einen guten Unterricht in den Schulen machen. Das wird die große Herausforderung der nächsten Jahre werden. Und da werden wir Ihnen helfen, unserer Inkompetenz

Kompensationskompetenz weiter zur Verfügung stellen,

[Regina Kittler (LINKE): Da freuen wir uns!]

liebe Frau Kittler, um das Thema weiter voranzubringen.

[Beifall bei der FDP]