Protokoll der Sitzung vom 15.08.2019

Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2083

Änderungsantrag der AfD-Fraktion Drucksache 18/2083-1

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/2083-2

Der Dringlichkeit haben Sie bereits eingangs zugestimmt. – In der Beratung beginnt die Fraktion der CDU. Herr Abgeordneter Evers, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Dubiose Immobiliendeals, Stasi-Seilschaften, sozialistische Altkader mitten im Geschäft, was klingt wie ein Treuhandskandal der Neunzigerjahre, ist in Wirklichkeit linke und grüne Regierungspolitik im Berlin des Jahres 2019. Das Rezept dieser Regierungspolitik ist so einfach, wie es perfide ist: Erst heizen Sie die Wohnungskrise an,

[Steffen Zillich (LINKE): Genau!]

als nächstes schüren Sie nach Kräften und mit allen Mittels des modernen Populismus die Ängste und Sorgen von Mieterinnen und Mietern in der Stadt,

[Steffen Zillich (LINKE): Ja, genau!]

und obwohl Sie selbst alle Möglichkeiten hätten und auch weiterhin haben werden, etwas für gerechte Mieten in der Stadt zu tun, und gute, zielführende Vorschläge dafür liegen gerade von unserer Seit auf dem Tisch des Hauses,

[Steffen Zillich (LINKE): Aha!]

obwohl Sie diese Möglichkeiten haben, geschieht etwas anderes. Wenn die Not am größten ist, dann vereinen sich alte und neue Sozialisten unter dem Regierungsbanner und schmettern: Wir holen uns die Stadt zurück! – Dazu kann ich nur sagen: Gott und die Gerichte mögen uns davor bewahren.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Bernd Schlömer (FDP)]

Wenn man sich genauer anschaut, wer sich da eigentlich die Stadt zurückholen will, dann wird es ganz schnell unappetitlich. Man muss dem „Tagesspiegel“ dankbar sein für den Mut und die Genauigkeit, mit der er das Unwesen herausgearbeitet hat,

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Ha, ha!]

(Sibylle Meister)

das sich hinter der so berühmten DIESE eG und sicherlich noch einer Reihe anderer Vorfälle und gerade hinter den Vorkaufsorgien Ihres grünen Stadtrats in Friedrichshain-Kreuzberg verbirgt.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Der rettet Häuser! Wie schrecklich!]

Abgesehen davon, dass ich überteuerte Immobilienvorkäufe schon für sich genommen als ein unseriöses Geschäft zulasten des Steuerzahlers werte, was sich inzwischen auch in der Zurückhaltung gerade der landeseigenen Gesellschaften und auch der verlässlichen Genossenschaften in dieser Frage zeigt, Sie erbringen den Beweis: Schlimmer geht es immer!

Was in Friedrichshain-Kreuzberg und ganz aktuell auch in Tempelhof-Schöneberg passiert, das hat eine neue und – wie ich finde – verwerfliche Qualität, und den Geist von Rechtsstaatlichkeit, den atmet das nicht mehr. „Legal, illegal, scheißegal“ –, das ist nicht mehr nur ein antifaschistischer Songtext, das sind die Richtlinien Ihrer Vorkaufspolitik.

Wenn sich sozialistische Altkader, Ex-Stasioffiziere und Berlins Regierende zusammenschließen, um Mieterinnen und Mieter in hoch riskante Immobiliendeals zu verwickeln, dann ist, wie ich finde, Aufklärung des Parlaments gefragt.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Wenn grüne und rote Bezirksfürsten ihre tatsächlichen und vielfach nur vermeintlichen Möglichkeiten missbrauchen, um fragwürdigen Käufern ohne solide Finanzierung Immobilien zuzuschustern, dann dürfen wir nicht tatenlos zuschauen. Denn die Leidtragenden dieser Politik, das werden wieder einmal die Mieterinnen und Mieter sein. Wenn das Kartenhaus der DIESE eG zusammenklappt, dann sind es die Mieterinnen und Mieter, die darunter begraben werden, und keiner von uns hier im Haus.

Dass Sie sich im Hauptausschuss, liebe Kollegen von der SPD, von Linken und Grünen hinter die Fichte haben führen lassen, das überrascht hier keinen mehr. Aber ich finde, als Parlament insgesamt dürfen wir diesem Beispiel nicht folgen. Wir haben eine Verantwortung dafür, dass die Hintergründe dieser bizarren Geschäfte in Friedrichshain-Kreuzberg aufgeklärt werden.

[Zuruf von der LINKEN: Das ist doch alles Quatsch!]

Warum sie bizarr sind, ich glaube, um all diese Merkwürdigkeiten hier aufzuzählen, dafür wäre die Redezeit denn doch zu kurz. Aber allein die personelle Verflechtung zwischen der Senatorin für Stadtentwicklung und vielen anderen Funktionsträgern der Linkspartei und der DIESE eG sollte ausreichen, um von weiteren Deals zum jetzigen Zeitpunkt entschlossen Abstand zu nehmen.

Stattdessen gehen sie munter weiter, was einer der Gründe dafür ist, weshalb wir den Antrag schon heute noch

einmal zu ändern vorschlagen. Allein in der Zeit zwischen der Formulierung des Antrags, dem Aufdecken dieser merkwürdigen Deals und unserer heutigen Beratung sind zwei weitere Geschäfte zu Tage gefördert worden. Ich finde, es ist an der Zeit, das Parlament dazu aufzurufen, diesen Seilschaften ein Ende zu setzen, aufzuklären, Transparenz zu schaffen.

Ich zitiere einmal die geschätzte Kollegin Spranger, die sich vermutlich aus gutem Grund der Debatte fernhält:

Ich bin von dem, was bisher an die Öffentlichkeit gedrungen ist, geschockt.

Liebe Frau Spranger! Das gilt auch für mich. Das sollte für uns alle gelten. Ich finde, deswegen sollten wir heute ein Stopp-Zeichen setzen. Lassen Sie uns für Aufklärung, für Transparenz sorgen, denn nichts anderes dürfen die Berlinerinnen und Berliner von uns erwarten! – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU]

Für die Fraktion der SPD hat das Wort der Abgeordnete Schneider – bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Die Genossenschaften in Berlin sind ein echter Partner unserer Wohnungspolitik, sie verfügen über 12 Prozent des Bestandes, und deshalb weise ich die mittelbar zum Ausdruck kommende allgemeine Stigmatisierung von Genossenschaften zurück!

[Beifall bei der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN – Burkard Dregger (CDU): Die nicht stattfindet!]

Wir brauchen trotzdem eine Einordnung hinsichtlich des Vorkaufsrechtes, denn hier geht es ja nicht um die Privilegierung von Grundstückserwerben usw. Dazu hat die FDP heute hier schon etwas gesagt. Deshalb will ich wiederholen, was ich an dieser Stelle schon einmal gesagt habe: Veräußerungen in Berlin im Grundstücksbereich ca. 20 Milliarden Euro im Jahr – ohne Share Deals. Das bedeutet, Tendenz nach oben und nicht nach unten. Zur Verfügung stehende Gelder zur Unterstützung des Vorkaufsrechtes: 100 Millionen Euro – und nicht pro Jahr, sondern dauerhaft. Das zeigt, dass die Ausübung eines kommunalen Vorkaufsrechts in den sogenannten Milieuschutzgebieten, also Gebieten, in denen es Erhaltungssatzungen gibt, keine Strategie sein kann, sondern ein punktuelles Zugreifen, um Exzesse zu verhindern. Diese Einordnung ist für die SPD signifikant. Da unterscheiden wir uns auch innerhalb der Koalition nach meiner Wahrnehmung – und das wird auch so bleiben.

(Stefan Evers)

Ich habe einigen Respekt vor der Dialektik unserer grünen Partner, die an beiden Extremfeldern namhaft vertreten sind, Friedrichshain-Kreuzberg einerseits und

Steglitz-Zehlendorf andererseits, jeweils in politischer Verantwortung.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Das kennen wir von euch auch!]

Voraussetzung für diese Vorkaufsrechte sind Milieuschutzgebiete, die es in dem einen Fall viele und im andere gar nicht gibt. Das adressiere ich aber gar nicht an Steglitz-Zehlendorf, ich adressiere das an den Senat. Ich habe mit einigem Erstaunen die Presseberichterstattung wahrgenommen, in der der Vorschlag der SPD, Milieuschutzgebiete auf Berlin insgesamt auszuweiten, so denn die bundesrechtliche Kautelen vorliegen, verniedlicht wurde. Das zeugt von großer Sachunkenntnis. Das wissen jetzt inzwischen alle, jedenfalls nachdem der Senat eingeräumt hat: seit 20 Jahren bestehende Rechtslage! Der Senat könnte, wenn er wollte, und hat es bisher noch nie getan.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): 20 Jahre!]

Frau Kollegin Lompscher! Das wollen wir uns nicht mehr lange ansehen. Es gibt die Indikationen, jedenfalls dort, wo Bezirksverordnetenversammlungen so etwas diskutieren, muss der Senat genauer hinsehen und nicht nur irgendwelche kleinen B-Planverfahren an sich ziehen, sondern auch Milieuschutzgebiete. Das geht übrigens selbst dann, wenn es unterlassen wird, solche Gebiete auszuweisen.

[Beifall bei der SPD]

Wir wenden für die Milieuschutzgebiete im Durchschnitt – das sind die letzten Zahlen – rund 2 400 Euro pro Quadratmeter auf, wenn wir dort Vorkaufsrechte zugunsten der kommunalen Unternehmen bezuschussen. Das ist zufälligerweise exakt die gleiche Zahl, die die öffentliche Hand aufwendet, um Neubauvorhaben zu realisieren, jeweils pro Quadratmeter. Das wirft Fragen auf.

Für uns ist klar – das hat im Hauptausschuss gar keine Rolle gespielt –: Die Stigmatisierung der hier in Rede stehenden Gesellschaft ist so pauschal auch nicht haltbar, das wissen Sie auch, das bläst sich nur gut auf. Wir haben es mit einer atypischen Genossenschaft nach § 8 Abs. 2 Genossenschaftsgesetz zu tun, denn Genossen dürfen auch solche sein, die da gar nicht wohnen, sondern nur investieren. Insoweit ist das bundesrechtlich völlig legitim. Darüber hinaus hat das bei unseren Erwägungen im Hauptausschuss gar keine Rolle gespielt, abstrakt den Haushaltsansatz innerhalb des SIWA – Zuschuss zur Ausübung von Vorkaufsrechten – auch auf Genossenschaften auszuweiten. Aber begründend für unsere Überlegung war nur ein Effekt: Wenn wir an einen Punkt kommen, an dem es wirtschaftlich nach den derzeit geltenden Kautelen nicht mehr für die kommunalen Wohnungsgesellschaften zumutbar ist, in den Vertrag einzutreten, kann in der Zeichnung von Genossenschaftsantei

len genau diese Brücke genommen werden. Was wir aber als SPD nicht machen – und das ist von hoher Verbindlichkeit getragen –: Wir lehnen es ab, Mieterprivatisierung mit einem insgesamt brutto höheren Landes- und Steuerzuschuss zu finanzieren, als wir bezahlen müssten, wenn die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften

Volleigentum erwerben würden. Das kann man auch nicht mit dem Erwerb von Belegungsrechten gutreden. Dazu ist meine Meinung klar. Im Neubaufall haben wir 100 Prozent Belegungsrechte sofort. Im Vorkaufsrecht muss sich das erst durch Fluktuation ergeben. Das dauert ungefähr elf Jahre. Das ist kein wirtschaftliches Äquivalent.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Letzter Punkt: Ich habe auch gelesen, wir seien von einem Stadtrat überrollt worden. Ich äußere mich nie zu einzelnen Personen. Ich weise aber auf Folgendes hin: Einerlei, ob man sich § 3 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung durchliest, wonach Verpflichtungen nur bei einem Haushaltsansatzes eingegangen werden dürfen, oder ob man § 16, § 37 Abs. 1, 4 und 7 oder § 38 durchliest, ob das nun mittelbares oder unmittelbares Recht ist – auch im Bereich des SIWA, wo es dann der 4a ist –, es gab hier keinen Haushaltsansatz. Damit liegt ein klar haushaltswidriges Verfahren vor, wenn man die Altfälle betrachtet.

[Beifall bei der SPD, der CDU, der AfD und der FDP]