Protokoll der Sitzung vom 18.10.2018

(Dr. Maja Lasić)

Für die Grünen hat Frau Burkert-Eulitz das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht schauen wir ja noch mal auf die aktuelle Situation. Wie Sie vielleicht zur Kenntnis genommen haben, ist vor einigen Wochen eine Bertelsmann-Studie vorgelegt worden, die sich genau den Quereinstieg in Berlin anschaut. Ich habe die Chance genutzt, diejenigen, die diese Studie erstellt haben, nämlich Herrn Richter und Frau Marx von der Uni Potsdam und den Herrn Zorn von der Bertelsmann-Stiftung anzuschreiben und zu fragen, ob wir nicht darüber ins Gespräch kommen können. Das Gesprächsangebot haben Sie angenommen. Wir saßen zwei Stunden zusammen und haben uns ausgetauscht. Komischerweise, wenn man mal ein bisschen aus unserer kleinen Schüssel rauskommt und über den Tellerrand schaut, haben die das, was hier in Berlin passiert, positiv dargestellt und gelobt, was das Land Berlin macht. Wie ist nämlich die Situation im Land? – Wir haben inzwischen flächendeckend Personalmangel, den Fachkräftemangel an Lehrkräften. Da sind wir in Berlin schon seit Jahren einige Schritte voraus. Jetzt können wir darüber streiten, wer mit wem an erster Stelle gesprochen hat, welche Fachgespräche wer wann wie seit Beginn der Legislatur, schon vor der Legislatur geführt hat. Zumindest gehe ich bei der CDU und wenn ich hier in diese Richtung gucke, davon aus, dass wir dies getan haben. Jetzt können wir darüber streiten, ob das, was auch die CDU in Mitverantwortung der vorherigen Koalition getan hat, sich besonders hervorgetan hat, um auch den Quereinstieg zu stärken. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass das so besonders stark war.

Letztendlich ist es so, dass die Wissenschaft sagt, das, was wir da in Berlin machen, ist einzigartig in Deutschland. Wir sind Vorreiterinnen und Vorreiter, andere nehmen sich daran ein Beispiel. Und ja, was wir tun ist sozusagen, im laufenden Betrieb Dinge auszuprobieren, ob sie gelingen, um dann, wenn sie nicht so gut gelingen, auch nachsteuern zu müssen. Sie haben auch noch ein paar interessante Ideen. Die erzähle ich Ihnen jetzt hier nicht, sondern die werden wir erst mal in der Koalition miteinander besprechen, dass sie sagen, es gibt QuerBer. Wenn Sie sich das mal angeschaut haben, ist das ein Programm, das wirklich Hand und Fuß hat, das aufeinander abgestimmt ist. Das macht man hier vielleicht nicht. Aber ich würde der Kollegin, der Frau Herpel von der Senatsverwaltung, wirklich danken.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Sie ist absolut engagiert, gemeinsam mit ihren Leuten, die das alles stemmen, die Millionen, die wir da eingesetzt haben, umzusetzen in kurzer Zeit. Was bei StEPS passiert, das würde ich mir für andere Bereiche der Berli

ner Bildung auch wünschen. Aber da sind wir Vorreiterinnen und Vorreiter in Deutschland. Und wenn Sie das negativ darstellen, dann finde ich das sehr schade, weil es gar nicht dem angemessen ist, was einmal die Quereinsteigenden leisten, was alle die leisten, die sie unterstützen. Ich habe überhaupt keine Angst vor Quereinsteigenden, denn wir sehen sie auch als Ressource und Chance in Richtung multiprofessionelle Teams, die sich auch an unseren Schulen wiederfinden, mit einer anderen Berufsbiografie als Schule, Uni, Schule. Das ist noch einmal eine neue Sichtweise, die wir auch in unseren Schulen brauchen. Unsere Herausforderungen sind, wie können wir eigentlich den sogenannten LovLs – darüber werden wir nachher noch mal miteinander sprechen – ermöglichen, sich zu qualifizierten Lehrkräften fortbilden zu können. Da sind wir dran, da erlebe ich auch ein großes Engagement der Senatsschulverwaltung.

Und ehrlich gesagt können wir uns jetzt jeder auf die Schulter klopfen. Wir haben über 60 Millionen Euro in den laufenden Haushalt eingestellt. Das haben Sie in der Vergangenheit nicht gemacht. Das hat Rot-Rot-Grün gemacht. Wir finanzieren das weiter. Wir sind in einem ständigen Diskurs innerhalb der Koalition, außerhalb der Koalition, mit Ihnen. Ich gehe davon aus, dass das Thema auch für die CDU noch nicht abgeschlossen ist, dass wir weiterdiskutieren. Ich finde es gut, wenn man da in einem Wettbewerb ist, wer die besten Ideen hat und wer sich am Ende durchsetzt. Wir sind auf einem guten Weg. Die Quereinsteigenden sind auch mit dem zufrieden, was jetzt passiert. Wenn wir mehr Leute haben, die noch nicht an der Schule unterrichtet haben, dann müssen wir darüber sprechen, dass zwei Wochen Vorkurs nicht ausreichen. Aber, wie gesagt, wir sind in einem laufenden Prozess, der ständig nachgesteuert wird. Und da bin ich denjenigen, die sich da engagieren, besonders dankbar und auch den Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, der Senatorin und allen anderen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Fresdorf das Wort. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie die Diskussion eben verfolgt haben, dann fühlt man sich so ein bisschen an die Werbung eines Schweizer Kräuterbonbonherstellers erinnert: „Wer hat’s erfunden?“ – Alle wollen Väter und Mütter dieses Antrags sein.

[Zuruf von Dr. Maja Lasić (SPD)]

Ich würde meine 2 Cent auch gerne noch in diesen Topf schmeißen,

[Zuruf von Regina Kittler (LINKE)]

denn auch wir haben Ihnen Vorschläge zur Qualifizierung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern gemacht, z. B. den vierwöchigen Einstiegskurs vor Beginn der Unterrichtsverpflichtung. Ich finde es sehr gut, dass Sie solche Ideen aufnehmen. Ich denke, wenn wir gemeinsam dazu beitragen, dass diese Stadt die Hauptstadt der weltbesten Bildung wird, dann sind wir auf dem richtigen Weg. Sie haben bewiesen, dass Sie nicht komplett beratungsresistent sind, sondern auch unsere Inkompetenzkompensationskompetenz gerne in Anspruch nehmen. Daher haben wir auch nicht gegen Ihren Antrag gestimmt, sondern haben uns im Ausschuss enthalten.

[Beifall bei der FDP]

Warum haben wir, wenn dieser Antrag so gut ist, nicht gleich zugestimmt? – Weil er halt nicht durchgängig gut ist! Frau Bentele hat es eben schon angeführt. Wenn ich jetzt ein bisschen redundant bin, bitte ich meine Ausschussvorsitzende um Entschuldigung, die das nicht so gerne mag. Aber genau das sind die Punkte, die dazu führen, dass man diesen Antrag nicht mittragen kann. Ich würde noch einen hinzufügen wollen.

Die Unterrichtsverpflichtung möchten Sie von 19 auf 17 Stunden herabsetzen. Das ist richtig und sehr gut so. Wir haben gesagt und auch Sie haben es vorhin gesagt: Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind Lernende und Lehrende, und wir wollten ihnen Zeit verschaffen, Zeit dafür, auch noch mal zu lernen, noch mehr Nachbereitung machen, mehr Vorbereitung, das Studium positiver zu begleiten und diese Zeit frei räumen.

[Beifall bei der FDP]

Sie möchten sie nun verpflichten, dass sie in diesen beiden Stunden hospitieren müssen, das heißt, sie haben nicht eine Minute für ihr Studium, für die Vor- oder Nachbereitung des Unterrichts gewonnen. Das ist nicht der ganz gute Weg, aber immerhin ist es ein Ansatz, den Sie verfolgen. Ich denke, wir sollten noch zwei Stunden rauflegen, die die Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger bekommen, um dann auch ihr Studium zu betreiben.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Dr. Lasić?

Bitte schön!

Lieber Kollege! Sie haben eben auf die Hospitation abgezielt. Stimmen Sie mir zu, dass die Hospitation bei erfahrenen Kollegen essenzieller Bestandteil der Ausbildung ist, genauso wie andere Inhalte, zu denen sich Quereinsteigende bekennen?

Frau Dr. Lasić! Da bin ich aber so was von bei Ihnen, das ist ein ganz wertvoller Baustein, der zu dieser Ausbildung der Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger gehört, aber darüber hinaus – und jetzt kommt aber, was uns unterscheidet – müssen wir Zeit schaffen für das Vertiefen der Studieninhalte.

[Regina Kittler (LINKE): Gerade eben haben Sie es noch anders dargestellt!]

Wir sind der Meinung, wir brauchen da mehr Stunden, aber wir wollen ja nicht in Zwiegespräche abdriften, sonst langweilen wir vielleicht alle anderen.

[Zuruf von Dr. Maja Lasić (SPD)]

Also da sind Sie nicht ganz auf dem richtigen Weg. Sie sagen, wir wollen nicht in die Autonomie der Schulen eingreifen. Das ist ja nicht hundertprozentig glaubwürdig. So ganz frei sind ja die Schulen in Berlin auch nicht. Wenn Sie kritische Schulleiterinnen und Schulleiter haben, dann kriegen die auch ganz schnell mal zu hören, was sie nicht sagen dürfen. Also ohne Eingriff in die Schulautonomie geht es ja dann doch nicht.

[Dr. Maja Lasić (SPD): Zum Thema!]

Gerade das Thema Schuleingangsphase: Ich habe gerade vor einigen Tagen eine Antwort auf eine Schriftliche Anfrage von mir von der Senatsverwaltung bekommen, wo es darum geht, welche Methoden denn genutzt werden, um das Schreiben und Lesen in der Stadt zu erlernen. Und der Senat antwortete, dass die Lehrerinnen und Lehrer das sehr eigenverantwortlich handhaben, dass sie ganz genau wissen, welche Werkzeuge sie nutzen müssen, und ihr fundiertes Fachwissen dafür einsetzen, die richtigen Maßnahmen zu ergreifen. Wie soll denn jemand, der noch nicht einen Tag in der Schule stand, fundiertes Fachwissen haben, um den Kindern Schreiben und Lesen beizubringen und das dann auch einzusetzen? Das ist doch absoluter Hohn, also müssen Sie doch ganz klare Grenzen ziehen und sagen: Jemand, der gerade den ersten Tag in der Schule ist, nicht ein Semester Didaktik hatte, der hat einfach an Erstklässlern nichts zu suchen, der hat Lesen und Schreiben woanders zu unterrichten, nicht in der Berliner Schule.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Also hier ein klares Handeln, kein Sensibilisieren! Und das Achtgeben darauf sollte auch ein Umsetzen davon sein, dass nicht verstärkt Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in Bonusprogrammschulen eingesetzt werden. Das wäre besonders wichtig. – Ich danke Ihnen für Ihre

Aufmerksamkeit und freue mich auf die weitere Debatte zu diesem Thema!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag Drucksache 18/1143 empfiehlt der Fachausschuss einstimmig – bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen – die Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Koalitionsfraktionen. Gegenstimmen? – Keine! Enthaltungen? – Bei den drei Oppositionsfraktionen! Damit ist der Antrag so beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 3.6:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 22

a) Vielfältige Gewerbestrukturen schützen I –

Berliner Mischung erhalten

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1346

b) Vielfältige Gewerbestrukturen schützen II –

Bundesratsinitiative starten für ein soziales Gewerbemietrecht

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1347

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Schmidberger hat das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst am Sonntag hat mir eine Gewerbetreibende eines kleinen Ladens verzweifelt erzählt, dass ihr Haus von einem auf hohe Renditen ausgerichteten Wohnungsunternehmen gekauft wurde. Ihr Vertrag geht jetzt noch zehn Monate. Erst vor Kurzem hat sie 50 000 Euro in den Laden gesteckt. Sie ist seit vielen Jahren dort, und bisher war die jährliche Verlängerung kein Thema. Doch ob das weiterhin gilt und die Miete dann auch erschwinglich bleibt, ist mehr als fraglich.

Das betrifft nicht nur kleine Geschäfte, Handwerksbetriebe oder Spätis in unserer Nachbarschaft, längst sind auch soziale Einrichtungen betroffen. Es ist auch kein abstraktes Problem. Berichte über Eltern, die ihre Kinder nicht mehr in die Kita schicken können, weil der Kinderladen die Mieten einfach nicht mehr bezahlen kann, mehren sich. Der Dachverband der Kinder- und Schülerläden

DaKS schlägt Alarm. Allein in den letzten drei Jahren haben 48 Kinderläden die Kündigung erhalten oder konnten ihre Mieten nicht mehr stemmen. Unsere Kleinen können also nicht mehr in die Kita, weil die Großen ihre große Rendite machen wollen.

Besonders dramatisch ist die Situation der Gewerbetreibenden in der Kreuzberger Oranienstraße. Dort gehören immer mehr Häuser großen Immobilienkonzernen wie der Deutschen Wohnen. Das Bündnis Ora Nostra, ein Zusammenschluss von Gewerbetreibenden, berichtet von immer weiter steigenden Mieten, mittlerweile von fast 50 Euro pro Quadratmeter, kalt wohlgemerkt. Hinzu kommt, dass immer höhere Staffelungen verlangt werden, mitunter 10 bis zu 15 Prozent pro Jahr. Wer bitte hat denn solch eine jährliche Gewinnsteigerung? Das hat nichts mehr mit normaler Vermietung zu tun.