Protokoll der Sitzung vom 27.09.2018

Daher unterstützen wir die grundlegende Intention dieses Antrags, aber nicht den Weg, immer mehr Sammelunterkünfte einzurichten, dies dann teils zu höchst fragwürdigen Bedingungen. Ich erinnere an die Vermietung von 44 m2 für 6 000 Euro monatlich zur Unterbringung von sieben Geflüchteten. Das sind Dinge, die Ihr Senat praktiziert. Das sind Dinge, die wir nicht wollen.

[Beifall bei der FDP und der AfD]

In der jetzigen Situation wirft das Senat das Geld der Bürger mit vollen Händen zum Fenster hinaus. Er hilft damit aber nicht den Bedürftigen, sondern er bedient damit den gewerbsmäßigen Bedarf derer, die Hilfe als Gewerbe betrachten.

[Beifall bei der FDP und der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig! – Karsten Woldeit (AfD): Ganz genau!]

Aus diesem Grund und zur Förderung der Integration ist es uns wichtig, diese Ergänzung dahingehend aufzunehmen, dass wir eine dezentrale Unterbringung dieser Menschen wollen, eine dezentrale Unterbringung auf freiwilliger Basis zu den gleichen Bedingungen, die im Moment von den Bezirken pauschal, und zwar teils ungeprüft Heimbetreibern bezahlt werden. Denn das ermöglicht tatsächlich, dass sie kleine geschützte Gruppen haben, die in einem geschützten Umfeld mit direkter Anbindung auch an die aktuelle Gesellschaft in Deutschland Hilfe finden, Integration finden und eben halt nicht Tür an Tür mit ihren Peinigern in irgendeiner Sammelunterkunft leben müssen.

[Beifall bei der FDP]

Wenn wir uns anschauen, dass gegenwärtig für das Jahr 2017 der Senat 690 Millionen Euro ausgegeben hat, – –

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Jarasch?

Vielen Dank, Herr Luthe! – Sie verweisen zu Recht auf eine dezentrale Unterbringung, selbstverständlich würden diese besonders schutzbedürftigen Frauen nicht in eine große Unterkunft gehören. Können Sie uns bitte erklären, wie Privatpersonen, die nach Tagessatz bezahlt werden sollen, wie Sie das in Ihrem Änderungsantrag vorschlagen, eine Betreuung von traumatisierten Menschen sicherstellen sollen?

Frau Jarasch! Sie verwechseln offensichtlich zwei Themen. Das eine ist die Frage der Unterbringung, und das andere ist die psychosoziale Betreuung. In der Pauschale von bis zu 30 Euro, in der Regel 29 Euro, die von den Bezirken bezahlt wird, ist allein die Unterbringung abgegolten. Die psychosoziale Betreuung, die notwendig ist, taucht darin gar nicht auf. Die müssen Sie natürlich ebenfalls anbieten. Aber das gilt für beide Aspekte. Es geht hier allein um die Frage der Unterbringung. Und wenn

(Katina Schubert)

Sie das Thema Homesharing – das kennt ja Ihr Senat wunderbar – nehmen und wenn Sie tatsächlich Menschen finden, und die werden Sie finden, davon bin ich überzeugt, die bereit sind, eben nicht per Airbnb ein Zimmer zu vermieten, sondern zu sagen, ich nehme eine Mutter, eine Familie, wen auch immer, auf – wir haben gerade in Berlin die Situation, dass viele Menschen in Wohnungen leben, die für sie zu groß sind, die aber gleichzeitig aus wirtschaftlichen Gründen gar nicht umziehen können, auch das ist das Ergebnis Ihrer Wohnungsbaupolitik –,

[Vereinzelter Beifall bei der FDP und der AfD]

wenn wir diese Leute dazu gewinnen, dann ist die Unterbringungsfrage – und nur um die geht es in dem Antrag – geregelt. Die Frage der psychosozialen Betreuung finde ich auch nicht in Ihrem Antrag, insofern müssen Sie sich selbst fragen, warum Sie das Thema nicht aufgenommen haben. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) und Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags und des Änderungsantrags der AfD-Fraktion sowie des Änderungsantrags der FDP federführend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und an den Ausschuss für Europa- und Bundesangelegenheiten, Medien empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4.2:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 34

Volksbefragung zur Einführung eines zusätzlichen gesetzlichen Feiertages im Bundesland Berlin ermöglichen

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1321

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion und hier der Abgeordnete Trefzer.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wo ist denn die Sozialdemokratie? – Karsten Woldeit (AfD): Essen!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor einer Woche ist bekanntgeworden, dass die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen die Absicht hat, die Thüringer mit einem zusätzlichen gesetzlichen Feiertag zu beglücken.

Bereits am 20. September 2019, also gut einen Monat vor der kommenden Landtagswahl am 27. Oktober nächsten Jahres, soll zum ersten Mal der Weltkindertag als arbeitsfreier Tag in Thüringen begangen werden. Ganz unabhängig von der Wahl des Weltkindertags zeigt Thüringen gerade, wie es in Berlin nicht laufen sollte, nämlich dass die Regierungskoalition einen Feiertag aus dem Hut zaubert und das erstaunte Publikum dann nur noch huldvoll Beifall klatschen darf.

[Beifall bei der AfD]

Nein, genau das wollen wir nicht. Auf diese Art und Weise wird es uns jedenfalls nicht gelingen, die notwendige Akzeptanz der Berliner für einen zusätzlichen Feiertag zu finden. Vor der Einführung eines zusätzlichen Feiertags und vor der Entscheidung für einen bestimmten Feiertag muss eine breite gesellschaftliche Debatte über das Für und Wider eines solchen Schrittes stehen. Diese Diskussion darf eben nicht auf uns Parlamentarier, auf die Parteien, den Senat und einige Interessenverbände begrenzt sein.

[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Richtig!]

Eine solche breite gesellschaftliche Debatte wird aber nur dann stattfinden, wenn die Bürger wissen, dass am Ende des Diskussionsprozesses ihr Votum auch gehört werden wird. Das ist ja nicht immer so beliebt bei einigen hier im Hause, das weiß ich. Aber das ist uns ein Herzensanliegen.

[Beifall bei der AfD]

Deswegen – und jetzt komme ich zu unserem Antrag – schlagen wir vor, gleichzeitig mit der Europawahl am 26. Mai 2019 eine Volksbefragung zur Einführung eines zusätzlichen Feiertages durchzuführen. Die Europawahl bietet die Möglichkeit, die Berliner mit überschaubarem logistischem Aufwand in die Entscheidung über die Einführung eines zusätzlichen gesetzlichen Feiertages einzubeziehen. Nur eine bevorstehende Volksbefragung bietet durch die Medienaufmerksamkeit und die Mobilisierungswirkung, die von ihr ausgeht, die Gewähr dafür, dass die allseits gewünschte breite Debatte überhaupt in Gang kommt. Und nur so wird am Ende ein möglicher zusätzlicher Feiertag auch auf genügend Akzeptanz stoßen und nicht nur als zusätzlicher arbeitsfreier Tag wahrgenommen.

[Beifall bei der AfD]

Lassen Sie mich ein paar Worte zu den Abstimmungsfragen verlieren, die wir in unserem Antrag vorschlagen. Wir wollen die Bürger zunächst einmal fragen, ob sie einen zusätzlichen Feiertag überhaupt wollen. Es sprechen auch gewichtige Gründe gegen einen neuen Feiertag, und es muss selbstverständlich auch die Möglichkeit bestehen, Nein zu sagen. Dann, in einem zweiten Schritt, sollen die verschiedenen, in der Diskussion befindlichen Feiertagsvorschläge zur Abstimmung gestellt werden. Bei dieser zweiten Abstimmungsfrage sollen nach unserer

(Marcel Luthe)

Auffassung auch diejenigen abstimmen können, die sich gegen einen neuen Feiertag ausgesprochen haben, damit sie über die Auswahl des Feiertags auch dann mitbestimmen können, wenn sie sich mit ihrer Ablehnung nicht durchsetzen konnten.

Als möglich Feiertage haben wir in unserem Antrag aufgeführt: den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, den Internationaler Frauentag, den Gedenktag für die Märzrevolution 1848, den Tag des Kriegsendes, den Europatag, den Tag des Grundgesetzes, den 17. Juni als Tag des Volksaufstandes in der DDR, den Europäischen Tag des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus, den Reformationstag und den 9. November als Tag der Erinnerung.

[Beifall bei der AfD]

Selbstverständlich, meine Damen und Herren von der Koalition, steht es jedem frei, diese Liste durch einen Änderungsantrag in den Ausschussberatungen zu ergänzen; dem werden wir uns nicht verschließen. Die Grünen haben bereits signalisiert, dass sie eine Volksbefragung wollen. Ich hoffe, dass sie jetzt konsequent sind und diesen Weg weiter beschreiten.

Noch ein Wort zu dem Einwand, der immer gebracht wird, eine Volksbefragung sei nicht verbindlich. Ja, das stimmt, eine Volksbefragung hat keinen rechtsverbindlichen, sondern nur konsultativen Charakter. Aber trotz dieses im rechtlichen Sinne nicht bindenden Charakters entfaltet eine Volksbefragung politische Wirkung, da wir Parlamentarier sie bei unserer letztlichen Entscheidung berücksichtigen müssen. Ich möchte einmal diejenige Fraktion sehen, die einfach, mir nichts dir nichts, über das Votum der Bürger hinweggeht.

Eine Volksbefragung signalisiert, dass wir für die Vorstellungen der Bürger offen sind und das Ergebnis der Debatte in keiner Weise präjudizieren. Und genau das ist es, was wir von der AfD wollen. Berlin sollte sich diese Chance auf Bürgerbeteiligung und Partizipation nicht entgehen lassen! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Dörstelmann das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Kern geht es bei diesem Antrag eigentlich weniger um die Frage, ob ein weiterer Feiertag für Berlin eingeführt werden soll. Im Kern geht es um die Frage, ob die konsultative Volksbefragung mit einfachgesetzlicher

Regelung erfolgen kann, und diese Frage muss man zuerst beantworten. Ich habe mir die Begründung zu Ihrem Antrag intensiv angeschaut: Darüber sagen Sie nichts, und ich glaube, das ist an der Stelle ein bisschen fahrlässig. Ich glaube letztlich auch, das von Ihnen gewählte Beispiel, mit dem Sie das versuchen, trägt eine solche Überlegung nicht – dazu komme ich noch.

Zunächst kurz zu Ihrem Inhalt: Die Feiertage, die Sie zur Auswahl gestellt haben – zehn habe ich gezählt –, sind alles bedeutende Daten. Gar keine Frage! Das ist eine seriöse Auswahl – will ich nicht bestreiten. Den Berlinbezug allerdings sehe ich vor allem beim 18. März und beim 17. Juni; bei den anderen Tagen, die Sie vorschlagen, wäre eine bundeseinheitliche Regelung eher naheliegend als von Ihnen hier dargestellt.

Die Frage, ob durch eine einfachgesetzliche Regelung eine solche konsultative Volksbefragung durchgeführt werden kann, ist hoch umstritten.

[Dr. Michael Efler (LINKE): Das geht nicht!]

Die herrschende Meinung lehnt das aber im Ergebnis ab. Ich will auch nicht verhehlen, dass ich eine gewisse Sympathie dafür habe, dass man sagt: Eine Abstimmung muss etwas entscheiden. – Wer etwas zur Abstimmung stellt, bekommt eine Entscheidung. Wer etwas erfragt, bekommt eine Meinung. Das spräche schon dafür, dass man das einfachgesetzlich machen kann. Trotzdem ist es so, dass der faktische Druck, der dadurch entsteht, natürlich den Gesetzgeber in seinem Entscheidungsspielraum einengen kann. Jetzt kann man sagen: Dann darf er sich nicht einengen lassen! – Das ist ein gutes Gegenargument, das muss man wägen.

Aber letztlich ist doch das, was durchdringt in dieser ganzen Debatte – und was auch von der herrschenden Meinung so gesehen wird – die Tatsache, dass mit einer solchen Volksbefragung und einer Äußerung, einer Meinungsäußerung der Befragten – hier dem Staatsvolk – das Staatsvolk Staatsgewalt ausübt. Wenn es Staatsgewalt ausübt, hier in Form der gemeinsamen Willensbildung, dann ist das im Grunde auch immer zu respektieren. Deshalb braucht man für eine konsultative Volksbefragung auf jeden Fall auch eine Verfassungsänderung. Und das ist in Ihrem Antrag überhaupt nicht berücksichtigt. Das halte ich für ein schweres Defizit.