Protokoll der Sitzung vom 29.11.2018

nächsten Jahr erwarten. Es war nicht einfach, Firmen für diese komplexen Aufgaben zu finden, aber da haben wir uns schon längst auf den Weg gemacht.

Wir brauchen neue Konzepte für Mobilität, für den Wirtschaftsverkehr, wir brauchen auch Sensibilisierungskampagnen, Verkehrserziehung, alles richtig, aber eben auch technische Optimierungen. Natürlich wird uns Technik allein nicht retten, aber wir müssen ihre Potenziale erkennen, sie fördern im Interesse von uns allen. Dazu zählen Abbiegeassistenten und optimierte Fahrerhäuser, die zur Verpflichtung bei der Neuzulassung werden sollen. In unserem Bestand werden wir klären, welche Nachrüstungsmöglichkeiten konkret existieren.

Wir machen es auch zu einem europäischen Thema, denn mit der Bundesratsinitiative ist die Bundesregierung dazu aufgefordert worden, sich gegenüber der EU bei den Typengenehmigungsvorschriften für die verpflichtende Vorschreibung sicherheitswirksamer Systeme wie den Abbiegeassistenten bei Nutzfahrzeugen ab 7,5 Tonnen einzusetzen. Das Thema muss dort energisch angesprochen und verhandelt werden, denn wir haben nun mal den grenzüberschreitenden Verkehr in Europa, das heißt, das Wirken aller Mitgliedsstaaten ist essenziell. Wenn man so hört, dass auf europäischer Ebene von einer Pflicht für den Abbiegeassistenten ab 2022 gesprochen wird, dann ist das viel zu spät.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Wir brauchen da deutlich mehr Engagement. Da muss die Bundesregierung im Verbund mit den Mitgliedsstaaten eine Priorität setzen. Wir haben auch beschlossen, dass wir unabhängig vom Bund in unserem eigenen Landesfuhrpark bei Neuanschaffungen einen verpflichtenden Abbiegeassistenten vorschreiben, wenn dieser jeweils für die Fahrzeugtypen auch vorhanden ist. Außerdem werden die verpflichtende Nachrüstung, Fördermaßnahmen zur Marktdurchdringung der Systeme und Versicherungsrabatte eingefordert. Da wir uns unserer eigenen Verantwortung natürlich bewusst sind, legen wir mit diesem zweiten Antrag nach und fordern den Senat dazu auf, ein Maßnahmenpaket für mehr Verkehrssicherheit bei unseren Fahrzeugen vorzulegen, sowie einen konkreten Zeit- und Kostenplan für die Nachrüstung im Bestand.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Scholtysek?

Ja, bitte, Herr Scholtysek!

Bitte, Herr Scholtysek, Sie haben das Wort!

Danke schön! – Herr Ronneburg! Sie haben gerade gesagt, bei neu angeschafften Fahrzeugen. Also, Fahrzeuge im Bestand sollen gar nicht ausgerüstet werden, habe ich das richtig verstanden?

Doch, Fahrzeuge im Bestand sollen ausgerüstet werden.

Sie sagten gerade: bei Neuanschaffungen. Wie oft werden denn Fahrzeuge neu angeschafft?

Sie können gern eine Frage stellen, aber bitte keinen Dialog führen!

Ich denke, ich habe die Frage beantwortet. – Priorität haben die Abbiegeassistenten, aber wenn diese für die einzelnen Typen noch nicht verfügbar sein sollten, wollen wir auch Brückentechnologien, das heißt, auch den Einsatz anderer Fahrzeuge prüfen, beispielsweise Niederflurfahrzeuge. Wir legen also nicht die Hände in den Schoß, sondern tun alles dafür, die Durchdringung technischer Alternativen zu befördern, auch indem wir dem Senat aktiv aufgeben, mit den Herstellern und Zulieferern in einen Dialog zu treten, um das Thema und die Sensibilität dafür zu fördern.

Solange es weiter Schwierigkeiten und lange Umsetzungswege gibt, sollten wir weiterhin den Blick über den Tellerrand wagen und unsere Möglichkeiten ausschöpfen. Eine spannende technische, wie auch infrastrukturelle Pilotmaßnahme können wir gerade im niedersächsischen Garbsen beobachten. Dort wird ein technisches System mit dem Namen Bike-Flash getestet, das dort im Straßenraum mit Wärmesensoren den toten Winkel überwacht und durch Lichtsignale die Fahrzeuginsassen warnt, wenn man als Rechtsabbieger, also nicht nur Lkw, sondern auch Pkw, parallel fahrende Radler und Fußgänger übersehen sollte. Ich denke, auch in Berlin wäre es es wert, dieses System an unfallträchtigen Kreuzungen oder anderen geeigneten Stellen zu testen, denn: Jede Maßnahme sollte es uns wert sein, auf Tauglichkeit geprüft zu werden, ob Sie im Sinne der Verkehrssicherheit für die Allgemeinheit einen Nutzen bringt. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der FDP hat jetzt der Abgeordnete Schmidt das Wort. – Bitte schön!

(Kristian Ronneburg)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin jetzt der Sechste in der Reihe und werde Sie nicht überraschen: Auch die FDP-Fraktion wird diesem Antrag zustimmen.

[Beifall bei der FDP, der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Wir alle haben hier mehrmals in diesem Hause gesagt, wie sehr uns die Verkehrssicherheit am Herzen liegt. Wir alle wissen, dass wir uns nicht damit abfinden können, dass so viele Menschen immer noch im Verkehr in dieser Stadt ums Leben kommen. Insbesondere Radfahrer und Fußgänger sind da ganz besonders als Schwächste gefährdet. Das können und wollen wir alle hier nicht hinnehmen.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der CDU]

Abbiegeassistenten sind dazu eine sehr wichtige und funktionsfähige Lösung. Das Abgeordnetenhaus hat ja auch einstimmig – mit allen Fraktionen – dieser Forderung zugestimmt. Die technischen Lösungen sind vorhanden und können teilweise nachgerüstet werden, oder es gibt Zwischentechnologien, wie es Herr Ronneburg eben dargestellt hat. Deshalb ist es ja auch logisch und völlig überfällig, dass der Senat nun selber mit gutem Beispiel vorangeht und eben nicht darauf wartet, bis EU und Bund das endlich beschlossen haben.

Manche Private in Berlin sind da schon weiter. Beispielweise die Recyclingfirma Bartscherer hat schon angekündigt, ihre Fahrzeuge alle mit Abbiegeassistenten auszurüsten. Insofern ist der Antrag aus meiner Sicht eher noch ein bisschen zu unambitioniert. Sie nennen auch keinen konkreten Zeitpunkt für die Umsetzung, Sie fordern erst einmal den Senat auf, ein Konzept zu erstellen, geben ihm dafür sieben Monate Zeit. Bei einer Sache, die eigentlich schon vorhanden ist, finde ich die sieben Monate ein bisschen lang.

[Beifall bei der FDP]

Aber die Koalition muss da offensichtlich dem Senat noch ordentlich Druck machen, damit der jetzt auch in die Puschen kommt.

Darüber hinaus bleiben weitere Dinge zu tun. Ich bin gespannt auf den zweiten Teil des Mobilitätsgesetzes, weil es darin um die Fußgänger und deren Sicherheit sowie darum geht, dass diese wirklich im Mobilitätsgesetz berücksichtigt werden. Wir als FDP-Fraktion wollen z. B. auch barrierefreie Fußgängerwege an allen Kreuzungen, um die Sicherheit zu erhöhen. Der Antrag ist auf jeden Fall ein weiterer Schritt zu etwas mehr Verkehrssicherheit. Wir wären gerne, wie gesagt, etwas ambitionierter bei der Selbstverpflichtung des Senats.

Aber natürlich ist der Antrag vollkommen zustimmungsfähig, und wie ich gehört habe, werden das auch alle Fraktionen so mittragen. Vielleicht bekommen wir noch ein bisschen mehr Druck dahinter, dass der Senat schneller reagiert, als die Koalition sich das wünscht. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Zu dem Antrag wird die Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr, Klimaschutz sowie an den Hauptausschuss empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht – dann verfahren wir so.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, bitte ich um Aufmerksamkeit für folgende Mitteilung: Herr Abgeordneter Wild möchte eine Erklärung gemäß § 66 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses abgeben. Der Text der Erklärung ist entsprechend der Vorgabe des § 66 Satz 2 der Geschäftsordnung schriftlich eingereicht worden. Die Abgabe dieser Erklärung wird nicht zugelassen, –

[Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

da aus dem eingereichten Text zu ersehen ist, dass der Inhalt der Erklärung, die heute Vormittag erteilten zwei Ordnungsrufe gegenüber dem Abgeordneten Wild betrifft.

Aus den §§ 76 bis 80 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses, die die Voraussetzungen und Folgen von Ordnungsrufen regeln, folgt, dass der Ordnungsruf und der Anlass hierzu nicht in einer Rede behandelt werden dürfen. Aus § 58 Abs. 1 in Verbindung mit § 76 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses folgt, dass eine Erörterung der Entscheidungen des Präsidenten nicht zulässig ist. Der betroffene Abgeordnete kann gemäß § 80 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses innerhalb von zwei Tagen schriftlich Einspruch erheben. Sofern der Präsident dem Einspruch nicht stattgibt, wird der Einspruch auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung gesetzt. Das Abgeordnetenhaus entscheidet dann ohne Beratung. Darüber hinaus steht dem Abgeordneten der Weg zum Verfassungsgerichtshof offen.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 4.5:

Priorität der AfD-Fraktion

Tagesordnungspunkt 24

Komplette Umstellung der Wohnungsneubauförderung Berlin von Objekt- auf Subjektförderung

Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1425

In der Beratung beginnt die AfD-Fraktion. Herr Abgeordneter Laatsch hat das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Ziel unseres Antrages ist es, Fehlbelegungen zu vermindern, sozialen Wohnungsbau zu steigern, mehr Verteilungsgerechtigkeit zu schaffen und Fördermittel für mehr sozialen Wohnungsbau freizustellen.

Derzeit hat Berlin rund 100 000 sozialgebundene Wohnungen – mit fallender Tendenz. Schätzungen zufolge sind davon 50 Prozent fehlbelegt. Das heißt, 50 Prozent werden auch fehlgefördert und fehlen entsprechend am Markt. Es ist dem förderwürdigen Bürger nicht verständlich zu machen, warum er in einer Wohnung wohnt, die er zum Marktpreis bezahlt, während einer, der längst aus der Förderung herausgefallen ist, eine Förderwohnung bewohnt.

Wir müssen hier auch das Bewusstsein des geförderten Bürgers schaffen, was der Wohnraum, den er bewohnt – auch wenn er gefördert wird –, in Wirklichkeit wert ist. Es macht keinen Sinn, dem Bürger vorzumachen, Wohnraum könne man wirklich für 6,50 Euro erstellen.

Wir wollen hier auch mehr soziale Gerechtigkeit schaffen, weil nur gefördert wird, wer förderwürdig ist. Nur Haushalte, die sich innerhalb von § 9 Abs. 2 Wohnraumförderungsgesetz bewegen, bleiben nach unserem Modell förderfähig. Die Anpassung der Förderwürdigkeit geschieht variabel und zeitnah. Wer mit seinem Einkommen aus der Förderwürdigkeit herauswächst, wirkt sofort haushaltsentlastend. Fehlbelegung wird verhindert. Gefördert wird nur, wer förderwürdig ist. Dadurch entspannt sich die Kompliziertheit des Verfahrens für den Wohnraumanbieter, und die Bauwilligkeit nimmt zu. Genossenschaften umgehen das Problem, dass sie gleichgestellten Genossen unterschiedliche Mieten anlasten müssen. Das ist bei Genossenschaften aus unserer Sicht nicht denkbar.

Wie wird das technisch funktionieren? – Derzeit erhält ein Bauherr, ein Vermieter 750 Euro an Fördermitteln pro Quadratmeter im Laufe der Förderzeit. Das entspricht ungefähr einer Fördersumme von 3,30 Euro bis 3,50 Euro pro Quadratmeter und Monat. Der Mietpreis für die be

reits heute 30 Prozent sozialgebundenen Wohnraumes wird dementsprechend auf 9,80 Euro bis 10,50 Euro festgeschrieben. Der Mieter erhält einen Zuschuss nach § 9 Abs. 2 von maximal 4,00 Euro, je nach Einkommen. Die Spreizung der Mieten wird gesenkt.

Wir haben ja im Moment die Situation, dass wir dem einen die Wohnung für 6,50 Euro vermieten, und dem anderen für 14,00 Euro vermieten müssen – oder der Vermieter muss das tun –, weil er irgendwo diese 6,50 Euro aufholen muss. Wir wollen diese Spreizung verkleinern. Das heißt, der eine bekommt die Wohnung für 9,80 Euro bis 10,50 Euro, und der andere wird dann irgendwo um 12,00 Euro liegen. Insgesamt wird wesentlich mehr Gerechtigkeit im Markt hergestellt.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Das betrifft insbesondere auch die vielzitierten mittelständischen Berufsgruppen wie Polizisten, Krankenschwestern etc. Das Risiko von Gettobildung geht ebenfalls zurück, weil die verschiedenen Mietzahlungen ziemlich dicht beieinanderliegen. Es wird also keine Konzentration von Sozialpalästen mehr entstehen, wo nur noch Sozialhilfeempfänger wohnen, während die anderen am Markt sich woanders orientieren. Das heißt, wir haben eine wesentlich bessere Durchmischung im Mietmarkt – Sie wollen ja die Berliner Mischung aufrechterhalten –; das ist ein idealer Weg, wie man das machen kann.

[Beifall bei der AfD]

Selbst im wirtschaftlichen Worst-Case-Szenario – das heißt, alle fallen in Sozialhilfe, was natürlich nicht eintreffen wird – bedeutet das nichts anderes, als dass maximal das, was heute an Fördermitteln ausgegeben wird, dann weiter ausgegeben werden muss. Es entstehen keine Mehrausgaben. Die Mittel aber, die durch das Herauswachsen derjenigen, die eigentlich gar nicht mehr in der Wohnung wohnen dürften, weil diese fehlbelegt ist, frei werden, kann man wieder in neu zu fördernde Wohnungen stecken. Das heißt, da entstehen neue Wohnungen für Menschen, die förderwürdig sind. Diejenigen, die nicht mehr förderwürdig sind, fallen heraus. Das heißt, die 50 Prozent, die heute fehlinvestiert, fehllokalisiert werden, die werden da lokalisiert, wo sie hingehören, nämlich bei den Menschen, die förderwürdig sind.