Protokoll der Sitzung vom 18.10.2018

Herr Evers? – Bitte, Herr Evers!

[Stefan Förster (FDP): Eine Stützfrage!]

Bitte schön!

Vielen Dank! – Da ich das Thema Wohnungsbau, egal über welchen Standort wir diskutieren, für extrem wichtig halte, frage ich, ob Sie es nicht auch für sinnvoll hielten, dass auch Senatsvertreter hier sind.

Das halte ich im Grundsatz für sinnvoll, auch wenn ich nicht immer weiß, ob das auf fruchtbaren Boden fällt. Im Übrigen finde ich es auch sinnvoll, wenn die Uhrzeit dann angehalten wird, was im Moment noch nicht der Fall ist.

Wir lassen die Uhr nachlaufen, sodass Sie fortfahren können. Und Frau Lompscher ist in einer Ecke des Saals auch anwesend.

Gut! – Dann kann Sie von der Ecke des Saals zuhören. Ich war gerade im Ausführen, dass wir unsere grundsätzliche Haltung seit dieser Zeit nicht verändert haben und diese auch Gegenstand unseres Antrags ist, der Ihnen heute vorliegt.

Im Gegensatz dazu hat die SPD 2014 schon Pläne gefasst, die eine Bebauung deutlich ausweiten wollten. Deswegen hat sich der Senat in der letzten Legislaturperiode mit dieser Liegenschaft mehrfach und intensiv beschäftigt – man höre und staune. Es gipfelte sogar in einem Senatsbeschluss, der zwei Komponenten hatte. Auf SPD-Wunsch wurde die Erhebung der Liegenschaft zu stadtweiter Bedeutung dorthin versetzt – darüber kann man sich noch streiten. Ziel war sicherlich an der Stelle auch, die sehr erfolgreich laufende Bürgerinitiative vor Ort ins Leere laufen zu lassen – das muss man auch mal sagen – und das völlig überforderte Bezirksamt aus der Verantwortung zu nehmen. Auf CDU-Wunsch wurde

hingegen genau dieses in diesen Beschluss hineingeschrieben, was wir auch heute mit dem Antrag vorlegen, also eine gute soziale Mischung, auch ein Eigentumsanteil, familienfreundliches Wohnen und die 450 bis 480 Wohneinheiten. – – So der Senatsbeschluss im Februar 2015.

Nun gab es 2016 bekanntlich Neuwahlen und eine andere politische Zusammenstellung in diesem Haus, und seitdem ist die SPD von diesem Senatsbeschluss erheblich abgewichen. Den Antworten auf Schriftliche Anfragen habe ich entnommen, dass praktisch eine Verdoppelung der Anzahl der Wohneinheiten dort geplant ist und man vor den massiven Folgewirkungen die Augen verschließt, die daran bestehen, dass die bereits heute schwierige Entwicklung der Sozialindikatoren insbesondere im südlichen und östlichen Buckow dadurch verstärkt wird, dass insbesondere verkehrliche Probleme vollständig negiert werden. Der ÖPNV wird dort nicht alle Probleme lösen können. Wir haben Straßen, die nicht erweiterbar sind, und auch eine Stadtrandlage, die dazu führt, dass die Leute tendenziell häufiger auf das Auto umsteigen werden. Auch die Folgen für das Stadtklima – Stichwort Kaltluftschneise oder andere – werden hier gar nicht bemüht. Stattdessen wird als Sahnehäubchen eine weitere Erhöhung des Anteils von WBS-Wohnungen auf 50 Prozent dazugegeben.

Das heißt also, es besteht die Gefahr der Entstehung eines sozialen Brennpunkts. Die schwierige Situation in den benachbarten Schulen wird nicht zur Kenntnis genommen, insbesondere die der Christoph-Ruden-Grundschule. Deswegen appellieren wir mit diesem Antrag für die Rückkehr zu den ursprünglichen Planungen und zum Senatsbeschluss von 2015, nicht mehr und nicht weniger.

Dem kann man natürlich entgegenhalten: Wir haben veränderte Rahmenbedingungen im Vergleich zu 2015. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt hat sich verschärft; wir brauchen Wohnungen. – Das ist völlig unstrittig. Dann muss ich aber der Koalition entgegenhalten: Erklären Sie dann doch den Anwohnern vor Ort, warum ausgerechnet sie das Unvermögen des Senats und der Bausenatoren Müller, Geisel und Lompscher ausbaden sollen, die im Wohnungsbau versagt haben!

[Beifall bei der CDU]

Erklären Sie doch den Anwohnern vor Ort, warum sie dafür herhalten müssen, auf einem vergleichsweise überschaubaren Feld kurz hinter den Toren die Unvermögensbilanz des Senats massiv aufzuhübschen!

[Beifall bei der CDU]

Wer jetzt für diese Mammutsiedlung eintritt, der versündigt sich an einem ganzen Ortsteil und geht sehenden Auges in ein verkehrliches Chaos mit einem sozialstrukturellen Mühlstein um den Hals. Deshalb appelliere ich: Stoppen Sie den Ausflug in die Gigantomanie und stimmen Sie für unseren Antrag! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Vielen Dank, Herr Kollege! – Für die SPD-Fraktion hat die Kollegin Spranger jetzt das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Juhnke! Sie haben es nicht leicht als Wahlkreisabgeordneter – das muss man so feststellen –, weil Sie die typische Klientel bedienen: Wir brauchen natürlich Wohnungen – aber bitte nicht in meinem Wahlkreis! Also, herzlichen Dank, Herr Juhnke!

[Beifall bei der FDP]

Vielleicht darf ich Sie einmal daran erinnern: Am Wochenende hat der CDU-Parteitag den Neubau von 250 000 Wohnungen in Berlin gefordert, und vier Tage später stehen Sie hier mit Ihrem Antrag und wollen den Neubau von fast 500 Wohnungen verhindern! – Das ist wohnungspolitischer Blindflug, sehr geehrte CDUFraktion, und das wissen Sie am allerbesten!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bezahlbarer Wohnraum hier bei uns in Berlin ist ein knappes Gut. Das wissen Sie genauso, Sie haben es sogar erwähnt. Immer mehr Menschen suchen ein neues Zuhause in unserer Stadt.

Das wirklich Ärgerliche an dem Antrag ist aber nicht die Tatsache, dass Sie als CDU-Fraktion neue günstige Wohnungen verhindern wollen, sondern es ist die Art und Weise, wie Sie dieses Anliegen begründen. Das haben Sie gerade in Ihrem Redebeitrag wieder bewiesen. In dem Antrag wird überdeutlich, dass die CDU für das heutige Berlin und die Bedürfnisse der Berlinerinnen und Berliner kein Verständnis und keine Antworten hat. Das ist ein Offenbarungseid, verehrte CDU-Fraktion!

[Christian Gräff (CDU) meldet sich zu einer Zwischenfrage.]

Frau Kollegin! Gestatten Sie Zwischenfragen?

(Dr. Robbin Juhnke)

Nein, jetzt nicht! – Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, dass drei- bis fünfgeschossige Gebäude für Berlin nicht angemessen seien. Wir in der Koalition haben da ein anderes Berlin-Verständnis. Für uns sind Häuser mit drei Etagen keine Holzhammermethode, sondern ein urbanes Quartier. Wenn die Stadt wächst, dann soll das in urbanen Quartieren geschehen und nicht in Form von Zersiedlung wie in den Siebzigerjahren. Die CDU-Fraktion scheint mit ihrer Stadtentwicklungspolitik aber genau in dieser Zeit hängengeblieben zu sein.

Der Antrag zeigt ebenso eklatant, was Sie im Übrigen für ein geringschätziges Bild von der Berliner Bevölkerung haben. Sie haben es eben wieder gesagt; man muss sich die Argumentationslogik der CDU wirklich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Die CDU behauptet, dass ein neues Wohnquartier mit mehr als 30 Prozent mietpreisgebundenen Wohnungen automatisch zum sozialen Brennpunkt wird. Dabei hat die Hälfte der Berlinerinnen und Berliner aufgrund ihres geringen Einkommens Anrecht auf einen WBS. Das Bedürfnis dieser Menschen nach einer bezahlbaren Wohnung ist Ihnen völlig egal, weil Sie der Wahlkreisabgeordnete sind und das natürlich verhindern müssen.

Ihre Kollegen im Ausschuss haben das nicht etwa relativiert, sondern sogar noch nachgelegt und von „sozialem Sprengstoff“ gesprochen.

[Christian Gräff (CDU): Richtig!]

Herr Gräff, Sie sagen sogar „richtig“? – Na, das ist ja ein Knaller!

[Beifall bei der CDU]

Was die Berlinerinnen und Berliner brauchen, interessiert Sie nicht – Hauptsache, Sie können auf den Buckower Feldern Ihr antiquiertes Stadt- und Gesellschaftsverständnis im wahrsten Sinne des Wortes zementieren. Das machen wir nicht mit, und deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab! Wir stehen im Gegensatz zu Ihnen für eine soziale und moderne Stadtentwicklungspolitik. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Dann hat für eine Zwischenbemerkung der Kollege Dr. Juhnke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! – Liebe Kollegin Spranger! Ich unterstelle Ihnen Folgendes: Dass Sie noch nicht einmal vor Ort waren, ist eine Sache. Dass Sie mir aber noch nicht einmal zugehört haben und meiner Rede nicht gefolgt sind, ist noch eine ganz andere Sache. Aber dann

hätten Sie es besser wissen können: Ich habe niemals gegen den Neubau oder für eine Verhinderung gesprochen. Im Gegenteil: Ich habe dargelegt, dass ich von vorneherein die Initiativen, die sich damals um die komplette Verhinderung des Baus gekümmert haben, nicht unterstützt habe, sondern allen gesagt habe: Der Flächennutzungsplan sieht etwas anderes vor; Bauen ja, aber mit Augenmaß.

Es ist ein Unterschied, ob 480 Wohneinheiten oder fast 1 000 errichtet werden – in einer Fläche, die das nicht zulässt, bei einer verkehrlichen Situation, die damit überfordert sein wird. – Das sind doch Dinge, die objektiv berücksichtigt werden müssen! Ihnen geht es nur darum, dass Sie Ihre Bilanz aufhübschen wollen, dass Sie an irgendeiner Stelle zeigen wollen, dass Sie Wohnungen gebaut haben. Sie denken aber nicht darüber nach, was das für Konsequenzen in der Zukunft hat. Unterhalten Sie sich doch einmal mit denjenigen, die diese Wohnungen bauen sollen! Auch die haben Bauchschmerzen bei diesen Fragen. Das ist keine Sache, die Sie leicht vom Tisch wischen können. Sie gucken sich nur die Zahlen an, und alles ist schön. Wenn die Probleme auftauchen, sind Sie nicht mehr da. Das ist das, womit Sie vielleicht rechnen. Ihnen ist doch vollkommen wurscht, was an diesen Standorten am Stadtrand irgendwo passiert.

Aber die Menschen, die dort wohnen und dort Verantwortung tragen, haben ein ganz anderes Bild davon. Was Sie unterstrichen haben, zeigt wiederum auch, was Sie für ein Bild haben, und ich danke Ihnen für die Zitate, die Sie gebracht haben: antiquiertes Gesellschafts- und Bauverständnis und andere Dinge. Das wird, glaube ich, mit großer Begeisterung von allen zitiert werden, die davon erfahren, was Sie hier für einen Unsinn erzählen. – Vielen Dank!

Vielen Dank! – Dann hat die Kollegin Spranger die Möglichkeit zur Erwiderung.

[Oliver Friederici (CDU): Vielleicht ein Wort zur Elisabeth-Aue?]

Herr Juhnke! Ich bin fast jeden Abend auf Veranstaltungen, wo ich selbstverständlich auch erkläre, warum wir wie bauen und dass wir hier bezahlbaren Wohnraum brauchen. Wo bitte will denn die CDU das bei Ihnen auf dem Landesparteitag beschlossene Papier mit den 250 000 neuen Wohnungen eigentlich umsetzen? – Das würde mich einmal interessieren!

[Zurufe von der CDU]

Ja, ganz ehrlich: Wo wollen Sie es denn? Dann sagen Sie mir mal die Stadtquartiere! Sie stellen sich hier hin und tun so: Wir wollen 250 000 neugebaute Wohnungen

aber bitte in anderen Wahlkreisen, nicht bei mir im Wahlkreis! – Ich sage Ihnen eins: Ich war mehrmals dort vor Ort. Lassen Sie solche Unterstellungen, dass wir als Baupolitiker nicht an jeden Standort kommen! Auch da bin ich bereits gewesen und habe mich mit den Leuten unterhalten. Unterstellen Sie das nicht! Aber Sie haben das typische Bild gegeben: Einerseits fordert die CDU, Wohnungen zu bauen, medienwirksam auf dem Landesparteitag, und wie ernst Sie das meinen, haben Sie gerade heute bewiesen. Nicht ich muss Ihnen nachweisen, ob ich da war.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Dr. Robbin Juhnke (CDU): Beweisen Sie erst mal, dass es Ihnen ernst ist!]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat der Abgeordnete Laatsch das Wort.

Ja, ja, Schmelztiegel Buckower Felder! Das ist ja eine sehr interessante Veranstaltung hier heute, meine Damen und Herren!

[Zuruf von der FDP]