Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

Im Gegenteil! Mit einem solchen Antrag, Herr Czaja, der mit mangelnder fachlicher Sorgfalt eingebracht wurde, entschleunigen Sie die Parlamentsarbeit. Sie blockieren sie, indem Sie sinnlose Anträge einbringen. – Ich danke!

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Scholtysek. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass ich heute ausgerechnet mit den Linken einer Meinung sein werde, hätte ich mir auch nicht träumen lassen.

(Dr. Michail Nelken)

[Mario Czaja (CDU): Das politische Spektrum ist weit!]

Liebe FDPler! Ganz ehrlich: Ich weiß nicht so recht, was Ihr Antrag bringen soll.

[Torsten Schneider (SPD): Die serielle Antragsfertigung der FDP!]

Sie möchten, so schreiben Sie in dem Antrag, die referenzielle Baugenehmigung, also die Typengenehmigung, in der Berliner Bauordnung verankert haben. Und Sie wissen und schreiben selber in Ihrer Begründung zum Antrag, dass in der Berliner Bauordnung bereits das Genehmigungsfreistellungsverfahren enthalten ist. Das ist schon ein stark vereinfachtes Genehmigungsverfahren.

[Sebastian Czaja (FDP): Es gibt noch einfachere!]

Und Sie schreiben selbst, dass der einzige Unterschied zwischen den bereits existierenden Genehmigungsfreistellungsverfahren und dem von Ihnen geforderten Baugenehmigungsverfahren nur marginal ist und sich lediglich auf bestimmte Gebäudeklassen bezieht, nämlich auf Sonderbauten.

[Sebastian Czaja (FDP): Schön, dass Sie den Antrag kennen!]

Sonderbauten, wie der Name schon sagt, sind Bauten mit besonderen Anforderungen: Hochhäuser, Krankenhäuser, Justizvollzugsanstalten, aber auch Gebäude mit einer bestimmten Größe, nämlich mit mehr als 1 600 Quadratmetern Bruttogeschossfläche. Und alles, was nicht in diese Kategorie fällt, kann schon jetzt nach einem einfachen Verfahren gebaut werden. Das findet sich auch alles in § 63 Berliner Bauordnung. Das heißt, Ihr Anliegen ist zumindest in Bezug auf eine erhoffte Beschleunigung des Bauprozederes schlichtweg überflüssig. Dass Sonderbauten weiterhin besser und gesondert geprüft werden sollten, ich denke, da sind wir uns durchaus einig.

[Sebastian Czaja (FDP): Ach, jetzt doch!]

Es ist also somit aus meiner Sicht in der Bauordnung schon alles gut geregelt, zumindest, was das Genehmigungsverfahren betrifft. Wenn Sie aber meinen, dass es nach Ihrem Verfahren trotzdem eine wesentliche Beschleunigung nicht nur im Verfahren, sondern konkret beim Bauen bringt, dann lassen wir uns das gern noch einmal im Ausschuss von Ihnen darlegen, und dann schauen wir mal. – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Torsten Schneider (SPD): Das glaube ich nicht!]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Otto. – Bitte!

[Sebastian Czaja (FDP): Das geht auch um Holzbauten! – Torsten Schneider (SPD): Damit sind eure Gemeinsamkeiten auch schon verbraucht!]

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren hier im Raum, auf den Tribünen und zu Hause am Fernsehgerät oder am Computer! Wir reden über Bauen, und für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen kann ich hier noch mal sagen, weil das nicht immer alle verstanden haben: Für uns ist Wohnungspolitik in Berlin: bauen, kaufen, regulieren. – Das sind die drei Elemente. Die sind für uns zentral, und darum geht es natürlich auch bei diesem Tagesordnungspunkt.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Sebastian Czaja (FDP): Das ist eure Politik!]

Diese Typenbaugenehmigung, die Sie hier vorschlagen, in die Debatte eingeführt haben, Herr Czaja, ist natürlich etwas, das ist völlig klar, das in der Bauordnung kommt. Das ist in anderen Bauordnungen schon in der Debatte. NRW hat das gemacht, in Hamburg ist das ein Thema, und das kommt auch bei uns.

[Sebastian Czaja (FDP): Wann denn?]

Das ist Musterbauordnung. Das werden wir in der nächsten Novelle in die Bauordnung einbauen, und insofern ist die Anregung sinnvoll, aber auch redundant.

Wir haben festgestellt: Bei der Typensache, worum geht es da eigentlich? – Das ist das Thema, dass man die Statik von einem Gebäude einmal durchrechnet und das beim zweiten Mal nicht noch mal tun musst. Es kann auch sein, dass man den Brandschutz durchrechnet, dass man den Feuerwiderstand der Wandelemente, die Sprinkleranlage und alles andere einmal plant und das mehrfach verwendet. Das kann man machen. Das ist insbesondere sinnvoll, wenn man festgesetzte Bebauungspläne hat, dass man dann ähnliche oder gleichartige Gebäude aufstellt. Wir haben das Problem, dass wir nicht überall Bebauungspläne haben, dass man dann mit den Typen unter Umständen nicht so hantieren kann, wie es in der Theorie hier klingt, aber trotzdem, denke ich, werden auch Typen kommen.

Wir werden uns aber damit auseinandersetzen müssen, und da höre ich schon die Architektenkammer, ob wir denn überall gleichartige Gebäude haben wollen. Man muss aufpassen, dass nicht ganz Berlin einheitlich aussieht. Das will keiner, wir müssen auch Architektur haben, und wir müssen auch das bei Typen berücksichtigen. Das heißt, wir wollen keine Einheitsbauten, sondern wir wollen modulare Bauten, die auch immer verschieden aussehen können. Darum geht es, und wir wollen schneller bauen. Wer schneller bauen will, baut natürlich am besten mit Holz, völlig klar.

[Beifall bei den GRÜNEN – Lachen bei der CDU und der FDP]

Danke für den Beifall von allen Seiten. Das ist doch völlig klar. Das haben bloß noch nicht alle verstanden,

(Frank Scholtysek)

[Sebastian Czaja (FDP): Das stimmt! – Zuruf von Stefan Franz Kerker (AfD)]

nicht nur wir als Bündnis 90/Die Grünen, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen, und für diese Nachhaltigkeit wird jeden Freitag, sicherlich auch morgen, hier in Berlin demonstriert. Das ist eine Unterstützung für ökologisches Bauen, für Nachhaltigkeit in der Stadtentwicklung, im Bauwesen und in dieser Stadt Berlin. Das sind Leute, die das erkannt haben.

[Zuruf von Sebastian Czaja (FDP)]

Die haben mehr erkannt als Sie, dass es um ökologische Fragen geht, heute und für die zukünftigen Generationen. Es ist für uns zentral, dass wir mit ungiftigen Stoffen bauen, dass wir keinen Raubbau bei Bodenschätzen machen. Der Kies ist demnächst alle, den Sie für Beton benötigen. Damit muss man sparsam umgehen.

[Frank Scholtysek (AfD): So ein Quatsch!]

Wir wollen, dass nachwachsende Rohstoffe, Baustoffe verwendet werden. Holz ist einer davon. Man kann auch mit Stroh und Lehm operieren. All das ist möglich, passiert in Berlin viel zu wenig. Wir wollen da mehr machen, und da wird auch mehr passieren. Wer schneller bauen will, der fängt mit Holz an. Wir haben schon im vergangenen Jahr etwas an der Bauordnung verändert. Wir haben Holzgebäude in Gebäudeklasse 5 ermöglicht. Gebäudeklasse 5 heißt, dass man bis 22 Meter Holz verbauen kann. Wir wollen, als Bündnisgrüner kann ich das hier sagen, bei der nächsten Novelle noch mehr Dinge an der Bauordnung ökologischer machen. Wir wollen zum Beispiel, dass Solaranlagen auf die Dächer kommen.

[Sibylle Meister (FDP): Und wann macht ihr das auf den Schulen?]

Das ist ganz wichtig. Wer in der Stadt ökologischer bauen will, wer die Energieerzeugung klären will, der muss in der Bauordnung stehen haben, dass überall Solaranlagen sind, der muss sich auch darüber Gedanken machen, dass die Häuser rund herum begrünt sind. Wir müssen – das war heute schon Thema bei dem Begrünungsplan für Berlin, das hat die Senatorin in der Fragestunde erläutert – Gebäude begrünen, Solaranlagen auf das Dach stellen, ungiftige Stoffe verwenden. All das sind Themen für die nächste Novelle der Bauordnung. Dafür werden wir uns einsetzen, und dann werden wir sicherlich auch dieses Thema der Typen noch mal diskutieren.

Meine Damen und Herren von der FDP! Wie schon eingangs gesagt: Man kann darüber diskutieren, aber der Antrag ist insofern redundant. Das Typenwesen kommt bei der nächsten Novelle, denke ich. Das können wir heute zusichern.

Insofern, lassen Sie uns auf die ökologischen Fragen gucken. Das ist interessanter. Es ist an der Stelle viel dringender, dass wir da etwas tun, und auch das ist Bauordnung. Das ist Baupolitik in Berlin. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und der LINKEN]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter! Sie haben das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDP möchte mit ihrem Antrag erreichen, dass Baugenehmigungen beschleunigt werden. Das ist gut und richtig und findet meine Unterstützung. Die Frau Bausenatorin Lompscher kündigte bei ihrem Amtsantritt an, 30 000 Wohnungen bauen zu wollen. Der Presse entnahm ich, dass jetzt, in der Halbzeit, 7 000 in der Realisierung sind. Alles, was das Bauen in Berlin beschleunigt, ist gut für Berlin.

[Sibylle Meister (FDP): Wie bei Flüchtlingsheimen?]

Als langjährige SED-Genossin hat Katrin Lompscher Erfahrungen mit der Planerfüllung eines von der Partei vorgegebenen Planes. Dessen Erfüllung wurde zur Nachrichtenzeit in der „Aktuellen Kamera“ von Angelika Unterlauf verkündet. Frau Genossin Lompscher! Falls es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein sollte: Die DDR brach am 9.11.1989 vorwiegend aus wirtschaftlichen Gründen zusammen. – Dies ist 29 Jahre her, und die jüngeren Kollegen hier werden vielleicht nur noch fragmentarische Erinnerungen an den SED-Staat haben.

Zur Weihnachtszeit kommt meistens im Fernsehen der schöne Spielfilm „Doktor Schiwago“ im Programm. Davon ist mir eine Szene besonders gut in Erinnerung geblieben: Doktor Schiwago kehrt aus dem Krieg heim und muss feststellen, dass sein Haus in Moskau von fremden Leuten besetzt ist. Die Kommissarin „vom“ Komitee zur gerechten Aufteilung des Wohnraums weist Doktor Schiwago und seiner Familie ein Zimmer seines Hauses zum Aufenthalt zu.

Herr Wild! Würden Sie bitte zum Antrag reden.

Frau Lompscher! Sie mögen zwar glauben, dass auf diese Weise die Berliner Wohnungsprobleme zu lösen sind. Ich aber sage Ihnen: Ihr Versuch, Ihre politische Suppe auf der Flamme der sozialen Unzufriedenheit zu kochen, wird scheitern.

[Lachen bei der LINKEN und bei der FDP–

Tosender Beifall! –

(Andreas Otto)

Das war wild, Wild! –

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