So viel zur „Nacht der Solidarität“. Die Leitlinien liegen vor, mit der Umsetzung wird jetzt begonnen. Ich hoffe, dass Sie sich auch daran beteiligen und dass Sie weiterhin
an den Strategiekonferenzen teilnehmen. Und ich sage noch mal: Es wird kein Papier von zeitloser Schönheit bleiben, sondern diese Leitlinien werden umgesetzt. Das wird lange dauern, denn das, was über Jahre hin nicht passiert ist, können wir nicht jetzt sofort ändern. Es wird ein Prozess sein, aber wir sind ihn angegangen, und wir werden ihn weitergehen.
Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen; sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten werden sie zurückgewiesen.
Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu. Eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden. Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Redepult zu kommen. Nachfragen werden von den Sitzplätzen gestellt. – Frau Spranger, Sie haben das Wort, bitte schön!
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat den CDUVorschlag einer Zuzugssperre und damit neue Mauern für Berlin zu errichten?
Herr Präsident! Frau Abgeordnete Spranger! Ich glaube, dass solche Äußerungen unserer Stadt schaden.
Ich habe das auch in den letzten Tagen immer wieder deutlich gemacht, dass ich glaube, dass wir uns auf diesen Erfolgen, die wir in Berlin haben, nicht ausruhen können.
Ich sage ausdrücklich, auch wegen politischer Entscheidungen der letzten Jahrzehnte in den unterschiedlichsten Konstellationen und Koalitionen.
Es wurden richtige Schwerpunkte gesetzt, z. B. in Adlershof oder in der Wissenschaftslandschaft. Es wurden Ansiedlungen und Investitionen möglich gemacht.
Es wurde der Messe- und Kongressstandort gestärkt. Alles das ist auch an objektiven Zahlen ablesbar, Herr Pazderski! Sie müssen sich nur mal mit Fakten beschäftigen
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Und Sie sollten nicht in Ihrer Infoblase bleiben!]
Ja, das ist eben das Schöne, dass man das ganz neutral beobachten kann, dass die Arbeitslosigkeit in den letzten 20 Jahren von 20 Prozent auf 7 Prozent zurückgegangen ist.
Doch, eben auch! Das ist genau der Fehler, den Sie machen. Das ist genau der Populismus, den wir zu Recht angreifen. Sie machen Demokratie und Politik verächtlich, obwohl von Politik und Verwaltung richtige Entscheidungen getroffen werden.
Das sage ich auch parteiübergreifend, das waren auch Verdienste der Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen und Klaus Wowereit, die für wirtschaftliche Entwicklung in unserer Stadt mit richtigen Entscheidungen gesorgt haben.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Mit der Flughafenfehlentscheidung! – Georg Pazderski (AfD): BER, alles toll! – Zuruf von der AfD: Berlin lebt von den Geldern aus Bayern!]
Aber – da sind wir an dem Punkt, den Frau Spranger anspricht – das ist keine Situation, auf der man sich ausruhen kann, sondern man muss daran arbeiten, dass man mindestens an dieser Situation festhält oder sie sogar
ausbaut. Das heißt, wir brauchen weitere Investitionen, weitere Arbeitsplätze in unserer Stadt, und wir brauchen wirtschaftliche Belebung. Insofern sage ich: Ich habe mich über die eine Aussage aus der CDU-Fraktion sehr geärgert, aber auch über andere Aussagen in den letzten Wochen.
Ich glaube nicht, dass es akzeptabel ist, dass einfach von heute auf morgen eine hohe dreistellige Millioneninvestition bei Karstadt am Hermannplatz vom Bezirksamt abgesagt wird. Das geht so nicht, um es mal ganz klar zu sagen.
[Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Zurufe von Georg Pazderski (AfD) und Frank-Christian Hansel (AfD)]
Ich glaube, wir sollten uns eher gemeinsam darüber freuen, dass es diese Investitionsbereitschaft gibt.
Der zweite Punkt ist, dass ich mich darüber geärgert habe und hier von meiner Seite ganz klar sagen will, dass wir weiterhin auch Werbung und Investitionen in den Tourismusstandort Berlin brauchen.
Auch das ist wichtig. Ich freue mich wahnsinnig darüber, das können Sie mir glauben, aus ganzem Herzen, wie schön es ist, dass wir inzwischen wieder Industrie in unserer Stadt haben, im Übrigen auch, weil sich die Politik aktiv diesem Thema zugewandt hat. Ich freue mich wahnsinnig darüber, wie erfolgreich wir bei Wissenschaft und Forschung sind. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir Arbeitsplätze in der Hotellerie oder Gastronomie nicht mehr brauchen.
Ganz im Gegenteil, wir brauchen auch in diesen Dienstleistungsbereichen Arbeitsplätze. Es sind Zehntausende bis hin zum Einzelhandel, die dort inzwischen gute Arbeit finden. Insofern ist es auch richtig, dass wir diesen Sektor weiter stärken. Und insofern ist auch klar, dass wir weiter Zuzug brauchen.
Wir brauchen kreative neue Köpfe in unserer Stadt. Wir brauchen Investitionsbereitschaft. Wir brauchen im wissenschaftlichen Umfeld Zuzug. Allein 200 000 Studierende in unserer Stadt sind Zuzug. 200 000 Studierende bedeuten Menschen aus aller Welt, die an diesen Standort kommen, die Berlin erleben und Berliner Kreativität, Innovation auch wieder in die Welt tragen. Und das ist gut für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins.
Insofern hoffe ich sehr, dass wir das parteiübergreifend deutlich machen, jenseits von Detailfragen, wo man unterschiedliche politische Positionen austragen kann, dass wir eben an weiterer guter wirtschaftlicher Entwicklung und an Zuzug, Internationalität und Offenheit in unserer Stadt interessiert sind. Und das geht bis in einzelne unternehmerische Fragen oder Ansiedlungswünsche hinein.
Ich habe mich auch darüber gefreut – ich sage das allerdings ohne Häme –, dass Berlin als Messe- und Kongressstandort offensichtlich so interessant ist, dass sogar die IAA überlegt, nach Berlin zu kommen. Und das ist gut für unsere Stadt. Das muss auch jeder mal erkennen.