Protocol of the Session on March 21, 2019

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Ich sage Ihnen aber, wir sind aktiv mit der Situation umgegangen. Wir sind auf die Betroffenen zugegangen, um ihre Situation zu verbessern. Wenn sich in den nächsten Jahren weitere Erkenntnisse herausbilden, die einen tatsächlichen kausalen Zusammenhang zwischen der Belastung der Schießstände und den Erkrankungen belegen, wird das Land Berlin selbstverständlich für seine Haftung aufkommen und als Dienstherr für die Kolleginnen und Kollegen einstehen. Ich glaube, wir haben auf der jetzt bestehenden Rechtslage das getan, was wir tun konnten.

Die zweite Nachfrage geht an den Abgeordneten Lux. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Innensenator! Zunächst muss man ja festhalten, dass das Land Berlin hier einzigartig gehandelt hat und dass mit dieser Entschädigung mehr gemacht worden ist, als es je in anderen Bundesländern gegeben hätte – Fakt eins. Fakt zwei ist aber auch, dass mit der Möglichkeit, dass alle Schießtrainer sich dort melden, wir gemeinsam an unserem eigenen Erfolg vielleicht ein bisschen gescheitert sind, weil sich ja dann doch viel mehr gemeldet haben, als wovon wir ausgegangen sind. Deswegen meine Frage an Sie: Wie bewerten Sie diesen Umstand, dass sich dann doch sehr viele Schießtrainer gemeldet haben und auch entschädigt worden sind? Würden Sie mir folgen, dass man vielleicht im Rahmen der kommenden Haushaltsberatungen auch hier darüber nachdenken muss, diesen Fonds noch einmal zu erhöhen?

[Karsten Woldeit (AfD): Ich denke, den brauchen wir nicht zu erhöhen!]

Herr Senator, bitte schön!

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Lux! Zunächst mal, wir haben knapp 1 600 Kolleginnen und Kollegen, die potenziell betroffen sein könnten, angeschrieben. Das ist der Kreis der Vielschießer, bei dem wir davon ausgehen,

(Senator Andreas Geisel)

dass sie potenziell betroffen sein könnten. Zurückgemeldet haben sich 700, und von diesen 700 haben etwa 400 eine Entschädigung erhalten. Dabei muss man sagen – ich habe die genauen Zahlen nicht parat –, dass es etwa um die 60 Fälle gibt, die tatsächlich schwere und sehr schwere Erkrankungen hatten. Die anderen Fälle haben auch entsprechende Symptome, sind aber nicht so schwer erkrankt wie die Fälle, die immer im Licht der Öffentlichkeit stehen. Das ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit.

Die Entschädigungen, die im Moment ausgezahlt worden sind, entsprechen in der Höhe den Entschädigungen, die auch bei entsprechenden Gerichtsurteilen üblicherweise in Deutschland zu zahlen gewesen wären. Deshalb sehe ich keine Erhöhung des Fonds als notwendig an. Wichtig ist das Signal, dass dieser Fonds auch in den folgenden Haushaltsjahren weiter offenbleibt, dass also die Menschen, die intensiv geschossen haben und jetzt zum Glück noch nicht erkrankt sind, aber in fünf Jahren erkranken würden, immer noch die Möglichkeit haben, auf diesen Fonds zuzugreifen; dass wir also unseren Verpflichtungen als Land Berlin auch in den Folgejahren nachkommen, das Ganze nicht eine einmalige Aktion bleibt. Ich glaube, das sind wir den Kolleginnen und Kollegen, die für das Land Berlin eingetreten sind, auch mit ihrer Gesundheit, schuldig.

Vielen Dank! – Die Runde nach der Stärke der Fraktionen ist damit beendet. Ich will an der Stelle noch mal darauf hinweisen, dass wir uns in der Fragestunde befinden. Nachfragen sind natürlich jederzeit möglich, diese beziehen sich auf die Antwort des Senats. Bevor der Senat angefangen hat zu antworten, ist eine Nachfrage schwerlich möglich. Das wollte ich nur noch mal gesagt haben.

Wir können jetzt in die weiteren Meldungen gehen und diese in freiem Zugriff berücksichtigen. Ich werde diese Runde mit einem Gongzeichen eröffnen. Mit dem Ertönen des Gongs haben Sie die Möglichkeit, sich durch Ihre Ruftaste anzumelden. Alle vorher eingegangenen Meldungen werden hier nicht erfasst und bleiben unberücksichtigt. Ich starte jetzt die Anmeldung, und Sie können sich registrieren.

[Gongzeichen]

Ich gehe jetzt davon aus, dass sich alle Interessentinnen und Interessenten eingetragen haben.

[Gongzeichen]

Ich werde die ersten Namen verlesen. In folgender Reihenfolge ist das hier eingegangen: Frau Becker, Herr Daniel Buchholz – bei Herrn Buchholz müssen wir noch mal gucken, das sage ich Ihnen gleich –, Herr Friederici, Herr Simon, Herr Ziller, Herr Kluckert, Herr Wansner, Frau Seibeld, Herr Gläser und Herr Dr. Efler. – Bei dem

Zweiten ist es Herr Christian Buchholz. – Wir beginnen mit Frau Becker. – Bitte, Sie haben das Wort!

Ich frage den Senat: Wann werden die neuen Ausführungsvorschriften für das Zweckentfremdungsverbotsgesetz veröffentlicht? Wie ist hier der aktuelle Stand?

Frau Senatorin Lompscher, Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Becker! Diese werden morgen im Amtsblatt veröffentlicht. Aber dazu muss man vielleicht noch ein bisschen mehr sagen. Sie liegen ja schon seit August vorigen Jahres im Entwurf vor und können auch schon genutzt werden zur Anwendung des neuen Gesetzes. Sie sind gemeinsam mit den Bezirken erarbeitet worden, dann sind sie überarbeitet worden. Im November haben wir sie dem RdB vorgelegt. Der RdB hat sie dann im Februar mit ein paar Hinweisen beschlossen. Die sind eingearbeitet worden, am 25. Februar bei uns rausgegangen und werden morgen im Amtsblatt veröffentlicht.

Frau Becker! Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage – bitte schön!

[Torsten Schneider (SPD): Wann wird der RdB abgeschafft?]

Dann kann Herr Daniel Buchholz die Nachfrage stellen. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Diesmal habe ich mich tatsächlich eingedrückt. – Nachfrage an die Senatorin: Vielleicht können Sie uns mal kurz darstellen, wie weit das Zweckentfremdungsverbotsgesetz tatsächlich Wirkung zeigt im Land Berlin, z. B. gegen Ferienwohnungen, aber auch gegen andere missbräuchliche Nutzungen, z. B. Leerstand von Wohnraum?

Frau Senatorin! Sie haben das Wort – bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Buchholz! Wir hatten ja gestern im Fachausschuss das Thema Zweckentfremdungsverbotsgesetz, insbesondere mit Bezug auf die Mitwirkungsbereitschaft

(Senator Andreas Geisel)

von Onlineplattformen zur Vermietung von Ferienwohnungen, und da hatte ich eine aktuelle Statistik mit, wie viele Wohnungen bis Stand Ende letzten Jahres durch entsprechende Anwendungen des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes auf den regulären Wohnungsmarkt zurückgeführt worden sind, und es waren über 9 100, die Hälfte davon war als Ferienwohnung genutzt worden. Das ist ja schon ein Hinweis, dass es auf jeden Fall wirkt.

Wir haben weiterhin 60 Stellen, die alle in den Bezirken besetzt sind und Zweckentfremdung ahnden. Das Thema Leerstand ist das schwierigste Thema, das muss ich mal deutlich sagen, weil man tatsächlich auf entsprechende Hinweise angewiesen ist, um dem sinnvoll nachgehen zu können. Das Thema Abriss von Wohnraum, der auch eine Form der Zweckentfremdung ist, ist, glaube ich, durch die Verschärfung von Zweckentfremdungsgesetz und verordnung jetzt deutlich unattraktiver geworden, denn wir haben ja bekanntlich eine Höchstmiete für den Ersatzneubau in der Verordnung festgelegt.

Beim Umgang mit Ferienwohnungen bleibt es das A und O, dass das, was an Registrierungspflichten seit letztem Jahr gilt, auch eingehalten wird und dass wir die Mitwirkungspflichten der Anbieter stärker durchsetzen. Da freuen wir uns sehr, dass es vom Münchner Verwaltungsgericht jetzt ein wegweisendes Urteil gegeben hat, um hier tatsächlich auch stärker gegen Plattformen – also wenn ich Plattformen sage, meine ich eigentlich nur Airbnb, weil sie hier die Marktführer sind – – das die rechtlichen Durchsetzungsmöglichkeiten der öffentlichen Hand gegen solche Plattformen deutlich stärkt. Das haben wir ausgewertet und werden mit den Bezirken gemeinsam eine Strategie verabreden, wie wir auf dieser Grundlage effektiver gegen Airbnb vorgehen.

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN der SPD und den GRÜNEN]

Die zweite Nachfrage geht an Frau Abgeordnete Gennburg. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Anschließend an die Debatte gestern auch im Fachausschuss und an die Frage, wie es eigentlich um das Zweckentfremdungsverbotsgesetz steht, muss man ja sagen, dass Berlin durch die Untervermietung von Airbnb Millionen an Steuergeldern für die Übernachtungssteuer entgehen. Das bedeutet eben, dass die beliebten Stadtregionen nicht nur unter dem massiven Entzug von Wohnraum leiden, sondern auch unter den Auswirkungen des Tourismus und die Gäste dieser Stadt eben kaum einen Beitrag leisten, wenn sie über Airbnb buchen,

[Zuruf von rechts: Frage!]

dass Straßenreinigung bezahlt wird.

Formulieren Sie bitte Ihre Frage!

Jetzt kommt die Frage: Inwiefern können wir darauf hoffen, dass künftig den Plattformbetreibern auferlegt wird, dass die Übernachtungssteuer konkret abgeführt wird und dass illegale Angebote auf Airbnb auf jeden Fall von der Plattform runtergenommen werden müssen? Ansonsten drohen Strafen wie in Paris.

Frau Senatorin – bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Gennburg! Ich habe ja schon angedeutet und will hier diplomatisch bleiben, dass es schwierig ist, mit Airbnb in solchen Angelegenheiten zu kooperieren. Auch andere Städte, die dachten, man könne mit Airbnb kooperieren, haben inzwischen Kooperationsvereinbarungen wieder gekündigt, weil es einfach nicht funktioniert. Was wir ausbauen müssen, sind die bessere Durchsetzung der Übermittlungspflichten, die gesetzlich geregelt sind, die Verbesserung der Kooperation der verschiedenen Fachebenen, die das Thema im Senat betreuen, und hierzu gibt es eine feste Verabredung, dass wir da noch mal auf die Finanzverwaltung zugehen, um zu schauen, dass wir diese Regelungen, die ja bestehen, immer konsequenter anwenden.

Vielen Dank!

Die nächste Frage geht an Herrn Christian Buchholz. – Ich war für einen Moment unaufmerksam, die Fragen bitte immer von hier vorne stellen, nur die Nachfragen vom Platz!

Mit der anstehenden Verlagerung von Biotronik nach Singapur verliert Berlin fast 400 Arbeitsplätze beim Hightechunternehmen Biotronik. Dazu frage ich den Senat: Welches Zeugnis stellt diese Arbeitsplatzverlagerung nach Meinung des Senats dem Wirtschafts- und Forschungsstandort Berlin aus?

Frau Senatorin Pop! Sie haben das Wort.

(Senatorin Katrin Lompscher)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Der Wirtschaftsstandort Berlin ist ein dynamisch wachsender Wirtschaftsstandort. Gestern sind zuletzt Zahlen veröffentlicht worden, was das Venture-Capital und Investitionen in Berlin angeht, die ungebrochen bei der Marke von rund 2 Milliarden Euro im Jahr liegen. Das zeigt auch, welches Vertrauen Investoren in den Wirtschaftsstandort Berlin haben, sonst würden sie nicht diese Summen hier auch investieren.

Aber der Berliner Wirtschaftsstandort ist auch ein Standort, der natürlich weiterhin einen gewissen Strukturwandel erlebt. Sie wissen, dass allein nach der Wiedervereinigung in Berlin über 100 000 Industriearbeitsplätze abgebaut worden sind oder aus der Stadt abgewandert sind. Dieser Strukturwandel findet leider weiter statt. Auf der anderen Seite werden eben durch die Digitalwirtschaft, beispielsweise durch Neuansiedlungen von Unternehmen – Sony durften wir ja letzte Woche hier in der Stadt begrüßen, sie werden 2020 nach Berlin kommen – Hunderte von Arbeitsplätzen geschaffen. Auch mit dem Siemens-Innovationscampus werden wir einen Push erleben in Sachen Technologie, neue Arbeitsplätze und Entwicklung eines Quartiers in Siemensstadt etc.

Das sind alles positive Nachrichten, aber es gibt auch die Strukturwandelnachrichten. Biotronik ist ein Unternehmen, das über diese Arbeitsplätze hinaus, die Sie genannt haben, weitere Hunderte von Arbeitsplätzen hier in der Stadt bereithält – aber ja, leider werden wir auch künftig mit solchen Nachrichten umgehen müssen. Wir sind mit allen Unternehmen immer in Kontakt, die Abbaupläne und Umsiedlungspläne haben, um herauszufinden, was wir tun können, um die Arbeitsplätze hier am Standort zu halten. Leider ist das nicht immer möglich, aber es gibt auch Fälle in der Vergangenheit wie beispielsweise Knorr-Bremse, wo uns dies durchaus gemeinsam mit den Arbeitnehmervertreterinnen und Arbeitnehmervertretern in dem Unternehmen gelungen ist. Es gibt gute Beispiele, aber es gibt eben auch das eine oder andere, wo wir leider aufgrund des Strukturwandels auch das Abwandern von Arbeitsplätzen aus Berlin bedauerlicherweise hinnehmen müssen.

Was aber den Aufwuchs von Arbeitsplätzen angeht, hat Berlin in den letzten zwei Jahren über 100 000 Arbeitsplätze neu hinzugewonnen, gut bezahlte Arbeitsplätze, die in die Kategorie „Gute Arbeit“ fallen, und dieser Arbeitsplatzaufbau setzt sich weiter fort, wenn man sich die aktuellen Zahlen anschaut.

Vielen Dank! – Herr Buchholz! Sie haben die Möglichkeit der Nachfrage. – Bitte schön!

Wie steht der Senat zu den Vorwürfen, die in Berlin bestehenden Rahmenbedingungen mit unzureichender Verkehrsinfrastruktur, Mangel an qualifiziertem Personal und struktureller Wirtschaftsunfreundlichkeit des Senats, insbesondere seiner Enteignungsfantasien, machen die Stadt für kleine und mittlere Hightechunternehmen zunehmend unattraktiv und bremsen so das von der Senatorin behauptete Wachstum?

Frau Senatorin, bitte schön, Sie haben das Wort!