Protokoll der Sitzung vom 31.10.2019

[Zurufe von Stefan Evers (CDU) und Holger Krestel (FDP)]

Nächster Punkt: Sie sagen, wir könnten Mobiltelefone von Schwerverbrechern und Terroristen nicht abhören. Die Strafprozessordnung bietet all diese Maßnahmen, die Berlin selbstverständlich auf allen Ebenen auch anwendet. Was Sie meinen, ist ein kleiner Bereich, der im Berliner Landesrecht bei der Gefahrenabwehr noch zu betrachten ist.

[Stephan Standfuß (CDU): Ist aber wichtig!]

Das, was Sie aber suggerieren, dass in Berlin Mobiltelefone von Schwerkriminellen nicht abgehört werden können, ist absurd und führt die Öffentlichkeit in die Irre.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ein letzter Satz zum LADG: Das haben wir im Geschäftsgang, und wir werden es beraten. Sie können sicher sein, dass wir hier Regelungen finden, die vor allen Dingen der Polizei wie auch anderen, die im Vollzug stehen und die Aufgaben zu erledigen haben, die Arbeit nicht erschweren werden,

[Mario Czaja (CDU): Da sind wir gespannt!]

sondern sie im Gesamtkonzept unserer gesetzlichen Vorhaben erleichtern werden. Das wird unser Ziel sein, und das werden wir auch umsetzen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zuruf von Stefan Evers (CDU)]

Herr Kollege Dregger! Sie können erwidern – bitte schön!

[Frank-Christian Hansel (AfD): Jetzt kommen die restlichen Punkte!]

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Zimmermann! Ich stelle nicht in Abrede, dass Sie untaugliche Versuche unternehmen, um den Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu erleichtern.

[Heiterkeit und Beifall von Holger Krestel (FDP) und Franz Kerker (AfD)]

Dass Sie sich redlich bemühen, unterstelle ich Ihnen auch. Sie können aber nicht erklären, warum Sie unsere Anträge auf Stärkung gerade der Stellen im LKA zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens, die wir zusätzlich beantragt haben, abgelehnt haben.

[Beifall bei der CDU]

Das ist angesichts dieser Lage völlig unbegreiflich.

Verwirren Sie nicht mit dem Hinweis auf die Strafprozessordnung! Um es noch einmal ganz klar und deutlich zu sagen: Das Gefahrenabwehrrecht ist nicht in der Strafprozessordnung geregelt. Das ist Länderhoheit. Berlin gehört zu den ganz, ganz wenigen Ländern, die eine Telefonüberwachung zum Zwecke der Gefahrenabwehr nicht zulassen. Nun sind wir hier nicht Kleinkleckersdorf, sondern wir sind die deutsche Hauptstadt. Wir sind bedauerlicherweise ein Zentrum für organisierte Kriminalität. Wenn wir diesen Kampf ernsthaft aufnehmen wollen, dann kommen wir nicht umhin, der Polizei diese Befugnisse zu geben, nämlich Telefonüberwachung und weitere Kommunikationsüberwachung mit richterlicher Anordnung durchzuführen. Das ist unabdingbar. Wenn Sie das nicht liefern, sind Sie im Kampf gegen das organisierte Verbrechen völlig unglaubwürdig.

[Beifall bei der CDU und der AfD – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Zum Schluss: Ich bin der Auffassung – wie ich es im ersten Satz meiner Rede gesagt habe –, wir haben die Verantwortung, da die Bedrohungslage so ist, wie sie ist, alles rechtsstaatlich uns Mögliche zu unternehmen, um die Bedrohungen durch die organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Sie als Koalition verweigern alles rechtsstaatlich Mögliche – das habe ich im Einzelnen aufgeführt –, und deswegen machen wir Druck und erwarten, dass Sie sich bewegen und insbesondere dieses völlig absurde Bürokratiemonster des Antidiskriminierungsgesetzes

beseitigen. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP – Beifall von Franz Kerker (AfD)]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Herr Kollege Schrader das Wort.

Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Die Kriminalität in Berlin ist rückläufig.

[Lachen bei der AfD]

Das ist auch ein bundesweiter Trend der letzten Jahre, den kann man feststellen. Niemand behauptet, dass man die Hände in den Schoß legen soll. Das machen wir auch nicht. Was Sie von der CDU-Fraktion hier aber permanent betreiben, Herr Dregger, dieses Mantra nach dem Motto: „Alles wird immer gefährlicher, immer schlimmer, und die Polizei kann nicht richtig arbeiten“, das ist ein schäbiges Spiel mit der Angst, mit dem Sie versuchen, politisch zu punkten.

(Frank Zimmermann)

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Burkard Dregger (CDU): Das sind Fakten!]

Wenn Sie dann hier noch Nebelkerzen werfen und über nichts anderes reden als über das Antidiskriminierungsgesetz, gehört das in diese Strategie hinein. Sie schwächen damit das Sicherheitsgefühl der Menschen, und das wissen Sie genau. Das werfe ich Ihnen vor, Herr Dregger.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Holger Krestel (FDP): Hier geht es um Fakten, nicht um Gefühle!]

Was wir in Berlin machen – weswegen wir auch die Aktuelle Stunde angemeldet haben –, ist ein anderer Ansatz: Wir schauen uns an, in welchen Kriminalitätsbereichen es kritische Entwicklungen gibt, und dann arbeiten wir gezielt dagegen. Im Bereich der organisierten Kriminalität gibt es natürlich einige Punkte, wo sich nach langem Nicht-Kümmern – auch unter Ihrem Innensenator, Herr Dregger – jetzt endlich einmal etwas bewegt.

Herr Kollege, ich darf Sie fragen, ob Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Luthe zulassen.

Ich möchte ohne Zwischenfragen zu Ende führen. Danke!

[Oliver Friederici (CDU): Steht ja auch nicht im Redetext! – Holger Krestel (FDP): Mehr Mut zur Wahrheit!]

Wir haben endlich eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Behörden bei Themen wie Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Schutzgelderpressung, Betrug oder

Raub, und es wurde eine Koordinierungsstelle „organisierte Kriminalität“ eingerichtet, damit die ressortübergreifende Zusammenarbeit besser gelingt. Wir schaffen uns eine bessere Informationslage, indem wir auf Landesebene – Herr Dregger, Sie wissen das eigentlich auch – in diesem Jahr erstmalig ein Lagebild „organisierte Kriminalität“ erstellen. Das ist in Arbeit. Wir sind auch Vorreiter – Herr Zimmermann hat es schon genannt – bei der Abschöpfung von illegal erworbenem Vermögen. Dafür gibt es jetzt eine eigene Abteilung in der Staatsanwaltschaft, und dort ist auch schon einiges zusammengekommen, gerade im Immobilienbereich. Wir wollen noch erreichen, dass abgeschöpfte Immobilien nicht zum höchsten gebotenen Preis versteigert werden, sondern dem Allgemeinwohl zugutekommen, also in die öffentliche Hand kommen. Das wäre eine gute Sache, und deshalb haben wir dazu einen Antrag im Geschäftsgang.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Ich will an dieser Stelle noch einmal ein Lob an Polizei und Staatsanwaltschaft loswerden.

[Holger Krestel (FDP): Die machen einen guten Job trotz dieses Senats! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP]

Ja, hört, hört! – Wir hatten in den letzten Jahren steigende Zahlen bei Delikten wie Einbrüchen und Taschendiebstahl. Die Zahlen waren so hoch, weil auch organisierte, professionellen Banden am Werk waren und im großen Stil vorgegangen sind. Viele dieser Strukturen sind aufgedeckt worden, deswegen sinken diese Zahlen. Gerade bei diesen Delikten sehen wir: Mit einer richtigen Schwerpunktsetzung, mit aufwendiger Ermittlungsarbeit, mit gutem, qualifiziertem Personal, mit einer besseren Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft, mit internationaler Zusammenarbeit kann man effektiv etwas erreichen, damit kann man Kriminalität senken.

[Beifall von Udo Wolf (LINKE)]

Jetzt staunen Sie einmal, liebe CDU! Dafür braucht man keine neuen Grundrechtseingriffe und keine neuen Befugnisse. Dafür braucht man gutes Personal und gute Arbeitsbedingungen, und genau das schafft die Koalition in Berlin.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN]

Jetzt komme ich noch einmal zur sogenannten Clankriminalität. Ich unterstütze konsequentes Vorgehen gegen organisierte Kriminalität und auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen Behörden.

[Zuruf von Burkard Dregger (CDU)]

Ich finde aber den Begriff „Clankriminalität“ problematisch.

[Dr. Hans-Christian Hausmann (CDU): Der ist diskriminierend!]

Kriminell sind Taten, keine Familien.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Straftaten werden von Personen begangen oder eben von organisierten Personengruppen, und da können auch Personen untereinander verwandt sein – keine Frage!

[Franz Kerker (AfD): Die kann man Clans nennen!]

Mit diesem Begriff „kriminelle Clans“ aber ganze Familien für kriminell zu erklären – das ist stigmatisierend und hilft auch sicherheitspolitisch nicht weiter.