Protokoll der Sitzung vom 31.10.2019

Viertens: Bislang sind die Zuständigkeiten bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht nach der Art der begangenen Delikte unterteilt. Das hat dazu beigetragen, dass weniger gravierende Delikte nicht verfolgt, sondern häufig eingestellt wurden. Die besondere Aufbauorganisation „Türsteher“ war von der rot-roten Koalition aufgelöst worden. Dieser Fehler muss revidiert werden. Wir brauchen Zuständigkeiten bei Polizei und Staatsanwaltschaft für die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, die sämtliche Delikte der Tätergruppen umfassen.

[Beifall bei der CDU]

Fünftens: Für die Bekämpfung ist speziell geschultes Personal in ausreichender Zahl bei Schutz- und Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft, Richtern, Rechtspflegern und

im Strafvollzug unerlässlich. Wir haben das beantragt, Sie haben das abgelehnt. Anstatt also die Ressourcen für ein nicht nur überflüssiges, sondern schädliches Landesbeamtendiskriminierungsgesetz zu verschwenden, sehr geehrter Herr Justizsenator,

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

sollten Sie sich endlich Ihrer Kernaufgabe zuwenden und Ihre Haushaltsmittel in die Stärkung der Staatsanwaltschaft und der Gerichte lenken.

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Zuruf von Dr. Michael Efler (LINKE)]

Sechstens: Durch die fortschreitende Digitalisierung kommen unsere Ermittlungsbehörden mit analogen Aufklärungsmitteln allein nicht mehr aus. Die nötige Technik für die Überwachung digitaler Kommunikation ist anzuschaffen und für die Bekämpfung schwerster Kriminalität vorbehaltlos nutzbar zu machen. Um sie aber nutzbar machen zu können, brauchen wir auch die erforderlichen Informatiker, Kommunikationstechniker, IT-Forensiker, Cyberkriminalisten und andere Spezialisten bei Polizei und Staatsanwaltschaft. Ich möchte Ihnen noch einmal ganz deutlich ins Gewissen reden: Sie haben das Glück, über so viele Haushaltsmittel zu verfügen wie keine Regierung Berlins vor Ihnen, überhaupt in der Geschichte dieses Landes.

[Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Erkennen Sie, dass die Durchsetzung von Recht und Ordnung die Kernaufgabe des Staates ist, bevor Sie die Interessen Ihrer Klientel durch haushaltspolitische Verantwortungslosigkeiten zu bedienen versuchen! Statten Sie Polizei und Justiz so aus, dass sie den Kampf gegen die OK nicht nur führen, sondern gewinnen können!

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos)]

Letzter Punkt – ich sehe schon, dass ich nicht mit allen 14 Punkten durchkomme –,

[Oh! von der SPD – Daniel Buchholz (SPD): Fehlt da vielleicht die Struktur?]

aber der letzte ist mir wichtig: Damit die Polizei die vorgeschlagenen technischen Mittel zur Gefahrenabwehr überhaupt einsetzen darf, muss unser Berliner Polizeirecht endlich modernisiert werden. Das Berliner Polizeirecht entspricht in keiner Weise den Anforderungen an ein modernes Polizeigesetz im digitalen Zeitalter. Es ist völlig unbegreiflich, dass die Berliner Polizei trotz starker organisierter Kriminalität weit weniger Befugnisse hat als jede andere Landespolizei in der Bundesrepublik Deutschland.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Sehr geehrter Herr Innensenator! Sie haben bereits vor über anderthalb Jahren vollmundig die nötigen gesetz

lichen Änderungen angekündigt. Passiert ist gar nichts. Noch immer darf die Berliner Polizei zu Zwecken der Gefahrenabwehr die Mobiltelefone von Schwerstverbrechern und Terroristen nicht orten, nicht einmal mit richterlicher Anordnung. Noch immer darf die Berliner Polizei zum Zwecke der Gefahrenabwehr die Telefone von Schwerstverbrechern und Terroristen nicht überwachen,

[Zuruf von Benedikt Lux (GRÜNE)]

nicht einmal mit richterlicher Anordnung.

[Stefan Evers (CDU): Unglaublich!]

Noch immer darf die Berliner Polizei zum Zwecke der Gefahrenabwehr die Messenger Chats von Schwerstverbrechern und Terroristen nicht mitlesen, nicht einmal mit richterlicher Anordnung. Glauben Sie eigentlich, dass Sie allein mit dem Ordnungsamt Neukölln den Kampf gegen die organisierte Kriminalität gewinnen können?

Ich möchte Sie bitten: Führen Sie diese Debatte ernsthaft!

[Zuruf von Dr. Wolfgang Albers (LINKE)]

Fallen Sie unserer Polizei und unserer Staatsanwaltschaft nicht ständig in den Arm –

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP]

Herr Kollege! Sie müssten zum Ende kommen!

sofort, Herr Präsident! Letzter Satz! –, wenn diese Recht und Ordnung für uns durchsetzen! Sehen Sie von Ihrem unsäglichen Landesbeamtendiskriminierungsgesetz ab!

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Statten Sie unsere Polizei endlich mit dem Personal, der Ausrüstung und den gesetzlichen Befugnissen aus, damit wir überhaupt ernsthaft von einem Kampf gegen die organisierte Kriminalität sprechen können! – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU, der AfD und der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für eine Zwischenbemerkung hat der Kollege Zimmermann das Wort.

Herr Präsident! Herr Kollege Dregger! Auch auf die Gefahr hin, dass Sie in der Replik noch mehr von Ihren Punkten vortragen können – wenn Sie noch welche haben –,

[Heiterkeit bei der SPD – Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Da waren ja keine!]

möchte ich doch auf die verschiedenen schrägen Aussagen antworten, die Sie vorgetragen haben.

[Beifall von Ülker Radziwill (SPD)]

Sie sagen, wir müssten mit einem koordinierten Vorgehen arbeiten und nicht nur mit dem Ordnungsamt Neukölln. – Gerade das ist der Ansatz unserer Strategie,

[Heiko Melzer (CDU): Noch nicht mal in Ihrer Koalition!]

dass wir alle staatlichen Landes- und bezirklichen Behörden in den Verbundeinsätzen zusammenfassen, damit genau die Informationen fließen und die Razzien gemeinsam stattfinden können. Wenn die Polizei nämlich dabei ist,

[Zuruf von Holger Krestel (FDP)]

sind natürlich Lebensmittelaufsicht, Finanzamt für Vergnügungssteuer etc. viel leichter bei der Arbeit. Also: Ein koordiniertes Vorgehen nicht nur mit dem Ordnungsamt, sondern mit allen Behörden wird, entgegen Ihrer Behauptung, erfüllt.

Zweitens – bundesweite Strategie: Der Innensenator hat jüngst auf der Innenministerkonferenz zusammen mit anderen Senatoren und Ministern eine Strategie verabredet, die unter anderem ein besser koordiniertes Vorgehen zwischen Bund und Ländern in diesen Fragen vorsieht. Dazu kann der Senator Näheres ausführen. Diese Strategie wird unter Beteiligung Berlins angegangen, wird also erfüllt.

Drittens – Türsteher seien nicht mehr verfolgbar oder so etwas, haben Sie erzählt: Wir haben als Koalition in den Nullerjahren die Voraussetzungen und die Eingriffsbefugnisse im ASOG erweitert, um der Polizei überhaupt die Instrumente an die Hand zu geben, um, wie sie gesagt haben, drei Problemgruppen besser verfolgen zu können – Nazis, Hooligans, Türsteher. Das haben wir in den Nullerjahren gemacht, nicht Sie! – Auch erfüllt!

Viertens – Personalzuwachs: Stimmen Sie unserem Haushalt zu!

[Zuruf von Henner Schmidt (FDP)]

Wir schaffen über 800 neue Stellen bei der Polizei. Wir schaffen sehr viele neue Stellen bei der Staatsanwaltschaft.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Schwadronieren Sie nicht nur darüber!

Digitale Technik: Der Bund hat vorgelegt. Dass bei DNA-Analysen weitere Merkmale verwendet werden können, ist Inhalt einer Vorlage im Bundeskabinett. Das dürften Sie wissen. Das könnte für den Strafverfol

(Burkard Dregger)

gungsbereich in Kraft treten und würde, wenn es kommt, die Ermittlungen tatsächlich erleichtern. Auch da ist nicht das Land der Adressat, sondern der Bund, und der handelt.

[Zurufe von Stefan Evers (CDU) und Holger Krestel (FDP)]