[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Wo sind denn Ihre Kollegen?]
Ich darf Ihnen dazu nur sagen: Wären Sie in der Realität angekommen, wüssten Sie, was momentan aktueller Stand in der Automobilwirtschaft ist. Ich erkläre es Ihnen auch gerne noch einmal im Verkehrsausschuss.
Sie können in Deutschland – Stand heute – nur die Hälfte aller Dieselfahrzeuge überhaupt nachrüsten. Das geht gar nicht anders. Dafür brauchen Sie mindestens sieben Jahre.
Sie kritisieren Softwareveränderungen, Novellierungen und Ähnliches. Dabei ist das im Moment das probate Mittel, in kurzer Zeit die Fahrzeuge umzustellen, damit sie weniger Emissionen ausstoßen. Das alles vergessen Sie. Sie wollen eigentlich mit diesem Antrag nur die Reihen innerhalb linker Parteien in Deutschland schließen. Denn es gibt in Deutschland einige Landesverbände der SPD, der Grünen und der Linken, die das auch so sehen. Manche Bundesvertreter der SPD auch. Das merkt man ja auch an Ihrer momentanen politisch motivierten Kritik am Bundesverkehrsminister Scheuer. Aber es entspricht nicht der Realität. Wenn Sie etwas für saubere Luft tun wollen, dann müssen Sie in erster Linie die Software bei Fahrzeugen verbessern. Anders wird es nicht gehen, weil Sie die Fahrzeuge einfach nicht umrüsten können.
Jetzt komme ich zum Antragsgrundsatz: Dass die Hersteller das bezahlen sollen, ist doch selbstverständlich. Wer etwas nicht einhält, was er verspricht, muss es nachbessern.
Der erste Schritt ist aber das Softwareupdate. Ich muss mal eine Lanze für den Regierenden Bürgermeister brechen: Sie kommen mit einem Antrag für saubere Luft. Sie wollen nachrüsten. Sie wollen die Industrie bestrafen. Der Regierende Bürgermeister fährt zwei Fahrzeuge der automobilen Luxusklasse, die steuerfinanziert sind. Unlängst war er völlig überrascht, dass er mit 480 PS einen solchen Ausstoß pro Fahrzeug hat.
Jetzt sage ich mal eins in Richtung Koalition: Helfen Sie doch erst mal diesem Regierenden Bürgermeister, ein sauberes Auto zu bekommen – er soll auch ein zweites kriegen –, bevor Sie hier öffentlichkeitswirksam polemisch den Schwarzen Peter der Industrie zuschieben.
Kümmern Sie sich erst mal um die naheliegenden Sachprobleme! Verbessern Sie die Luft, indem Sie den Stau in Berlin auflösen! Dazu müssen Sie die VLB ordentlich mit Personal ausstatten und endlich dafür sorgen, dass rund um die Uhr gearbeitet wird. Wenn Sie dafür sorgen, dass der Stau in Berlin aufgelöst wird, wird die Luft sauberer.
Dann brauchen Sie keine Fahrverbote, die Sie sich insgeheim wünschen. Aber so werden Sie keine nachhaltige verkehrs- und Umweltpolitik machen. Deswegen: Helfen sei erst mal dem regierenden Bürgermeister bei der Fahrzeugauswahl, und dann reden wir inhaltlich weiter!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen, meine Herren! Geschätzter Kollege Friederici! War das eine Rede aus einem Paralleluniversum?
Wenn Sie den Antrag mal gelesen hätten, hätten Sie hoffentlich verstanden, dass es darum geht, verdammt noch mal die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner zu erhalten, denn wir alle müssen es ausbaden, wenn aus den Auspuffen von Autos durch betrügerische Manipulationen der Autohersteller zu viel Abgase kommen. Ist Ihnen von der Union das völlig egal? Geht es Ihnen da wie dem CSU-Bundesverkehrsminister? Ich kann nur sagen, Herr Friederici: Die Rede, die Sie eben gehalten haben, war eine komplette Bankrotterklärung der Umwelt- und Klimapolitik der Berliner CDU-Fraktion und nichts anderes.
Es ist wirklich unglaublich. Es macht mich sprachlos. Herr Friederici, wir haben fünf Jahre gemeinsam hier rotschwarz regiert. Da haben wir zusammen ein paar vernünftige Impulse auch in der Umwelt-, Klima- und Verkehrspolitik gegeben. Da waren Sie oftmals ein Bremsklotz, aber wir haben als Sozis Gas gegeben und konnten so ein bisschen ausgleichen.
Nehmen wir es doch mal auseinander, Herr Friederici. Ganz langsam zum Mitschreiben: Sie kaufen ein Automobil bei einem angesehenen deutschen Premiumhersteller, wobei dieses Automobil selbstverständlich zugesicherte Eigenschaften haben soll, technische Eigenschaften: dass die Bremsen funktionieren, dass alle Türen funktionieren und natürlich auch, dass maximal das an Schadstoffen ausgestoßen werden darf, was in der Zulassung steht – Herr Friederici! Offensichtlich haben Sie und alle, die von der CDU hier vertreten werden, überhaupt kein Problem damit, dass Sie sagen: Zugesicherte Eigenschaften eines Herstellers – das ist uns, Entschuldigung, Frau Präsidentin, scheißegal! Lasst uns doch die Kundinnen und Kunden, die Verbraucherinnen und Verbraucher betrügen, belügen und das auf Kosten der Allgemeinheit, nämlich aller, die wir hier zusammen in Berlin wohnen! – Ich finde das eine Unverschämtheit von der CDU hier im Abgeordnetenhaus.
Sehr geehrter Herr Buchholz! Wie bewerten Sie denn politisch den Umstand, dass die Generalsekretärin der CDU Annegret Kramp-Karrenbauer bereits zugesagt hat, dass sie die technische Nachrüstung überprüfen will, und der Ministerpräsident von Hessen, Herr Bouffier, nicht nur das Gleiche fordert, sondern am Dienstag eine entsprechende Bundesratsinitiative einbringt?
[Stefan Förster (FDP): Bouffier steckt im Wahlkampf! – Frank-Christian Hansel (AfD): Weil die sich anbiedern!]
Vielen Dank für den Hinweis, Frau Kollegin! – Ich begrüße das sehr. Ich finde es nur bestürzend, dass diese Signale aus der Bundes-CDU noch nicht bei der Berliner CDU angekommen sind.
Offensichtlich sind die Wege zwischen Reichstag und Abgeordnetenhaus einfach zu lang. – Herr Friederici! Ich empfehle auch moderne Kommunikationsmittel. Denken
Sie mal über die Einführung von E-Mails nach! Vielleicht kriegen Sie es dann auch mit, was Frau Kramp-Karrenbauer und andere erzählen.
Herr Friederici! Sie haben hier eine hochpopulistische Rede gehalten. Da müssen Sie sich so etwas auch mal anhören. Ich sage Ihnen das, weil ich nicht nur erstaunt, sondern bestürzt bin über das, was Sie hier erzählt haben.
Noch einmal: Warum lassen Sie es zu, dass millionenfach Kundinnen und Kunden, die ihr teuer verdientes Geld für ein Automobil bezahlt haben, betrogen werden, und zwar massiv betrogen werden? Der Hersteller sichert eine Eigenschaft zu – –
Herr Melzer! Es mag Sie nicht interessieren – uns interessiert das, ob die Leute betrogen werden beim Kauf von etwas, wofür sie ihr teuer verdientes Geld ausgeben. Mir ist das nicht egal.
Ich sage Ihnen noch eines: Da werden zum einen die Kundinnen und Kunden betrogen. Es gibt doch auch einen Grund, dass es endlich eine Musterfeststellungsklage gibt – übrigens, das musste die SPD gegen die Union auf der Bundesebene durchdrücken. Auch das ist mal ein Erfolg.
Wer hat das denn gerade eingereicht, Herr Melzer? Wer hat denn die Musterfeststellungsklage, die erste, gegen VW eingereicht? Das waren – mal mitschreiben! – die Verbraucherzentrale und der ADAC. Ja, die Autolobby! Schauen Sie mal an, der ADAC sagt: Wir müssen an die Hersteller ran! – Aber das scheinen Sie nicht zu verstehen. Das ist sehr, sehr traurig. Das ist sehr rückwärtsgewandt!
Wenn ich Herrn Dregger vorhin, am Anfang, halbwegs richtig zugehört habe, hat er gesagt: Für mich und für Sie gelten Recht und Gesetz. – Klares Wort von einem klaren Mann! Aber was folgert er daraus für den Betrug, der hier bei den Kundinnen und Kunden angekommen ist?
Aber nicht nur die Kundinnen und Kunden wurden betrogen. Alle in Berlin, die hier leben und arbeiten, wurden betrogen. Auch ich, der ich kein Auto besitze, werde betrogen, weil ich durch die Straßen von Berlin laufe und fahre und diese dreckige Luft einatme. Ich will das nicht akzeptieren, dass Sie einfach sagen: Das ist uns egal. – Das finde ich eine Mir-völlig-egal-Haltung, die ich nicht nachvollziehen kann.
Jetzt zu dem entscheidenden Punkt, was die Union auf Bundesebene zulässt: Ihre Bundesverkehrsminister hatten zuletzt immer ein Parteibuch der CSU. Da kann ich nur sagen: Die waren so nahe bei den Autoherstellern, dass es wirklich peinlich ist. Es ist sonst so: Jeder von uns, der gegen Recht und Gesetz verstößt, muss dafür mindestens ein Bußgeld zahlen, oder er kommt sogar ins Gefängnis. Das interessiert Sie aber offensichtlich bei den großen Autoherstellern nicht. Es ist ganz bewusst bundesweit in der Kraftfahrtverordnung vorgesehen, dass Bußgelder bis zu 5 000 Euro verhängt werden können und eigentlich auch müssen, wenn ich betrüge. Das interessiert aber den Bundesverkehrsminister überhaupt nicht. Im Gegenteil, er sagt, er trinkt mal ein Käffchen mit dem VW-Chef, mit dem BMW-Chef und auch mit dem Mercedes-Chef, und zwar regelmäßig, und sagt: Wir kriegen das schon hingemauschelt!
Da sage ich Ihnen mal an der Stelle: Mir wäre es lieber, wenn wir hier die Verbraucherschutzbestimmungen der USA hätten.
Der Konzern VW musste bisher 20 Milliarden Euro Zahlungen leisten, Bußgelder und Entschädigungen an die Kundinnen und Kunden in den Vereinigten Staaten von Amerika. – Verdammt noch mal: Wir sollten zusammen dafür kämpfen, dass das auch in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert und nicht nur in den USA, wenn Kundinnen und Kunden betrogen werden!