Protokoll der Sitzung vom 24.01.2019

Enteignung meint also eine Überführung in Gemeineigentum gegen Geld, nicht mehr und nicht weniger. Und jeder, der etwas anderes behauptet, spielt den Menschen etwas vor, nur um auf Wählerfang zu gehen. Aber glauben Sie mir, verehrte CDU: Das durchschauen die Berlinerinnen und Berliner sofort.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Damit wir Wohnungen in Gemeineigentum holen können, brauchen wir als rot-rot-grüne Koalition aber das notwendige Gesetz. Das Grundgesetz verpflichtet uns, dass es für Entschädigungen eine gesetzliche Grundlage geben muss, die wir noch nicht haben. Damit – und ich möchte jetzt einfach mal das Beispiel nennen, weil das ja auch der Regierende Bürgermeister gesagt hat – der Rückkauf der GSW-Bestände der Deutschen Wohnen – –

[Sibylle Meister (FDP): Einen an der Waffel!]

Wie bitte? Hat sie gesagt, er hat einen an der Waffel?

[Paul Fresdorf (FDP): Das nicht!]

Na, das hoffe ich!

(Christian Gräff)

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Evers?

Nein. Das hat mir jetzt schon als Zwischenruf gereicht, ehrlich gesagt. – Damit die Deutsche Wohnen uns nicht jahrzehntelang verklagt, muss das juristisch hieb- und stichfest sein, und das geht nicht von heute auf morgen.

[Stefan Evers (CDU): Fünf Minuten und immer noch keine Antwort!]

Das Unternehmen Deutsche Wohnen erwirtschaftet Rendite auf Kosten der Mieterinnen und Mieter.

[Zurufe von Burkard Dregger (CDU) und Stefan Evers (CDU)]

Das kann jeder hier aus seinen eigenen Erfahrungen in den Wahlkreisen mitbekommen.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Und es beschädigt zudem den Ruf derjenigen Investoren, die in Berlin einen wichtigen Beitrag im Wohnungsneubau leisten. Daher ist es eben genau richtig, dass der Regierende Bürgermeister auf die Deutsche Wohnen zugehen wird und eine schnelle Lösung zugunsten der Mieterinnen und Mieter findet. Was nützen uns rechtssichere Entschädigungen in zehn Jahren, wenn die Mieten bis dahin noch weiter durch die Decke gehen? Aus diesem Grund bringen wir als SPD-Fraktion, als Koalition nun auch gerade gemeinsam einen Antrag ein, um zu zeigen, dass ein mieterfreundlicher Mietspiegel, wie wir ihn in der Bundesratsinitiative gefordert haben und der im Bund von der Union blockiert wird, sofort spürbare Entlastungen bringen würde.

Auch unsere Idee eines Mietendeckels wollen wir gemeinsam als Koalition umsetzen und gute Gesetze für die Berliner Mieterinnen und Mieter machen.

[Stefan Evers (CDU): Was sagt die SPD zu den Enteignungen?]

Aber kommen wir mal zurück. – Werte Kollegen von der CDU, die Sie ja nun schon ganz aufgeregt sind: Wenn jemand rhetorisch so aufrüstet wie Sie in Ihrem Antrag, dann scheint derjenige von irgendetwas ablenken zu wollen.

[Heiko Melzer (CDU): Wenn jemand so viel sagt, ohne etwas zu sagen, auch! – Stefan Evers (CDU): Ich habe nur eine Frage!]

Und da gibt es vieles, wofür Sie sich schämen sollten, nämlich auf Bundesebene. Die Mietenkrise wird allein von einer Partei seit Jahren verschleppt – und das ist die CDU.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Holger Krestel (FDP): Wer koaliert denn mit der CDU? Das waren Sie doch!]

Wir bräuchten keine Debatten über Enteignungen, wenn Sie endlich die Debatte über § 558 und § 559 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulassen würden auf Bundesebene.

[Stefan Evers (CDU): Paragrafen!]

Frau Kollegin! Lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Krestel zu?

Nein, danke! – Ja, Paragrafen mögen Ihnen lästig sein, solange Sie Ihrem Populismus frönen. Wenn es endlich eine mieterfreundliche Reform dieser von mir genannten Paragrafen geben würde, wie wir es als SPD und als rotrot-grüne Koalition fordern, würde sich das Problem zum Beispiel der Deutsche Wohnen sofort in Luft auslösen.

[Holger Krestel (FDP): Na klar, es löst sich alles in Luft auf!]

Aber Sie polemisieren hier lieber herum, als eine gute Politik für die Mieterinnen und Mieter zu machen. Und das, verehrte CDU, ist beschämend. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Stefan Evers (CDU): Unterirdisch!]

Dann hat für eine Zwischenbemerkung der Kollege Gräff das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Wolf! Sie haben ja völlig recht, und die SPD musste ja vorhin selber lachen. Deswegen müssen Sie wahrscheinlich auch über den Beitrag Ihrer Kollegin lachen. Die regen sich halt einmal im Jahr auf, und das kennen wir eigentlich auch schon. Das ist das, was Sie von ihrer Klausur mitgenommen haben, und dann ist es auch gut so. So ordne ich mal Ihren Beitrag ein – erstens.

Zweitens: Frau Spranger! Wir werden Ihnen das nicht durchgehen lassen. Wir werden Ihnen Schweigen auf die Frage, ob Sie zum Grundgesetz und zur Verfassung von Berlin stehen oder nicht, nicht durchgehen lassen. Sie haben hier dazu kein Wort gesagt.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich erwarte von Ihnen und dem Ministerpräsidenten dieses Landes, dass Sie sich zur Verfassung und zum Grundgesetz bekennen.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Hat sie doch! – Weitere Zurufe von der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Drittens: Dass Sie enteignen wollen und dass Sie nicht über dem Grundgesetz stehen, ist mir klar, das glaube ich Ihnen sogar. Ich weiß nur noch nicht, wo die SPD in Berlin steht.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich zitiere mal in diesem Zusammenhang den „Tagesspiegel“ mit einem schönen Zitat:

Das moralische Drama unserer Zeit ist die Blindheit der Linken, die von einer Kombination aus politischer Demokratie und ökonomischer Planwirtschaft träumen, ohne zu verstehen, dass Planwirtschaft einen totalitären Staat bedingt.

Stehen Sie dazu, oder stehen Sie nicht dazu, Frau Spranger?

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Zur Erwiderung hat Frau Spranger das Wort. – Bitte schön!

Herr Gräff! Ich habe gedacht, dass ich Sie hier wieder beruhigen muss. Also, nur weil Sie schreien, bringt uns das auch nicht weiter. Aber: Sie haben überhaupt noch nicht begriffen, was ich Ihnen eigentlich gesagt habe.

[Holger Krestel (FDP): Ja, nichts!]

Was heißt denn Enteignung, Herr Gräff? Wir brauchen ein Gesetz, es steht im Grundgesetz drin, es ist möglich. Man braucht ein Gesetz. Und Enteignung heißt Entschädigung. Dazu haben Sie keinen Ton gesagt, weil Sie es wahrscheinlich gar nicht begriffen haben. Von daher – selbstverständlich: Wir stehen zum Grundgesetz. Und es wäre gut, wenn Sie auch dazu stehen würden. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Laatsch das Wort.

Frau Spranger! Erst mal muss man Ihnen Respekt zollen, denn Sie sind die Erste, die in dieser Debatte ganz klar darauf hinweist, dass Enteignung Entschädigung bedeutet.

[Zuruf von Torsten Schneider (SPD)]

Denn bisher haben unsere Freunde von links außen den Eindruck vermittelt, als könnte man Menschen einfach etwas wegnehmen.

[Zuruf von Katrin Schmidberger (GRÜNE)]