Protokoll der Sitzung vom 06.06.2019

Ja, wir haben in Deutschland mit die höchsten Energie- und Stromkosten. Es wurde auch über die Ursachen gesprochen, und daran sieht man auch, dass es, wenn wir hier über die Energiewende sprechen, problematisch ist, wenn man sich nur einseitig auf ein Ziel fokussiert; man muss eben andere Dinge mitbedenken. Die soziale Flanke bei dem Thema muss man eben auch mitberücksichtigen.

[Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Und es ist eben auch klar, dass Menschen mit geringem Einkommen und Transferleistungsempfänger besonders belastet werden durch hohe Strom- und Gaskosten.

Nun zu dem Antrag: Mein Vorredner Schultze-Berndt hat vollkommen recht, das ist vor allem ein sozialpolitisches Thema, als Sie noch zu dem Antrag gesprochen haben. Da haben Sie vollkommen recht. Insofern ist das auch der richtige Ansatzpunkt, das als sozialpolitisches Problem zu sehen. Und da gibt es ein Sammelsurium in diesem Antrag. Wir sollten zunächst mal festhalten, es gibt auch heute schon einen gesetzlichen Schutz vor unberechtigten oder vorschnellen Strom- und Gassperren, es gibt auch heute schon eine Härtefallregelung für solche Fälle, dass Personen dringend auf Strom angewiesen sind, auch wenn Kinder im Haushalt sind. Also wenn das teilweise von den Vorrednern so dargestellt wurde, als könnte man von heute auf morgen Strom abstellen, so ist es ja nicht. Also reden wir eher über Modifikationen. Und nun sehe ich in Ihrem Antrag ein Programm, ich würde das mal ein Sozialprogramm zulasten Dritter nennen. Denn Sie wollen, dass auf Bonitätsprüfung verzichtet wird. Das heißt also, höheres Risiko, höhere Zahlungsausfälle. Sie wollen die Zahlungsrückstände, auf deren Beitreibung verzichtet wird, auf 200 Euro erhöhen. Und gleichzeitig schließen Sie eine Kompensation aus Haushaltsmitteln aus. Und das finde ich wohlfeil. Wenn wir sozialpolitisch aktiv werden wollen, dann müssen wir das auch bepreisen, dann gehört es in den Haushalt hinein.

[Beifall bei der FDP]

Es verstößt gegen das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“, und das gilt auch für Sozialleistungen. Was mich auch daran stört, ist: Wenn wir diese Kosten so kaschieren, dann haben wir den Effekt, dass das eine Dauerlösung wird. Und das darf es natürlich nicht sein. Menschen, die Strom und Gas nicht bezahlen können, müssen so schnell wie möglich Hilfe zur Selbsthilfe erhalten, damit sie das eben wieder tun können.

[Beifall bei der FDP]

Der wirkliche Kritikpunkt an diesem Antrag: Es ist wieder kaschierte Sozialpolitik zulasten Dritter, eben der Versorger, was dann am Ende auch die anderen zu bezahlen haben. Das Geld kommt ja nicht von irgendwo her. Das müssen dann die anderen Kunden bezahlen.

Sie haben ja ein bisschen gehofft, dass wir auch etwas Positives sagen. Ich möchte dem ja auch entsprechen. Es ist die letzte Plenarsitzung, ich bin freundlich drauf.

(Karsten Woldeit)

[Heiterkeit bei der FDP]

Die Einrichtung eines Runden Tischs mit den Beteiligten finde ich richtig. Das müsste man aber konkretisieren. Es wird da noch nicht ganz deutlich, mit wem. Ich würde sagen, vor allem Jobcenter müssten dabei sein, Schuldnerberatungen müssten eine wesentliche Rolle bekommen. Härtefallfonds wie in Hannover müsste man auch prüfen. Da gibt es Berichte. Ich habe auch durch Gespräche erfahren, was dort hilfreich wäre bei diesen Strom- und Gassperren: eine frühzeitige Information der Versorger, dass es dort hängt. Das ist datenschutzrechtlich ein Problem. Aber das ist ein Problem, das angegangen werden muss. Je früher ein Versorger weiß, dass Härtefälle ausgelöst werden können durch Stromsperren, umso besser, umso eher kann man das vermeiden. Insofern sehe ich da durchaus Ansatzpunkte, um ins Gespräch zu kommen. Aber wir sind für Transparenz und nicht für kaschierte Sozialpolitik. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt bis zu drei Minuten. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

[Zuruf von der LINKEN: Tun Sie uns einen Gefallen und lassen Sie es!]

Verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Immer mehr Berliner sind nicht in der Lage, ihre Gas- und Stromrechnungen zu bezahlen. Die Folge ist, dass die Energieversorger den Betroffenen dann die weitre Lieferung verweigern und sperren. Nun will die Landesregierung die Härten, welche daraus erwachsen, mildern. Das ist sozial oder wenigstens bemüht. Für den sozialen Gedanken habe ich viel übrig. Die deutschen Strompreise stiegen von 2005 bis heute etwa um 100 Prozent, sogar noch ein bisschen mehr, in den USA stieg der Preis in der gleichen Zeit nur um einige Dollarcent. Worin unterscheidet sich die amerikanische Energiepolitik von der deutschen?

[Stefan Ziller (GRÜNE): Die haben Dollar, wir haben Euro!]

In dieser Zeit setzte unsere alternativlose Kanzlerin unter dem Beifall der hier versammelten Regierungsparteien ihre sogenannte Energiewende um. Kritik von Ihnen kam doch nur dahingehend, dass die Energiewende nicht schnell genug und nicht radikal genug vonstattenginge. Kein anderer als Sie selbst sind es also, die Verantwortung dafür tragen, dass Menschen mit niedrigen Einkommen heute ihre Strom- und Gasrechnungen nicht mehr bezahlen können. Sinnbildlich betrachtet haben Sie

also ein Haus in Brand gesteckt und führen nun Klage darüber, dass die Feuerwehr nicht schnell genug ausrückt. Manch einer mag Ihr Verhalten Heuchelei nennen. Ich hingegen differenziere.

[Lachen bei den GRÜNEN – Torsten Schneider (SPD): Dafür sind Sie ja bekannt!]

Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen, welche direkt von der Schulbank über das Parteibüro ins Parlament gewechselt sind, direkt ansprechen. Sie kennen das reale Leben gar nicht und auch nicht die Sorgen und Nöte von Berufstätigen. Möglicherweise haben sie mangels Lebenserfahrung nach den Regeln der Dialektik die Zusammenhänge von selbstveranlassten Maßnahmen, ihrem Tun und den daraus resultierenden Folgen gar nicht erkannt, oder sie bringen Ursache und Wirkung durcheinander. Die Aufzucht und Pflege eines neuen bürokratischen Monsters wird den Betroffenen, die nun ohne Strom und Gas in ihren Wohnungen ausharren, nicht helfen. – Danke schön!

[Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Betriebe und mitberatend an den Ausschuss für Integration, Arbeit und Soziales sowie an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Tagesordnungspunkt 4 war die Priorität der Fraktion der SPD unter der lfd. Nr. 3.4.

Ich rufe nun auf

lfd. Nr. 4 A:

Zweites Gesetz zur Änderung zuständigkeitsrechtlicher Vorschriften

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 3. Juni 2019 Drucksache 18/1983

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1519

Zweite Lesung

Der Dringlichkeit hatten Sie eingangs bereits zugestimmt. Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel 1 bis 4 der Gesetzesvorlage und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Widerspruch dazu höre ich nicht. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Fachausschuss empfiehlt einstimmig mit den Stimmen aller Fraktionen die Annahme. Wer die Gesetzesvorlage auf Drucksache 18/1519 annehmen

(Florian Swyter)

möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen und ein fraktionsloser Kollege. Gegenstimmen und Enthaltungen sehe ich nicht. Damit ist das Gesetz einstimmig beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4 B:

Gesetz zu dem Staatsvertrag zwischen dem Land Berlin und dem Land Brandenburg über die Freistellung von ehrenamtlich Engagierten in den Freiwilligen Feuerwehren und im Katastrophenschutz

Dringliche Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 3. Juni 2019 Drucksache 18/1984

zur Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1851

Zweite Lesung

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. – Ich eröffne die zweite Lesung der Gesetzesvorlage. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung und die Artikel 1 und 2 der Gesetzesvorlage sowie den anliegenden Staatsvertrag und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. – Der Fachausschuss empfiehlt einstimmig – mit den Stimmen aller Fraktionen – die Annahme. Wer der Gesetzesvorlage auf Drucksache 18/1851 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch nicht. Damit ist das Gesetz beschlossen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 5:

Gesetz zur Änderung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung in Berlin

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1928

Erste Lesung

Ich eröffne die erste Lesung der Gesetzesvorlage. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Empfohlen wird die Überweisung der Gesetzesvorlage an den Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. – Da ich keinen Widerspruch höre, verfahren wir so.

Ich komme zu

lfd. Nr. 6:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher und haushaltsrechtlicher Vorschriften

Vorlage – zur Beschlussfassung – Drucksache 18/1929