Eines ist ganz klar: Sie sind bei diesem Thema nicht Vorreiter, sondern von den äußeren Ereignissen Getriebene. Noch Ende 2016 widmeten Sie der OK in Ihrem Koalitionsvertrag lediglich ein paar luftige Sätze, und die Clankriminalität taucht dort überhaupt nicht auf. Erst nach der öffentlichen Hinrichtung von Nidal R. und der anschließenden Trauerfeier unter Beteiligung Tausender Clanangehöriger konnten selbst Sie nicht mehr wegsehen und richteten Ende 2018 eiligst eine Arbeitsgruppe ein.
Da waren aber schon wieder zwei Jahre ungenutzt verstrichen. Aber lieber spät als nie! Wir begrüßen durchaus, dass die Polizei jetzt niederschwellig und konzertiert mit anderen Behörden gegen die Clans vorgeht, dass Berlin sich bundesweit und international vernetzt und zudem von den neuen Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung Gebrauch macht. Aber natürlich sind das nur erste Schritte. Sie selbst, Herr Innensenator, sprechen von Nadelstichen. Mit noch so vielen Nadelstichen werden sie die OK aber nicht besiegen. Das Ziel muss doch sein, zu rechtskräftigen Verurteilungen gerade der führenden Köpfe zu gelangen, die kriminellen Strukturen nachhaltig zu zerschlagen und schließlich zu verhindern, dass in das entstandene Vakuum wieder neue Akteure stoßen.
Davon sind wir aber noch weit entfernt. In einem Punkt bin ich mir mit dem Kollegen Schrader einig: Wer nach geeigneten Mitteln im Kampf gegen die Clankriminalität sucht, muss auch erst einmal fragen, wie es eigentlich zu den heutigen Zuständen kommen konnte. Wie war es möglich, dass in den letzten drei Jahrzehnten aus Großfamilien mittelloser und ungebildeter Asylbewerber vermögende Kriminelle wurden, die ganze Straßenzüge beherrschen und die Autorität des Rechtsstaates aggressiv infrage stellen? – Meine Antwort ist eine ganz andere als die absurde Ausrede des Kollegen Schrader, nach dessen
Meinung es gerechtfertigt ist, wenn man Sozialhilfe bezieht und einen unsicheren Aufenthaltsstatus hat, kriminell zu werden. Nein, das rechtfertigt gar nichts. Der Rechtsstaat gilt auch dann, und Gesetze sind auch dann zu beachten. Im Übrigen würde diese Ausrede nur für die erste Generation greifen und nicht für die Folgegenerationen, die aber ebenso kriminell sind.
Der Experte Ralph Ghadban benennt die Ideologie des Multikulturalismus und die darauf beruhende falsche Toleranz als maßgeblichen Faktor für den Aufstieg der Clans, eine falsche Toleranz, die von den allein am Recht des Stärkeren orientierten Clans als leicht auszusitzende Schwäche einer Beutegesellschaft verstanden wird.
Diese von Ghadban angeprangerte falsche Toleranz prägt leider weiterhin die Politik des Senats. Nehmen wir das wichtigste Deliktfeld der OK, die Drogenkriminalität. In Berlin kann, wie jeder weiß, im öffentlichen Raum weitgehend unbehelligt gedealt werden. Das Fußvolk der Dealer generiert so die Einkünfte, welche den Hintermännern der OK zufließen. Exemplarisch hierfür stehen die grotesken Verhältnisse im Görlitzer Park, der inzwischen ein bundesweites Symbol für Staatsversagen ist.
[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Frank-Christian Hansel (AfD): Da gibt es ja auch schon ein Denkmal!]
Die dort dealenden Schwarzafrikaner werden weder festgenommen noch abgeschoben, sondern im Sinne des Minderheitenschutzes – da sind wir wieder bei Ghadban und seiner falschen Toleranz –, wie der Senat ihn versteht, einfach geduldet. Sie werden mit Parkläufern bespaßt. Sie haben neuerdings im Fußball den DealerNationen-Cup ausgespielt. Wie lächerlich will sich dieser Staat eigentlich noch machen?
Genau, das Denkmal fehlt noch! – Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts Papier bemerkt zum Görlitzer Park:
Ein Staat, der geltendes Recht in so offenkundiger Weise nicht durchsetzen kann, entzieht den Bürgern das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Rechtsstaates.
Eigentlich sollte Sie diese Aussage von Herrn Papier beschämen, Herr Innensenator! – Meine Damen und Herren von der Koalition! Da können Sie noch so viel unversteuerten Tabak in Shisha-Bars konfiszieren, solan
ge Sie solche Verhältnisse wie im Görlitzer Park dulden, ist Ihr vorgeblicher Kampf gegen die OK nichts als Effekthascherei.
Oder nehmen wir die Schleuserkriminalität, auf die 10 Prozent aller Ermittlungskomplexe zur OK entfallen! Der Geschleuste ist ein ökonomisch rational handelnder Akteur. Er investiert nur in die Schleusung, wenn die sich absehbar amortisiert. Es muss also ein Verbleib im Zielland garantiert sein, und das völlig unabhängig von einem etwaigen negativen Ausgang des Asylverfahrens. Genau das garantiert dieser Senat mit seiner Politik unter Verstoß gegen geltendes Bundesrecht, Abschiebungen zu unterlassen. Sie schaffen damit einen zentralen Anreiz für die Schleuserkriminalität. Sie bekämpfen diese Kriminalität nicht, Sie befördern sie, und das sehenden Auges.
[Beifall bei der AfD – Beifall von Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Bravo! von der AfD]
Und so wundert es nicht, dass Berlin neben Hamburg die Hauptstadt der OK ist. Nirgendwo gibt es in Relation zur Bevölkerung so viele Ermittlungskomplexe wie in diesen beiden Bundesländern. Auch deshalb verbietet sich jede Selbstbeweihräucherung dieses Senats. Noch wichtiger ist folgende Statistik: 66 Prozent der OK-Verdächtigen bundesweit sind Ausländer, und da sind der Migrationshintergrund bzw. die abweichende Geburtsstaatsangehörigkeit der deutschen Verdächtigen noch gar nicht einbezogen. – Die Organisierte Kriminalität ist überwiegend importierte Kriminalität. Was liegt also näher, als sich des Problems auch durch Abschiebungen wieder zu entledigen? Das sieht auch die Innenministerkonferenz so, die im Juni 2019 unter Beteiligung des Innensenators beschlossen hat, aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ausländischen Mehrfach- und Intensivtätern zu verstärken. Sie können ja die Gelegenheit nutzen, in Ihrem Redebeitrag, Herr Innensenator, uns mal darzulegen, inwieweit Sie diesen Beschluss schon umgesetzt haben.
Im Herbst vergangenen Jahres hat unsere Fraktion ein Konzept für den Kampf gegen Clankriminalität vorgelegt, dessen Forderungen inzwischen ausnahmslos Eingang in den politischen Diskurs gefunden haben. AfD wirkt mal wieder.
Sogar unsere Forderung, Kriminellen aus dem Bereich der OK mit doppelter Staatsangehörigkeit die deutsche Staatsangehörigkeit wieder zu entziehen, wurde von besagter IMK mittels Prüfauftrag aufgegriffen. Wir sind positiv überrascht.
In unserem Konzept haben wir dargelegt, dass mehrere staatliche Ebenen ineinandergreifen müssen, wenn wir die OK wirksam bekämpfen wollen. Am Anfang steht die Polizei, die Straftaten effektiv aufklärt und der Täter habhaft wird. Die nächste Ebene ist eine Staatsanwaltschaft, die in der Lage ist, Straftaten zeitnah anzuklagen. Wir benötigen Gerichte, die nicht mehr infolge völliger Überlastung Straftäter aus der U-Haft entlassen müssen, weil sie nicht zeitig abgeurteilt werden können. Und schließlich brauchen wir einen Strafvollzug, der von den abgebrühten Kriminellen der OK auch tatsächlich als Sanktion empfunden wird.
Letzteres ist sicher nicht der Fall, wenn sie in Berlin, wie es öfter geschieht, frühzeitig in den offenen Vollzug kommen.
Eines ist mithin klar: Ohne eine funktionierende Justiz kann die OK nicht erfolgreich bekämpft werden. Damit haben wir in Berlin ein Problem, und das heißt Dr. Behrendt.
Der Justizsenator hat bislang ein bemerkenswertes Potpourri an Aktivitäten entfaltet, die von der Schweinezucht über die feierliche Eröffnung von Insektenhotels
bis hin zur Einführung von internetfähigen Tablets in Strafanstalten reichen. Leider kommt darüber seine eigentliche Kernverantwortung, die Justiz, deutlich zu kurz,
denn trotz höheren Etats ist deren Ausstattung mit Personal, Sachmitteln und Räumen schlicht unzureichend. Das aktuelle IT-Desaster am Kammergericht als höchstem Berliner Strafgericht ist insoweit geradezu symptomatisch. Und als ob dieser von ihm zu verantwortende, teils desolate Zustand der Strafjustiz nicht schon genug wäre, bringt er jetzt auch noch das vom Kollegen Dregger schon völlig zu Recht kritisierte Antidiskriminierungsgesetz ein und sabotiert so auch noch die Arbeit der Polizei.
Wer jahrzehntelang die Entwicklung der Clankriminalität verpennt hat, wer der Polizei mit dem Antidiskriminierungsgesetz in den Rücken fällt, eine völlig überlastete Strafjustiz zu verantworten hat und aus ideologischen Gründen auf die Abschiebung Krimineller weitgehend verzichtet, wer Drogenkriminalität hinnimmt und Schleuserkriminalität befördert, der kann eines ganz sicher nicht für sich reklamieren, und das ist, die organisierte Kriminalität erfolgreich zu bekämpfen.
Hierzu braucht es einen Regierungswechsel. Alle Bürger, die nicht wollen, dass in unserer Stadt Verhältnisse wie im Görlitzer Park weiter um sich greifen, sind eingeladen, daran mitzuwirken. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Berlin geht neue Wege in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Die Justiz zieht konsequent Vermögen aus Straftaten ein; Geld, Autos und Schmuck werden von Kriminellen eingezogen. Polizei und Justiz vernetzen sich mit Ord- nungs-, Finanz- und Gewerbeämtern,
sie erhöhen gemeinsam die Präsenz und die Kontrollen, und zwar deutlich. Die Koalition wird den Einsatz gegen die organisierte Kriminalität noch ausweiten, das Personal und die Technik sowie die Auswertetechnik stärken, verdeckte Strukturen aufspüren und Opfer besser schützen. Wir machen klar: Straftaten dürfen sich nicht lohnen.
Auf der Konferenz des Innensenators in der letzten Woche sagte ein hochrangiger Ermittler: Zum ersten Mal spürt man den gebündelten Rückhalt aus der Politik. – Zum ersten Mal! Es waren wirklich alle Beteiligten mit dabei.
Wir spüren auch, dass gegen die organisierte Kriminalität konsequent ermittelt wird. Dieses Jahr wurden bereits über 237 Einsätze durchgeführt; fast täglich rückt der Rechtsstaat den Kriminellen also auf die Pelle. Unsere Behörden haben sich in der Koordinierungsstelle KO-OK deutlich besser vernetzt.