Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Es musste gehandelt werden. Die Situation für die Menschen in den Turnhallen war unhaltbar, und sie wurde immer schlimmer. Können Sie sich vorstellen, einen Tag, eine Woche, einen Monat oder gar Monate, ein Jahr in einem solchen Zustand zu leben?

[Georg Pazderski (AfD): Habe ich schon!]

Können Sie sich vorstellen, wie das ist, und zwar nicht aus militärischer Sicht, sportlich, Herr Pazderski, sondern aus der Not geboren und schutzsuchend, weil Sie keine andere Möglichkeit haben und trotzdem dankbar sind? Man darf mit diesen Worten, die Sie von der Opposition hier hereinwerfen, nicht scherzen.

Es ist deshalb gut, die menschenunwürdige Situation zu beenden und endlich die Menschen aus den Turnhallen herauszuholen, denn – auch das gehört zur Wahrheit – die Not bleibt. Suizidversuche, Medikamentenmissbrauch vor Ort waren gestiegen. Es waren Depressionen und Aggressionen vorhanden. Das muss beendet werden.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Ich bin gerade als Sozialpolitikerin sehr froh, hier dem Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen Dank aussprechen zu können, der ein starkes soziales und finanzpolitisches Engagement gezeigt hat, mit der Sozialsenatorin Breitenbach endlich zu handeln. – Danke an euch beide, an Sie beide und dem Team, die das verantwortungsvoll mitorganisiert haben.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Nach ASOG einen Weg zu finden, die Menschen aus diesen Turnhallen herauszuholen und sie in eigene vier Wände zu holen, ist erfolgt. Sie sind dankbar und froh darüber.

Ich möchte auch einen Dank anschließen an alle, die mitgeholfen haben, in den Senatsverwaltungen, bei der BIM, Berliner Immobilien Management, bei dem LAF, Landesamt für Flüchtlinge, dieser Herausforderung innerhalb weniger Tage gerecht zu werden. Auch ein Dank gilt allen Ehrenamtlichen in dieser Stadt, die mitgeholfen haben und die weiterhin auch den Flüchtlingen helfen wollen.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

„Erste Flüchtlingsunterkunft in modularer Bauweise ist in Berlin bezugsfertig“, das war die Überschrift einer Pressemitteilung des Senats vom 25. Januar. In der kommen

den Woche werden nun noch weitere 300 Geflüchtete in die modularen Unterkünfte in der Wittenberger Straße einziehen. Sie lebten bisher in fünf Turnhallen in SteglitzZehlendorf. Für die Betroffenen verbessert sich die Wohnsituation mit dem Umzug entscheidend, auch wenn sie den Bezirk wechseln müssen.

[Gunnar Lindemann (AfD): Die Anwohner freuen sich nicht!]

Erfreulich ist es doch, dass diese 300 geflüchteten Menschen endlich aus den Turnhallen herauskommen. Aber ärgerlich ist es, dass der Bezirk Steglitz-Zehlendorf nicht in der Lage war, geeignete Unterbringungsmöglichkeiten gerade für die Familien zu organisieren. Solch eine Blockade ist nicht hinnehmbar. Ihnen waren die Bäume wichtiger als Menschen. Und Sie, Frau Seibeld, produzierten hier in Ihrer Rede, gelinde gesagt, alternative Wahrheiten.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Selbstverständlich hat für diese Koalition die Unterbringung in Wohnungen Vorrang, möglichst auch im Sozialraum. Gerade für Familien ist der Verbleib vor Ort sehr wichtig, für die Kinder, für die Schul- und Kitawege, damit sie so kurz wie möglich sind. Wohnen in Tempohomes und MUFs ist im Verhältnis natürlich viel besser, als in Turnhallen schlafen zu müssen.

[Marc Vallendar (AfD): Wer bezahlt das?]

Gut geschultes Personal, Sozialarbeiter und gute Unterstützung, Spracherwerb, Arbeit sind natürlich wichtig für eine schnelle Integration.

Deshalb ist es auch richtig und nachvollziehbar, dass es Kritik von vielen Verbänden, gerade Wohlfahrtsverbänden, an der notwendigen zeitraubenden europaweiten Ausschreibung für die Vergabe der Verträge gab. Aber der Ex-Sozialsenator hat hier viel Zeit verstreichen lassen, um die richtigen Weichen zu stellen. Er hat auch die Weichen für die aktuelle Interimsvergabe so gestellt, dass nunmehr das günstigste Angebot gewertet werden soll. Wir wissen, dass das günstigste Angebot nicht immer das beste ist. Langfristig ist es also unser Ziel, es so zu organisieren, dass die Menschen Wohnungen in der gesamten Stadt finden, dass sie in den Kiezen ankommen, dass Nachbarschaft sie aufnimmt und dass dort Integration funktionieren kann.

Ich möchte meine Rede mit einem Zitat von Willy Brandt beenden. Das ist wichtig, denn am Montag wurde der Internationale Willy-Brandt-Preis an das Flüchtlingswerk UNHCR verliehen. Das ist eine wichtige Organisation, die den Flüchtlingen hilft. Sein Zitat:

Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer. Darum – besinnt euch auf eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.

Deshalb ist es wichtig, einer humanitären Verantwortung gerecht zu werden und, die Kritik des Flüchtlingskommissars Filippo Grandi, die besondere Rolle Deutschlands hervorhebend, auch zu sagen, dass die Europäische Union hier eine besondere Verantwortung hat und ein kollektiver Zusammenbruch dort nicht erfolgen darf. Europa scheint sich von seinen Werten zu entfremden, sagte er.

[Gunnar Lindemann (AfD): Quatsch!]

Deshalb ist es wichtig, dass wir verurteilen und entschieden dagegen kämpfen, damit die radikalen, damit die rechtsextremen Kräfte in Europa dieses Gefüge nicht auseinanderdriften lassen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Vielen Dank! – Für die AfD-Fraktion hat jetzt der Kollege Wild das Wort.

[Dr. Wolfgang Albers (LINKE): Hat er sich etwas zu lesen mitgebracht?]

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen! Liebe Gäste! Der Freizug der Turnhallen erscheint auf den ersten Blick wie eine gute Sache. Die Turnhallen sind für den Schülersport und den Breitensport gebaut. Auch wir von der AfD freuen uns, wenn sie dafür wieder zur Verfügung stehen.

Aber wo sind die Migranten, die in den Turnhallen waren, hingezogen? Sind sie freiwillig wieder in ihre Heimat gegangen?

[Oh! von der SPD – Derya Çağlar (SPD): Da ist kein Haus mehr!]

Sind sie in Lohn und Brot? Haben sie sich selbst mit Wohnraum versorgt? – Natürlich nicht. Der sogenannte Freizug ist wohl als Zeichen gedacht, dass sich die durch die Migrationskrise verursachte Lage entspannt. Die Lage hat sich aber mitnichten entspannt. Neben dem Familiennachzug werden weiterhin Migranten aus dem Nahen Osten und aus Afrika zu uns strömen. Derzeit sitzen, bildlich gesprochen, etwa 600 Millionen Menschen auf gepackten Koffern.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Da ist Krieg!]

Diese Menschen versprechen sich ein besseres Leben, wenn sie es, wie viele andere vor ihnen, zu uns nach Europa schaffen.

[Zuruf]

Das können Sie seit über zehn Jahren bei Gunnar Heinsohn in seinem Buch „Söhne und Weltmacht“ nachlesen.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Schillhaneck?

Es ist lieb, dass Sie meine Rede durch die Zwischenfrage bereichern möchten, –

Sie müssen nur ja oder nein sagen.

aber ich verzichte darauf. – Nein!

Gut. Das ist eine Antwort.

Gunnar Heinsohn ist ein inzwischen emeritierter Professor der Universität Bremen, der sich seit Langem mit demografischen Entwicklungen befasst. Mittelfristig braut sich in Afrika ein noch größeres Problem zusammen. Ich habe dem geneigten Leser hier einmal für jede Fraktion ein Exemplar, ein Gratis-Exemplar, mitgebracht.

[Beifall bei der AfD]

Zurück zum Thema! Migranten ziehen also in Berliner Wohnungen.

[Stefan Gelbhaar (GRÜNE): Menschen! – Sven Kohlmeier (SPD): Wo denn?]

Da fragt man sich, was können das für Wohnungen sein, die da mehr oder minder ungeprüft an Menschen aus fernen Ländern abgegeben werden. Das sind natürlich Wohnungen, auf die die öffentliche Verwaltung direkt oder indirekt Zugriff hat. Im Märkischen Viertel wird gerade ein ganzer Wohnblock mit 500 Migranten bevölkert. Aus Marzahn hört man auch von Wohnungseinzügen in erstaunlicher Zahl. Sind damit irgendwelche Probleme wirklich gelöst? Migranten fallen in Wohnungen nicht mehr so auf wie in Sporthallen. Das ist richtig. Aber wer will kontrollieren, wer dann wirklich in diesen Wohnungen lebt, damit zum Beispiel keine Gefährder als Untermieter einziehen? Ist die Berliner Sozialverwaltung überhaupt in der Lage, die nicht Deutsch sprechenden Menschen aus dem Nahen und Mittleren Osten, aus Nord- und Subsahara-Afrika zweifelsfrei zu identifizieren und ihre Personalien zu erfassen?

[Beifall bei der AfD – Anne Helm (LINKE): Beschämend!]

Wäre es nicht besser und billiger für den Steuerzahler, Rückkehrhilfen zur Verfügung zu stellen,

(Ülker Radziwill)

[Beifall bei der AfD – Bravo! bei der AfD]

die Sozialleistungen eines Jahres beispielsweise auf die Hand, wenn dafür auf eine Wiedereinreise in den 30 Reisen verzichtet wird?

[Beifall und Heiterkeit bei der AfD]