Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Ein wichtiger Hebel ist die Verbeamtung von Lehrern, das haben übrigens prominente Köpfe in der Berliner SPD wie der frühere Wissenschaftssenator Zöllner und übrigens alle Ihre Parteifreunde in den 15 anderen Bundesländern schon längst erkannt; sie haben im Gegensatz zu Ihnen auch gehandelt und verbeamten ihre Lehrkräfte schon immer oder wieder.

[Regina Kittler (LINKE): Und was hat das gebracht?]

In Berlin hingegen, das so stolz auf seine angestellten Lehrer ist, gibt es bis heute keinen vernünftigen Tarifvertrag, und alle personalrechtlichen Schritte werden weiterhin analog zum Beamtenrecht vorgenommen. Die höchste Erfahrungsstufe, die den Einstieg in Berlin attraktiv machen soll, ist nicht garantiert, sondern muss vom Finanzsenator in jeder Tarifrunde wieder mühsam ausgehandelt werden. Ob sich die Nichtverbeamtung eigentlich auszahlt, hat keiner ausgerechnet und will keiner wissen. Dafür aber hat Rot-Rot-Grün die Rückführungen für die Pensionsrücklagen trotz Haushaltsüberschüssen mit dem letzten Haushaltsbeschluss einfach lautlos eingestellt und bürdet die Pensionszahlungen damit in einer lockeren Wette auf die Zukunft der kommenden Generation auf.

Gleichzeitig kommen aufgrund der Hauptstadtfunktionen stets verbeamtete Lehrer aus den anderen Bundesländern in die Stadt, die das Land Berlin natürlich weiter besolden und im Ruhestand versorgen muss und die den angestellten Lehrern im Kollegium direkt gegenübersitzen.

Menschen, die sich bewusst für den enorm anspruchsvollen Beruf des Lehrers und die lange, anspruchsvolle Ausbildung entschieden haben, diese Lehrer, die wir hier so dringend brauchen, die durchschauen Ihre Melange an schlechter und widersprüchlicher Politik, die Sie hier präsentieren, genau, und sie fühlen sich entsprechend schlecht behandelt und wenig wertgeschätzt. Damit haben sie eine inhärente Tendenz zum Weggehen oder zur Resignation.

Frau Lasić! Frau Burkert-Eulitz! Sie saßen auf Podien mit mir, wo Sie von den Schulleitern und den Lehrern auf die

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Frage, wie wir die Attraktivität des Lehrerberufs in Berlin steigern und Fachkräfte in der Stadt halten können, mehrfach die glasklare Antwort gehört haben: durch die Wiedereinführung der Verbeamtung! Warum streiten Sie dann monatelang über eine Brennpunktzulage, die einen zweistelligen Millionenbetrag kosten und keine strukturellen Effekte haben wird? Und wenn Sie Ihren Parteifreunden hier in Berlin und in den anderen Bundesländern nicht glauben, wenn Sie der Berliner Bevölkerung nicht glauben, die sich in einer repräsentativen Umfrage mittlerweile auch für das nun wahrlich nicht sehr sexy Thema Lehrerverbeamtung ausgesprochen hat, wenn Sie sich also so sehr unsicher sind, dann befragen Sie die Berliner Referendare und Lehrer doch einfach mal – nicht zu ihrer sexuellen Orientierung,

[Heiterkeit von Paul Fresdorf (FDP)]

sondern zu einer Frage, die sie wirklich interessiert, nämlich ob sie verbeamtet werden wollen oder nicht!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Gehen Sie auf die Lehrer, die Ja sagen, mit einem Angebot zu! So werden Sie langfristig einen festen, vom Berliner Schuldienst überzeugten und fachlich qualifizierten Stamm an Lehrern herausbilden, die die Berliner Schüler aus diesem multiplen Bildungsnotstand herausführen können.

Mit einem Ohr an den Berliner Lehrern und einem realistischen Blick auf die bundesweite Konkurrenzsituation, legen wir Ihnen heute aus tiefster und langanhaltender Überzeugung unseren Antrag vor, der Sie auffordert, die Verbeamtung voll ausgebildeter Lehrer wieder anzubieten und für die entstehenden Pensionskosten Vorsorge zu treffen.

Zum Abschluss noch ein Wort zum heute eingereichten Änderungsantrag der AfD-Fraktion. Es gibt verschiedene Gutachten beispielsweise vom Bundesrechnungshof, vom DIW oder von Landesministerien, die eine Mehrbelastung der öffentlichen Hand durch die Verbeamtung nicht belegen. Nichtsdestotrotz wäre es für den Fall Berlin natürlich sinnvoll, die Kosten für angestellte Lehrer und für verbeamtete Lehrer einmal sauber gegeneinander aufzurechnen, wobei anzumerken ist, dass es für die Faktoren Streikverbot, höhere Personaldisponibilität und Wertschätzung, die mit der Verbeamtung einhergehen, natürlich kein Preisschild gibt. Ich freue mich auf die Diskussion und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der CDU – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Dr. Lasić das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere wachsende Stadt prägt alle Bereiche, für die wir gemeinsam zuständig sind, und auf eine ganz maßgebliche Art und Weise auch die Bildungspolitik Berlins. Jede Bildungsdebatte dreht sich auch um den Raum- und den Fachkräftemangel. So steht die heutige Debatte, bei der es eher grundsätzlich um das Arbeitsverhältnis der Berliner Lehrkräfte gehen sollte, im Schatten des aktuellen Fachkräftemangels. Auch die kürzlich durchgeführte Forsa-Umfrage, bei der sich knapp 60 Prozent der Berliner Bevölkerung für die Rückkehr zur Verbeamtung ausgesprochen haben, ist vor allem ein Ruf nach einer Lösung des aktuellen Fachkräftemangels.

Wer es ehrlich mit unserer Stadt meint, der wird zugeben müssen, die Rückkehr zur Verbeamtung allein wird nicht den akuten Fachkräftemangel lösen. Die Lösung unseres Fachkräftemangels steht auf zwei Säulen: Mittelfristig bilden wir genug eigene Lehrkräfte aus, kurzfristig greifen wir auf Quereinsteigende zurück, die wir dafür aber angemessen vorbereiten, begleiten und entlasten. Der aktuelle Hochschulvertrag und unser 64-Millionen-EuroQuereinsteigerpaket sind klare Prioritäten unserer Koalition und werden uns aus dem Tal des Mangels führen.

Wer es ehrlich mit unserer Stadt meint, wird aber auch zugeben müssen, dass sich unsere 15 Jahre alte Hoffnung, dass uns viele weitere Länder in die Anstellung folgen würden, nicht bewahrheitet hat. Wir stehen mit der Anstellung der Lehrkräfte bundesweit alleine da. Das hat Folgen. Für mich persönlich ist eines klar: Wir können uns nicht damit abfinden, dass von den hart erkämpften, demnächst hoffentlich jährlich 2 000 voll ausgebildeten Lehrkräften jedes Jahr mehrere Hundert Berlin verlassen. Wir brauchen die Lehrkräfte hier, denn unsere Stadt wird weiterwachsen, und die Qualität ist auch immer eine Frage des Personalschlüssels.

[Beifall bei der SPD]

Die CDU aber macht sich das Leben leicht, indem sie die Verbeamtung zum alleinigen Weg erklärt. Die meisten Lehrkräfte rufen eher nach Entlastung sowie nach einer vollständigen Gleichstellung der angestellten Lehrkräfte mit ihren verbeamteten Kollegen. Dann müssen wir über die Altersversorgung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie über die gleiche Berücksichtigung der Familienverhältnisse sprechen. Wir müssen die Vor- und Nachteile beider Wege gegenüberstellen. Jetzt genau ist der richtige Zeitpunkt dafür, und die SPD-Fraktion ist dazu bereit. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD]

(Hildegard Bentele)

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Kerker nun das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Berlinerinnen und Berliner! Heute in einem Monat ist es zwei Jahre her, dass sich das Berliner Abgeordnetenhaus erneut konstituiert hat und die AfD-Fraktion damit in den siebten deutschen Landtag eingezogen ist. Morgen in einem Monat, am 28. Oktober, werden unsere Freunde in Hessen den 16. und damit den letzten Landtag erobern. Die Einzüge der AfD in die Landtage haben den jeweiligen Bundesländern eine positive Dynamik beschert

[Regina Kittler (LINKE): Können Sie mal zum Antrag sprechen?]

und die Lethargie, die in vielen der Parlamente herrschte, aufgebrochen und ihnen neues demokratisches Leben eingehaucht. Der heutige Antrag der CDU ist einmal mehr ein Beweis dafür, denn Sie fordern das, was in unserem Berliner Bildungsprogramm steht, liebe Kollegin Bentele.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Oh! bei der CDU – Heiko Melzer (CDU): Da müssen Sie ja selber lachen! – Weiter Zurufe von der CDU]

Nein, ich freue mich darüber, dass Sie lernen, dass Sie dazulernen, Herr Melzer. Das ist schön, besser spät als nie!

22 Jahre befindet sich das Berliner Bildungsressort im Würgegriff der Sozialdemokraten. Berlin ist seitdem stetiger Bildungsabsteiger, und die Union hat dieses Treiben des Linkskartells natürlich auch mangels alternativer Verbündeter stets mittragen müssen. Mittlerweile ist die Angst in Ihren Reihen vor uns aber offenbar so groß geworden, dass sich auch bei Ihnen so dynamische Prozesse in Gang gesetzt haben, wie wir bei der Wahl Ihres Fraktionsvorsitzenden im Bundestag überraschend feststellen durften

[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von Anne Helm (LINKE)]

Ich möchte Ihren Kollegen im Bundestag ganz herzlich gratulieren zur Wiedererlangung eines Stücks innerparteilicher Demokratie. Machen Sie weiter so und erlösen Sie unser Land komplett vom System Merkel, bitte schön!

[Beifall bei der AfD]

Durch die Versäumnisse des Senats in Sachen Personalplanung hat sich der Lehrermangel in Berlin drastisch

zugespitzt. Unterrichtsausfall, unterqualifizierter Unterricht durch Quereinsteiger ohne entsprechende Ausbildung führen zu einem Verlust der Unterrichtsqualität. Die hektischen Maßnahmen des Senats, um den Lehrermangel einzudämmen, greifen nur bedingt. Obgleich die Vereinigung der Oberstudiendirektoren diese Forderung schon vor Jahren erhob, wird der Senat erst jetzt über die Hochschulverträge mehr Lehrer ausbilden. Das Problem dabei ist, dass diese Lehrer gar nicht alle in Berlin bleiben. Berlin bezahlt Lehrern den Studienplatz und lässt sie dann abwandern. Statistische Zahlen zeigen eine zunehmende Lehrerflucht aus Berlin, wie Sie der Antwort auf eine Anfrage des Kollegen Tommy Tabor und mir entnehmen können.

Nachdem Sachsen die Verbeamtung beschlossen hat, ist Berlin jetzt das letzte Bundesland, in welchem Lehrer keine Beamten sind. Meine Oma Isolde pflegte in solchen Fällen stets zu sagen: Einer muss ja aus dem Mustopf kommen. – Die Verbeamtung der Lehrer ist ein wesentlicher Aspekt, um nicht einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Bundesländern zu erleiden. Das war eigentlich von vornherein klar, dass das Konzept der Sozialdemokraten hier nicht aufgehen würde. Der Großteil der Lehrer wünscht sich ja die Verbeamtung. Die Verbeamtung steigert die Attraktivität des Lehrerberufs und bringt auch Vorteile im Konkurrenzkampf um kluge Köpfe mit der Privatwirtschaft. Zum anderen begründet die Verbeamtung natürlich ein besonderes Treueverhältnis. Verbeamtete Lehrer entwickeln eine andere Haltung zu ihrem Beruf als angestellte Lehrer. Die Neutralität bei der Ausübung des Lehrerberufs kann durch den Beamtenstatus besser gesichert werden. Das ist wichtig. Wenn wir uns einmal die Zahlen angucken, dann ist das ein ganz wichtiges Thema auch für die Lehrer selbst. Wir haben in diesem Jahr fast genauso viele Lehrer, die aufgrund von Berufs- und Dienstunfähigkeit aus dem Dienst ausgeschieden sind, wie Lehrer, die in Pension gegangen sind. Das sind Zahlen, die sollten jeden Lehrer dazu alarmieren, nicht in Berlin tätig zu werden.

Die AfD hat sich Mitte März im Bildungsausschuss für die Verbeamtung ausgesprochen. Diese Forderung haben wir auch in unser Bildungsprogramm aufgenommen, wie ich schon erwähnt habe.

Was unterscheidet uns von der Union? Wir halten Rücksprache mit unseren kompetenten Haushaltspolitikern. Sie haben es ja angesprochen: Verbeamtete Lehrer kosten das Land zunächst weniger, aber durch die Rückstellungen für die Pensionen sind sie letztlich doch etwas teurer. Zu diesen Pensionsrückstellungen fehlen bislang die konkreten Zahlen. Unsere Haushaltspolitiker, Kristin Brinker, Carsten Ubbelohde und Thorsten Weiß, haben diese Zahlen übrigens eingefordert. Die Union dagegen fordert in ihrem Antrag nur die Verbeamtung der Lehrer, ohne angeben zu können, was diese kosten wird. Vorbereitet ist Ihr Antrag also nicht, denn der Haushaltsaspekt

fehlt. Das ist nun einmal ein ganz wesentlicher. Ein kaufmännisch seriöser Antrag sieht nun einmal anders aus.

[Beifall bei der AfD]

Unser Antrag geht deswegen an der Stelle einen vermeintlichen Schritt zurück und fordert endlich die Klärung der Pensionslasten. Da gehört Mut zur Wahrheit dazu. Das ist auch kein Hexenwerk, ich habe mich selbst zum Experten für betriebliche Altersvorsorge ausbilden lassen. Ich kann Ihnen sagen, das ist gar nicht so schwer. Das kriegen Sie hin. Deswegen: Lassen Sie uns das angehen. Es ist elementar wichtig für die Bildung in Berlin. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Abgeordnete Kittler nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Was ist der Anlass für diesen Antrag? Offensichtlich die Personalnotlage in unseren Schulen, und die CDU ist offensichtlich der Meinung, dass wir diese damit lösen, dass wir Lehrkräfte verbeamten.

Unabhängig davon, dass es mich wundert, warum Sie das nicht auch zum Beispiel für die Erzieherinnen und Erzieher fordern – denn auch hier haben wir eine ähnliche Personalsituation –, erlaube ich mir mal, mit Fakten dagegenzuhalten. Es sind mittlerweile alle Bundesländer vom Lehrkräftemangel betroffen. In Nordrhein-Westfalen blieben zum Beispiel zum Schuljahresanfang 3 700 Stellen unbesetzt, in Baden-Württemberg 700, in SachsenAnhalt 200. In allen drei Bundesländern wurde und wird verbeamtet. In Sachsen wird seit diesem Schuljahr wieder verbeamtet in ähnlicher Hoffnung wie in Berlin. Die CDU glaubte dort, den Bedarf an Lehrkräften dadurch decken zu können. Weit gefehlt! Auch dort dreistellig unbesetzte Stellen!

[Christian Gräff (CDU): Dreistellig?]

Der Lehrerverband sagt, aktuell würden in den Ländern 10 000 Lehrkräfte fehlen. Da ist Berlin nicht dabei, denn alle Stellen wurden bei uns besetzt,

[Zuruf von Hildegard Bentele (CDU)]

Moment! – also ein Problem unabhängig von Verbeamtungen. Bundesweit sollen ebenfalls nach Erfassung durch den Lehrerverband 30 000 Stellen mit Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern, Lehramtsstudierenden oder zurückgeholten Pensionärinnen und Pensionären besetzt sein. Das betrifft auch Berlin.

Verbeamtung löst also die grundsätzlichen Probleme nicht. Diese liegen erstens im über Jahre betriebenen Studienplatzabbau, zweitens darin, dass auch bei exponentiell wachsender Kinderschar in Deutschland bisher nur Berlin hier umgesteuert hat, nicht aber die Universitäten und Hochschulen der anderen Bundesländer, drittens darin, dass die Grundschullehrkräfte so lange so schlecht bezahlt wurden, bis Rot-Rot in Brandenburg und RotRot-Grün in Berlin beschlossen haben, das zu ändern.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Frank Zimmermann (SPD) – Zuruf von Hildegard Bentele (CDU)]