Protokoll der Sitzung vom 29.11.2018

Selbst im wirtschaftlichen Worst-Case-Szenario – das heißt, alle fallen in Sozialhilfe, was natürlich nicht eintreffen wird – bedeutet das nichts anderes, als dass maximal das, was heute an Fördermitteln ausgegeben wird, dann weiter ausgegeben werden muss. Es entstehen keine Mehrausgaben. Die Mittel aber, die durch das Herauswachsen derjenigen, die eigentlich gar nicht mehr in der Wohnung wohnen dürften, weil diese fehlbelegt ist, frei werden, kann man wieder in neu zu fördernde Wohnungen stecken. Das heißt, da entstehen neue Wohnungen für Menschen, die förderwürdig sind. Diejenigen, die nicht mehr förderwürdig sind, fallen heraus. Das heißt, die 50 Prozent, die heute fehlinvestiert, fehllokalisiert werden, die werden da lokalisiert, wo sie hingehören, nämlich bei den Menschen, die förderwürdig sind.

Wir machen Ihnen hier ein Angebot, wie es besser gehen könnte. Ich hoffe, Sie denken darüber nach und lehnen es nicht einfach pauschal ab, sondern machen sich zwei, drei Minuten Gedanken darüber. Wir schlagen Ihnen einen Weg vor und danken für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Spranger das Wort. – Bitte schön!

Verehrter Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich habe Ihnen aufmerksam zugehört, Herr Laatsch, und ich frage mich trotzdem, aus welcher Mottenkiste die AfD diesen Antrag geholt hat. Der Vorschlag der AfD ist nicht nur überholt, es ist vor allem auch falsch,

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

denn die Förderung von bezahlbarem Wohnraum, also die Objektförderung, die Sie abschaffen wollen, ist der zentrale Baustein, natürlich, damit Berlin eine bezahlbare Stadt für alle ist und auch in Zukunft bleiben wird. Da sind sich die Expertengremien einig, denn bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist die zentrale Aufgabe – das ist wohl wahr, Herr Laatsch – für eine sozial verantwortliche Stadtpolitik und nicht so, wie Sie es sagen: Gettopolitik.

Ich will Ihnen auch sagen, warum. Mit der 2014 von uns wieder eingeführten Wohnungsneubauförderung haben wir ein wirksames Instrument, um sicherzustellen, dass auch Wohnungen für die von Ihnen benannten Normal- und Geringverdiener entstehen. Die haben Sie benannt. Der Markt allein versagt, wenn es darum geht, günstigen Wohnraum zu schaffen. Aber das hat sich wohl bei Ihnen als AfD noch nicht wirklich herumgesprochen. Natürlich ist die Subjektförderung, beispielsweise das Wohngeld, ein wichtiges Instrument – da gebe ich Ihnen recht –, damit gerade Menschen mit einem geringen Einkommen ein sicheres Zuhause haben.

Aber das Wohngeld einerseits gegen mietpreisgebundene Wohnungen andererseits auszuspielen, wie Sie es tun – so habe ich es verstanden –, ist nicht mehr als ein Taschenspielertrick. Diese Forderung geht genau an den Bedürfnissen der Stadt vorbei und ist nichts weiter als Vermieterpolitik. In einer Mieterstadt wie Berlin ist das ein politischer Offenbarungseid, denn die Berlinerinnen und Berliner Mieter sind eigentlich der AfD vollkommen egal.

Aber ich erkläre Ihnen gern noch einmal im Detail, was in Ihrem Antrag auch falsch ist. Erstens haben wir entgegen Ihrer Annahme bei der Wohnungsneubauförderung durchaus eine hohe Treffgenauigkeit in Berlin im Hinblick auf berechtigte Haushalte. Hierfür sorgt nicht zuletzt der Wohnberechtigungsschein, wie ich schon gesagt habe. Dieser muss bei Inanspruchnahme der Förderalternative 1, die Sie abschaffen wollen, vorgelegt werden.

Zweitens hätte eine reine Subjektförderung, wie die AfD sie fordert, allgemein mietpreiserhöhende Effekte und würde zu Mehreinnahmen bei den Vermietern führen. Ein

alleiniges Wohngeld ohne das zweite Standbein der mietpreisgebundenen Wohnungen ist nichts weiter als eine Quersubventionierung von Vermietern. Im Resultat ist sogar davon auszugehen, dass bei einer ausschließlichen Subjektförderung das so dringend benötigte Angebot an bezahlbaren Wohnungen zurückgehen würde. – Wenn Sie etwas entgegnen wollen, Herr Laatsch, können Sie auch Zwischenfragen stellen. Ich sage das nur, weil ich es gemerkt habe, dass Sie etwas entgegnen wollen. Das können Sie auch mit Zwischenfragen tun. Ich habe nichts dagegen.

Drittens sorgen wir mit dem Berliner Modell dafür, dass mietpreisgebundene Wohnungen nicht nur in bestimmten Quartieren gebaut werden. Wir wollen, dass Berlin eine Stadt für alle ist und die Quartiere und Kieze von Berlin sozial gemischt bleiben.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Mit dem Berliner Modell stellen wir sicher, dass auch in zentralen Lagen stets bezahlbarer Wohnraum entsteht. Über eine reine Subjektförderung würde man diese Steuerungsmöglichkeit der räumlichen Verteilung leichtfertig aus der Hand geben. Wenn es also um eine sozialgerechte Stadtpolitik geht, zeigt die AfD hier und heute mit ihrer selbst gewählten Priorität, an wessen Seite sie steht. Und das ist nicht die Seite der Mieterinnen und Mieter in dieser Stadt.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für eine Zwischenbemerkung hat jetzt der Kollege Laatsch das Wort.

[Danny Freymark (CDU): Ah, jetzt hat er reagiert!]

Liebe Frau Spranger! Es ist nachvollziehbar, dass Sie innerhalb meiner Fünf-Minuten-Rede den Sachverhalt nicht so schnell nachvollziehen können. Das kann ich mir gut vorstellen. Es ist auch ein komplexer Vorgang.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Etwas mehr Respekt!]

Wir ändern hier gar nichts, was sozial geförderten Wohnraum betrifft. Wir ändern nur den Förderempfänger. Da überprüfen wir dann regelmäßig, ob er noch Förderempfänger ist, indem er seinen Lohn nachweist.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Wer soll den Verwaltungsaufwand hinkriegen!]

Das ist alles, was sich ändert. Das erkläre ich Ihnen natürlich gern einmal im Ausschuss. Nur aufgrund der Tatsache, dass Sie uns wieder zu den bösen Miethaien hinzurechnen und mir unterstellen, ich hätte etwas Falsches

gesagt, muss ich mich jetzt leider noch einmal dagegen wenden. Ich hätte es Ihnen gern in Ruhe erläutert. Es ist jetzt aber leider nötig.

Die 30 Prozent, die Sie in Ihrer kooperativen Baulandentwicklung vorsehen, Frau Spranger, bleiben erhalten. Daran haben wir nichts geändert. Die Mietpreisfestschreibung bleibt erhalten. Sie ist nur nicht mehr an das Objekt gebunden, sondern dann an den Empfänger. Es ist hier überhaupt nichts in irgendeiner Weise gegen den Mieter gerichtet. Es ist ausschließlich darauf gerichtet, dass Menschen, die nicht mehr förderwürdig sind, weil sie einfach zu viel für eine geförderte Wohnung verdienen, bei Ihnen in den 6,50-Euro-Wohnungen wohnen bleiben können.

[Beifall bei der AfD]

Die können, ganz gleich, was Sie verdienen – sie können eine gigantische Erbschaft machen, sie können weit herauswachsen aus ihrer ehemaligen Förderwürdigkeit –, in ihrer Wohnung für 6,50 Euro sitzen bleiben, Frau Spranger. Das ist Ihr Modell. Das ist völlig ungerecht gegenüber denjenigen, die unbedingt Förderung brauchen.

[Beifall bei der AfD]

Das ist völlig ungerecht. Die bleiben draußen vor, müssen dann schauen, wo sie im Markt bei 100 000 sozial geförderten Wohnungen und ungefähr 1 Million Wohnberechtigungsscheinen – Sie decken das nicht ansatzweise – sehen, wie sie sich da draußen für 12 Euro oder 13 Euro versorgen, während Sie Hochverdiener weiterhin in 6,50 Euro belassen. Das ändern wir mit unserem Modell, Frau Spranger. Wenn Sie da nicht mitmachen, dann zeigen Sie, dass Sie keine sozialen Vorstellungen für diese Stadt haben und rein aus ideologischen, parteipolitischen Gründen das ablehnen, Frau Spranger.

[Iris Spranger (SPD): Ich verstehe Sie sehr wohl, und ich habe es Ihnen erläutert! – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Das bringt nichts!]

Vielleicht haben Sie es noch nicht verstanden. Wie gesagt, ich erkläre es Ihnen gern noch einmal.

Wünschen Sie zu erwidern?

[Iris Spranger (SPD): Nein!]

Nein! – Dann kommt jetzt die CDU mit Herrn Evers an die Reihe. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Laatsch! Ich weiß nicht, wofür das A in Ihrem Parteinamen steht, aber Alternative kann es jedenfalls nicht sein, wenn ich mir Ihre Vorschläge hier im Haus anschaue.

[Beifall bei der CDU, der SPD und bei den GRÜNEN]

Das gilt auch für diesen Antrag.

Ich bin mir nicht ganz sicher, liebe Frau Spranger, ob Sie den Antrag richtig verstanden haben.

[Iris Spranger (SPD): Doch, habe ich!]

Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob Harald Laatsch das System von Wohnraumförderung richtig verstanden hat.

[Iris Spranger (SPD): Genau!]

Insofern sei es uns allen nachgesehen, wenn wir den Antrag vielleicht anders einordnen, als er womöglich gemeint sein mag. Aber so, wie er hier formuliert ist, geht er an sämtlichen Notwendigkeiten der sozialen Wohnraumförderung vorbei.

[Iris Spranger (SPD): Genau!]

Es ist in höchstem Maß unsozial. Das ist es, was mich am meisten daran stört.

Ich denke einmal an den Schluss des Antragstextes, in dem es heißt, dass Sie Jahr für Jahr den Mietzuschuss senken wollen. Und das ist es wohl, wenn Sie davon sprechen, dass Sie künftig auf eine faktisch ausschließliche Subjektförderung setzen wollen, die Ihr Modell, so wie Sie es beschreiben, übrigens nicht ist. Das ist keine reine Subjektförderung, sondern es ist weiterhin vor allem Objektförderung gekoppelt mit einem Mietzuschussmodell. Diesen Mietzuschuss wollen Sie vollkommen unabhängig von der Einkommensentwicklung des Mieters abschmelzen.

[Iris Spranger (SPD): Genau!]

Da frage ich mich doch, ob das zukünftig Ihr Modell auch für andere Sozialleistungen ist, ob bei Ihnen künftig auch die Grundsicherung mit einem Verfallsdatum versehen ist oder die Arbeitslosenversicherung. Da bin ich sehr gespannt. Dann lassen Sie uns darüber ganz offen reden. Ich halte das für ausgesprochen asozial. Vielleicht ist das der Weg, das A in Ihrem Namen zu erklären.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Kollege, des Kollegen Laatsch?

Aber selbstverständlich, Herr Laatsch.

Bitte, Herr Laatsch!