Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

17. September erledigt.

[Zuruf von Karsten Woldeit (AfD)]

Mir zu sagen – mir zu sagen! –, ich soll mal klein mit Hut sein, das finde ich so eine Frechheit von Ihnen.

[Karsten Woldeit (AfD): Es gibt einen Wikipedia-Artikel über Pädophilie bei Bündnis 90/Die Grünen!]

Sie wissen überhaupt nicht, wer sich hier in welchen Feldern seit Jahrzehnten engagiert,

[Starker Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

sich hier in diesem Haus engagiert. Wir haben dafür gestritten, dass es für den Präventionsbereich sehr viel mehr Geld gibt, dass Opfergruppen, Betroffenengruppen besser geschützt werden.

[Karsten Woldeit (AfD): Es gibt Kollegen bei Ihnen, die Straffreiheit bei Pädophilie gefordert haben!]

Da haben Sie sich in der letzten Haushaltsdebatte, wenn es um Betroffenengruppen ging, die besonders zu schützen sind, bisher noch nie in diesem Haus engagiert. Machen Sie mal mit! Da reden wir über Kinder und Jugendliche, die anders sind, als es in Ihr Weltbild passt. Andere Gruppen und wir tun aktiv etwas für den Kinder- und Jugendschutz. Kommen Sie mit, machen Sie mit!

[Karsten Woldeit (AfD): Laden Sie uns ein, wir kommen!]

Das ist sinnvoller, als sich hier mit Pseudoerklärungen zu einem Vorgang zu äußern, den Sie viel besser kennen. Das ist das Verlogene an der Sache. Deshalb hat sich dieser Antrag erledigt.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann wird so verfahren.

Die Tagesordnungspunkte 19 bis 21 stehen auf der Konsensliste.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 22:

Bundesratsinitiative zur Änderung der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes

Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen)

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1262

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Herr Kollege Scholtysek hat das Wort – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Feinstaub spielt nach wie vor eine große Rolle in der Diskussion um innerstädtische Luftqualität, wenn es auch derzeit durch die Dieselstickoxidhysterie ein wenig in den Hintergrund verschoben wurde. Herr Moritz! Ich bedanke mich ausdrücklich bei Ihnen, weil Sie vorhin so betont haben, wie wichtig Ihnen die Gesundheit der Berliner Bevölkerung ist. Dementsprechend gehe ich davon aus, dass Sie unserem Antrag vollumfänglich zustimmen werden.

[Harald Moritz (GRÜNE): Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen!]

In Deutschland wird sehr genau darauf geachtet, wie oft die Grenzwerte für Feinstaub erreicht und überschritten werden, allerdings nur auf den Straßen. Feinstaub setzt sich aber nicht nur aus Partikeln zusammen, die von Autos verursacht werden, also Abgase und Abrieb von Reifen und Bremsen, sondern Feinstäube entstehen genauso durch Baustellen, Kraftwerke, Land- und Forstwirtschaft, ja sogar durch das Rauchen und Grillen im Park. Etwa zwei Drittel aller Feinstäube stammen aus anderen Quellen als dem Autoverkehr, und das ist mittlerweile wissenschaftlich sichergestellt und wird auch nicht mehr angezweifelt.

An dieser Stelle muss man ernsthaft die Frage stellen, warum der Feinstaubgehalt nur an den Straßen gemessen wird. Erstaunlicherweise wird nirgendwo im Bereich von S- und U-Bahnen der Feinstaubgehalt in der Luft gemessen, also in Bereichen, wo in vielen Städten Deutschlands täglich Millionen von Menschen unterwegs sind, sich aufhalten und auf die nächste Bahn warten. Das UBahnsystem ist ja keineswegs ein geschlossenes. In vielen Städten fahren die Züge ober- und unterirdisch. So strömt auch immer wieder Außenluft ins System, damit aber auch sämtliche anderen Luftbestandteile und so auch Feinstäube. Herr Moritz hat heute schon auf den Deutschen Lungentag hingewiesen. Dieser weist darauf hin, dass diese dadurch immer wieder neu verwirbelten Stäube ganz besonders lungenschädigend sind. Warum sollte denn nun die Luft dort unten in den U-Bahn besonders gut oder besser als auf den Straßen sein? – Das ist sie auch tatsächlich nicht. Die Prüforganisation DEKRA hat im Mai in Stuttgarter U-Bahnstationen sensationell hohe Überschreitungen der Feinstaubkonzentrationen gemessen,

[Zuruf von der AfD: Hört, hört!]

Werte, die viel höher sind als die der am stärksten befahrenen Straßenkreuzungen in Stuttgart. Meine Anfragen an den Berliner Senat ergaben, dass man in Berlin angeblich nicht wisse, wie die Luftbeschaffenheit in U-Bahnstationen sei. Auf meine Frage, warum denn dann dort nicht gemessen wird, bekam ich zur Antwort, es gäbe keine gesetzliche Grundlage dafür und man müsse sparsam mit Steuergeldern umgehen.

[Heiterkeit bei der AfD]

Das fand ich auch sehr erheiternd. Nur mal zum Vergleich: Für die 800 000 Euro, die in die gescheiterte Begegnungszone Maaßenstraße reingesteckt und versenkt wurden, gab es auch keine gesetzliche Grundlage. Solche Beispiele gibt es in Berlin reihenweise.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Sie wollen in Sachen U-Bahnluft nicht aktiv werden, weil Sie genau wissen, dass dort dauerhaft die Grenzwerte überschritten sind, und weil Sie ganz genau wissen, wie absurd dann die ganze Diskussion um die Luftqualität an Straßen wird, an denen ein paar Mal im Jahr die Grenzwerte überschritten werden. Sie wissen es deswegen so genau, weil es im Jahr 2007 nämlich doch eine Messung in U-Bahnstationen gab, und zwar von der Berufsgenossenschaft. Dabei wurde festgestellt, dass die Feinstaubkonzentration doppelt so hoch war, wie sie heute erlaubt ist.

[Harald Moritz (GRÜNE): Wie hoch ist der Grenzwert?]

Sie wissen ganz genau, was dort unten lauert, nämlich 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Harald Moritz (GRÜNE)]

Nein! Wir sind beim Feinstaub und bei der Betrachtung der Außenluft. Es geht nicht um arbeitstechnische Bedingungen, Herr Moritz. – Wenn Sie nur einen Funken Interesse daran hätten, den Menschen tatsächlich eine gesunde Umgebungsluft zu bieten, dann hätten Sie schon längst tätig werden müssen, auch wenn es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt. Aber wir sind ja jetzt dafür hier, um das zu ändern.

Ich sehe den Senat und den Bund in der Pflicht seinen Bürgern gegenüber. Hier wird in sträflicher und vorsätzlicher Art und Weise mit der Gesundheit von Millionen Bürgern gespielt. Schlimmer noch: Es ist geradezu ein Staatsversagen und der Beweis dafür, dass es nicht um die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit der Menschen geht. Es geht bei der Feinstaubmessung allein darum, Autos immer weiter aus den Städten zu verdrängen. Es geht um Ideologie und nicht um das Wohl der Menschen.

(Präsident Ralf Wieland)

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Das gilt es nun abzustellen. Es muss eine Verpflichtung zur Luftbeurteilung auch in nicht oberirdischen Stationen von Bahn, U-Bahn und S-Bahn per Gesetz festgeschrieben werden. Darum bringen wir hier und heute diesen Antrag ins Plenum ein, der den Senat verpflichten soll, eine entsprechende Bundesratsinitiative anzustoßen – zum Wohl und zur Gesundheit von Millionen von Nutzern, die täglich dem Risiko ausgesetzt sind, ihre Gesundheit durch Feinstäube zu schädigen, die sich in ihren Lungen festsetzen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Daniel Buchholz das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrter Kollege Scholtysek! Mir fällt eigentlich nicht viel ein zu Ihrem Beitrag,

[Frank Scholtysek (AfD): Das glaube ich!]

außer dass man ihn nur mit zwei Worten zusammenfassen kann: grandioses Ablenkungsmanöver. Das ist das einzige, was Sie können, wenn es darum geht, dass wir uns in Berlin, wie alle anderen deutschen und europäischen Städte auch, hart bemühen müssen, die Schadstoffgrenzwerte von Autos, Lkws und anderen Fahrzeugen einzuhalten, weil es um die Gesundheit aller Berlinerinnen und Berliner und der Gäste dieser Stadt geht. Das sollte Ihnen eigentlich wichtig sein. Ich finde es sehr seltsam, dass Sie immer argumentieren, das würde uns nicht interessieren. Sie interessiert es nicht. Als kurioses Ablenkungsmanöver fällt Ihnen nur ein Umstand ein: Machen wir doch mal eine Messung in einem U-Bahnhof! Dazu kann ich nur sagen: Ich weiß nicht, ob Sie heute blasser sind als gestern. Oder bin ich es oder der Kollege Heinemann? Wir waren gestern bei der U-Bahncabriofahrt der BVG. Wir haben uns das im Untergrund ganz genau angeschaut. Nach Ihrem Antrag müssten wir alle halb tot sein. Das sind wir offensichtlich nicht. Ich habe übrigens kein und Auto und bin regelmäßiger Nutzer von U-Bahn, S-Bahn und Bussen, und noch geht es mir komischerweise ganz gut.

[Ronald Gläser (AfD): So funktioniert Feinstaub nun mal nicht!]

Da kann man – mal ironisch überspitzt – sehen, dass es so schlimm nicht sein kann.

Jetzt mal zu der ernsthaften Auseinandersetzung, Herr Kollege Scholtysek: Sie sagen, es sei das Gleiche, wenn

sich jemand mal eine halbe Stunde in der U-Bahn fortbewegt, wie wenn er Tag und Nacht der Luftverschmutzung in der Stadt ausgesetzt ist. Mit Verlaub! Ich kann mir das nicht aussuchen, wenn ich der U-Bahnfahrer oder die fahrerin bin und das dienstlich machen muss. Hoffentlich sind die gesund, denn sonst dürfen sie gar nicht fahren. Anders ist es, wenn es um einen alten Menschen geht, der ein geschwächtes Immunsystem hat und schlecht Luft bekommt, oder um ein Kind, das bei geöffnetem Fenster zu Hause den ganzen Tag an einer lauten und verdreckten Straße wohnen muss, weil sich die Eltern aus sozialen Gründen woanders keine teurere Wohnung leisten können. Das ist etwas ganz anderes. Da vermischen Sie leider grandios Äpfel mit Birnen und lenken einfach ab. Es zeigt sich, dass von der Substanz wenig übrig bleibt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich kann nur sagen: Es ist traurig, dass Sie nur versuchen, davon abzulenken, dass Sie eine Blaue Plakette ablehnen und dass es Ihnen egal ist, wie viele Menschen in Berlin an stark mit Schadstoffen belasteten Straßen leben müssen. Das interessiert Sie nicht. Ich finde das sehr traurig. Sie sollten nicht versuchen, uns mit einem Ablenkungsmanöver für eine vermeintliche Bundesratsinitiative von der Arbeit abzuhalten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Freymark das Wort. – Bitte schön!