Protokoll der Sitzung vom 24.01.2019

Letzte Bemerkung: Frau Schmidberger, ich schätze Sie sehr, das wissen Sie. Ich erwarte, dass Sie hier noch mal erklären, wo für Sie Verstaatlichung eigentlich aufhört. Wo fangen Sie jetzt an, und wo wollen Sie aufhören? Ich erwarte, dass Sie das hier erklären, denn ich glaube, gerade kleine Menschen, die kleines Eigentum haben, eine kleine Wohnung, ein Einfamilienhaus, ein kleines Unternehmen, wollen auf die Frage eine Antwort haben, ob Sie sich immer von solchen Populisten treiben lassen wollen oder ob Sie Haltung zum Grundgesetz haben.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Vielen Dank! – Zur Erwiderung hat die Kollegin Schmidberger das Wort.

[Jörg Stroedter (SPD): Jetzt gibt es Saures!]

Erstens, Herr Gräff: Volksbegehren sind dazu da, die Politik und die Regierung zu treiben, und das ist auch gut so.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Stefan Evers (CDU): Das wird bei Tegel auch so richtig ernst genommen! – Paul Fresdorf (FDP): Hört, hört!]

Deswegen sollten Sie auch einmal überlegen, wie Sie insgesamt zu Volksbegehren stehen.

Und Zweitens: Sie können relativ bald beweisen, dass Sie keine Vermieterpartei, sondern eine Mieterpartei sind, indem Sie einfach zur großen Mietendemo am 6. April mobilisieren. Ich freue mich schon, mit Ihnen gemeinsam auf die Straße zu gehen.

Und Drittens: Ja, Sie haben recht, ich wurde auch schon von einer Genossenschaft angesprochen, ob man mit diesem Volksbegehren auch gemeint sei. Ich gebe Ihnen recht, wir müssen mit den Genossenschaften, mit den vielen kleinen Eigentümern reden. Die kann ich auch alle beruhigen: Jeder Eigentümer, der sich hier an Recht und Gesetz hält

[Zuruf von Michael Dietmann (CDU)]

und der vor allem auch verantwortungsvoll mit seinen Mieterinnen und Mietern umgeht, den unterstützen wir gern.

Ich finde übrigens, das ist auch eine wichtige Debatte, noch einmal mehr zu unterscheiden und zu diskutieren, welche Eigentümer, welche Wohnungsunternehmen in der Stadt hier Mist bauen und Probleme verursachen, und was wir für die Eigentümer tun können, die hier Gutes tun. Ich merke zum Beispiel gerade in Neukölln und Kreuzberg besonders, wir haben sehr viele Einzeleigentümer, die jetzt langsam in die Jahre kommen, die es oft auch finanziell nicht mehr schaffen, die Häuser zu sanieren. Ich finde, da bedarf es der Hilfe.

[Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Da haben wir gerade ein Modernisierungsprogramm eingeführt. Ich finde es wichtig, mit diesen Eigentümern ins Gespräch zu kommen, weil ich auch schon festgestellt habe, die verkaufen dann eben oft an die Fonds und Briefkastenfirmen, obwohl sie eigentlich gern an andere, verantwortungsvolle Eigentümer verkaufen würden.

[Stefan Evers (CDU): Sie wissen einfach nicht, was gut für sie ist!]

Das ist eine wichtige Debatte, und ich freue mich schon, wenn wir beide gleich draußen weiterdiskutieren, Herr Gräff.

[Beifall bei den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. – Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen und mitberatend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung empfohlen. – Widerspruch hierzu höre ich nicht, dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 4 A wurde in Verbindung mit der Priorität der Fraktion Die Linke unter der lfd. Nr. 4.1 beraten.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 B:

Gesetz über die Befragung zur Einführung eines neuen gesetzlichen Feiertages in Berlin

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 21. Januar 2019 Drucksache 18/1621

zum Antrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1503

Zweite Lesung

(Christian Gräff)

Der Dringlichkeit hatten Sie eingangs bereits zugestimmt. – Ich eröffne die zweite Lesung zum Gesetzesantrag und rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die §§ 1 bis 9 des Gesetzentwurfs. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Fachausschuss empfiehlt mehrheitlich – gegen AfD, bei Enthaltung CDU und FDP – die Ablehnung. Wer dem Gesetzesantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind Teile der AfDFraktion. Ah, jetzt doch die ganze AfD-Fraktion und die fraktionslosen Abgeordneten. Gegenstimmen? – Bei Gegenstimmen der Koalitionsfraktionen – Enthaltungen? – und Enthaltungen der CDU-Fraktion sowie der FDPFraktion ist der Gesetzesantrag damit abgelehnt.

Ich komme zur

lfd. Nr. 5:

Gesetz zur Änderung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes (BerlAVG)

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/1495

Erste Lesung

hierzu:

Änderungsantrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/1495-1

Ich eröffne die erste Lesung. In der Beratung beginnt die CDU-Fraktion und hier der Kollege Gräff.

[Udo Wolf (LINKE): Und, wird schon wieder irgendwo der Kommunismus eingeführt?]

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir möchten Ihnen hier mit unserem Berliner Mittelstandsförderung- und Vergabegesetz erstmals ein Gesetz vorschlagen, dass nicht nur die Fragen der Vergaben an Unternehmen regelt, sondern auch eine explizite Mittelstandförderungsklausel aufnimmt.

Zweitens sind wir der tiefen Überzeugung, dass wir das, was einige Bundesländer machen – nicht alle – und der Bund, maximal ausnutzen sollten, nämlich die Vergabefreigrenzen so hoch wie möglich zu setzen. Ich glaube, wir leben im Moment in Zeiten, in denen es gerade die öffentliche Hand als Auftraggeber sehr schwer hat, bei all den Hürden, überhaupt noch Unternehmen zu gewinnen, für die öffentliche Hand zu arbeiten. Deswegen sind wir der festen Überzeugung, dass wir die Vergabefreigrenzen so weit wie nach bundesgesetzlichem Rahmen möglich hochsetzen sollten.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Und wir sind der Auffassung, dass gerade dieses Gesetz die bisherige Vergabeordnung des Landes Berlin, Auftragnehmerinnen und -nehmer, Handwerker und viele

andere kleine und mittlere Unternehmen davon abhält, überhaupt noch an Ausschreibungen des Landes Berlin teilzunehmen. Es ist ein aufgeblähtes und mit völlig vergabefremden Kriterien überlastetes Gesetz. Ich hoffe, dass Ihr Gesetzesvorschlag, den Sie nach uns eingebracht haben – Sie haben sehr, sehr lange Zeit dafür gebraucht, einen eigenen Gesetzesentwurf zu erarbeiten – – Ich bitte Sie, unseren Gesetzentwurf zu übernehmen und dieses Gesetz noch einmal zu entschlacken. Ich sage Ihnen, zumindest in den Bereichen, in denen Sie überhaupt noch bauen und Unternehmen für Aufträge gewinnen wollen, werden Sie kaum noch Unternehmen finden, die so einen Quatsch wie Ihr Vergabegesetz mitmachen und sich um Aufträge bewerben.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

In der Tat, wir haben uns auch zu den Themen Sanktionen und Kontrolle Gedanken gemacht. Ich bin aber der festen Überzeugung, übrigens nicht nur beim Thema öffentliche Vergabe, sondern auch bei vielen anderen Dingen, sollten wir nicht von vornherein davon ausgehen, dass die Menschen sich nicht daran halten, und wenn, dann müssen wir in der Tat auch die Kapazitäten haben, dieses zu kontrollieren. Wir gehen erst einmal davon aus, dass sich Menschen an Recht und Gesetz halten. Deswegen haben wir gerade diesen Bereich schlank gehalten.

Ich glaube, bei all dem, was wir auch heute diskutiert haben, beispielsweise heute Morgen, beim Thema öffentlicher Personennahverkehr, bei den Milliarden, mit denen Sie gerade um sich werfen, gerade da wäre es klug, darüber nachzudenken, ob Sie unserem Vergabegesetz nicht folgen wollen und das Vergaberecht in Berlin entschlacken. Es wäre wichtig für diese Stadt für Investitionen, unabhängig davon, ob im Tiefbau, im Straßenbau, beim ÖPNV, bei vielen anderen Aufträgen, mit Leistungen, vielleicht auch bei dem einen oder anderen Denkauftrag, das zu tun. Sie werden auf gar keinen Fall diese Investitionen umsetzen können, wenn Sie dafür nicht insbesondere die kleinen und mittelständischen Berliner Unternehmerinnen und Unternehmer an Ihrer Seite haben. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Jahnke das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat einen Entwurf für die Novellierung des Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetzes vorgelegt, der in dieser Form nicht unsere Zustimmung finden kann. Auffällig an dem Entwurf der CDU

(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)

Fraktion ist zunächst, dass der gesamte § 1 des geltenden Vergabegesetzes fast ersatzlos gestrichen werden soll. Dieser Paragraf umfasst genaue Regelungen zur Tariftreue und Mindestentlohnung. In Absatz 2 etwa wird die schriftliche Zusicherung, sich an die Tarifverträge zu halten zur Bedingung der Vergabe öffentlicher Aufträge erklärt. Absatz 4 legt fest, dass Unternehmen ein Mindeststundenentgelt zahlen müssen, das durch den Ermächtigungsparagrafen 2 per Rechtsverordnung erhöht werden kann. Absatz 6 regelt, dass sich auch Subunternehmer an die Bedingungen halten müssen, die das auftragnehmende Unternehmen eingegangen ist. Das alles sind grundlegende Normierungen, deren Sinn es ist, Ausbeutung und unfairen Wettbewerb durch Lohndumping oder das Outsourcing von Arbeit in Niedriglohnbereiche zu verhindern.

Der Gesetzgeber hatte seinerzeit – und zwar unter Beteiligung der CDU – sowohl die Sicherung guter Arbeit als auch die Förderung solcher Unternehmen im Sinn, die gute Arbeitsplätze bieten, da es gesamtgesellschaftlich und volkswirtschaftlich sinnvoll ist, Unternehmen und Arbeitsplätze zu fördern, die nachhaltig und sozialverträglich wirtschaften.

Die CDU möchte nun den bisherigen § 1 schleifen, das heißt, keinen Vergabemindestlohn mehr festlegen, sondern sie verweist in ihrem neuen § 4 auf die gesetzlichen Vorgaben des Bundes. Sinnloserweise enthält dieser Paragraf dann aber noch einen zweiten Absatz, der den Senat ermächtigt, durch Rechtsverordnungen Anpassungen der Höhe des zu zahlenden Mindestentgeltes vorzunehmen. Welches Mindestentgelt soll das denn sein? Etwa der im Bundesgesetz festgelegte Mindestlohn? Hierzu kann der Senat gar nicht ermächtigt werden. Aber ein anderes Mindestentgelt gibt es nach Streichung des bisherigen § 1 im Ausschreibungs- und Vergabegesetz der CDU gar nicht mehr. Was soll also dann die Grundlage dieser Ermächtigung sein?