Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht, dann verfahren wir so.
zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/1626
Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD. Es hat das Wort Frau Abgeordnete Spranger. – Bitte schön!
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! An der zentralen gesellschaftlichen Bedeutung der Bodenfrage besteht kein Zweifel. Die Bodenfrage ist der Schlüssel für eine sozial gerechte Stadtentwicklung. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes das Fundament für eine nachhaltige Stadtentwicklungspolitik.
Und weil dem so ist, sind Grund und Boden auch im Grundgesetz besonders geschützt. Darüber haben wir heute früh gesprochen. Aus dieser besonderen Bedeutung des Bodens wird klar: Boden darf kein Parkplatz für Kapital sein und nur der Geldvermehrung dienen. Denn in einer Mieterstadt wie Berlin profitieren von steigenden Bodenpreisen einige wenige, während der Großteil der Menschen unter den negativen Folgen zu leiden hat. Für uns als Koalitionsfraktionen ist eines klar:
Weil Boden ein knappes Gut ist, brauchen wir einen besonderen Umgang damit. Gerade auch für unseren kommunalen, leistbaren Wohnungsbau ist die Bodenpreisspirale eine Gefahr. Wenn die Grundstücke immer teurer werden, wird unser Ziel, leistbare Mieten im Neubau zu schaffen, immer schwieriger zu erreichen. Daher setzen wir uns für eine strategische und langfristige Bo
denreserve in der öffentlichen Hand ein. Wir beauftragen den Senat heute mit unserem heutigen Antragsbeschluss, die prozentualen und instrumentellen Voraussetzungen für eine solche Bodenreserve zu schaffen. Dabei wird es auch eine Rolle spielen, in welcher Form die Grundstücksreserve institutionell aufgestellt sein wird, beispielsweise in Form einer kreditfähigen Entität.
In unserem Antrag legen wir fest, dass der Ankauf von Flächen vorausschauend und langfristig angelegt sein soll und damit unabhängig von kurzfristigen Fachbedarfen. Ich habe es schon in der letzten Lesung im Februar gesagt: Die Grundstücksreserve ist vor allem ein bodenpolitisches und nicht primär ein wohnungspolitisches Instrument. Das ist der Frage nach kommunalen Wohnungen vorgelagert, und es darf nicht mit Fragen zu Wohnungsankäufen in einen Topf geworfen werden. Das sind zwei völlig unterschiedliche Instrumente, die sich gegenseitig ergänzen. Aber die ersetzen sich nicht gegenseitig. Denn bei unserer Bodenreserve geht es ganz bewusst auch um andere Bedarfe der Daseinsvorsorge. Hierzu zählen beispielsweise Grünflächen für Kleingärten, deren Ankauf von Dritten wir in Erwägung ziehen und die wir aus ökologischen Gründen in die Bodenreserve überführen möchten. Genauso zählen dazu Flächen für soziale Infrastruktur, Kitas, Schulen etc.
Die Bodenreserve ist ein wichtiger Schritt für unsere soziale Liegenschaftspolitik. Wir lehnen uns jetzt aber nicht zurück. Vielmehr wollen wir auch weitere Instrumente zum Einsatz bringen und beispielsweise Erbbaurechte noch stärker nutzen. Ein Ansatzpunkt hier kann der § 165 des Baugesetzbuchs sein. Dabei handelt es sich um städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen, wie wir die z. B. gerade am Güterbahnhof Köpenick umsetzen. Dieses Instrument ist nicht nur eines der städtebaulichen Gestaltung. Es hat auch eine bodenpolitische Komponente. Denn ein Rückverkauf der Grundstücke ist eine Entwicklungsmaßnahme und kann auch über Erbbaurecht geschehen. Hier gibt es Handlungsspielräume, die wir ernsthaft prüfen wollen, um dem hitzigen Anstieg der Bodenpreise etwas entgegenzusetzen. Unsere rot-rotgrüne Koalition wird die Liegenschaftspolitik auch zukünftig als aktives Instrument der Daseinsvorsorge benutzen und für Berlinerinnen und Berliner den Boden dieser Stadt für die Zukunft sichern. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Spranger! Ich weiß jetzt nicht,
für wen Sie diese Rechtfertigungsrede gehalten haben, die nur in kleinem Teil etwas mit dem vorliegenden Antrag zu tun hatte. Denn da gäbe es zu dem, was Sie gesagt haben, einiges anzumerken. Das war in meiner Redezeit nicht vorgesehen. Ich würde mich deshalb tatsächlich auf den Antrag konzentrieren, der in seinen wichtigen Eckpunkten ja in der Tat eine Weiterentwicklung dessen ist, was wir an Liegenschaftspolitik in der letzten Wahlperiode mit durchgesetzt haben.
Ich darf noch mal in Erinnerung rufen: Bis 2012 war es üblich, dass das Land Berlin versucht hat, möglichst viele Flächen zum Tagespreis zu verkaufen. Erst mit unserer gemeinsamen Aktion konnten wir die sozialdemokratischen Kolleginnen und Kollegen dann überzeugen, da haben wir gesagt: Das machen wir nicht mehr, sondern wir wollen über unsere Immobilienvermögen im Grunde selbst entscheiden können, wie wir sie verwenden, und über langfristige Erbbaurechtsverträge, über Vermietung und Verpachtung entsprechend mitgestalten können, damit nicht immer nur der zum Zuge kommt, der das größte Portemonnaie hat, sondern vielleicht auch mal der, der das beste Konzept hat.
Deswegen fanden wir es auch richtig, dass wir mit dem SODA-Vermögen eine entsprechende Struktur geschaffen haben, um diese Bestandsimmobilien dann noch entsprechend zu nutzen. Und natürlich ist es richtig, da auch der Bund, der Großgrundbesitzer in Berlin nach wie vor, seine Immobilien hier auf den Markt bringt, dass wir schauen, nach welchen Kriterien wir uns hier beteiligen und diese Grundstücke selber an Land ziehen.
Wir haben deswegen auch kein Problem mit der entsprechenden Qualifizierung, die Sie hier vorgegeben haben. Das darf eben nicht nur Wohnen sein, das ist auch Gemeinbedarf, das ist Verwaltungsnutzung, Gewerbe, Grünflächen. Deswegen können wir diesem Antrag am Ende auch zustimmen. Was wir allerdings erwarten und wo wir bisher auch schon ein entsprechendes Umsetzungsdefizit sehen, ist die Frage, wie man konkret diese Worte und Ideen mit Leben erfüllt. Und da muss man sagen, da fehlt es ein Stück weit. Sie haben bei den Gelegenheiten, die sich bieten, vorhandene Möglichkeiten bislang nicht ausgenutzt. Ich will an der Stelle auch noch mal sagen: Wir hatten uns in der Vergangenheit damals schon dafür eingesetzt – das ist an dem damaligen Finanzsenator in Berlin gescheitert, der Kollege Saleh wird sich daran noch erinnern –, dass man z. B. Grundstücke wie am Holzmarkt, die der BSR gehörten, ins Landesvermögen holt und nicht einen externen Verkauf betreibt. Das ist damals gescheitert. Und ein Teil der Diskussion, die wir heute führen, hat die Ursache darin, dass wir das damals nicht rechtzeitig umsetzen konnten.
Genauso gibt es heute andere Dinge, die wir im Grunde genommen nutzen könnten. Ein großes Beispiel für eine neue, moderne Liegenschaftspolitik, wo wir eben auch
nicht verkauft haben, ist die Alte Münze. Auch hier kriegen wir leider nicht hin, quasi eine moderne Umsetzung der Liegenschaftspolitik zu organisieren, weil der Kultursenator daraus einen Kulturgemischtwarenladen mit hohem Subventionsanteil machen will. So kann man Chancen einer neuen Liegenschaftspolitik vertun. Und deswegen haben wir hier den dringenden Appell und werden das auch im Rahmen der Haushaltsberatungen noch mal konkreter hinterfragen, was das jetzt konkret für die einzelnen Fachressorts und für die Umsetzung einer modernen Liegenschaftspolitik bedeutet.
Der sinnlose zerstückelte Ankauf von unsanierten Wohnimmobilien zu Höchstpreisen – davon halten wir in der Tat nichts. Aber dass wir uns genau anschauen, an welcher Stelle in welcher Gegend hier im Land Berlin aus strategischen Gründen für entsprechende Fachbedarfe auch einmal Grundstücke ankaufen und dass wir uns mit dem Bund auch im Rahmen einer Gesamtstrategie darüber verständigen, welche Immobilien zur Arrondierung und für eine entsprechende inhaltliche Nutzung im Landesvermögen Sinn machen, das finden wir allerdings richtig. Und wir erwarten auch, dass mit dem Bericht, der schon relativ zeitnah zur Sommerpause angekündigt wurde, dann die Diskussion zu dem Thema konkreter wird. Wir hoffen, dass Sie die Idee, die, wie gesagt, eine Weiterentwicklung dessen ist, was wir in der letzten Wahlperiode begonnen haben, auch mit dem nötigen inhaltlichen Tiefgang und mit dem nötigen Konzept umsetzen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Goiny! Wenn wir ein kommunales Vorkaufsrecht von Wohnungen in Milieuschutzgebieten nutzen, dann ist das natürlich kein Instrument strategischer Grundstückspolitik, sondern das ist ein stadtentwicklungspolitisches Instrument, es steht ja auch im Baugesetzbuch, weshalb wir das nutzen. Das hat möglicherweise einen Effekt, der auch grundstückspolitisch interessant ist, aber was die Motivation und Begründung betrifft, ist es ja erst mal nichts, was zu diesem Antrag gehört. Nur damit man die Argumente hier nicht so durcheinanderbringt.
Die Stadt wächst, mit ihr die Anforderungen an die Liegenschaftspolitik. Wir brauchen immer mehr Flächen für die Funktionen der Stadt und gleichzeitig geraten die bestehenden Angebote der sozialen Infrastruktur überall dort unter Druck, wo sie vom Markt abhängen. Jeder kennt Beispiele, wo steigende Mieten und Verwertungsdruck auf Grundstücken dazu führt, dass soziale, dass
kulturelle Angebote nicht mehr aufrechterhalten werden können. Natürlich gilt Gleiches im Grundsatz auch für die strategischen Entwicklungsflächen der Stadt, für Grünflächen, für Frischluftschneisen, für Infrastrukturbedarfe.
Der öffentliche Grund und Boden erhält also eine immer größere Bedeutung für die Entwicklung der Stadt, und er ist ein natürlich begrenztes Gut. Normale Marktbeziehungen können hier schon deshalb nicht die Lösung sein, weil das Angebot eben nicht der Nachfrage folgen kann. Die Verfügungsmöglichkeiten über Grund und Boden sind aber entscheidend und ganz maßgeblich für die Entwicklungsmöglichkeiten einer Stadt. Wir wollen, dass sich diese Entwicklung am Gemeinwohl orientiert, und wir wollen deshalb eine weitgehend öffentliche Hoheit über den Grund und Boden.
Daraus ergeben sich für uns drei bodenpolitische Grundsatzentscheidungen. Erstens: Wir wollen grundsätzlich keinen öffentlichen Grund und Boden mehr verkaufen.
Hier sind, das haben Sie angedeutet, die ersten Schritte zur Abkehr von der Politik des Notverkaufs in einer Haushaltsnotlagestadt in den vergangenen Jahren, auch in vergangenen Koalitionen, gegangen worden. Wir führen das fort. Wir werden hier immer konsequenter. Aber, wir haben auch eine besondere Erfahrung in Berlin, gerade in Berlin. Noch vor zehn, vor 15 Jahren fand die Einschätzung breite Unterstützung, dass es sehr wohl sinnvoll ist, nicht mehr gebrauchte Grundstücke zu verkaufen und darüber einen Finanzierungsbeitrag für öffentliche Aufgaben zu leisten. Es bestand auch große Einigkeit darin, dass wir an Grundstücken im Moment keinen Mangel haben. Zehn, 15 Jahre später hat sich die Einschätzung grundlegend geändert, hat sich die Situation grundlegend geändert, aber die Grundstücke sind eben auch ganz grundlegend weg. Das bedeutet, dass wir in einer solchen Situation, gerade auch auf der Grundlage dieser Erfahrung, eine Liegenschaftspolitik betreiben müssen, die in dem Bewusstsein erfolgt, dass die Entscheidungen im Hier und Heute Auswirkungen haben. Wir wollen deswegen das Prinzip, öffentlichen Grund und Boden nicht mehr zu verkaufen, gesetzlich fixieren. Wir wollen ein Bodensicherungsgesetz, das auch das mittelbare Landesvermögen von Stiftungen und Körperschaften und Unternehmen umfassen soll.
Die zweite Grundsatzentscheidung: Wir können liegenschaftspolitisch nicht mehr von der Hand in den Mund leben und nur das öffentliche Eigentum betrachten, das wir unmittelbar brauchen. Wir benötigen also eine aktive Bodenvorratspolitik.
Der dritte Punkt: Wir brauchen, um das alles zu gewährleisten, eine aktive Ankaufspolitik. Das alles müssen wir begleiten mit einer Transparenzoffensive im gesamten
Feld dieser Politik. Nicht wenig wird in das Potenzial der landeseigenen Liegenschaften immer noch hineingeheimnisst. An vielen Stellen fehlt tatsächlich der Überblick. Die Stadtgesellschaft muss die Potenziale der Entwicklung der Stadt einschätzen können. Das braucht Öffentlichkeit, das braucht Beteiligung.
Die vorliegende Beschlussempfehlung betrifft vor allen Dingen die Punkte Vorrats- und Ankaufspolitik. Hier müssen wir einerseits immer wieder die haushaltsmäßigen Voraussetzungen schaffen, aber neben der Bereitstellung von Haushaltsgeld wollen wir auch darüber reden, wie wir Investitionen in den Ankauf von Grund und Boden über Kreditaufnahmen finanzieren können.
Es geht um folgende Punkte: Erstens: Wir brauchen eine bessere Hinterlegung von Fachbedarfen für eine aktive Ankaufspolitik. Wir brauchen darüber hinaus aber auch eine Ankaufspolitik, die Reserveflächen über den unmittelbaren Fachbedarf hinaus in den Blick nimmt. Wir brauchen also eine Prüfung, ob etwas aus stadtentwicklungspolitischer Sicht als Reservefläche geeignet ist, neben der Prüfung, ob unmittelbar ein Fachbedarf besteht.
Zweitens: Wir brauchen ein Instrument für die Ankaufspolitik. Einerseits wollen wir das SODA dafür als Vermögenspool weiterentwickeln und andererseits brauchen wir dafür auch ein effektives Entscheidungsregime. Das ist eine Herausforderung. Es steht sowohl die Frage im Raum, wie die Ressourcensteuerung stattfinden soll, als auch die Frage, wie wir einen kurzfristigen, effizienten und immer gelegenheitsbezogenen Prozess gestalten wollen, und wer darin einbezogen werden soll.
Mit diesem Antrag beauftragen wir den Senat, einen wichtigen Baustein zur Weiterentwicklung der Liegenschaftspolitik konzeptionell zu untersetzen. Weitere werden folgen. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als wir den vorliegenden Antrag im Februar dieses Jahres in erster Lesung besprochen haben, habe ich bereits vor vielen Unschärfen in den Formulierungen gewarnt und gehofft, dass sich diese in den Ausschussberatungen klären lassen. Dem ist leider nicht so, und deshalb werden wir dem Antrag auch nicht zustimmen.