Was steckt denn hinter diesem Volksbegehren? – Seit 2008 haben sich die Mieten mit 104 Prozent in Berlin mehr als verdoppelt.
[Holger Krestel (FDP): Weil Sie keine Wohnungen bauen! – Zurufe von Sebastian Czaja (FDP) und – Sibylle Meister (FDP)]
Wir regieren seit zwei Jahren. Kommen Sie mal runter! – Die Bodenpreise sind um 870 Prozent gestiegen. Die 84 Prozent Berlinerinnen und Berliner, die zur Miete wohnen, mussten den stärksten Anstieg aller Städter in Deutschland verkraften. Immer mehr große Wohnungsunternehmen, Fonds und Briefkastenfirmen setzen mit teils windigen Methoden die Menschen heftig unter Druck und werden immer mehr auf dem Wohnungsmarkt. Unser Wohnungsmarkt droht, ein Finanzmarkt zu werden. Das ist genau der Punkt, über den wir uns mehr unterhalten sollten.
Die Menschen sind so verzweifelt, dass sie sich jetzt wehren und sagen: Uns reicht es! – Das finde ich auch total verständlich und nachvollziehbar.
Was sagen Sie den Leuten, deren Wohnungen an einen dänischen Fonds verkauft und in Einzeleigentum umgewandelt werden, und dann kommt ein paar Monate danach eine Modernisierungsankündigung mit einer Verdoppelung der Miete?
Was sagen Sie der 78-jährigen Rentnerin mit 700 Euro Rente, die nach 30 Jahren wegen Eigenbedarf aus ihrer Wohnung ausziehen muss und morgen auf der Straße landet?
Was sagen Sie der Hausgemeinschaft, in deren Haus Wohnung für Wohnung leergezogen wird, um danach Luxuswohnungen daraus zu machen, und die dann 35 Euro pro Quadratmeter zahlen soll? Was sagen Sie diesen Leuten, Herr Gräff? Sagen Sie denen: So ist nun einmal der Markt, und nicht jeder kann da wohnen, wo er will? Sagen Sie denen: Pech! Suchen Sie sich doch einen Drittjob? Oder sagen Sie denen: Die Immobilienwirtschaft wird es richten und baut Ihnen morgen eine Wohnung für 12 Euro pro Quadratmeter? Was sind Ihre Lösungen, lieber Herr Gräff?
[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Stefan Franz Kerker (AfD): Rot-Rot-Grün abwählen!]
Hätten wir kein so unfaires Miet-, Bau- und Steuerrecht, das zulässt, dass die Leute ausgepresst werden bis zum Letzten, das ein massives Ungleichgewicht zwischen Mietern und Vermietern zulässt, müssten wir über das Thema Enteignung oder Vergesellschaftung überhaupt nicht diskutieren, lieber Herr Gräff.
Wir Grüne begrüßen den Vorschlag der Initiative, denn eine längst überfällige Debatte ist entfacht, und zwar: Inwiefern gilt heute noch der Grundsatz aus dem Grundgesetz: Eigentum verpflichtet? Und vor allem: Wie setzen wir den um? Wir Grünen diskutieren gerade intensiv die rechtlichen und finanziellen Fallstricke. Keiner kann garantieren, dass der vorgeschlagene Weg wirklich umsetzbar ist, aber wir wollen, dass jedes uns zur Verfügung stehende Instrument, das den Mieterinnen und Mietern in unserer Stadt hilft, auch genutzt wird. Das gilt übrigens für die gesamte Koalition.
Der Wohnungsmarkt ist, wie gesagt, immer mehr zum Finanzmarkt geworden. 70 Prozent sind privat ausgerichtet. Gerade mal 30 Prozent sind gemeinwohlorientiert ausgerichtet. Die Wiener z. B. haben über 60 Prozent. Genau da müssen wir hin, und da wollen wir hin, und es gibt sehr viele Wege dorthin.
dann würde es mich doch mal interessieren: Wo bleibt denn Ihr Aufschrei, wenn Leute wegen einer Autobahn enteignet werden und ihren Wohnraum verlassen müssen? Wo bleibt da die Sozialismuskeule? Ich finde, da widersprechen Sie sich ganz schön.
Ihre Redebeiträge hier zeigen ganz klar: Sie haben immer noch nicht verstanden, dass es die Menschen mürbe macht, wenn sie ihre Mieten nicht mehr bezahlen können und nicht wissen, ob sie ihre Wohnung morgen noch ihr Zuhause nennen dürfen.
Diese Entwicklung begann bereits vor zehn Jahren. Das ist wissenschaftlich, statistisch einsehbar. Sie haben immer noch nicht verstanden, dass die Leute den Glauben an den Rechtsstaat und auch an uns Politikerinnen und Politiker verlieren, wenn sie ständig vor Gericht gezerrt werden, weil sie Mieten oberhalb des Mietspiegels zahlen sollen, oder wenn ein Vermieter gegen die Mietpreisbremse verstoßen darf, ohne irgendwelche Sanktionen befürchten zu müssen,
während ein Mieter, wenn er einen kleinen Fehler begeht, gleich Angst haben muss, seine Wohnung zu verlieren. Sie haben immer noch nicht verstanden, dass wir das Grundrecht auf Wohnen endlich wieder gewährleisten müssen, wenn wir die wachsende soziale Spaltung und Armutsquartiere verhindern wollen. Die Opposition hat das Volksbegehren nicht verstanden, weil sie gar keine Wohnungspolitik für das Volk macht, sondern lieber für die Immobilienwirtschaft.
Noch ein allerletzter Punkt zum Thema Neubau: Hören Sie endlich auf, den Neubau und die Bestandspolitik gegeneinander auszuspielen! Wir brauchen beides.
Das haben wir Ihnen schon tausendmal erklärt. Das erklären wir Ihnen immer wieder. Es macht aber keinen Sinn, nur auf ein Neubauprogramm zu setzen und nichts gegen
die Spekulation und die massive Verdrängung bei den bestehenden 1,7 Millionen Mietwohnungen zu machen.
Das ist doch logisch, Herr Gräff. Denken Sie darüber bitte mal nach! Ich würde Sie bitten, statt den Initiatoren immer vorzuwerfen, sie würden Ängsten der Menschen spielen – wie es übrigens auch der BBU macht –, mit der Initiative zu reden und sich mit den Zahlen auseinanderzusetzen, und zwar fachlich und nicht auf Biertischniveau über die Presse. – Vielen Dank!
Frau Schmidberger! Wissen Sie, das ist nämlich der Unterschied: In der Tat sagen wir, dass wir gegen dieses Volksbegehren sind, und wir werden es, wo wir nur können, angreifen. Aber ist Ihnen eigentlich klar – das haben auch mehrere Zeitungen in dieser Woche geschrieben –:
Dieses Volksbegehren setzt vor allem diesen Senat unter Druck, weil Sie dafür sorgen, dass die Mieten steigen, weil Sie zu wenig neu bauen? Es ist ein Misstrauensvotum gegen Ihre eigene Politik. Haben Sie das eigentlich gemerkt, Frau Schmidberger?
Alle Ihre Vorschläge zur Regulierung, wo wir klar gesagt haben: Ja, dort wo Marktwirtschaft nicht funktioniert, muss der Staat regeln – – Das haben wir in unserem Masterplan ganz klar gesagt.
Die Linken haben am Anfang der Legislaturperiode gesagt: Wir wollen keine Wahlen mehr verlieren. Deswegen nehmen wir in der Karl-Marx-Allee – ist ja auch ein schönes Beispiel – ein paar Hundert Mieter. – Und daneben liegt ein Grundstück, das seit anderthalb Jahren auf eine Baugenehmigung für die Wohnungsbaugesellschaft Mitte wartet. In dem Fall machen Linke und Grüne, wie bei so vielen Themen – da müssen Sie ein bisschen aufpassen, dass Sie sich in den nächsten Jahren nicht ins Gehege kommen –, gemeinsame Sache. Da wird eine Baugenehmigung nicht erteilt. Sie schützen ein paar Hundert Mieter und bauen keine neuen Wohnungen direkt an der Karl-Marx-Allee. Das ist ein schönes Symbol für Ihre Politik. Es geht Ihnen am Ende des Tages nicht um die Mieterinnen und Mieter. Das nehme ich Ihnen auch nicht mehr ab. Es geht Ihnen um puren Populismus.
Sie zünden Feuer an, befeuern damit Volksinitiativen, Bürgerentscheide oder wie auch immer und stellen sich hin und sagen, Sie seien Retter. Sie haben aber keine Antworten, und das werden wir den Menschen draußen auch sagen. Wir werden ihnen sagen, dass Sie auf diese Fragen keine Antworten haben. Ihre Nichtbausenatorin Lompscher ist dafür verantwortlich, dass die Mieten in Berlin steigen, sie und niemand anders.