Benedikt Lux

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich auch, dass wir heute dieses Gesetz beschließen und damit eine Bürgerinnen- und Polizeibeauftragte für Berlin einführen. Das ist eine alte grüne und bürgerrechtliche Forderung, die zu mehr Transparenz für mehr unabhängige Kontrolle unserer Verwaltung und damit auch zu mehr Akzeptanz führen kann.
Ich danke allen Beteiligten, den Menschenrechtsorganisationen, den Personalvertretungen, den Gewerkschaften der Polizei, den vielen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Expertinnen und Experten, Praktikerinnen und Praktikern, dem Bund Deutscher Kriminalbeamter, der Beauftragten aus Rheinland-Pfalz, die uns wirklich hilfreiche und produktive Tipps gegeben haben, und ich danke namentlich auch meinen Kollegen Frank Zimmermann und Niklas Schrader. Endlich haben wir es geschafft, nach so langen und guten Verhandlungen.
Wir alle verfolgen das Ziel, das Vertrauen in die Arbeit der Verwaltung und der Polizei zu stärken. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben gewiss oft keinen leichten Job, und trotzdem leisten sie jeden Tag einen wichtigen Dienst für den Zusammenhalt und für das Einhalten und die Durchsetzung der Regeln in unserer Gesellschaft. Deswegen möchte ich an dieser Stelle, gerade mit Blick auf gestern – das wurde ja schon angesprochen –, allen Polizistinnen und Polizisten danken, die am Bundestag ihre Knochen hingehalten haben, die beschimpft, bespuckt, getreten, beleidigt und geschlagen worden sind und die unsere demokratische Institution verteidigt haben – und das mit Erfolg. Deswegen: Vielen Dank und die Bitte an den Innensenator, diesen Dank auch auszurichten!
Zu den wichtigen Regeln in unserer Gesellschaft gehört auch – und das habe ich aus den Reihen der Opposition vermisst –, zu achten, dass niemand über die eigenen Angelegenheiten richten kann. Das nennen wir: Nemo judex in causa sua – ein alter lateinischer Rechtsspruch, und ich finde der hat heute eine Bedeutung. Natürlich kommt es bei der Erledigung öffentlicher Aufgaben auch manchmal zu Fehlern, das ist menschlich. Manchmal liegt auch nur ein Missverständnis vor. Es kommt aber auch zu Machtmissbrauch, es kann zu handfesten Skandalen kommen – wir kennen sie. Die Stelle der unabhängigen Bürger- und Polizeibeauftragten kann dabei helfen, Vorwürfe aufzuklären und zu sortieren, die Ursachen zu untersuchen, und anders als das Disziplinarrecht, die polizeiliche Beschwerdestelle und die Justiz kann sie auch die Zusammenhänge erforschen, ist nicht nur im Einzelfall zuständig, kann die Ursachen klären – und das ist doch das, was wir wollen, damit wir Ursachen und Strukturen für Fehlverhalten unserer Verwaltung abstellen können. Daran müssen wir doch alle ein Interesse haben.
Vorhin wurde abgestellt auf die erfolgreichen Beschwerden, die vorgebracht worden sind. Aber um die geht es doch gerade nicht. Es geht um all die Menschen in unserer Stadt, die mal ein Problem mit der Verwaltung haben – das muss nicht die Polizei sein, das kann auf dem Bürgeramt sein, das kann im Gesundheitsdienst tagtäglich vorkommen oder auf dem Jugendamt, natürlich! – und die sich nicht trauen, eine Petition abzugeben oder den Dienstweg einzuhalten, sich zu beschweren, die kein Geld haben, vor die Gerichte zu gehen, und die vielleicht auch eine unberechtigte Beschwerde abgeben – das weiß man noch nicht. Aber wie gewinnen wir dieses Vertrauen zurück von den Menschen? Doch nicht, indem die Richter in eigener Sache sagen: „Das war unberechtigt“, sondern indem eine unabhängige Stelle, die bei uns, beim Parlament, angesiedelt ist, entscheidet, vermittelt, Konflikte reduziert, Gespräche führt, sich das anhört und dann eine bewusste Entscheidung trifft. Dafür ist diese unabhängige Beschwerdestelle auch gut.
Die oder der Beauftragte wird umfangreiche Befugnisse auch während laufender Ermittlungen haben. Wir hätten uns noch mehr gewünscht – dazu hätte man die Strafprozessordnung ändern müssen –, aber sie oder er kann jederzeit Berichte anfordern, Zeuginnen und Zeugen hören, vor Ort sein, um Auskunft ersuchen, grundsätzlich auch Akten einsehen bei abgeschlossenen Verfahren, und sie oder er beteiligt sich am und kooperiert mit dem Petitionsausschuss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Petitionsausschuss! An dieser Stelle auch vielen Dank an Sie für Ihre gemeinsame Arbeit mit uns an dem Gesetz! Ich hoffe, dass der Bürgerinnenbeauftragte eine Hilfestellung sein wird, die Ihnen nutzen wird, und dass die Kooperation gut sein wird. Deswegen noch einmal: Vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen aus dem Peti!
Unsere Hoffnung und auch ein Stück realistische Erwartung ist, dass in Zukunft früher interveniert und aufgeklärt werden kann. Beim Skandal um die schwermetallverseuchten Schießstände, aber auch bei anderen Problemen innerhalb der Polizei haben wir es gesehen: Die Schießtrainer, mit denen ich gestern noch einmal gesprochen habe, haben gesagt:
Ja, Herr Lux! Wir wissen jetzt, was Grüne, Bürgerrechtler, Linke immer mit einer unabhängigen Beschwerdestelle meinten. Hätten wir früher die Gelegenheit gehabt, uns an unabhängige Leute zu wenden, die dann noch einmal Gutachten einholen, noch einmal vor Ort gehen, gucken, was dort passiert, Mitte der Neunzigerjahre, als es dort schon losging, dann wäre die Chance gestiegen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen, die damals viel geschossen haben, heute noch unter uns wären. – Daran zeigt sich doch ganz deutlich, dass wir externe Kontrolle brauchen, gerade auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung.
Schauen Sie allein auf diese Wahlperiode: Wir hatten einen unabhängigen Sonderbeauftragten an der Polizeischule, wir hatten einen unabhängigen Sonderbeauftragten beim Terroranschlag am Breitscheidplatz. Nun hat der Senat einen unabhängigen Sonderbeauftragten – sogar zwei – zur Straftatenserie in Neukölln eingesetzt. Das zeigt doch auch deutlich, wie hoch der Bedarf ist und dass diese Funktion – bei aller Wertschätzung – nicht nur Abgeordnete abdecken können. Mit der gleichen Argumentation könnten Sie doch auch sagen, wir brauchen den Rechnungshof nicht, weil wir die Verwaltung kontrollieren.
Mit der gleichen Argumentation könnten Sie sagen, wir brauchen die Datenschutzbeauftragte nicht, den Wehrbeauftragten im Bundestag nicht, weil wir das als Abgeordnete irgendwie selbst können. Bei aller Wertschätzung: Maß und Mitte, Realismus! Wir brauchen unabhängige Beauftragte natürlich auch für die Polizei und Verwaltung – und ich möchte hinzufügen: die wir in dieser Wahlperiode gestärkt haben wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Auch da geht Ihre Gegenargumentation fehl.
Noch einen Satz an Sie, Herr Kollege Dregger, ganz namentlich. Sie haben vorhin gesagt, dass mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz eine Paralleljustiz aufgestellt wird. Das haben Sie gesagt.
Wo bleibt Ihr Respekt vor dem gesetzlichen Richter, Herr Dregger? Das frage ich Sie.
Ein Gesetz wird hier vorgelegt, der gesetzliche Richter wird eingeführt. Das ist keine Paralleljustiz, und damit legen Sie Axt an an die unabhängige Justiz, und dafür sollten Sie sich entschuldigen, Herr Dregger.
Nein, nein! Nein, nein! – Zum Schluss: Es wird vielen Bürgerinnen und Bürgern, der Verwaltung und den Polizistinnen und Polizisten helfen, in Zukunft hier eine unabhängige Stelle zu haben. Und noch eines: Wir sind nicht allein auf der Welt, wir leben in internationalen Verpflichtungen. Es gibt Vorgaben der Europäischen Union, und auch hier ist klar: Die Vereinten Nationen, der UN-Menschenrechtsausschuss haben uns mit aufgegeben, externe und unabhängige Kontrolle zu stärken. Das ist an sich bindendes Recht, und das setzen wir hier um, wie einige andere Bundesländer auch. Ich meine, wir setzen es stärker um.
Ich möchte mich dem Bild des Kollegen Schrader am Ende anschließen: Jetzt kommt es darauf an, eine gute personelle Ausstattung zu verhandeln, eine allseits anerkannte Person zu finden. Ich bitte dabei Sie und euch und vor allen Dingen auch den Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin weiterhin um Unterstützung. Uns gemeinsam: Viel Erfolg! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Ach, die FDP! Das ist
einfach nur traurig!]
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die traurige und bittere Wahrheit ist und wird es wohl auch bleiben: In Syrien herrscht Krieg. Es ist ein vom Krieg und von Krisen gebeuteltes Land – übrigens in der gesamten Fläche. In solche Länder schiebt ein Rechtsstaat nicht ab.
Wir sind auch deshalb ein Rechtsstaat, weil wir uns an unsere demokratischen Institutionen halten, weil wir uns an internationales Recht halten, weil das Auswärtige Amt nun mal sagt, dort ist es nirgendswo sicher, und wir auch an internationales Recht gebunden sind, dorthin nicht abzuschieben.
Herr Fresdorf, Sie gehören einer liberalen Rechtsstaatspartei an,
und ich muss sagen: Ich bin erschüttert! Ich bin erschüttert, wie sehr Sie hier der Vox populi nach dem Mund reden, wie sehr Sie hier mehr auf Ihren Bauch als auf Ihren rechtsstaatlichen Verstand – der irgendwo noch vorhanden ist – hören
Na, Ihr Bauch ist wahrscheinlich mehr vorhanden, jedenfalls in der Rede davor – und hier einfach sagen: Weg mit dem! –, statt sich der Verantwortung zu stellen und die Regeln, die hier in diesem Land herrschen, allen zu erklären. Die Regeln gelten auch für uns als Deutschland.
Jemand, der das begriffen hat, ist der Bundesinnenminister, der den seit 2012 bestehenden absoluten Abschiebestopp in das Kriegsgebiet Syrien wahrscheinlich weiter verlängern wird. Dass sich die Union aus taktischen Gründen vom Acker macht – geschenkt. Dass die AfD, die auf der anderen Seite mit Putin fraternisiert und Assad besuchen geht, hier aber sagt: Der gehört vor ein Kriegsgericht – also völlig wirres Zeug, was die hier erzählen –, ist auch okay; auch, dass sich die Union vom Acker macht.
Aber dass die FDP nicht die Traute hat, sich hier hinzustellen und rechtsstaatliche Regeln und die Realitäten auf dieser Welt, auf der wir nicht alleine sind, zu akzeptieren, ist wirklich traurig. Aber auch das wird sich für Sie, denke ich, rächen, denn die Menschen in diesem Land schätzen es, wenn man über den Tellerrand hinausschaut, und das Haus, in dem wir leben, ist nicht nur Deutschland, sondern das ist die Welt, in der wir mit vielen Leuten Verträge haben, und an die werden wir uns natürlich halten.
Wenn Sie sich die Berichte über den traurigen Alltag in Syrien anschauen, wo Schulen, Krankenhäuser, Zivilisten, Frauen und Kinder bombardiert werden, wo inzwischen allein zwischen Dezember 2018 und März 2020 in Idlib nahezu eine Millionen Menschen fliehen mussten, wenn sie an der türkischen Grenze und aus den umliegenden Ländern – die natürlich viel mehr Flüchtlinge aufnehmen als Deutschland – zurückgeschoben und in Syrien wieder gefoltert, missbraucht usw. werden, so erklärt sich dann auch der Rechtsstaat, der auch – und das ist die schwierige Frage, bei der Sie sich vom Acker gemacht haben, und das ist traurig – die Rechte von demjenigen Menschen, der sie bei anderen schon mit Füßen getreten hat, wahrt. Dazu müssen Sie sich bekennen, dass wir als Rechtsstaat stärker sind. Das unterscheidet uns von Staaten wie Syrien, von Russland und von anderen auf dieser Welt. Dazu sollten Sie sich bekennen, liebe Kolleginnen und Kollegen!
In der Europäischen Menschenrechtskonvention steht nicht zu Unrecht, dass bei der Gefahr für Leib und Leben niemand zurückgeschoben wird – auch das ist geltendes Recht. Aber auch Sie, wenn Sie dorthin zurückschieben wollen – – Das erklären Sie so einfach. Die kommen dann irgendwie weg, wenn sie hier Gefährder oder so sind. – So ein Schwachsinn! Wir haben in Syrien keine funktionierende Botschaft.
Wie sollen denn Pässe beschafft werden?
Ja, genau! Bitte gehen Sie rüber und machen Sie dort eine Botschaft auf, dann hätte das – –
Ja, da kommen wir ja näher! Lustreisen in die Ukraine und nach Syrien, die kennen wir von Ihnen! Tun Sie uns allen einen Gefallen: Gehen Sie nach Syrien, machen Sie dort eine Botschaft auf,
und lassen Sie uns hier in Ruhe, damit ist uns allen geholfen. Sie verkennen die Realitäten, Sie träumen,
und das Schlimme bei Ihnen ist: Sie träumen einen griesgrämigen, einen unmenschlichen, einen nahezu schrecklichen Traum, einen Albtraum, aus dem Sie auch niemand mehr aufweckt, aber zum Glück ist das nur ein Traum. Was Sie hier wieder gemacht haben – da hat der Kollege Zimmermann recht –, ist, dass Sie eigentlich nach nichts anderem als einem Sündenbock suchen, anstatt die Realitäten mal anzuerkennen und zu sehen, was wir hier alles
machen, um Gefährder, um Straftäter zu bewachen, zu beobachten, um die auch in die Haftanstalten zu bringen. Wir klären im Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag auf und schauen, wie wir die Sicherheitsbehörden verbessern können. Wir beantragen, dass das BKA zumindest die Top-Gefährder auf dem Schirm hat. Wir stellen uns diesen Realitäten, dass wir nicht jeden, den wir hier vielleicht nicht haben wollen, loswerden können, und schauen, wie wir unsere Sicherheitsbehörden, aber auch die Prävention stärken und ausbauen.
Das sind die konstruktiven Vorschläge, auf die es hier ankommt, und nicht das Reden nach dem Maul, das Suchen nach Sündenböcken und das Vorschlagen von völlig unrealistischen, abwegigen, unmenschlichen und rechtswidrigen Forderungen. Ich kann nur hoffen, dass dieser Weg rechtsstaatlich gerade und realistisch hier auch obsiegen wird. Den AfD- und den CDU-Antrag muss man aus diesen Gründen auch ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Danke! Wir haben uns heute alle vor den Opfern verneigt. Wir haben den islamistischen Terrorismus verurteilt. In Wien, wo er in der beliebten Innenstadt fünf Menschen erschossen und 23 verletzt hat, in Nizza, wo in einer Kirche drei Menschen bestialisch ermordet wurden, in Paris, wo der Lehrer Samuel Paty ermordet wurde, weil er Mohammed-Karikaturen behandelte, in Dresden, wo ein schwules Paar angegriffen und einer davon tödlich verletzt wurde – wir trauern um diese Opfer des islamistischen Terrors, um jeden einzelnen, und wir tun das als Demokratinnen und Demokraten zusammen.
(Paul Fresdorf)
All diese schrecklichen Taten zeigen: Islamisten töten und wollen trennen. Sie tun das nicht nur in Europa, sondern auf der ganzen Welt: in Syrien, im Irak fast täglich, vor drei Tagen in Afghanistan mit 22 Toten in einer Universität in Kabul, wo sie die Wissenschaft angriffen. Auch das Attentat in einem Nachtklub mit 35 Toten in unserer Partnerstadt Istanbul vor drei Jahren haben wir nicht vergessen.
Wir Berlinerinnen und Berliner wurden selbst vom islamistischen Terror getroffen. Am 19. Dezember 2016 hatten wir zwölf Tote und 55 Verletzte zu beklagen.
Noch im August dieses Jahres verletzte ein selbst ernannter Islamist bei einer Amokfahrt auf unserer Stadtautobahn sechs Menschen, drei davon schwer.
Wir können mit Paris, Nizza, Wien mitfühlen. Wir können die Fragen an die Sicherheitsbehörden verstehen, und wir können auch sehen, dass in solchen schrecklichen Momenten viele Einsatzkräfte und Zivilisten zu Helden wurden. Sie retteten Menschen und brachten sich selbst in höchste Gefahren. Menschen können in solchen Momenten über sich hinauswachsen und uns Mut machen, denn: Dieser Terror darf und wird nicht siegen!
Islamisten wollen uns trennen und ihren Hass säen zwischen migrantischen und nicht migrantischen Menschen, zwischen Islam und Christentum, Morgen- und Abendland, doch die Trennlinie läuft woanders. Sie verläuft entlang derer, die an die Aufklärung, an die Werte der französischen Revolution, auch an den Wiener Josephinismus, an die säkulare Gesellschaft, die Menschenrechte, das friedliche Zusammenleben der Religionen und der Nichtreligiösen glauben – und all denen, die dies bekämpfen. Das Virus, um das es hier geht, heißt Hass und Gewalt. Hier werden wir mit Klarheit und, wo notwendig, Härte vorgehen und keine falsche Toleranz gegenüber den Intoleranten zeigen.
Wir wissen, der islamistische Terror – auch in Deutschland – war nie weg. Deswegen haben wir in Berlin gehandelt, und wir werden handeln. – Verzeihen Sie mir die Bemerkung an die Opposition: Hier hätten Sie bitte auch mal genauer hinschauen können, was in den letzten vier Jahren gemacht worden ist! Da wurden keine Sonntags
reden gehalten, sondern da wurde gehandelt, da wurde geackert, da wurde aufgebaut, da wurde investiert. Kein anderer Senat hat so viel investiert, um islamistischen Terrorismus zu bekämpfen, wie dieser Senat.
Wir haben für den Bereich islamistischer Extremismus und Terrorismus seit Anfang dieses Jahres eine eigenständige Staatsschutzabteilung aufgebaut, im LKA 8 – vielleicht schon mal gehört. Dort werden alle polizeilichen Maßnahmen gegen islamistische Gefährder und relevante Personen geführt; es werden auch aufenthaltsrechtliche Maßnahmen geprüft. Aktuell werden beim LKA 5 275 Stellen geführt, beim LKA 8 166 und bei der Koordinierung des Staatsschutzes 84 Dienstkräfte. Wir haben diesen Bereich verdoppelt, um islamistischen Terrorismus in dieser Stadt besser bekämpfen zu können. Wir haben die Observation, die Beobachtungen neu bewertet, komplett überarbeitet. Diese werden jetzt wöchentlich priorisiert, um die gefährlichsten Menschen weiter zu beobachten.
Wir stärken die Polizei auch in der Fläche. Bis 2024 werden wir 18 900 Stellen im Polizeivollzugdienst erreicht haben. Damit sind wir im Vergleich zum Jahr 2017 bei über 2 100 Stellen mehr. Wir entlohnen die Leute von der Polizei, von den Sicherheitskräften, vom Verfassungsschutz besser – da kann keiner hier sagen, dass uns das nichts wert sei. Wir schätzen gute Arbeit,
gerade im Sicherheitsbereich.
Gerade auch der Staatsschutz profitiert von diesen zusätzlichen Stellen – mehr Expertinnen und Experten Islamwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, Analysefachkräfte, IT-Fachleute, neue Software. Wir bauen ein Staatsschutzzentrum in der Ringbahnstraße für mehr als 100 Millionen Euro – das ist kein Pappenstiel –, damit unsere Ermittlerinnen, Ermittler und Spezialkräfte besser vernetzt und schneller in der Stadt sind. Wir ermöglichen die Telefonüberwachung – was Sie, Herr Dregger, in Ihrer Regierungszeit übrigens versäumt haben; da gab es auch schon Handys –, und wir ermöglichen die digitale Standortermittlung von terroristischen Gefährdern. Statt sich hier irgendwas zu wünschen, Herr Dregger, hätten Sie auch mal was über Ihre Verantwortung in der Bundesrepublik, im Land Berlin sagen können. Sie reden hier immer einesteils, wenn es aber ums Arbeiten, wenn es um das Gesetzemachen geht, dann sind Sie ganz schnell weg.
Deswegen war das eine traurige Rede, die Sie hier gehalten haben, denn jemand, der ernsthaft islamistischen Terrorismus bekämpfen will, zeigt auch, was wirkt, und der würdigt auch, dass diese Instrumente geschärft worden sind, und zwar von dieser Koalition.
Wir stärken auch unsere Spezialeinsatzkräfte SEK und MEK. Wir stärken den Opferschutz im neuen Polizeirecht, auch wenn wir hoffen, dass es möglichst wenig Opfer gibt. Wir haben den Schutz jüdischer Einrichtungen gestärkt, mit Millionen, denn der Schutz jüdischen Lebens in Berlin ist für uns alle ein herausragendes Anliegen. Wir ziehen die Schlüsse aus dem Untersuchungsausschuss. By the way: Die AfD fehlt da immer. Nicht einen Antrag haben die da gestellt.
Da fragt man sich ja: Was ist schlimmer? – Reden, die Sie hier halten, mit der Sie die Gesellschaft spalten, oder Ihre Faulheit, die Sie an den Tag legen, wenn Sie parlamentarisch gefragt sind? Freitags sind Sie nie da.
Nein!
Der soll mal in den Ausschuss kommen!
Wir haben die Gefährder rund um den damaligen Attentäter im Blick,
und wir haben auch die dschihadistischen Straftäter im Blick, die sich in unseren Haftanstalten aufhalten – ungefähr 30 – und sich dort radikalisieren können.
Wir haben auf den Straßen Berlins die Personen im Blick – im oberen zweistelligen Bereich –, die islamistische Gefährder sind und die – auch im oberen zweistelligen Bereich – als relevante Personen eingestuft werden.
Das ist die Lage.
Und, auch das gehört dazu: Die Fälle im islamistischen Terrorismus in Berlin sind momentan gesunken. 2019
waren es 11 Fälle im Bereich des Terrorismus, bei einer sehr hohen Aufklärungsquote, 2015 waren es noch 45 Fälle von Terrorismus. Das ist keine Entwarnung, aber, bitte schön, Realismus. Das sind die Lagebilder unserer Sicherheitskräfte, und die wollen wir doch mal ernst nehmen, statt den Teufel herbeizureden.
Wir bekämpfen islamistischen Terrorismus streng rechtsstaatlich, ohne Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer äußeren Erscheinung zu bewerten, sondern aufgrund ihrer Äußerungen, ihres Hasses auf die Weltoffenheit unseres Landes. Unser Rechtsstaat ist stark, weil er eben auch die Würde derjenigen achtet, die sie bei anderen schon schwer verletzt hat. Wir wissen natürlich auch, dass Islamisten nur eine kleine Minderheit unter den muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern sind. Gegen die Ideologie, den hasserfüllten Fundamentalismus dieser Idealisten werden wir mit der Härte des Gesetzes vorgehen und nicht zulassen, dass ihre Terroranschläge dazu führen, dass der gesellschaftliche Friede in unserem Land gestört wird. Aber auch deswegen gibt es keinen Generalverdacht und auch keinen Rechtfertigungszwang für Muslime in diesem Land. – Auch Sie von der AfD hätten wenigstens mitbekommen können, dass gestern 16 muslimische Verbände erklärt haben, dass Terror und Mord nicht zum Islam gehören, und dafür bedanken wir uns bei den muslimischen Verbänden.
Nein, danke! – Wir müssen aber auch klar sagen: Prävention, die häufig ins Abseits geredet wird, ist wichtig. Bildung und Vermittlung von Respekt und Regeln, Resozialisierung und Deradikalisierung sind wichtig, denn so steigt die Chance, dass wir nicht 30 Polizisten losschicken müssen, um einen Gefährder rund um die Uhr zu überwachen. Die Strategie des islamistischen Terrorismus ist, das friedliche Zusammenleben zu spalten und zu zerstören. Aber das werden wir nicht zulassen. Wir werden nicht zulassen, dass Muslime unter Generalverdacht gestellt werden, wie es die AfD tut. Denn wen hassen die Islamisten am meisten? – Ungläubige, Andersgläubige, Frauen, selbstbestimmt lebende Menschen, Jüdinnen und Juden, Demokratinnen und Demokraten; Bildung, Wissenschaft, Weltoffenheit, Fortschritt – all das, wofür wir stehen.
Die Grundrechte unserer Verfassung sind das Maß aller Dinge. Daran haben sich alle, jeder und jede, hier zu orientieren. Sie war eine Antwort auf den Faschismus in Deutschland, und sie ist auch eine gute Antwort auf den islamistischen Fundamentalismus. Meinungs- und Kunstfreiheit gehören zu unserem Land, Religionsfreiheit auch, Bildung, Aufklärung und gleiche Rechte auf der einen Seite als Schlüssel für unser Zusammenleben sowie schnelles und gezieltes Vorgehen gegen islamistische Gefährder auf der anderen Seite. Diesen Weg, weltoffen und wehrhaft, werden wir fortsetzen. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe schon zu, dass mich die Frage: Was ist eigentlich schlimmer, faule oder fleißige Rechtsextremisten? – beschäftigt.
Gefährlicher – das zeigt die Geschichte – sind fleißige Rechtsextremisten.
Aber moralisch verkommener sind faule Rechtsextremisten, sind Feiglinge, Faulpelze, die, wenn sie gefordert werden, ihre Thesen zu unterlegen und parlamentarisch zu untermauern, fehlen und nicht da sind, nicht auf dem Platz sind. – Das beweist die Arbeit der AfD im Deutschen Bundestag bei der Aufklärung im Untersuchungsausschuss, und das beweist auch Ihre Arbeit hier, Herr Kollege. Ich habe nicht gesagt, dass Sie gar kein Änderungsantrag gestellt,
sondern dass Sie fast keinen gestellt haben.
Dann möchte ich mich korrigieren, entschuldigen Sie bitte! Also, Sie haben einen Änderungsantrag gestellt.
Der Herr Vorsitzende des Untersuchungsausschusses gestattet es mir, darauf abstrakt einzugehen, weil die Sitzung nichtöffentlich war. Sie haben einen Änderungsantrag gestellt, bei dem Sie schreiben wollten, dass die Bundeswehr damals irgendwie beim LAGeSo geholfen hat, um Flüchtlinge zu erfassen, Und Sie haben fünf, sechs weitere Änderungsanträge gestellt, die inhaltlich nicht qualifiziert waren, sondern wo es im Prinzip um ein, zwei Rechtschreibfehler ging.
Die SPD hat 100 Änderungsanträge gestellt,
die Linken machen Aufklärungsarbeit im Untersuchungsausschuss, wo es um islamistischen Terrorismus geht, und wir Grüne versuchen, die Sicherheitsbehörden zu verbessern.
Das ist unsere Arbeit und die Aufgabe, die wir wahrnehmen. Und was von Ihnen kommt, ist nur Spalterei; da spalten Sie genauso. Sie wollen ja genauso wie die Islamisten die Demokraten spalten. Sie haben ja fast genauso ein schreckliches Frauenbild. Sie achten doch auch nicht die Rechte von Schwulen und Lesben und den Leuten, die frei leben wollen!
Mit Ihnen ist schon gar kein Kampf – schauen Sie mal in die eigenen Reihen bei Ihrem faulen Fahnenflüchtling! – gegen Islamismus zu gewinnen. Da lachen die sich doch tot, wenn sie Leute wie Sie als Gegner haben, und auch das werden wir den Islamisten nicht überlassen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, vielen Dank! – Herr Kollege Lenz! Sie haben es ja gehört: Der Vorwurf, wir hätten ein ungeklärtes Verhältnis zum Islamismus, ist wirklich eine Frechheit. Und wie pauschal Sie das hier behaupten!
Schauen Sie doch mal in unsere Reihen! Schauen Sie, was in Dresden passiert ist! Die Islamisten hassen das, wofür wir Grüne stehen:
Für eine bunte Gesellschaft, für Demokratie, für Weltoffenheit, für Spaß, für Freude!
Für Wissenschaft! Da können Sie doch nicht sagen, wir wollen mit denen irgendwie nett reden und darüber verhandeln. Nichts da! Grundrechte sind für uns nicht zu verhandeln, und da erwarte ich auch von Ihnen, dass Sie so etwas nicht pauschal behaupten und dass Sie sich dafür bei den Leuten, die Sie damit getroffen haben in meiner Fraktion, auch persönlich entschuldigen.
Das steht Ihnen auch nicht zu. Und wenn Sie jetzt ein bisschen Anstand hätten, dann würden Sie mir mal ihren Zettel zeigen, und dann würde ich gern mal sehen, ob das da vorformuliert war, als Sie hier – – Mich haben Sie
(Stephan Lenz)
unparlamentarisch genannt, aber Sie rennen hier mit einem Zettel mit Vorformulierungen hin und machen hier eine Zwischenintervention. Also was ist denn daran parlamentarisch?
Aber in der Sache: Herr Lenz hat mich das nicht zum ersten Mal gefragt, er fragt mich ja quartalsweise, wie ich zu dem Verfassungsschutz stehe. Das ist ungefähr so wie in der Kirche, wie Ostern, wo man allem Bösen abschwören muss.
Das macht Herr Lenz gerne, und ich möchte ihm auch gern antworten: Wir haben ein konstruktives, und zwar auch ein kritisches Verhältnis zu unserer Sicherheitsarchitektur, und wir wollen die wichtige Aufgabe, nämlich die Sicherheit und Gefahrenabwehr für dieses Land und auch die Früherkennung zu gewährleisten, verbessern.
Aber wie verbessern wir das? – Ich glaube, da sind wir anderer Meinung, und da haben wir eine grundsätzliche Haltung, wie wir diese Aufgaben verbessern. Sie sagen immer nur: Ja, ja, die machen schon! – und gucken überhaupt nicht hin. Herr Zimmermann hat ja gesagt, was dort in Österreich passiert ist von einem Schreihals, der irgendwie Islamismus immer verdammt hat, der aber den Verfassungsschutz nicht ernst genommen hat und runtergekürzt hat. Dadurch konnte der Terroranschlag möglicherweise passieren.
Auch Sie! Den Innensenator kennen wir ja alle noch, der Elefant im Raum, nicht da! Der hat die Polizei runtergewirtschaftet, der hat sich mit dem Verfassungsschutz nicht einmal getroffen – zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus.
Was hat der denn getan, als Sie in der Verantwortung waren, um die Sicherheitsbehörden zu verbessern? – Nichts hat er getan, weil er unkritisch war, weil er gesagt hat: Das sind meine Freunde, denen muss ich ein bisschen helfen, denen wird immer wehgetan. – Wir sind es, die kritisch und konstruktiv wie in jeder guten Freundschaft die Operationalisierung verbessern. Das ist der richtige Weg und nicht Ihr peinliches Rụmgeeiere.
Vielen Dank! – Gestatten Sie mir die Vorbemerkung, dass die Durchsetzung von Recht und Gesetz unabhängig von der modischen Erscheinung gelten muss. – Dann noch die Nachfrage zu dem Lagebild: Herr Senator, stimmen Sie mit mir überein, dass, wenn eine Radikalisierung von Ihnen und der Polizeipräsidentin behauptet wird, es notwendig wäre, die Fakten zu unterlegen – sei es, weil ein Maskenverweigerer gewalttätig wird, weil er auf die fehlende Maske angesprochen wird, weil da ein Graffiti gegen Coronamaßnahmen ist oder Polizisten von Coronagegner angegriffen werden? Wäre es da nicht sinnvoll, um die Gesellschaft mitzunehmen und von der Gefährlichkeit mancher radikaler Coronagegner zu überzeugen, ein Lagebild mit Zahlen, Daten und Fakten systematisch zu erstellen, um Straftaten, die von Gegnern von Coronamaßnahmen ausgehen, zu erfassen?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, heute in Vertretung meiner Kollegin June Tomiak zu unserer Priorität, dem Gesetz zur Senkung der Altersgrenze bei Bürgerdeputierten, das gemeinsam auch mit den Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion entstanden ist, sprechen zu dürfen.
Worum geht es bei diesem Gesetz? – Eigentlich erklärt es sich von selbst: Es geht um die Senkung der Altersgrenze bei Bürgerdeputierten. Dies sind sachkundige Bürgerinnen und Bürger, die stimmberechtigt an der Arbeit der Ausschüsse der Bezirksverordnetenversammlung teilnehmen. Wir haben ja heute in der Feierstunde zu „100 Jahre Groß-Berlin“ gehört, wie wichtig die Bezirke sind und wie sehr sie auch eigene Anliegen regeln. Frau Herrmann, die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, hat hier einen guten Vorschlag gemacht, wie auch die Bezirksverordnetenversammlungen besser einzubeziehen sind mit ihren verschiedenen Arbeitsbereichen wie Jugendschutz, Natur und Umwelt, Grünflächen, Straßen oder auch Brandschutz, wie wir vorhin gehört haben.
Wir sind dafür, dass junge Leute, die unter 18 sind, ab 16, mit einbezogen werden können, denn auch junge Menschen können und sollen in der BVV gleichberechtigt
(Paul Fresdorf)
mitarbeiten können, ihre Perspektiven vertreten dürfen und sich für ihre Anliegen einsetzen.
Es ist eine kleine, schlicht wirkende Gesetzesänderung, die wir heute beschließen, aber sie wird dafür sorgen, dass zukünftig auch Bürgerdeputierte ab 16 teilnehmen können. Wir öffnen mit dieser Gesetzesänderung auch bewusst Türen für junge Leute, die sich interessieren, Politik machen, ob in Vereinen oder in der Klimaschutzbewegung oder bei anderen Anliegen, die sie interessieren, denn sie setzen sich mit ihrer Sache auseinander, und deswegen ist dieses wichtige Zeichen aus grüner Sicht schon längst überfällig.
Wir waren überrascht und ein Stück froh, dass die CDUFraktion hier einen Antrag eingereicht hat, dass man das Alter der Bürgerdeputierten auf 16 ändert, aber es ist richtig: Auf Bezirksebene dürfen seit 2005 junge Menschen ab 16 mitwählen, und jetzt sollen sie doch auch als Bürgerdeputierte mitarbeiten können, folgerichtig. Das ging bislang nicht. Nun möchte ich gern auf eine Kampagne des Landesjugendrings Berlin hinweisen, in dem 34 Jugendverbände organisiert sind und der vorgestern gestartet ist, um erneut das Wahlalter 16 zu fordern, eine lange Forderung auch von SPD, Linken und Grünen.
Ich weiß nicht, wie das bei der FDP ist, aber ich als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern und zweien, die in die Kita gehen, habe ein hohes Interesse daran, denn junge Leute, die wissen, was Politik sein kann, was es für sie bedeutet, die wollen auch ihre Interessen vertreten sehen für die Zukunft – es geht ja nicht nur um Partizipation und Teilhabe, sondern es geht auch darum, Betroffenheit geltend zu machen.
Ich finde, es ist an der Zeit, liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere bei Ihnen von der CDU – wer die Lippen spitzt, der muss auch pfeifen –, dass wir auch das Wahlalter für dieses Haus auf 16 senken, wie es andere Bundesländer auch getan haben. Deswegen fordere ich Sie hier und heute auf: Gehen Sie mit uns gemeinsam den Weg, lassen Sie uns das Wahlalter auf 16 ändern. Damit sind Sie nicht Wahlhelfer von der einen oder anderen Partei. Junge Leute haben ihren eigenen Verstand.
Vertrauen wir doch darauf, dass die jungen Menschen, die sich mit ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft auseinandersetzen, auch ihr Stimmrecht wahrnehmen. Werben wir um ihre Beteiligung, denn diese Demokratie lebt von jedem, der mitmacht.
Denn momentan ist es doch so – alle sagen: Du bist ein junger Mensch, mach irgendwie mit, nebenbei, ehrenamtlich, neben der Schule. Mach einen guten Abschluss,
engagiere dich, bitte schön, noch ehrenamtlich. – Aber: Das machen sie ja auch. Sie können auf die Straße gehen, wie sie wollen, sie können in den Vereinen mitmachen, wie sie wollen, aber es geht auch darum, dass sie ein Mitspracherecht haben. Sie sammeln momentan Millionen von Unterschriften für mehr Klimaschutz. Das leuchtet uns doch allen ein, dass es dort ein echtes Anliegen gibt.
Ich finde, sie müssen auch mit am Tisch sitzen dürfen, jetzt als Bürgerdeputierte in den Bezirksverordnetenversammlungen, aber auch in Zukunft mit einem echten Wahlrecht ab 16. Ich finde, wir sollten – und ich bin sehr gespannt auf die weitere Debatte – uns diesen überkommenen, etwas ältlichen Paternalismus, junge Leute vom Wahlrecht auszusperren, nicht mehr leisten.
Das sehen leider auch an diesem Haus. Ich war selber noch jung, als ich hier hineingewählt worden bin – jetzt nicht mehr –, aber momentan sind June Tomiak und der Kollege Bertram, wurde mir aufgeschrieben, die einzigen Mitglieder hier unter 30. Ich finde schon, wenn man sich die Berliner Bevölkerung anschaut: Da geht es um mehr Repräsentanz von jungen Leuten. Da geht es um mehr, als nur repräsentiert zu werden, es geht auch um eine eigene Betroffenheit, um eine eigene Perspektive, und deswegen ist es richtig, dass junge Leute früher wählen dürfen und auch in unseren Parlamenten besser repräsentiert sind. Für heute bin ich froh, dass wir eine breite Mehrheit gefunden haben für den Antrag, das Alter für Bürgerdeputierte auf 16 zu senken, und das werden wir sehen: Ich denke, diesem Vertrauen wird entsprochen werden, und wir werden damit gute Erfahrungen machen, dass junge Leute die Bezirkspolitik besser mitgestalten können. – Vielen Dank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Demonstrationen sind
ein Stück ursprünglich-ungebändigter, unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren.
Das stellte schon das Bundesverfassungsgericht 1985 in seiner Brokdorf-Entscheidung fest, und wenn ich uns hier alle so sehe, dann kann uns das doch nur ganz guttun.
Wenn ich mir die 5 000 Demonstrationen pro Jahr in Berlin so anschaue, dann ist da auch etwas dran. Wir können in der Gesamtschau festhalten: Die allermeisten Demonstrationen sind friedlich, auch wenn gern immer wieder einzelne Beispiele herausgegriffen werden. Daran haben die Bürgerinnen und Bürger einen großen Verdienst, und sie haben auch von uns mehr Vertrauen verdient. Aber auch die Berliner Polizei hat dazugelernt, hat dafür einen wichtigen Beitrag geleistet. Die Strategie der West-Berliner Polizei in den Sechzigerjahren, man müsste das nach der Leberwursttaktik behandeln: einmal reinstechen und gucken, was an beiden Seiten herauskommt, gibt es zum Glück nicht mehr, sondern die Deeskalationsstrategie hat sich bewährt und wurde auch in schwierigen Einsätzen beibehalten und fortentwickelt.
Deswegen – auch wenn es manchmal schwerfällt, denn es können einem ja nicht alle Themen der Versammlungen gefallen – ist es entscheidend, dass der Rechtsstaat und die Polizei die Versammlungsfreiheit schützen und nicht ein einzelnes Thema. Das sollten auch wir tun, und deswegen ist es heute an der Zeit, die Versammlungsfreiheit zu stärken.
Wenn wir uns den Entwurf anschauen, der von der rotrot-grünen Koalition vorliegt, kann ich nur sagen: Wir stärken das Recht auf friedliche Demonstrationen. Wir stärken die Deeskalation, das differenzierte Vorgehen
gegen einzelne Störerinnen und Störer, die Kooperation zwischen Polizei und Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern. Wir stärken auch das wichtige Recht auf Gegendemonstration. Wir setzen Urteile des Bundesverfassungsgerichts um, und wir zeigen klare Kante bei Hass und Gewalt.
Das Versammlungsrecht ist laut Bundesverfassungsgericht auch deshalb so wichtig, weil nur so zwischen den Wahlen in der Öffentlichkeit die kollektive Meinungskundgabe ermöglicht wird. Wir können dieser Tage froh sein – Kollege Kohlmeier hat auf seine Biographie verwiesen –, wenn wir knapp 1 000 Kilometer weiter östlich schauen, wo Menschen für freie, faire Wahlen und auch für Versammlungsfreiheit auf die Straße gehen müssen. Dann können wir froh sein, dass wir in Berlin ein so gutes Zusammenspiel zwischen Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Meinung kundtun, und dem Staat haben. Dieses Vertrauen gilt es zu stärken und auszuweiten, auch in Pandemiezeiten.
Wir wollen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verantwortungsvoll schützen, und deswegen werden wir die Kooperation, das Gespräch zwischen Versammlungsbehörde und Demonstrierenden stärken und verpflichtend machen. Wir werden auch Demonstrationen auf privat betriebenen Flächen zulassen, wenn sie als öffentlicher Verkehrsraum gestaltet sind. Das ist, wenn Sie so wollen, unser Beitrag zu der Frage, wem diese Stadt gehört. Wer in dieser Stadt unterwegs ist und privat Flächen betreibt, muss damit leben, dass Leute dort ihre Meinung äußern können, wenn es den eigenen Geschäftsbereich nicht zu stark einschränkt. Deswegen ist es gut, dass wir hier Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt haben und sagen: Auch Private müssen in dieser Stadt Demonstrationen zulassen.
Wir gehen großzügiger mit der Bannmeile um; auch das ist wichtig. Wir schaffen die öffentliche Ordnung als Tatbestandsmerkmal ab – das hat ja gerade sogar die AfD eingefordert.
Wir machen aber auch klar, dass wir an bestimmten Orten in dieser Stadt keine Nazi-Demos, die Hass und Gewalt schüren, dulden werden. Dazu gehören sowieso schon das Holocaust-Mahnmal, aber auch die Denkmäler für die Ermordung von Sinti und Roma und Homosexuellen im Tiergarten. Dazu gehört der Blücherplatz; dazu gehört in dieser Gedenkstadt Berlin eine Reihe von Orten, wo wir die Würde der Opfer des Nationalsozialismus nicht verletzt sehen wollen und deswegen dort das Verbot von Demonstrationen erleichtern.
(Marc Vallendar)
Noch zu einem Missverständnis, das hier insinuiert wurde: Ich glaube, wir werden Ihre Fragen, Herr Dregger, und auch die anderen Fragen der Opposition in den Ausschüssen klären können. Ihre Kritik war weniger am Versammlungsfreiheitsgesetz festgemacht, sondern ihre Kritik ging ins allgemeine Narrativ der rot-rot-grünen Koalition und hat gezeigt, dass Sie in der Sache wahrscheinlich doch keine echte Kritik an diesem Gesetz haben.
Eins möchte ich noch mal klarstellen zur Vermummung: Momentan ist es dem Gesetz nach nicht erlaubt, als Hühnchen verkleidet auf eine Landwirtschaftsdemonstration zu gehen, sondern das müsste nach dem Legalitätsprinzip von der Polizei verfolgt werden. Das lockern wir.
Darum geht es uns: der Polizei, den Strafverfolgern mehr Flexibilität zu ermöglichen. Wir werden Gewalttaten auf Versammlungen weiterhin konsequent verfolgen. Es ist auch so, dass das Strafgesetzbuch und die StPO natürlich anwendbar sind bei Versammlungen.
Und ich kann Ihnen eines sagen: Auch noch einmal vielen Dank an diejenigen, die sich sehr stark in die Erarbeitung dieses Gesetzes eingebracht haben! Das sind die innen- und die rechtspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Koalitionsfraktionen, die Hochschule für Wirtschaft und Recht, die wir befragen konnten und die uns aus wissenschaftlicher Sicht einige Freiheiten mehr aufgeschrieben hat, das ist die Senatsverwaltung für Inneres und Sport, die unter Hochdruck in Pandemiezeiten auch noch geholfen hat, und das ist namentlich Sebastian Schlüsselburg, der so viel Fleiß an den Tag legte, der es möglich machte, so ein umfangreiches und gutes Gesetz beraten zu können.
Ich möchte noch eines sagen: Wir haben in Pandemiezeiten die Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Zu Recht gibt es zurzeit Auflagen wie den Abstand und die Maske, wenn kein Abstand eingehalten werden kann. Daran müssen wir uns halten. In geschlossenen Räumen sind Versammlungen zu Recht reduziert. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Berlinerinnen und Berliner, es wird andere Zeiten geben, auch nach dieser Pandemie. Wir haben viel über Freiheiten diskutiert, die wir einschränken mussten. Ich kann Ihnen sagen: Mit diesem Versammlungsfreiheitsgesetz wird es nach der Pandemie mehr Freiheiten geben als davor. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Ja. Vielen Dank! – Herr Kollege Luthe! Sehen Sie nicht auch wie ich, dass wir hinsichtlich der Regelung zu Zivilkräften der Polizei auf Demonstrationen genau die alte
Regelung aus dem Bundesversammlungsgesetz übernommen haben, und sich insofern nichts am Einsatz von Zivilkräften auf Demonstrationen ändern wird, die auf Grundlage der StPO ja zulässig sind, wie ich es vorhin in meinem Redebeitrag erläutert habe? Erstens.
Und zweite Frage: Sind Sie mit mir der Auffassung, dass wir die Regelung zur Anordnung von der Verfolgbarkeit bestimmter Verbote auch aus dem Versammlungsgesetz Schleswig-Holstein übernommen haben, sodass Polizeiführer, wie es auch unser Anliegen ist, vor Ort mehr Flexibilität im Rahmen des Legalitätsprinzips haben, nämlich Straftaten erst dann zu verfolgen, wenn sie auch geeignet sind, unmittelbare Gefahren für die Demonstrationen herbeizuführen und eben nicht jedes Hühnchenkostüm, jedes Möhrchen, jede Maske auf einer Demo im Sinne des Legalitätsprinzips sofort verfolgen zu müssen, wie es momentan der Fall ist? – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, Ihnen die weitreichendste Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes seit der Neufassung im Jahr 2006 vorzustellen. Die Koalition will mit dem vorliegenden Entwurf 18 Paragrafen ändern, neun einfügen und einen aufheben. Inhaltlich wollen wir vor allem den Opferschutz, die Bürgerinnen-, Bürger- und Menschenrechte sowie die Verkehrssicherheit in dieser Stadt stärken. Wir erweitern rechtsstaatlich sehr gezielt einzelne polizeiliche Befugnisse.
In den letzten Jahren wurden die Sicherheitsgesetze bundesweit ausschließlich verschärft. Wir aber stärken auch die Bürgerinnen- und Bürgerrechte ganz deutlich und schaffen einen sehr guten Ausgleich zwischen Freiheit, Sicherheit und vor allem dem Schutz der Berlinerinnen und Berliner. Ich glaube, diese Koalition ist handlungsfähig, und sie packt in der Innenpolitik an.
Wir hatten vorhin in der Aktuellen Stunde auch eine Debatte um Vertrauen in die Polizei; und ich bin mir sicher, die meisten Bürgerinnen und Bürger vertrauen der Polizei ganz grundsätzlich. Sie können sich auch auf die Berliner Polizei verlassen. Aber wichtig in diesem Rechtsstaat ist auch, dass das Vertrauen nicht geschenkt ist. Das Vertrauen muss erneuert werden. Es muss mit der Zeit gehen, und eines möchte ich Ihnen auch noch sagen: Vertrauen ohne Kritik ist Dummheit.
Deswegen haben wir das ASOG gründlich und gut überprüft und unsere Verantwortung wahrgenommen.
Wir stärken einerseits die Polizei, indem wir als eines der ersten Bundesländer eine gesetzliche Grundlage für die Körperkamera, die Bodycam, einführen, und wir haben aus dem islamistischen Anschlag am Breitscheidplatz gelernt und Telekommunikationsüberwachung und Ortungsmöglichkeiten von Gefährdern eingeführt. Unter strengen Bedingungen werden wir sie einführen. Außerdem regeln wir Meldeauflagen, also jemand muss sich bei der Polizei melden, bevor er irgendwo hingehen darf oder auch nicht. Gefährderansprachen regeln wir auch, um früh ein Stoppsignal zu senden, um potenziellen Gewalttätern auch im Bereich der häuslichen Gewalt früh
(Senator Andreas Geisel)
verdeutlichen zu können, dass sie sich legal zu verhalten haben. Wir stärken den Rechtsschutz für unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, wenn sie einen Schuss abgeben mussten und sorgen für den bestmöglichen Rechtsschutz.
Was wir aber nicht machen werden und wogegen in vielen anderen Bundesländern Hunderttausende auf die Straßen gingen gegen die Polizeigesetze dort: Wir werden keine Fußfesseln zulassen, keinen fristlosen Unterbindungsgewahrsam, keine Ausweitung der Massenüberwachung ohne Verdacht, keine flächendeckende Videoüberwachung, all das werden Sie bei uns nicht finden. Bei uns gilt der Grundsatz: Nur bei konkreten Gefahren kann überwacht werden. Bei Tatsachen und wenn die Maßnahme verhältnismäßig ist, wird das im ASOG gestärkt, und das, liebe Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Rechtsstaat.
Wir stärken die Bürgerinnen- und Bürgerrechte. Wir stellen klar, dass Racial-Profiling verboten ist, und wir werden keine kriminalitätsbelasteten Orte mehr festsetzen lassen, an denen verdachtslose Kontrollen möglich sind, wenn dort Personen gegen das Aufenthaltsrecht verstoßen. Nur bei Straftaten können kriminalitätsbelastete Orte in Zukunft festgesetzt werden. Wir hätten uns als Grüne hier noch mehr vorstellen können, weil für uns ein Ort als solcher nicht gefährlich ist, sondern das Verhalten von Personen. Aber vielleicht werden wir auch mit Blick auf Bremen, das auch gerade ein bürgerrechtliches Polizeigesetz beschließt, eines Tages hier eine Kontrollquittung haben, wie sie in vielen anderen Ländern auch Usus ist und von der Polizei dort wie selbstverständlich ausgestellt wird. Auch das könnte eines Tages in Berlin gelten.
Wir schreiben auch die individuelle Kennzeichnung von Polizistinnen und Polizisten in das Gesetz. Wir stärken die Berufsgeheimnisträgerinnen und -träger, Ärztinnen und Ärzte, Anwältinnen und Anwälte, Journalistinnen und Journalisten, die nicht mehr zur Gefahrenabwehr überwacht werden dürfen, soweit sie ihren Beruf ausüben. Wir kommen auch einer Feststellung des Bundesgesetzgebers vor 15 Jahren nach und sagen: Prostitution an sich ist nicht gefährlich. Wir streichen jegliche Maßnahme aus dem Gefahrenabwehrrecht, die nur aufgrund der Prostitution ergehen kann.
Wir kürzen die Zeit, in der man Menschen in den Präventivgewahrsam nehmen kann. Wir führen den Richtervorbehalt beim Einsatz von V-Leuten ein. Wir stärken die Persönlichkeitsrechte trans- und intergeschlechtlicher Personen, die nun ein gesetzliches Wahlrecht haben, welches Geschlecht die Person haben soll, von der sie durchsucht werden.
Wir stärken den Opferschutz, und wir haben in einigen Fällen gesehen, dass spätere Opfer von schweren Straftaten nicht gewarnt worden sind, obwohl Informationen dazu vorlagen. Wir wollen eine Polizei, die aktiv schützt und werden das mit diesem Gesetz noch mehr ermöglichen. Wir stellen auch klar, dass gefährlich abgestellte Autos auch von der Polizei umgesetzt und sichergestellt werden können, und wir werden so die Verkehrssicherheit in unseren Straßen erhöhen.
Wir hatten in der letzten Rederunde auch schon das Besinnen dieser Koalition auf wichtige innenpolitische Projekte. Wenn man zurückguckt, ist das eine Reform, die ausgewogen ist, die einen guten Kompromiss gefunden hat zwischen den unterschiedlichen Interessen dieser Stadt, zwischen Sicherheit auf der einen Seite und Freiheit auf der anderen, die vor allen Dingen zeigt, dass wir kompromiss- und handlungsfähig sind als Koalition, diese wichtigen Aufgaben in der Stadt wahrzunehmen, und dass wir uns auch beraten haben, nicht nur unter uns selber, sondern auch mit vielen Praktikerinnen und Praktikern in der Polizei, mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, mit zivilgesellschaftlichen Organisationen, dem Deutschen Anwaltsverein und dass die Innenverwaltung hier auch die Beratung gut zusammengeführt hat.
Mit dem Versammlungsfreiheitsgesetz, das wir vorhin eingebracht haben, mit dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz, das wir jetzt beraten, mit dem Gesetz über die Bürgerinnen- und Polizeibeauftragte Berlin, mit dem Abstimmungsgesetz haben wir mittlerweile vier zentrale Vorhaben in der Innenpolitik auf den Weg gebracht, und wir setzen fort.
Wir werden das Transparenzgesetz anfassen und auf den Weg bringen. Wir werden ein Lobbyregister auf den Weg bringen und auch die psychosoziale Notfallversorgung regeln. Wir werden uns den Katastrophenschutz sehr genau anschauen und vielleicht auch noch bei der Veranstaltungssicherheit liefern. Es sind Initiativen, die eines zeigen: Rot-Rot-Grün liefert in der Innenpolitik für Berlin wie keine Koalition davor
für Bürgerinnen- und Bürgerrechte, für Opferschutz und für die öffentliche Sicherheit. – Vielen Dank meine Damen und Herren für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich wollte mich zum Teil bei der CDU-Fraktion für ein paar kleinteilige Anregungen bedanken. Ich wollte hier aber vor allen Dingen kurz mit vier bis fünf Irrtümern aufräumen die Sie, Herr Dregger, auch schon in der „Abendschau“ behauptet haben, seit der Sie eigentlich genug Zeit hatten – das ist glaube ich zwei Monate her –, noch mal das Gesetz zu lesen.
Erstens, das ASOG ist nicht zuständig für Verfassungsschutz und Justiz, wie Sie eben nahegelegt haben, sondern für die Ordnungsämter und die Polizei. Das wissen Sie eigentlich auch. Ich glaube, sie haben dann nur unpräzise formuliert, um hier einen größeren Zusammenhang zu konstruieren, der aber sehr weit hergeholt ist.
Zweitens, die Bodycam in Wohnungen ist seit den Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts zu Artikel 13, Großer Lauschangriff, Sie dürften sie kennen, nicht zulässig. Und das hat mit Berlin gar nichts zu tun.
Drittens, die Telekommunikationsüberwachung von der organisierten Kriminalität wird möglich sein, soweit konkrete Gefahren gemäß § 25a Abs. 1 Nr. 1 für Leib, Leben, Freiheit oder bedeutende Sacheigentümer bestehen. Es ist gar nicht so, dass die Telekommunikationsüberwachung nur bei terroristischen Straftätern oder terroristischen Gefährdern angewandt werden kann – nein, im Gegenteil! –, auch bei Männern, die ihre Frauen oder ihre Kinder sehr häufig schlagen oder bei denen es die Gefahr auch anderer gewaltgeneigter Tätigkeiten gibt. Also noch mal: Die Telekommunikationsüberwachung hat als Tatbestandsvoraussetzungen die konkrete Gefahr. Auch das ist eine Lehre aus den Untersuchungsausschüssen.
Dann wollte ich noch mal generell etwas sagen. Sie wissen, dass bei Straftaten, die bereits passiert sind, in Deutschland die Strafprozessordnung gilt, und dass es dort eine Reihe von Maßnahmen wie geheime Ermittlungsmethoden, Funkzellenabfrage usw. gibt. Und da Sie, Herr Dregger, sich im Wesentlichen auf Straftaten bezogen haben, wäre mir noch mal wichtig, dass Sie auch etwas zum Opferschutz, zur Prävention, zum Schutz der Menschen in dieser Stadt, bevor etwas passiert, sagen, weil ich glaube, dass da Rot-Rot-Grün geliefert hat.
Im Übrigen ist Berlin, wie jede andere Hauptstadt in jedem anderen Land auch, natürlich die Stadt mit etwas mehr Kriminalität. Wir lagen sehr lange mit Frankfurt am Main Kopf an Kopf, wenn man deutsche Metropolen vergleicht. Frankfurt am Main ist in den letzten Jahren dazu übergegangen, Straftaten, die in Frankfurt passieren, aber von Pendlern begangen werden, nicht mehr zu zählen. Deswegen ist Berlin dort auf den ersten Platz gekommen, und eine Aufklärungsquote bezieht sich immer
(Burkard Dregger)
auf das Kontrollverhalten der Polizei, Herr Dregger, das wissen Sie auch. Deswegen ist die Aufklärungsquote als solche nicht Ausweis von erfolgreicher Strafverfolgungspolitik.
Was ich als letztes sagen möchte: Aus ihren Anmerkungen spricht ja dann schon – Sie sagen es nicht zu deutlich –, dass Sie wenige Details kritisieren. Ich nehme das zum Anlass, um noch mal zu sagen, dass wir hier die größte Reform in der Innenpolitik seit mehr als 20 Jahren in einer rot-rot-grünen Konstellation, –
Das ist sowieso schon mein letzter Satz. – die jeden Tag von Ihnen irgendwie angezählt wird als links, polizeifreundlich usw., die größte Reform für die innere Sicherheit, für den Opferschutz, für den Schutz der Menschen in dieser Stadt hinlegen. Und das, Herr Kollege Dregger – das hat man aus ihren Redebeitrag gehört –, muss Sie auch tatsächlich verletzt haben, aber ich glaube, für die Menschen in der Stadt ist es ein gutes Ergebnis.
Vielen Dank! – Der Kollege Altuḡ hat mich schon wieder darauf hingewiesen, dass er es schlimm findet, dass der Name des Terroristen vom Breitscheidplatz hier immer gesagt wird, ich kann das nur teilen, ich versuche, mich auch zu disziplinieren und diesen Namen nicht mehr in den Mund zu nehmen. Aber das nur als Einleitung.
Meine Frage ist: Herr Kollege Luthe, stimmen Sie mir denn zu, dass nach § 102 StPO bei Beschuldigten jederzeit eine Durchsuchung möglich ist, wenn ein Anfangs
verdacht vorliegt, dass er etwa eine aufenthaltsrechtliche Straftat begeht und dass es deswegen nicht erforderlich ist – ich weiß jetzt gar nicht, ob Sie sich auf die Durchsuchung, beziehungsweise das Betreten oder den KBO beziehen –, allgemein auf die Möglichkeit von aufenthaltsrechtlichen Verstößen hinzuweisen, sodass in der Folge – oder würden Sie mir wenigstens diese Aussage abnehmen – die Polizei immer die Möglichkeiten hat –,
bei Profilen wie der Person des Attentäters vom Breitscheidplatz Wohnungen zu durchsuchen? Denn das wird sie auf jeden Fall haben, und das werden wir Ihnen im Ausschuss auch noch einmal erklären. Ich finde es nur schwierig, –
aus Missverständnissen – ja – hier über das Gesetz insinuieren, dass man bei potentiellen Terroristen nicht mehr durchsuchen könnte. Haben Sie damit nicht vielleicht sogar – –
Machen Sie das absichtlich, Herr Kollege, dass Sie hier die Angst davor schüren, oder haben Sie das Gesetz nicht richtig verstanden?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Höchststrafen gab es ja schon für den Antrag. Ich möchte die Gelegenheit trotzdem noch mal nutzen, darauf hinzuweisen, wie stark Bund und Länder in dieser schon zwei Monate anhaltenden Pandemiezeit gehandelt haben. Die Wirtschaft auch in Berlin ist massiv betroffen – in Gastronomie, Handel, Kultur, Veranstaltungen –, und der Bund, aber auch Berlin haben massiv gehandelt. Wir haben mit dem Soforthilfeprogramm I 350 Millionen Euro vom Bund umgesetzt und in Rettungsbeihilfen für Unternehmen im Land umgewandelt.
Wir haben mit der Soforthilfe II, die ja von allen hier im Haus gelobt wird, sehr schnell, sehr unbürokratisch und sehr zielgenau über 1,5 Milliarden Euro an Zuschüssen ausgegeben und damit vielen Solo-Selbstständigen, Freiberuflern, Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten geholfen, Arbeitsplätze gerettet und Insolvenzen verhindert. Zu Recht wird diese Soforthilfe II auch von anderen Bundesländern kopiert, um Unternehmen, Selbstständigen und Freiberuflern vor Ort zu helfen. Es ist angemahnt worden, für den Mittelstand ab zehn Mitarbeitern Soforthilfen aufzulegen, und die beginnen ab dem 18. Mai 2020. Also das, was hier kritisiert worden ist, teils auch in die Ecke gestellt worden ist – Rot-Rot-Grün würde sich nicht um die größeren, die mittleren Unternehmen kümmern –, das stimmt nicht, denn ab dem 18. Mai läuft in erster Linie über einen KfW-Schnellkredit, aber auch über zusätzliche Tilgungszuschüsse ein Soforthilfeprogramm V für den Mittelstand. Und Bund und Länder haben auch dafür gesorgt, dass die Sozialbeiträge für die Kurzarbeit gezahlt werden, dass gestundet werden kann und dass Insolvenzen erst später angemeldet werden müssen.
All das sind doch gemeinschaftliche Hilfen, die wir über die Parteigrenzen, Ländergrenzen hinweg aufgesetzt haben, und das ist auch eine gute Linie, um weiter durch die Pandemie zu kommen.
Sie von der FDP wollen im laufenden Rennen die Pferde wechseln – ich kann nur sagen: never change a winning team – und die Finanzämter, wie schon ausgeführt, nie dagewesene Summen auszahlen lassen. Ihr Antrag sieht vor, pro Monat ein Zwölftel des Jahresumsatzes, also alle Einnahmen aus dem letzten Jahr, an Unternehmen auszuzahlen. Es gab ja hier schon Schätzungen, bevor ich geredet habe. Es stimmt: 256 Milliarden Euro Jahresumsatz hatten wir 2018. Wenn die Hälfte aller Unternehmen das in Anspruch nimmt, was Sie hier wollen, sind das 120 Milliarden Euro im Jahr, also 10 Milliarden Euro im
(Dr. Kristin Brinker)
Monat. Das sind Summen; da fand ich das Bild von der kommunistischen Splittergruppe schon ganz gut.
Und Sie wollen das für alle in einer Phase, in der wir mit 8 Prozent Einbußen bei unserem Steueraufkommen rechnen. Das ist Griechenland hoch zehn. Das, was Sie hier verballern wollen, ist zehnmal die Berliner Bankenkrise. Das ist systematisch. Das ist wie ein bedingungsloses Grundeinkommen, aber nicht in Höhe von 1 000 Euro pro Monat, wie das diskutiert wird, sondern in voller Höhe des letztjährigen Umsatzes. Der Modeversandhändler schreit vor Glück. Der hat letztes Jahr 100 Millionen Euro Gewinn gemacht und einen Umsatz von
600 Millionen Euro. Der müsste jetzt nichts tun und bekäme 600 Millionen Euro von Ihnen. Aber auch Selbstständige, Rechtsanwälte, Zahnärzte, kleinere Unternehmer hätten kein Problem. Sie könnten aufhören zu arbeiten, weil sie die Kohle des letzten Jahres von Ihnen bekommen würden, und zwar bedingungslos und in jeder Branche. Was für Anreize setzen Sie denn da? Sie haben gesagt, Leistung soll sich wieder lohnen. Was ist denn das?
Ich habe gestern die meiste Zeit meiner Redevorbereitung damit verbracht zu rätseln, ob das ernst gemeint ist, was ich da lese. – Frau Meister, Sie tragen das behutsam und in einem maßvollen Auftreten vor, aber wenn man das genau nimmt, wenn man das ernst nimmt, was Sie hier aufschreiben, dann gießen Sie hier ein Füllhorn aus, wofür die Bazooka noch viel zu klein ist. Das ist eine Atombombe, ein Flächenbrand. Da ist alles weg, die ganze Kohle. Die hauen Sie weg. Das ist völlig verantwortungslos, und damit werden Sie den Unternehmen in diesem Land auch nicht gerecht. Sie wissen ja noch nicht einmal, ob das Geld bei den Menschen ankommt, die hinter den Unternehmen stehen. Sie wissen ja nicht, wem die Unternehmen gehören. Es ist auch ihr gutes Recht, das geheim zu halten.
Sie hauen die Kohle da völlig maßlos weg. Ich frage mich, was das ist. Ist das maßlose Naivität? Ist das ein Schnellschuss? Ist das die Sehnsucht nach einem Land, in dem Milch und Honig fließen? Oder ist das der Beweis für den Realitätsverlust? Ist das nicht nur Herr Kemmerich, der in Thüringen nicht weiß, mit wem er da läuft und von wem er sich vor den Karren spannen lässt, sondern ist das die gesamte FDP, die völlig orientierungslos ist? – Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie haben zum Glück noch die Möglichkeit zu beweisen, dass Sie wieder Maß und Mitte halten, dass Sie zielgenau mit uns durch die Krise kommen wollen und dass wir natürlich konjunkturelle Hilfen ausgeben wollen, aber mit mehr Nachhaltigkeit und Innovationen für mehr Klimaschutz und Digitalisierung – und das Ganze verantwortungsvoll und mit einer Zukunftsausrichtung für das Ge
meinwohl. Wenn Sie das wollen, kommen wir auch wieder auf einen gemeinsamen Kurs, aber nicht mit Ihrem Antrag. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit rund drei Wochen befindet sich unsere Stadt in einem jetzt schon historischen Krisenmodus. Das öffentliche Leben ist stark heruntergefahren. Wir halten physischen Abstand, wir bleiben zu Hause, damit wir das Virus nicht übertragen, damit wir Leben retten – und das werden wir.
Die allermeisten haben es verstanden, und deswegen reden wir nicht über frühzeitige Lockerungen, sondern wir reden darüber, wie wir das erhalten, was unsere tolle Stadt und die Menschen, die hier leben, ausmacht. Was für eine Zeit, in der Krankenpfleger, Ärztinnen, Busfahrer, Paketboten, Polizei, Rettungskräfte und Kassiererinnen arbeiten, was das Zeug hält, und anderen im Homeoffice und Homeschooling die Decke auf den Kopf fällt. Manche Leute werden dieser Tage sehr einsam, aber sehr viele haben auch Angst um ihren Job und ihre wirtschaftliche Grundlage.
Deswegen helfen die Regierungen von Bund und Ländern – damit wir gut durch diese Krise kommen. Es ist eine ordentliche Kraftanstrengung, wie das Land Berlin mit rund 1 Milliarde Euro und der Bund mit rund 2 Milliarden Euro in kürzester Zeit wirtschaftliche Soforthilfen auf die Beine stellen. Schnellste und unbürokratische Hilfen in kürzester Zeit – wer hätte das gedacht?
Mit dem Soforthilfeprogramm I haben wir den Liquiditätsfond der Investitionsbank Berlin für alle Branchen und Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten geöffnet, sowie für Selbstständige und Angehörige der freien Berufe, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise zu bekämpfen. Alleine hier wurden in den letzten 14 Tagen 100 Millionen Euro an verfügbaren Mitteln bereitgestellt; in einem zweiten Schritt werden diese Mittel auf 200 Millionen Euro erweitert werden.
Das Soforthilfeprogramm II ist der zentrale Bestandteil der Berliner Hilfspakete gegen die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie. Es ist ein Zuschussprogramm für Kleinunternehmen und Solo-Selbstständige mit bis zu
15 000 Euro Soforthilfe. Dieses Programm steht für kleine und Kleinstunternehmer aus einer Vielzahl von Bereichen offen. Die Investitionsbank Berlin leistet mit diesem Programm schnell und unbürokratisch Hilfe. Mit Stand gestern sind 143 000 Anträge ausgezahlt;
1 268 418 124,65 Euro sind geflossen. Es sind 150 000 Antragsteller und Antragstellerinnen, es sind 210 000 weitere Menschen dort beschäftigt. Folglich erreichen wir rund 360 000 Menschen mit diesen Soforthilfen. Das ist eine Wahnsinnsleistung unserer Investitionsbank, und das lassen wir uns auch nicht von Miesmachern und Besserwissern kleinreden.
Ich bin der festen Überzeugung, die Zuschüsse bringen viele Kleinunternehmen und Selbstständige in Berlin über die nächste Zeit. Gerade in den von der Krise hart getroffenen Unternehmen und Branchen rund um Veranstaltungen, Messe, Reisen, Gastgewerbe und Kultur kommt die Hilfe genau richtig. Wir werden diese Hilfen fortführen und ausdehnen. Natürlich werden wir auch an den sozialen Bereich, die größeren Berliner Unternehmen denken, die noch eher über den nächsten Monat kommen, aber die sich auch um die Zukunft sorgen. Hier werden wir als Land Berlin nicht alles abdecken können, hier stehen auch Banken und Sparkassen in der Verantwortung, Kredite zu gewähren, die die IBB nicht tragen kann. Natürlich setzen wir auf das weitere Engagement, auf die Kooperation des Bundes, die geladene Bazooka. Nur gemeinsam können wir unser wirtschaftliches Leben durch die Krise bringen.
Wir als Berlinerinnen und Berliner, wir als Abgeordnetenhaus von Berlin wissen, wie hart dieses Geld verdient und wie wichtig es ist, jeden Euro verantwortungsvoll auszugeben. Als ich im Oktober 2006 Abgeordneter wurde, befand sich Berlin mitten in der Haushaltskonsolidierung. Seitdem hat sich die Situation unseres Landes deutlich verbessert. Wir haben seit acht Jahren positive Jahresergebnisse und konnten Schulden zurückzahlen, Wir haben das letzte Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von 3 Prozent abgeschlossen. Diese positiven finanzpolitischen Entwicklungen, kombiniert mit den Erfahrungen aus den schweren Jahren der Haushaltskonsolidierung versetzen uns nun in die Lage, verantwortungsvoll und sehr schnell erste gezielte Schritte im Kampf gegen die Folgen der Coronapandemie zu gehen. Unsere Anstrengungen, unserer Attraktivität als Land Berlin und unser verantwortungsvolles Handeln in den letzten Jahren liefern nun die Grundlage, um vielen Kleinunternehmern und Kleinunternehmerinnen, Soloselbstständigen und Kreativen, dem Schuster an der Ecke, der Yogalehrerin, der Projektagentur, der Autorin, ihrem Lieblingsbuchladen, der Kiezkneipe und dem Späti konkrete Hilfe anzubieten.
Aber, das wollen wir nicht verschweigen, es stehen uns harte Jahre bevor, wenn die Krise gesundheitlich
(Frank-Christian Hansel)
überstanden sein wird. Steuereinnahmen werden wegbrechen, unsere Landesunternehmen und Beteiligungen, auch die Flughafengesellschaft rutschen dieser Tage tief in die Miesen. Nach acht Jahren mit satten Überschüssen wird Berlin dunkelrote Zahlen schreiben. 22 600 Berliner Unternehmen haben bereits Kurzarbeit beantragt. Zu Recht werden wir weitere existenzsichernde Maßnahmen ergreifen müssen: beim Mieterschutz, bei der Grundsicherung, bei der Steuer und bei Insolvenzen. Unsere Wirtschaft ist ja gerade auch eine soziale Marktwirtschaft, eine Gesellschaftsordnung der Freiheit und des menschlichen Miteinanders.
Wir als Gesellschaft und vor allem wir als Politik brauchen Vertrauen, um den vor uns stehenden Ausgleich zu organisieren, bei dem die starken Schultern mehr tragen werden, aber auch nachhaltige, regionale und natürlich ökologische Impulse für ein Wiedererstarken die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft gesetzt werden müssen. Wir wissen, jetzt helfen wir schnell und unbürokratisch. Wir wissen aber auch, spätestens bei der Steuererklärung müssen wir abrechnen, ob die Zuschüsse zur Existenzsicherung nötig waren. Das Geld ist hart erarbeitet, wir können es nicht ohne Sinn und Verstand ausgeben. Auch in der Krise muss ein investierter Euro ein gut investierter Euro sein.
Aber, worauf wir jetzt schon stolz sein können, ist die Hilfsbereitschaft und Leistungsfähigkeit vieler Unternehmen in der Stadt. Es braucht eben auch in der Krise nicht nur den starken Staat und viel Geld, sondern auch Kreativität und Solidarität, das Handeln jedes Einzelnen und der Unternehmen. Es ist doch toll, wenn wie gestern, die Bayer AG mit dem Landeslabor Berlin verkündet, die Testkapazitäten zu erhöhen.
Es ist doch gut, wenn KaDeWe und Lafayette ihr Personal für den Ökobäcker bereitstellen, anstatt auf Kurzarbeit zu gehen. Wenn im Netz von den Schulen, Unis, Opernhäusern, Museen, Theatern und Clubs digitale Angebote für Bildung und Kultur geschaffen werden. Wenn mit Berlin (a)live eine Plattform geschaffen wird, mit der jeder im Netz Berliner Kulturangebote abrufen kann, oder wenn die Technologiestiftung „Hack the Crisis“ macht und jeder dort neue Geschäftsideen entwickeln kann. Oder wenn sich gerade die kleinen, sympathischen Läden im Kiez organisieren. Jetzt ist auch die Stunde für Onlineshops aus und für den Kiez gekommen. Wie meine Kollegin Nicole Ludwig, die eigentlich hier hätte sprechen sollen, mit viel Herzblut in ihrem Charlottenburger Kiez, aber auch darüber hinaus unterwegs ist, um die lokalen Händler digital zu vernetzen, das ist großartig. Davon brauchen wir mehr!
Auch wir als Konsumenten und Konsumentinnen haben eine Verantwortung und die Wahl. Unterstützen wir die lokalen Händlerinnen und Händler, unterstützen wir die nachhaltigen Angebote! Mal ist es nur ein Klick weiter, vielleicht ein paar Cent teurer, aber es gibt in der Regel mehr Qualität und Charme vor Ort. Das Geld, das wir jetzt nicht in unserer Stammkneipe lassen, zahlen wir später als Trinkgeld nach.
Mitmenschlichkeit, Innovation, Nachhaltigkeit und zivilgesellschaftliches Engagement machen uns krisenfest, bieten Förderung unabhängig von Geld und pushen jetzt die Möglichkeiten, die uns mit der Digitalisierung gegeben worden sind. Bei so viel Engagement, das dieser Tage läuft, bei der Selbsthilfe in einem ungeahnten Ausmaß, da bleibt einem die Spucke weg. Dafür können wir wirklich dankbar sein. Es ist so wichtig, dass die Menschen sich jetzt dort einbringen können, wo sie am meisten gebraucht werden.
Aber, bei Ebbe sieht man auch, wer nackt im Wasser war.
Damit meine ich: Ist unsere Art und Weise, wie wir in den großen Industrienationen leben, wirtschaften und arbeiten nachhaltig? – Nein, sie ist es nicht! Ist der absolute Verlass auf den globalen Markt schlau? – Nein! Lieferketten vielleicht sogar bei Medizinprodukten werden noch lange unter Druck stehen, je nachdem, wo das Virus gerade wütet. Deswegen sind natürlich regionale Impulse, die uns in dieser Krise sichern, auch welche, die uns nach der Krise leistungsfähiger machen werden. Das wird eine zentrale Erkenntnis aus dieser Ausnahmesituation sein: Regionale, kreislauforientierte Systeme sind krisenfester und eine wichtige Ergänzung zur globalen Wirtschaft.
Wir alle auf dieser Welt müssen an systemerhaltenden Strukturen, Produktion, Handel und Versorgung auf lokaler Ebene arbeiten, wo es geht, digitalisiert, nachhaltig. Die internationale Arbeitsteilung bleibt wichtig. Aber nur gemeinsam heilen wir uns gegen das Virus, gesundheitlich, wirtschaftlich und sozial. Das ist gerade keine Absage an unseren internationalen Handel und unsere internationalen Kooperationen. Globale Kooperation, davon bin ich fest überzeugt, und auch europäische Solidarität werden nach dem Virus umso wichtiger sein, gerade jetzt, wo die gestrigen Kräfte allerorten vor sich hin dilettieren, handlungsunfähig, machtgeil, verantwortungs- und völlig orientierungslos und fern jeder wissenschaftlichen Evidenz.
Oh, fühlen Sie sich angesprochen? – Jetzt ist die Zeit, umzusteuern, um gestärkt aus der Krise herauszukommen. Wir werden unsere Wirtschaft nachhaltiger aufstellen müssen, und wir werden das tun. Eine leistungsfähige Wirtschaft ist die, die nicht nur einem einzelnen Menschen, einer Gruppe oder nur einem Staat dient, sondern allen Menschen gemeinsam. – Vielen Dank!
Hat sich eigentlich erledigt, danke! – Aber ich frage noch mal, weil der Justizsenator darauf angespielt hat, man merke die Feststellung häuslicher Gewalt immer erst nach einer bestimmten Zeit, weil die Menschen momentan nicht zu den Ärzten können, so habe ich das verstanden. Ergreift denn der Senat Maßnahmen zur Prävention und zur Früherkennung, damit möglichst schnell auf den Verdacht von häuslicher Gewalt reagiert werden kann?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor uns liegt eine klassische Abwägungsentscheidung. Glücksspiel kann große Gefahren verursachen. Man lernt Leute kennen, die alles aufgeben, die in eine Sucht verfallen, die damit sich selbst und ihre Familien schädigen. Deswegen ist es richtig, dass der Staat hier reguliert.
Auf der anderen Seite sind es erwachsene, mündige Personen, die auch sich selbst schädigen können. Wir greifen in sonstigen Betrugsfällen in der freien Wirtschaft nur dann ein, wenn es sich um strafbare Handlungen handelt. Deswegen ist es hier wichtig, eine kluge Abwägung zu treffen, die das Glücksspiel und das Wetten wieder in geordnete Bahnen bringt.
Deswegen bin ich dem Kollegen Buchholz sehr dankbar, der schon seit einiger Zeit versucht, aufzuräumen und den Wildwuchs in Berlin mit vielen Wettbüros, mit vielen Spielhallen einzudämmen. Er hat dafür gesorgt, dass es in Stadtteilen, die drohten zu kippen, weil sich dort ein Wettbüro an das andere reihte, ein Spielcasino an das nächste, wieder das eine oder andere Ordnungsmittel gibt. Wir als Grüne haben da sehr gerne mitgezogen und werden das weiterhin tun.
Deswegen ist es richtig, dass wir die Abstandsregelungen verschärfen, dass wir die Konzessionen verringern und für mehr Suchtprävention sorgen. Aber es ist auch schon angeklungen, dass es zwei Mechanismen geben wird. Erstens: Es wird mehr verdrängt werden in staatlich nicht
kontrollierbare Bereiche, etwa in den rein privaten Bereich. Zweitens: Es wir mehr verdrängt werden in Richtung Internet, in Richtung internationale Spielanbieter, die auch im digitalen Raum existieren.
Deswegen sind zwei Dinge als Schlussfolgerung wichtig, denn wir wissen als Koalition, dass wir mit der Gesetzesänderung nicht am Ende der Weisheit sind. Zwei Dinge sind wichtig. Erstens: Wir brauchen den mündigen Spieler, die mündige Spielerin. Wenn ich mit dem Kollegen Buchholz um eine Kiste Bier wette, ob Hertha BSC absteigt oder nicht, dann soll uns das bitte schön niemand verbieten, egal wo wir das tun.
Natürlich werden wir auch nur um eine Kiste Bier wetten, und nicht um zehn – weil wir so vernünftig sind. Es gibt aber eben Leute, die dann anfangen, noch mehr Wetten zu machen, und die sollte man nicht behandeln, als müsste man sie weiter in das Dunkelfeld drängen, als müssten sie sich Auswüchse suchen. Nein, sondern Spielen und auch verantwortungsbewusstes Spielen gehört zur Gesellschaft dazu. Das hat natürlich jeder freiheitliche Staat zu akzeptieren, zu regulieren. Wenn es dann faire und gleiche Regeln für alle gibt, ist das auch ganz okay so, wenn es mit Maß und Mitte passiert. Es gilt also, Aufklärung und Prävention sind sehr wichtig.
Zweitens: Repression. Sie müssen natürlich auch an die Spielsucht im Internet, an die vielen internationalen Wettanbieter herankommen. Das fällt uns schwer. Der Deutsche Bundestag ist heute aber ein Schritt weiter gegangen, indem er das Livewetten verboten hat. Um ein solches Verbot aber durchzusetzen, brauchen wir noch Kraftanstrengung, brauchen wir internationale Vereinbarungen. Dazu brauchen wir auch eine besser aufgestellte Finanzermittlung. Die brauchen wir nicht nur im Bereich der Wetten. Die brauchen wir in vielen Bereichen, in der Geldwäsche, der Steuerhinterziehung und etlichen anderen Bereichen. Auch da müssen wir als Staat, als internationaler Staat aufgestellt, besser werden, um konsequenter verfolgen zu können.
Fazit: Dieser Gesetzesentwurf ist eine gelungene Abwägung zwischen der Freiheit der Person auf der einen Seite und den Gefahren durch die Sucht. Ich muss sagen, ich bin bei wenigen Gesetzentwürfen so oft angerufen worden von Lobbyisten der Glücksspielwirtschaft. Die waren sehr unzufrieden. Das ist auch ein Zeichen, dass uns hier ein guter Wurf gelungen ist, weil wir natürlich an die Bürgerinnen und Bürger, die sich teilweise selbst nicht mehr schützen können an einem solchen Automaten, adressieren und wollen, dass sie nicht übermäßig beworben werden. Uns ist aber auch klar als Koalition, dass das nicht das Ende der Tage ist, sondern dass wir weiter vorgehen müssen in Richtung mehr Suchtprävention, mehr Aufklärung und natürlich auch mehr Ordnungspolitik. –
(Marc Vallendar)
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Debatte hat ja gezeigt, dass hier alle ein Ziel haben: die Bevölkerung zu schützen, die Risiken so gering wie möglich zu halten, aufzuklären, Hilfe zu leisten und aus dieser Herausforderung zu lernen. Unsere Behörden und Organisationen müssen vorbereitet sein, um im Ernstfall besser und schneller zu arbeiten, und die Politik, wir, müssen ihnen dafür die Regeln und die Ressourcen zur Verfügung stellen. Das muss unser gemeinsamer Anspruch sein.
Unsere Leitlinien sind dabei klar: Wir sorgen für eine stets aktuelle und realistische Einschätzung des Risikos, mit kühlem Kopf betreiben wir Vorsorge und Forschung, Forschung, Forschung. Damit unterstützen wir auch gerade international die Verbesserung der Infrastruktur für Krisen und die Organisation für den Schutz und die schnelle Hilfe der Bevölkerung. Seitdem es Ende Dezember die ersten Verdachtsfälle auf diesen neuartigen Virus gegeben hat, hat der Senat von Berlin verantwortungsbewusst gehandelt, diese Vorsorge getroffen, das
Abgeordnetenhaus von Berlin und die Öffentlichkeit laufend über die aktuellen Entwicklungen informiert. Ausgehend vom Robert-Koch-Institut, dem zentralen Institut für die gesundheitliche Überwachung, gibt es mit Stand von gestern weltweit 75 000 bestätigte Fälle von Infektionen, 74 000 davon in China, 2 009 Todesfälle und noch 26 betroffene Länder.
Bei diesem neuartigen Virus, dem Sars-CoV-2 oder dem Covid 19, ist das Ansteckungsrisiko sehr hoch, wobei nach chinesischen Angaben die Krankheitsverläufe wie Fieber, Husten, Atemnot, Gliederschmerzen und Erschöpfung in 80 Prozent der Fälle einen eher milderen Verlauf genommen haben. Aktuell vergleicht das RobertKoch-Institut die Entwicklung in China mit der schweren Influenzawelle 2017/18 in Deutschland. Damals gab es allein in Deutschland 25 000 Todesfälle. Bislang gibt es aufgrund des Coronavirus in Deutschland erst 16 bestätigte Fälle; 14 davon gehen auf ein einziges Infektionsgeschehen zurück. Demgegenüber stehen allein in Berlin 2 300 Influenzafälle in dieser Saison zu Buche, deutschlandweit 20 000 Fälle.
Sie sehen: Gemessen an diesen Zahlen, die die Grippe mit sich bringt, sind die Ausschläge noch nicht so groß, dass man Panik verbreiten müsste. Aber natürlich nehmen wir es ernst, wenn die Weltgesundheitsorganisation diese Epidemie in China mit einer internationalen Tragweite beschreibt und es sein kann, dass die Infektionen weiter massiv steigen werden. Die Zahlen zeigen, dass es in den letzten Tagen eine etwas abflauende Tendenz gab. Davor gab es sprunghafte Anstiege. Man muss also noch sehen, wie der weitere Verlauf ist. Deswegen ist es richtig und gut, dass wir die aktuelle Lage mit Vorsicht bewerten und uns weiter vorbereiten. Ich behaupte, Berlin ist vorbereitet. Und ich habe auch von der Opposition, von denen, die gerade geredet haben, noch nicht ein Wort davon gehört, wie der Senat, wie diese Koalition sich besser hätte vorbereiten können.
Es ist auch ein Erfolg, es spricht für Berlin, für unsere Stadt, dass hier nicht nur der Sars-Virus entschlüsselt wurde damals, sondern dass auch der erste Schnelltest für Corona-Viren in Berlin an der Charité entwickelt wurde. Eine Therapie gibt es noch nicht gegen das Corona-Virus. Auch Impfstoffe werden bei vorsichtig optimistischer Einschätzung noch ein Jahr dauern und uns vielleicht auf zukünftige Epidemien und Infektionen vorbereiten und impfen können.