Ülker Radziwill

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Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kennen Sie das? – Danke, die Miete steigt nicht mehr. Danke, endlich keine Angst vor Mieterhöhung. Danke, meine Miete ist das erste Mal nach so vielen Jahren gesunken. Ich habe mich gefreut, als ich den Brief von der Hausverwaltung geöffnet habe. Und: Danke, eure Politik wirkt. Der Mietendeckel wirkt. – Solche Post, solche Nachrichten erhalte ich in diesen Tagen,
und das ist gut für die Berlinerinnen und Berliner. Gerade in der Pandemie beruhigt das sehr viele. Ja, mit dem Berliner Mietendeckel schreiben wir Geschichte. Er ist ein Erfolgsmodell.
Vielen Dank, nicht in dieser Legislatur!
Ein kurzer Rückblick: Im November 2018 publizierte der beim Bezirksamt Pankow angestellte Jurist, Peter Weber, einen Aufsatz in der „JuristenZeitung“ mit dem Titel „Mittel und Wege landesrechtlichen Mietpreisrechts in angespannten Wohnungsmärkten“. Darin führte er aus, dass Bundesländer eigene Wege einschlagen können, um die explodierenden Mieten in den Griff zu bekommen.
Viele forderten, wie Herr Saleh, unser Vorsitzender, ich und viele in der SPD, einen Mietsteigerungsstopp. Als
SPD-Fraktion haben wir umgehend im Frühjahr 2019 ein Gutachten vorgelegt, das die Umsetzbarkeit eines Mietendeckels bescheinigte. Damit haben wir den Weg für den Mietendeckel geebnet.
Mit unseren Koalitionspartnern betreten wir mit dem Gesetz zur Mietbegrenzung von Wohnraum in Berlin Neuland. Ja, wir wollen eine öffentlich-rechtliche Mietpreisregulierung. Die ist auf dem sehr angespannten Wohnungsmarkt in Berlin auch dringend nötig. Die unverhältnismäßigen Mietsteigerungen wollen wir dämpfen und verfassungskonform senken.
Wissen Sie, was den Erfolg ausmacht? – Der Mietendeckel ist ein Erfolg, weil die Berlinerinnen und Berliner hinter ihm stehen.
Weit mehr als zwei Drittel der Berlinerinnen und Berliner finden den Mietendeckel richtig. Ich sage: Recht haben Sie! Der Mietendeckel ist ein Erfolg für alle, die zur Miete wohnen. – Übrigens, Herr Kollege Gräff: Unter denen, die den Mietendeckel für einen Erfolg halten, sind auch viele Wählerinnen und Wähler der CDU. Sie sollten sich ganz genau überlegen, ob Sie mit Ihrem ständigen Wettern gegen den Mietendeckel am Ende nicht eigene Wähler vergrätzen.
Dass wir als Land Berlin eigene Wege gehen mussten, lag nicht zuletzt daran, dass aus dem Bundesministerium für Inneres, für Bau und Heimat keinerlei wirksame Impulse zur Mietpreisbegrenzung in den Städten kam.
Was ist das bitte für eine Auffassung von Heimat, wenn dem zuständigen Minister Verdrängung egal zu sein scheint und sich die CDU im Bund weigert, bei Umwandlungen in Eigentum die Hürden zu verschärfen? Was ist das, bitte schön, für eine Haltung?
Es ist also folgerichtig, dass Berlin eigene Wege eingeschlagen hat – mutig und entschlossen, aber immer mit dem nötigen Blick auf ein mögliches Standhalten vor dem Bundesverfassungsgericht, dessen Urteil in der Hauptsache wir im kommenden Jahr mit Interesse und voller Zuversicht erwarten.
Vergessen wir nicht: Schon zweimal hat der Mietendeckel im Gerichtsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht standgehalten.
(Katrin Schmidberger)
Ach ja, da möchte ich ganz gerne noch etwas anderes einschieben: Meine Herren von der CDU, wir haben zur Kenntnis genommen, dass Ihre 50 000-Euro-Investition in einen Prozessvertreter eine Fehlinvestition war. Das Landesverfassungsgericht wird sich mit Ihrer Klage nicht befassen. Ja, da könnte klammheimlich Schadenfreude aufkommen.
Aber ein Gutes hat es: Jetzt stehen Ihnen 50 000 Euro weniger für die Bekämpfung der Mieterinnen- und Mieterrechte zur Verfügung.
Der Mietendeckel hat weit über Berlin hinaus große Resonanz entwickelt. Im Februar gab es im ARD-„DeutschlandTrend“ eine bundesweite Befragung, in der ebenfalls mehr als zwei Drittel der Befragten die Einführung des Mietendeckels als richtig ansehen. Verdrängung ist nicht nur in Berlin ein Problem, sondern auch in den meisten Städten in Deutschland. Rot-Rot-Grün wird von dieser Stadtgesellschaft breit getragen. Es ist ein breit getragenes linkes Koalitionsbündnis. Rot-Rot-Grün in Berlin hat mit der Einführung des Mietendeckels anderen Städten vorgemacht, dass eine soziale Mietenpolitik möglich ist. Unser Mietendeckel wird weiteren Städten als Blaupause dienen, um die Mietenmärkte durch öffentlich-rechtliche Mietpreisregulierung neu zu ordnen, und das ist auch ein Erfolg.
Wie wichtig die Einführung des Mietendeckels war, zeigen die rasanten Mietpreisexplosionen der vergangenen Jahre. Zum Beispiel: Zwischen 2009 und 2015 stiegen die Mieten in meinem Wahlkreis in Charlottenburg rund um den S-Bahnhof Charlottenburg um 65 Prozent, in der Gegend um das Rathaus Neukölln sogar bis zu 90 Prozent. In Biesdorf, wo der Herr Kollege Gräff seinen Wahlkreis hat, stiegen die Mieten im Durchschnitt um 41 Prozent. Da wollen Sie hingehen, Herr Gräff, und erklären, dass das gut so ist?
Verdrängung wurde zur größten Sorge der Berlinerinnen und Berliner. Sicherlich haben dazu auch eigene Fehler in der Vergangenheit beigetragen. Der Verkauf eines Teils der städtischen Wohnungen im vergangenen Jahrzehnt war dem Ungeist des Liberalismus und der fehlenden Solidarität gegenüber Berlin geschuldet. Welch ein Fehler!
Obwohl die damalige rot-rote Koalition – –
Schön zuhören!
Obwohl die damalige rot-rote Koalition weit weniger verkauft hat, als von der CDU, der FDP und den Grünen gefordert worden war, haben auch diese Verkäufe zu einem angespannten Mietenmarkt geführt.
Deshalb ist es wichtig, die Mieten in Berlin nicht nur zu deckeln, sondern ebenso den Bestand landeseigener Wohnungen wieder zu erhöhen.
Deshalb ist unsere Devise „Bauen, kaufen, deckeln“ richtig.
Kaufen ist deshalb – das will ich betonen – ein wichtiges Element für die soziale Mietenpolitik. Dafür haben wir Mittel bereitgestellt, damit die Bezirke in die Lage versetzt werden, das Vorkaufsrecht aktiv anzuwenden. Auch wenn das Vorkaufsrecht kein Allheilmittel ist und nur punktuell hilft, führt eine offensive und verhältnismäßige Vorkaufspolitik dazu, dass die Kommune und auch die Menschen davon profitieren. Das ist auch gut so.
Bei vielen Verkäufen konnten gute Abwendungsvereinbarungen erzielt werden. Ich begrüße es, wenn der Senat auch mit anderen Anbietern in dieser Stadt, die die Stadt leerkaufen wollen, im Gespräch ist und klarmacht: Wir lassen hier vieles nicht zu!
Anders als die Großkonzerne und Milliardäre aus aller Welt, die 50 Prozent des Berliner Vermietermarkts dominieren, haben viele kleine Vermieter eine moderate Mietpreisgestaltung verfolgt und verantwortungsvoll gehandelt. An der Stelle sollten wir auch das nicht vergessen. Denn sie haben deshalb so gehandelt, weil sie wissen, dass Eigentum verpflichtet; so steht es im Grundgesetz. Wohnen ist keine Ware wie jede andere, wohnen muss jeder und jede. In Artikel 28 der Verfassung von Berlin steht geschrieben:
Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum.
Damit gehört das Wohnen zu den Grundrechten in Berlin. Spekulativer Leerstand wird daher von uns genauso bekämpft wie der unverhältnismäßig hohe Anteil der Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen.
Die Tage und Nächte werden wieder kalt. Wer über das Wohnen spricht, sollte über Wohnungslosigkeit nicht schweigen. Ja, Wohnungslosigkeit ist in Berlin ein ernstes Problem. Der Mietendeckel, der Milieuschutz, das Vorkaufsrecht, die Kappungsgrenze, das Umwandlungsverbot und andere Maßnahmen – all diese guten Instrumente wirken wesentlich stärker, wenn auch der Neubau von bezahlbaren Wohnungen zügig weiter vorangeht. Denn wenn keine neuen Wohnungen gebaut werden – für die Zugezogenen genauso wie für die Wohnungssuchenden –, dann ist der Mietendeckel nur ein Erfolg für diejenigen, die eine Wohnung haben – das ist zwar gut, aber wir wollen mehr –, aber nicht für diejenigen, die eine Wohnung suchen. Das darf es nicht sein; es müssen alle davon profitieren. Deshalb ist der Neubau von bezahlbarem Wohnraum durch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften so wichtig.
Wenn wir von Bauen reden, meinen wir die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum – nicht wie die Opposition, die damit Eigentumswohnungen und teure Neubauten meint.
Zum Schluss darf ich festhalten: Genau unsere sozialdemokratische Strategie, der Dreiklang „Bauen, kaufen, deckeln“ ist richtig und wichtig. Das ist ein Gesamtkonzept; es gehört zusammen. Wir bauen, wir kaufen mit den landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften, und wir unterstützen Genossenschaften. Wir deckeln für diese Stadt, für die 85 Prozent Berliner Mieterinnen und Mieter. Der Mietendeckel ist sozial und ein Erfolgsmodell. Ich freue mich darüber. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Ich frage den Senat: Welche Vorkehrungen sind im Vorfeld der zweiten Stufe des Mietendeckels, die diesen Monat in Kraft tritt, getroffen worden, um betroffene Mieterinnen und Mieter über die Bestimmungen zu informieren?
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Vielen Dank, Herr Senator, für diese Antwort! Ich begrüße diese Kraftanstrengung, gut zu informieren und möchte noch mal nachfragen: Wie beurteilen Sie die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Mietendeckel?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Wir feiern 100 Jahre Groß-Berlin – ein soziales, solidarisches Berlin. Deshalb frage ich zur Kältehilfe: Ist der Start der Kältehilfe bedarfsdeckend gelungen, das heißt, die pandemiekonforme Unterbringung obdachloser Menschen in dieser Kältehilfesaison 2020/21 sicher gewährleistet?
Ja, sehr gern, Herr Präsident! – Vielen Dank für die Antwort! Es freut mich, dass wir mit unseren Zielvorgaben starten können. Ich danke erst einmal allen, die sich ehrenamtlich engagieren, dass die Kältehilfe auch gelingt, und frage nach, ob die Angebote in den Bezirken, die am Tag angeboten werden wie Kältecafés usw., auch in ausreichender Menge vorhanden sind. Mich interessiert natürlich auch, ob das Angebot für obdachlose Frauen erweitert werden konnte.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat: Wie ist Berlin auf die Ausrichtung des Bundesseniorenkongresses am 1. und 2. Oktober vorbereitet? Und werden die Berliner Leitlinien der Seniorenpolitik, die überarbeitet werden, dort auch möglicherweise der Öffentlichkeit präsentiert?
Vielen Dank für die Erläuterungen! Das Thema des Bundeskongresses lautet ja „Teilhabe in einer sich digital verändernden Welt“. Ich nehme an, dass sich da viele auch digital einschalten können. Inwieweit unterstützt der Senat den Bundeskongress, auch wenn es nicht die eigene Veranstaltung ist?
Herr Präsident! Meine werten Kollegen und Kolleginnen! Wie kann man einem Menschen am besten helfen, wenn er offensichtlich obdachlos und hilfsbedürftig aussieht? – Guter Rat ist da sicherlich hilfreich. Da hilft zum Beispiel ein Blick auf die Website der Kältehilfe oder aber auch auf die App. Da gibt es schon einige gute und wichtige Hinweise. Und ja, das Hilfesystem zu verbessern, liegt uns allen am Herzen, und daran wollen wir auch gemeinsam arbeiten.
Ab 1. Oktober beginnt auch die Berliner Kältehilfesaison. Rund 500 Plätze stehen dann ab Oktober zur Verfügung,
und ab 1. November wird das Angebot deutlich erhöht. Neben der Nummer der Kältehilfe, die Sie ja sicherlich kennen, beziehungsweise der App, gibt es natürlich auch andere Hilfenummern. In akuten Notlagen muss und sollte man auch die 112 wählen. Den Kältebus hat mein Kollege ja auch schon erwähnt. Er ist auch ein wichtiges Angebot.
Auch ich möchte an dieser Stelle den Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen danken, die sich wirklich sehr stark einsetzen für Menschen, die wohnungslos sind, ihnen helfen, aber sich auch dafür einsetzen, dass in der Kältehilfe ein ausreichendes Angebot an Plätzen und an weiterer Unterstützung vorhanden ist. Danke schön aus unserem Hause hier!
Die Pandemie ist auch nicht zu verachten an dieser Stelle, denn diese behindert durch die berechtigten Abstands- und Hygieneregelungen bei der Organisation von ausreichenden Schlafplätzen. Das Ansinnen des Antragstellers hier ist in der Tat durchaus interessant, ich will das gar nicht von der Hand weisen. – Ja, wir sollten das durchaus gemeinsam, parteiübergreifend betrachten.
Ich finde aber schon, dass es wichtig ist zu prüfen, was für ein Angebot wir vorhalten müssen, ob es tatsächlich ein Hilfetelefon für alle geben soll. Deswegen denke ich, es ist wichtig, das Angebot von Karuna zu evaluieren. An der Stelle ist eine Evaluation aus meiner Sicht sinnvoll. Ich stelle mir schon die Frage, ob in der Ausarbeitung der gesamtstädtischen Steuerung der Unterbringung von Wohnungslosen nicht noch beraten werden sollte, ob zum Beispiel für die Behörden, Polizei und Feuerwehr, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, im Hilfesystem vielleicht nicht andere Nummern oder andere Formen der Unterstützung nötig sind.
Darüber hinaus wird seit letztem Jahr bei der Strategiekonferenz zwischen Senat, Fraktionen mit der Stadtgesellschaft, vielen Trägern und Wohlfahrtsverbänden gemeinsam gearbeitet, indem wir die Leitlinien zur Wohnungslosenpolitik überarbeiten. Noch in diesem Monat findet eine weitere Sitzung statt, und da, finde ich, sollten wir im Dialog mit den Menschen vor Ort sein, um auch zu prüfen, ob es genau solch eine Hotline braucht, oder ob es nicht vielleicht doch noch andere Möglichkeiten gibt beziehungsweise in welcher Art diese Hotline sein sollte.
Trotzdem frage ich mich zum Schluss: Warum jetzt dieser Antrag? Möchten Sie vielleicht von etwas ablenken? – Ich erinnere mich noch gut, dass sich der CDUSozialsenator Czaja in der letzten Legislatur oft über die CDU-geführten Bezirke geärgert hat, die eben nicht ausreichend Plätze für Wohnungslose oder Geflüchtete eingerichtet hatten. Ich denke, Ihre Energie sollten Sie auch
(Maik Penn)
dafür verwenden, dass auch in dieser Legislatur die CDUgeführten Bezirke hier ein bisschen aktiver werden und Schlafplätze anbieten. An der Stelle, denke ich, werden wir im Ausschuss weiterberaten. – Ich danke!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Für die SPD-Fraktion ist die deutliche Erhöhung des Landesmindestlohns sozialpolitisch ein wichtiges Anliegen. Unser Vorschlag überraschte anfangs einige auch in den Reihen der Koalition, und heute setzen wir uns als rot-rot-grüne Koalition geschlos
sen dafür ein. Wir erhöhen deutlich den Landesmindestlohn. Wir wollen darüber hinaus einen dynamischen, altersarmutsfesten Mindestlohn. Das ist sozialpolitisch und arbeitsmarktpolitisch ein Fortschrittsgesetz. Unterstützen Sie diesen Fortschritt!
Im Ausschreibungs- und Vergabegesetz wollen wir auch den Vergabemindestlohn synchronisieren, und das heißt, erhöhen. So sorgen wir für einheitliche Mindestentgeltstandards dort, wo wir es direkt beeinflussen können. Andere werden nachziehen müssen. 2013 haben wir – damals noch in der rot-schwarzen Koalition – das Landesmindestlohngesetz eingeführt. Seitdem, auch in dieser Legislaturperiode, erlebte Berlin einen Aufschwung. Neue Arbeitsplätze entstanden, die Arbeitslosigkeit sank, zuletzt sogar bundesweit am meisten. Berlin holte beim Lohnniveau im Bundesdurchschnitt kräftig auf. Die Auftragsbücher in Bau und Handwerk sind prall gefüllt, Start-ups wachsen überall in der Stadt, und Tesla baut seine Giga-Factory auch genau wegen diesem Berlin in Grünheide.
Der Aufschwung hat leider auch Begleiterscheinungen. Die Mieten stiegen rasant. Der Kaffee oder das Feierabendbier wurden teurer, ebenso Strom und Benzin. Die unteren Einkommensgruppen sind von den steigenden Lebenshaltungskosten überproportional betroffen. Daher ist die deutliche Anhebung des Landesmindestlohns sozial gerecht und geboten, besonders in diesen Zeiten. Die Gesetzesberatung brauchte Zeit und begann weit vor der Coronakrise. Wir wollten erreichen, dass alle beim Aufschwung mitgenommen werden. Besonders die unteren Lohngruppen sollen spürbar vom bisherigen Aufschwung profitieren.
Diese Zeiten sind nicht einfach. Durch das Coronavirus mussten wir das öffentliche Leben weitestgehend stilllegen. Die Gesundheit der Berlinerinnen und Berliner hat Vorrang. Ja, das hat wirtschaftliche und soziale Folgen. Ja, das ist bitter. Die Soforthilfen für die Wirtschaft, die das Land Berlin und der Bund bereitgestellt haben, mildern die Folgen erst einmal ab. Wenn nötig, werden weitere Hilfen folgen müssen. Die Wirtschaft kann sich auf den Staat verlassen. Andersherum soll das auch gelten. Kein Arbeitnehmer soll Geld vom Staat bekommen müssen, sondern von seiner eigenen Arbeit und seinem Lohn leben können und im Alter nicht arm sein. Das ist eigentlich selbstverständlich. Wir gehen in Berlin mit gutem Beispiel voran und verteilen öffentliches Geld nun nach dem Grundsatz: Öffentliches Geld nur für gute Arbeit.
[Beifall bei der SPD, der LINKEN und
den GRÜNEN –
(Andreas Wild)
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine Damen! Meine Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die rot-rotgrüne Koalition hat den Stellenwert der Pflege von Beginn an sehr großgeschrieben. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass es erstmals ein eigenes Senatsressort bekommen hat, sondern eben auch, dass die Pflegeabteilung
stark ausgebaut wird. In einer älter werdenden Gesellschaft wollen wir natürlich eine gute und sichere Versorgung bis ins hohe Alter ermöglichen, und daran arbeiten wir mit Hochdruck. Gute Pflege, unabhängig vom Geldbeutel, ist natürlich wichtig. Wir wollen natürlich auch die Lebensrisiken im Alter bei der Pflege solidarisch abfedern.
So haben wir es auch in unserem Koalitionsvertrag vereinbart. Eine gute und sichere Pflege ist unverzichtbarer Teil der Daseinsvorsorge. Die rot-rot-grüne Koalition und die entsprechende Senatsverwaltung arbeiten fleißig an der Umsetzung dessen, was wir im Koalitionsvertrag geschrieben haben. Ja, es ist von Pflegepakt über Bundesratsinitiativen schon eine Menge vorhanden. Man kann Runde Tische schlechtreden oder auch gutreden, aber es wird geredet. Es wird miteinander geredet, und das kann eigentlich nicht schlecht sein.
So auch in Bezug auf Ihren Antrag, mein werter Kollege von der FDP. Diese Anträge sind aus dem Jahr 2017 und 2019. Da ist z. B. der Personalschlüssel von uns geändert worden. Seit 2016 ist er deutlich gestiegen, z. B. 2017 um 8,55 Prozent, und eine erneute Überprüfung der Erhöhung ist in diesem Jahr vorgesehen. Berlin setzt sich für eine tarifgerechte Regelung für den gesamten Pflegebereich ein. Beispielsweise ist die Vergütungsstruktur schon verbessert worden – das haben Sie, glaube ich, auch sogar im Ausschuss mal gelobt – und muss natürlich, was unser aller Interesse ist, beim Personal im ambulanten Bereich ankommen, und darauf werden wir gemeinsam achten müssen. Der Pflegeberuf wird dann stark, wenn sich die Anerkennung erhöht, wenn die Arbeitsbedingungen verbessert werden, und hier sind natürlich auch die Betreiber in der Verantwortung, interessante Arbeitszeitmodelle anzubieten. Auch das Thema gleicher Lohn in Ost und West ist Vorhaben dieser Koalition, und unsere Bundesratsinitiative zur Begrenzung der Leiharbeit dürfte Ihnen sicherlich bekannt sein.
Ganz wichtig ist mir persönlich, aber auch unserem Haus, dass das Schulgeld für die Ausbildung durch unser Wirken abgeschafft wurde, denn wir können nicht bei einem Fachkräftemangel junge Menschen durch zusätzliche Kosten von der Ausbildung auch noch abhalten. Mit dem neuen Landesamt für Einwanderung haben wir die Chance, Fachkräfte aus dem Ausland zügiger zu einem Aufenthalt zu verhelfen. Ich danke auch meinem Vorredner. Ja, wir werden noch mehr Zuzug brauchen, denn den Fachkräftebedarf in der Pflege werden wir aus unseren eigenen Reihen, glaube ich, nicht stemmen.
Diese Koalition, dieser Senat macht Werbung für den Pflegeberuf. Besuchen Sie doch einmal die Website altenpflege-deine-chance.de, und schauen Sie sich an, wie attraktiv der Pflegeberuf gemacht wird. Wenn Sie sich mit Veröffentlichungen vom Senat bis in die Koalition
(Thomas Seerig)
auseinandersetzen würden, denke ich, finden Sie zahlreiche Dankesworte, auch Worte der Anerkennung.
Mit Blick auf den Pflegetag nächste Woche möchte ich auch an dieser Stelle einmal ganz herzlich allen Pflegerinnen und Pflegern danken. Sie machen eine wichtige, tolle Arbeit, und das ist sehr wichtig für die gesamte Stadt.
Wie Sie sehen, kümmert sich das Land Berlin mit Hochdruck, die Pflege in dieser Stadt zukunftsfest und sicher und gut zu machen. Einige Beispiele habe ich Ihnen genannt. Die meisten Punkte im vorliegenden Antrag sind schon in der Bearbeitung oder werden von uns politisch nicht unterstützt. Daher empfehle ich die Ablehnung dieser beiden Anträge. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen, meine Herren! Berlin ist eine vielfältige Stadt, und genauso vielfältig ist auch das bürgerschaftliche Engagement. Hunderttausende Berlinerinnen und Berliner engagieren sich zum Beispiel in Sportvereinen, in der Flüchtlingshilfe, in der Freiwilligen Feuerwehr, in Klimaschutzgruppen, als Lesepaten, Schülerlotsen, digital z. B. bei Wheelmap oder in einer Senioreneinrichtung, in Stadtteilzentren oder in einem Bündnis gegen Rechtsextremismus. Alle eint, dass sie einen großen Beitrag für das Gemeinwesen und den sozialen Zusammenhalt leisten. Deswegen wollen wir ein Zeichen setzen und Danke sagen.
(Andreas Otto)
Bürgerschaftliches Engagement ist der soziale Kit in unserer Gesellschaft und unserer Demokratie. Am 10. Dezember 2015 haben wir in diesem Haus den Aktionstag „Berlin sagt Danke!“ ins Leben gerufen. Der erste Aktionstag stand ganz im Zeichen der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe, der sich Zehntausende Menschen in der ganzen Stadt im Jahr 2015 angeschlossen haben. Seitdem haben wir jedes Jahr den Aktionstag durchgeführt. Er richtete sich allerdings fortan an Engagierte in Berlin. Diese Neujustierung war wichtig, denn wir wollen jedes Engagement, das auf der freiheitlich demokratischen Grundordnung aufbaut, gleich wertschätzen.
Heute wollen wir mit dem vorliegenden Entschließungsantrag den Aktionstag verstetigen und zu einer festen Tradition in der Stadt machen. Jedes Jahr, im ersten Quartal, sollen die ehrenamtlich Engagierten im Mittelpunkt stehen und sich wertgeschätzt fühlen. Lassen Sie uns gemeinsam dieses Zeichen für das Engagement setzen. Ich möchte betonen, dass sich nicht nur der Senat und das Abgeordnetenhaus bei den ehrenamtlich engagierten Menschen bedanken, sondern ausdrücklich auch bei Partnerinnen und Partnern aus Wirtschaft, Kultur und Freizeiteinrichtungen. Der Tag ist ein Zeichen der Stadtgesellschaft, dass das Ehrenamt in Berlin einen hohen Stellenwert hat, und deswegen sagen wir Danke.
Das zeichnet sich auch für den diesjährigen Aktionstag wieder ab. Schon jetzt sind über hundert Anbieter dabei, und es werden täglich mehr. Das ist gut so. Als Beispiel: Der Tierpark stellt 5 000 freie Eintritte zur Verfügung, der Zoo rund 1 000, das Staatsballett 200 Tickets. Die Messe Berlin stellt 1 500 Tickets bei der ITB zur Verfügung. Rund 60 weitere Angebote sind ganztägig kostenfrei für alle vorhanden. Alle Berlinerinnen und Berliner können z. B. kostenfrei die Gärten der Welt, den Britzer Garten oder das Naturkundemuseum besuchen.
An dieser Stelle möchte ich mich nicht nur bei allen Anbietern herzlich bedanken, sondern ebenso bei den zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Senatskanzlei, die sich mit Hochdruck für das Gelingen engagieren. Nebenbei hat dieser Tag „Berlin sagt Danke!“ auch einen schönen Nebeneffekt, denn nicht nur Ehrenamtliche fühlen sich wertgeschätzt, sondern „Berlin sagt Danke!“ ist auch die beste Werbung für das Ehrenamt, für bürgerschaftliches Engagement. Ich bin sicher, dass wieder viele Berlinerinnen und Berliner an diesem Tag den Entschluss fassen werden, sich für die Gemeinschaft zu engagieren.
Aber aus gegebenem Anlass, am Tag nach dem rechten Terror in Hanau, muss der heutige Beschluss einen neuen Kontext bekommen. Deutschland hat ein rechtes Terrorproblem. Neun Monate nach dem Mord an Walter Lübcke und drei Monate nach dem Anschlag in Halle gab
es gestern Nacht einen rechtsextremistisch motivierten Anschlag auf zwei Shisha-Bars in Hanau.
Ja, unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Ich sage hier und heute abermals ganz deutlich: Die verbale Eskalation von rechts führt eben auch zu solchen Taten. Es ist eine verrohte Sprache eingezogen, seitdem die AfD in die Parlamente eingezogen ist.
Die rechtsextremistische Sprache aus der AfD ist die Theorie.
Hanau, Halle, Kassel sind die Praxis. Wir lassen es nicht zu. Wir kämpfen gemeinsam gegen rechts.
Wir haben eine wehrhafte, eine starke Demokratie und müssen den Rechtsextremismus mit allen staatlichen Mitteln entschieden bekämpfen. Aber wir können den Kampf gegen rechts gemeinsam mit rechtstaatlichen Mitteln und mit einer starken Zivilgesellschaft gewinnen. Ich bin froh und stolz auf jeden Menschen, der sich in unserem Land in einem Bündnis gegen Rechtsextremismus und auch z. B. für Flüchtlinge engagiert.
Nein, vielen Dank! – Ich bin wie Millionen Menschen in Deutschland zutiefst schockiert über Parteien, die mit der rechtsextremen AfD und ihrem Faschisten aus Thüringen gemeinsame Sache machten.
Hier wurde der demokratische Konsens verlassen und die Werte des Füreinander und Miteinander zutiefst verletzt. Im Ehrenamt geht es um Solidarität. Es geht um Sensibilität. Es geht um Mitmenschlichkeit, und es geht um die Stärkung der Willkommenskultur. Es geht um das friedliche, gemeinsame, solidarische Miteinander. Es geht darum, dass sich Menschen gegenseitig helfen, Verantwortung füreinander und für das Gemeinwesen übernehmen. Diese Werte des Ehrenamts schützen die Demokratie. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Die Zivilgesellschaft zu
stärken ist heute das Gebot der Stunde. Lassen Sie uns daher heute den Antrag „Berlin sagt Danke!“ beschließen. Damit setzen wir ein starkes Zeichen für die Demokratie und gegen ihre Feinde. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen! Meine Herren! Herr Kollege Seerig! Viele Anträge einzureichen, heißt ja nicht, dass alle gut sind und sie alle angenommen werden müssen. Wir haben sie beraten und festgestellt: Das brauchen wir nicht.
Zum ersten Antrag:
Eine gute und sichere Pflege ist unverzichtbarer Teil der Daseinsvorsorge.
So steht es in unserem Koalitionsvertrag. – Schön, dass Sie dem auch zustimmen. Dieser Stellenwert der Pflege zeigt sich allein schon darin, dass es erstmals in dieser
(Vizepräsidentin Cornelia Seibeld)
Legislaturperiode eine wirklich ausgebaute, auch personell stärker gestellte Senatsverwaltung für Pflege gibt.
Unser erklärtes Ziel, die Pflege sicher und gut zu machen, erreichen wir auf unterschiedlichen Ebenen, in erster Linie durch bessere Arbeitsbedingungen für die Pflegerinnen und Pfleger. Auch durch einen besseren Personalschlüssel, auch durch bessere tarifliche Bezahlung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen kann man Qualität in der Pflege sichern und auch die Fachkräfte gewinnen. Die Fachkraftquote erhöht sich auch, wenn es weniger Leiharbeit gibt. Das wissen wir alle. Deshalb sind die Initiativen, die Leiharbeit zu begrenzen und stattdessen mehr festangestellte Pflegekräfte in den Pflegeeinrichtungen zu bekommen, aus unserer Sicht sinnvoll. Ich habe das Gefühl gehabt, dass Sie diese Ansicht eigentlich auch teilen.
Die Überprüfung und Sicherung der Pflegequalität ist ebenso ein wesentlicher Bestandteil. Deshalb haben wir ein neues, indikatorengestütztes Qualitätssystem in der vollstationären Pflege zum 1. Oktober eingeführt, wie Sie sicherlich wissen. Es baut auf drei Säulen auf: Erstens werden Daten über die Einrichtung erhoben, zweitens prüft der Medizinische Dienst der Krankenkassen bzw. der Prüfdienst –
Nein! Keine Zwischenfragen! –, der privaten Krankenversicherung die Daten und schließlich, drittens, werden öffentliche Qualitätsberichte über die Pflegeeinrichtungen erstellt. Nun haben Pflegebedürftige und ihre Angehörigen eine Vielzahl an Informationen über Pflegeeinrichtungen. Dieses Qualitätssystem ist ein wichtiger Schritt zu Transparenz und Vergleichbarkeit in der Pflege, die zur Sicherung der Pflege maßgeblich beiträgt. Darüber hinaus beinhaltet der neue Prüfsatz das neue Verständnis der Pflegebedürftigkeit und hat die individuelle Versorgungssituation des Pflegebedürftigen im Blick. Als Land Berlin werden wir nun mit diesem neuen Qualitätssystem arbeiten. Ich finde, das ist schon mal ein guter Start.
Zu Ihrem zweiten Antrag: Ja, wir werden am Wohnteilhabegesetz eine Veränderung vornehmen. Das kommt auch, daran wird sehr heftig gearbeitet. Das wissen Sie auch, und hier so zu tun als käme es gar nicht mehr in dieser Legislaturperiode, das finde ich nicht in Ordnung. Dazu haben wir ausführlich Gelegenheit gehabt, uns im Ausschuss auszutauschen. Es ist gerade die Fachkräftesicherung wichtig und nicht deren Abbau. Deswegen irritiert mich Ihr Antrag „Fachkraftquote ist nicht Synonym für hohe Pflegequalität“, denn Sie wollen dort mehr Fle
xibilisierung. Ich weiß nicht, ob das tatsächlich den Stellenwert haben wird.
Deshalb sagen wir, dass diese beiden Anträge abgelehnt werden können. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kollegen und Kolleginnen! Meine Damen, meine Herren! Gestern wurde das bundesweit erste Landesamt für Einwanderung in Berlin eröffnet. Ich frage den Senat: Welche Maßstäbe setzt das Land Berlin damit für die moderne Einwanderungsgesellschaft?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank, Herr Senator Geisel für die Antwort! Ich sehe, Sie setzen in der Tat Maßstäbe.
Gibt es konkrete Bestrebungen, mit unserem Nachbarland Brandenburg noch stärker zusammenzuarbeiten? – Ich habe vernommen, dass Sie das auch auf Bundesebene empfehlen. Das finde ich sehr gut, da sollten wir dranbleiben.
Frau Präsidentin! Meine lieben Kollegen und Kolleginnen! Meine Damen, meine Herren! Der vorliegende Antrag sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein.
Er sagt ja lediglich, dass es keinen Ausschluss bei Hilfen für Menschen in Not geben darf. Doch trotzdem bedarf es einer Klarstellung, denn selbstverständlich ist für uns so lange nichts, solange eine rechtsextreme Partei unserem Haus angehört. Wir werden niemals Hilfe nach Herkunft gewährleisten. Dass bestimmte Bevölkerungsgruppen vom Hilfesystem ausgeschlossen werden, hat es in dieser Stadt schon einmal gegeben, und das darf nie wieder sein. Berlin ist eine weltoffene und solidarische Stadt, und das soll auch immer so bleiben.
Darüber hinaus sind wir eine europäische Metropole.
Aufgrund der geographischen Lage in Europa sind wir eine Brückenstadt zwischen Ost und West.
Von Berlin aus ist man genauso schnell in Warschau wie in Köln, oder anders gesagt: Berlin ist die größte Metro
pole zwischen Moskau und Paris. Berlin ist Scharnier für die Vielfalt Europas, und das bedeutet auch, dass wir keine Trennung vornehmen, aus welchem Land eine Hilfesuchende oder ein Hilfesuchender kommt. Wir sind alle Europäerinnen und Europäer.
Das ist eine starke Leistung unserer Demokratie, und darauf bin ich stolz.
Im Hilfesystem muss der Grundsatz lauten: Kein Ausspielen der Ärmsten gegeneinander!
Für uns als Koalition ist der Satz nicht nur ein bloßes Bekenntnis, für uns ist dieser Satz ein Auftrag, und zwar ein Auftrag dafür, unsere Hilfssysteme noch besser zu gestalten, das heißt konkret, sie auch dort internationaler zu machen, wo es nötig ist.
Das können Sie in den neuen Leitlinien zur Wohnungslosenpolitik gut nachlesen. Darin steht sehr deutlich, wohin die Reise gehen wird. Die niedrigschwelligen Angebote der Wohnungslosenhilfe richten sich stärker auf EUBürgerinnen und Bürger aus und nicht weniger. Alle können die niedrigschwelligen Angebote nutzen, nicht nur bestimmte Gruppen. Es werden mehr zielgruppenspezifische Angebote geschaffen bzw. erweitert, nicht weniger. Und was ich sehr wichtig finde: Den Opfern von Arbeitsausbeutung werden Möglichkeiten zur Unterbringung gegeben, damit sie sich als Zeuginnen und Zeugen in gerichtlichen Verfahren zur Verfügung stellen.
Denn eins müssen wir auch ganz klar sagen: Die Menschen sind oft in Not getrieben worden. Sie sind vielfach geprellt, betrogen, ausgebeutet oder gar verkauft worden von skrupellosen Arbeitgebern und Kriminellen oder beidem. Das ist das Problem, mit dem wir auch zu kämpfen haben.
Darüber hinaus werden wir den Zugang zur Krankenversicherung erleichtern, und ich finde es gut, dass im Entwurf des Landesantidiskriminierungsgesetzes die Merkmale „Sprache“ und „sozialer Status“ neu aufgenommen worden sind, und man kann ja auch darüber diskutieren, ob wir vielleicht das Merkmal „Wohnungslosigkeit“ aufnehmen. Wie Sie sehen können, setzen wir mit den Leitlinien zur Wohnungslosenpolitik humanitäre Maßstäbe. Es kommt hinzu, dass wir uns durch die „Nacht der Solidarität“ ein Bild machen werden. Meine Kollegin Frau Fuchs hat ja auch darauf hingewiesen. An der Stelle danke ich allen, die diese Zählung ermöglichen – allen
(Maik Penn)
aus der Mitarbeiterschaft der Verwaltung, allen, die freiwillig an dieser Zählung mitmachen, aber natürlich auch ein Dank allen Ehrenamtlichen in der Kältehilfe und in der Wohnungslosenhilfe!
Es sei auch noch angemerkt: Wir wissen, dass das Bild möglicherweise nicht ganz vollständig sein wird, denn wir werden vielleicht den Gesundheitszustand der obdachlosen Menschen nicht ganz erfassen, wir werden nicht nachvollziehen können, woher ihre Flucht rührt. Aber durch die Nacht der Solidarität werden wir einen guten und ersten Grundstein für ein noch zielgerichteteres Hilfesystem legen. Ich werde an der Zählung teilnehmen so wie rund 3 000 andere Menschen auch. Die Zählung ist auch ein Zeichen an alle Menschen, die auf der Straße sind, dass Berlin sie sieht, sich ihrer annimmt und zusammenhält. Das ist für mich ein ganz besonderes Zeichen mitten im kältesten Monat des Jahres. Die Koalition weiß auch, dass wir nur durch eine aktive Wohnungspolitik die Obdachlosigkeit besiegen werden. Interessant ist, dass zum Beispiel Finnland das schon geschafft hat. Es geht also.
Zum Schluss möchte ich noch anmerken: Mit dem Mietendeckel schützen wir Menschen vor dem Verlust ihrer Wohnung. Auch hier sind wir das erste Bundesland, das solch einen Versuch unternimmt, die neue soziale Frage „Wohnen“ zu beantworten. Aber wir müssen auch viel mehr neue Wohnungen bauen. Das wissen wir. Wir können so den vielen Menschen in den Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe, den vielen geflüchteten Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften und den vielen Menschen auf der Straße zu einem selbstbestimmten Leben in Würde verhelfen, denn in einem reichen Land wie Deutschland soll keiner ohne eigene Wohnung leben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen, meine Herren!
Wir wollen zeigen, dass dieser Aufbruch einen Wandel zum Besseren erlaubt, auch wenn nicht alles anders werden wird.
So steht es in der Präambel unseres Koalitionsvertrags, und heute kann gesagt werden: Ja, die Stadt Berlin erlebt nach den Folgen der Teilung, dem Wegfall von Subventionen im Westteil, der Abwicklung von Betrieben im Ostteil, der – zugegeben – Sparpolitik der Nullerjahre nun durch diese rot-rot-grüne Koalition einen Wandel zum Besseren. Alle landesrechtlichen Möglichkeiten nutzen wir, um Menschen vor Verdrängung aus ihrer Wohnung zu schützen. Der geplante Mietendeckel gibt ihnen ihre soziale Sicherheit zurück. Wo Alleinerziehende früher Angst hatten, dass das Amt nicht mehr die Wohnkosten nach einer Mieterhöhung übernimmt, sind heute durch die Anpassung der Ausführungsvorschrift Wohnen dreimal so viele Alleinerziehende in ihrer Wohnung geschützt. Für Wohnungslose und Obdachlose haben wir die Wohnungslosenhilfe und Kältehilfe ausgebaut und auch die Übernachtungsmöglichkeiten erweitert. Die
Hygienecenter haben länger geöffnet, und auch Duschbusse fahren durch diese Stadt.
Da, wo Menschen einsam in ihrer Wohnung sitzen oder auch Gesellschaft suchen, laden wir sie in unsere Stadtteil- und Nachbarschaftszentren ein, die mit zusätzlichen Mitteln ausgebaut und auch erweitert werden. Dieses soziale Netz ist sehr wichtig für Berlin. Mit der Evaluierung des Seniorenmitwirkungsgesetzes und der Überarbeitung der Leitlinien der Seniorenpolitik werden wir die Mitbestimmung und Teilhabe der älteren Berlinerinnen und Berliner weiterhin stärken.
Das kostenlose Schülerticket, die Hauptstadtzulage oder der beitragsfreie Hort, all das zeigt, dass wir einen Wandel zum Besseren für alle Berlinerinnen und Berliner ermöglichen. Das ist gute Sozial- und Integrationspolitik wie auch Armutsbekämpfung.
Berlin ist eine moderne Einwanderungsstadt und eine der weltoffensten Städte überhaupt. Deshalb hat Hetze in unserer Mitte keinen Platz – auch nicht an den Rändern.
Wir nehmen mit unserer Integrationspolitik alle Migrantinnen und Migranten in den Blick. So ist uns die Inklusion Geflüchteter ebenso wichtig wie die Integration und Partizipationsmöglichkeiten für schon lange in Berlin lebende Migrantinnen und Migranten.
Diese Politik spiegelt sich auch im vorliegenden Haushalt sehr gut wider – erstens: Wir novellieren das Partizipations- und Integrationsgesetz. Zweitens: Wir verstetigen die interkulturelle Öffnung der Verwaltung. Drittens: Wir schreiben den Aktionsplan Roma weiter fort. Viertens: Wir stärken die Arbeit der Integrationslotsinnen und Integrationslotsen sowie der Stadtteilmütter, in dem wir ihnen endlich eine tarifliche Entlohnung gewähren. Zum Schluss: Mit unserer Integrations- und Sozialpolitik stärken wir den sozialen Zusammenhalt in Berlin. Das ist verantwortungsvolle Politik für eine starke Gesellschaft. Das ist gelebte Solidarität. Das ist wichtig für den sozialen Frieden, und deshalb lassen wir uns das von niemandem und schon gar nicht von den Rechten schlechtreden und schon gar nicht kaputt machen. Ich werbe daher für Ihre Zustimmung. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegen und Kolleginnen! Ja, Einsamkeit ist ein wichtiges Thema, ein wichtiges sozialpolitisches und gesundheitspolitisches Thema. Genau deshalb, liebe Kollegin DemirbükenWegner, hatte ich ja angeregt, dass wir uns im Ausschuss für Bürgerschaftliches Engagement und Partizipation einmal intensiver mit diesem wichtigen politischen Thema befassen – durch eine Anhörung – und uns austauschen. Wir haben ja versucht, konsensual eine Lösung zu finden. Bei der Anhörung waren Frau Schilling von Silbernetz e. V. und Frau Jeglinski vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin dabei, zwei ausgewiesene Expertinnen auf diesem Feld. Beide redeten uns ins Gewissen, das Ehrenamt, das der Einsamkeit so viel entgegensetzen kann, auf stärkere Beine zu stellen. Sie sagten aber nicht, dass sie einen Beauftragten für Einsamkeit wollen.
Und das deckt sich mit dem Blick, den wir in der Koalition haben. Wir wollen das Ehrenamt in seiner Breite stärken und setzen auf die lokalen Begegnungen. Auch bei meiner Veranstaltung, die Sie hier hervorgehoben haben, nämlich dem ersten seniorenpolitischen Dialog, habe ich das Thema Einsamkeit auf die Agenda gesetzt, keiner der anwesenden Damen und Herren hat einen Einsamkeitsbeauftragten verlangt. Auch das spricht für sich.
Deswegen sagen wir, das Investieren in die soziale Infrastruktur in der Stadt ist enorm wichtig, auch gegen Einsamkeit. Deshalb bauen wir die Stadtteilzentren und Nachbarschaftseinrichtungen aus. Wir schaffen Familienzentren. Wir wollen auch generationsübergreifende Wohnformen und die Freiwilligenagenturen stärken. Das gehört dazu. Und konkret: Das Hilfetelefon für Ältere, das Silbernetz-Telefon, haben wir mit finanziellen Mitteln gestärkt, damit mehr Menschen dort anrufen können. Das machen wir als Koalition, weil wir wissen, dass es in der sich rasant ändernden Stadt Berlin nicht nur Gewinner gibt, leider. Deshalb bauen wir diese Infrastruktur konsequent aus.
Einsamkeit kann übrigens auch eine Folge von Gentrifizierung und steigenden Mieten sein, liebe Kollegen der Opposition! Denn wenn ein Mensch wegen zu hoher Mieten aus seiner Wohnung ziehen muss und mit seinem neuen Kiez fremdelt, zieht er sich zurück. Wenn einer 80
(Emine Demirbüken-Wegner)
jährigen Rentnerin die Wohnung gekündigt wird, kann sie in einem neuen Viertel nur schwer ein Heimatgefühl entwickeln. Daher ist eben auch der Mietendeckel ein Programm gegen Einsamkeit.
Ihr Antrag, liebe Frau Demirbüken-Wegner, liebe Kollegen von der CDU, macht ganz deutlich, wie wichtig der Mietendeckel für Berlin ist.
Sie müssten eigentlich nach Ihrer Rede, die Sie hier gehalten haben, sogar für den Mietendeckel stimmen, damit Verdrängung gestoppt wird. Da bitte ich Sie, an unserer Seite kraftvoll mitzuhelfen, dass das gelingt, und nicht dagegen zu arbeiten.
Noch ein wichtiger Aspekt: Wir müssen auch schauen, dass die Gewerbemieten nicht zu teuer werden, denn immer mehr soziale Vereine leiden unter den steigenden Mieten.
Ich verzichte sehr gerne, danke, und fahre mit meiner Rede fort.
Die Gewerbemieten sind deshalb wichtig, denn viel altes Gewerbe kann sich nicht mehr im Kiez halten, wenn die Mieten steigen. Die Kleinstunternehmen vor Ort leisten viel für den sozialen Zusammenhalt, z. B. die Zeitungsverkäuferin, der Dönerverkäufer oder der Kiezwirt sind oft Menschen in unseren Kiezen, die Bewohner im Kiez kennen, ihnen helfen, und sie haben oft ein Ohr für die Einsamen und sprechen mit ihnen. Sie sind eben nicht nur Gewerbe vor Ort, sondern auch ein Stück soziale Infrastruktur. Sind diese eines Tages nicht mehr da, ist auch ein Stück soziale Infrastruktur verlorengegangen, gestorben.
Noch mal kurz zurück zu Ihrem Antrag, den wir schon ausführlich im Ausschuss behandelt haben. Wir empfehlen die Ablehnung. Berlin braucht mehr Engagement. Berlin braucht mehr Ehrenamt und mehr ehrenamtliche Strukturen. Dazu gehört eben auch das Hauptamt. Das ist auch wichtig.
Das Hauptamt aber nicht an einer einzigen Stelle zentralisiert, sondern da in den sozialen Infrastrukturen, damit das Hauptamt das Ehrenamt vor Ort unterstützt! Das wurde in der Anhörung deutlich. Deswegen unterstützen wir in der ganzen Stadt die sozialen Einrichtungen wie eben die Nachbarschaftszentren, Stadtteilzentren usw. So werden wir auch erfolgreich weiterarbeiten. Wir empfehlen die Ablehnung des Antrags. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Emine Demirbüken-Wegner! Ein Wort in Ihrer Rede ist wirklich sehr dreist, das Wort Hinterhältigkeit. Mit Hinterhältigkeit kennt sich ja die CDU sehr gut aus. Das haben wir hier in der letzten Plenarsitzung erleben dürfen.
Ich bitte Sie, mal zu schauen, was Ihre Fraktion, möglicherweise auch Sie persönlich gemacht haben. Deswegen ist das schon eine Dreistigkeit.
Aus Ihrer Rede wird mir eher deutlich: Warum haben Sie nicht eine Veranstaltung gemacht? Das stand Ihnen alles frei. Wir haben eine Veranstaltung gemacht, um mit noch mehr Experten zu reden. Keiner von ihnen hat so einen Beauftragten gewollt.
Im Übrigen war ich, Frau Demirbüken-Wegner, selbst mit Frau Schilling vom Silbernetz im Gespräch. Mein Fraktionsvorsitzender und ich waren vor Ort.
Wir haben mit ihr persönlich gesprochen. Ich habe auch über diesen Antrag mit ihr persönlich gesprochen. In meinem Beisein hat sie das nicht unterstützt – nur so als Anmerkung.
Mit Ihrer Anmerkung haben Sie noch eines deutlich gemacht: Sie verachten die Arbeit der ehrenamtlich Engagierten in den sozialen Einrichtungen, bei den Nachbarschaftszentren usw.
Das ist wirklich dreist. Was für eine Haltung ist das, bitte schön? Das ist schon sehr peinlich, das Ihren Worten zu entnehmen, denn sie waren selbst Gesundheitsstaatssekretärin in der letzten Legislaturperiode. Da hätten Sie Präventionsmaßnahmen machen können. Ihr Senator Czaja war für Gesundheit und Soziales zuständig.
Nichts, kein Angebot! Auch dort stand Ihnen frei, das Thema anders zu behandeln. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen! Meine Herren! Lieber Kollege! Sie reden über Wohnungspolitik, aber nicht über Wohnungslose, und es zeigt, dass Sie diese Gruppe überhaupt nicht schätzen, nicht wertschätzen, und das ist sehr peinlich, was Sie hier abgeliefert haben.
Ich darf auch noch ergänzen, dass all die Verbesserungen, die Sie auf der Bundesebene im Bereich Mietenpolitik
aufgeführt haben, von der SPD-Seite gekommen sind. – Danke für das Lob an der Stelle!
Ja, geschafft kann man sagen. Im 20. Jahr nach den noch gültigen Leitlinien der Wohnungslosenhilfe, die ja noch aus dem Jahre 1999 stammen, bekommt Berlin nun neue Leitlinien der Wohnungslosenpolitik.
Und das ist gut so. Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter von Trägern, Verbänden, Vereinen, Bezirken, auch vom Senat und auch von uns, aus unseren Reihen der Abgeordneten,
haben sich getroffen, um sowohl über die besten als auch die am besten umsetzbaren Lösungen zu beraten. Am Ende des über anderthalb Jahre dauernden Prozesses liegen nun die überarbeiteten Leitlinien vor. Und auch ich möchte mich ganz herzlich bei allen, die daran beteiligt waren, bedanken, möchte mich insbesondere bei all den Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, die sich in den ganzen Einrichtungen Tag für Tag für die Wohnungslosen einsetzen, herzlich bedanken,
möchte aber auch speziell der Senatorin Breitenbach danken, weil sie sich besonders für diesen partizipativen Prozess eingesetzt hat, aber auch den anderen beteiligten Senatsverwaltungen danken, wie Finanzen, Gesundheit, Inneres, Bildung und auch Stadtentwicklung.
Die Ergebnisse stellen einen echten Aufwuchs dar. Ich könnte hier eine ganze Reihe schöner Punkte aufzählen, einige will ich hervorheben, wie beispielsweise Schaffung von berlinweiten Vorgaben Qualitätsmanagement für den Prozess der Übernahme von Mietschulden oder Umsetzung eines bezirksübergreifenden Fachstellenkonzepts der sozialen Wohnhilfen oder die Einführung einer Berliner Wohnungsnotfallstatistik inklusive der Durchführung einer Zählung von auf der Straße lebenden Menschen oder Erhöhung des Bestands an Pflegewohnungen, ganzjährige Planung und Koordinierung der Kältehilfe, Gewährleistung einer bedarfsgerechten und qualitätsgesicherten Unterbringung im Rahmen einer gesamtstädtischen Steuerung oder auch Evaluation und Verstetigung des modellhaften Angebots einer Krankenwohnung für erkrankte Wohnungslose, aber auch niedrigschwellige medizinische und zahnmedizinische Versorgung sowie ein leichterer Zugang von wohnungslosen Menschen zum Hilfesystem und Ausbau der bestehenden niedrigschwelligen Hilfen um weitere Notunterkünfte, insbesondere für Frauen, sowie für Familien mit Kindern und Schaffung besonderer Wohnangebote für junge wohnungslose Menschen. An diesen Beispielen können Sie sehen, was
(Maik Penn)
gemeinsam erarbeitet worden ist und wohin die Reise geht. Und das ist gut so.
Hervorheben möchte ich aber drei besonders wichtige Punkte für mich, einmal die gesamtstädtische Steuerung. Bisher gibt es verschiedene Qualitätsstandards und quantitative Angebote in den Bezirken. Ja, das führt manchmal dazu, dass der eine Bezirk, beispielsweise Friedrichshain-Kreuzberg, ein Mehrfaches an Angeboten und Plätzen bereitstellt wie beispielsweise Steglitz-Zehlendorf oder dass in Reinickendorf die einzige Tagesstätte schließen muss, frei nach dem Motto: Dann gehen die Betroffenen halt woanders hin. Es scheint so, als würden einige Bezirke nichts gegen einen Unterbietungswettbewerb haben. Und das ist nicht akzeptabel, und das wollen wir auch mit diesen Leitlinien ändern.
Und uns ist eben wichtig, auch die Bezirke da zu unterstützen, denn die Unterbringung der Wohnungslosen und Obdachlosen ist originär auch bezirkliche Angelegenheit. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Angebote, besonders im Bereich ASOG, so verstetigen, dass die Menschen, die dort untergebracht sind, auch Unterstützung bekommen können, dass die Hilfsnetzwerke dort mit ihren ASOG-Unterbringungen auch verbunden werden können.
Mit der bedarfsgerechten und qualitätsgesicherten Unterbringung im Rahmen einer gesamtstädtischen Steuerung soll nun eben dieser Wildwuchs eingedämmt werden, und die Hilfen sollen die Betroffenen besser erreichen. Im Interesse der Betroffenen, aber auch im Interesse der Allgemeinheit, des Steuerzahlers, der Steuerzahlerin, wollen wir eben diese Qualitätsstandards in den Unterbringungen und im Hilfesystem verbessern, ja, und manche Betreiber müssen auch ihre Geschäftsmodelle verändern. Wir wollen eben auch dort Licht ins Dunkel bringen. Auch das ist gut so.
Der zweite Punkt, der mir wichtig ist, ist die Einführung einer Berliner Wohnungsnotfallstatistik, inklusive der Durchführung einer Zählung auf der Straße lebender Menschen. Auch hier geht es darum, ein bisschen Licht ins Dunkle zu bringen, denn wir wollen wissen: Wer lebt auf unseren Straßen, welche Bedarfe haben sie, welche Hilfen und Unterstützung brauchen sie? – Diese Zählung im Januar ist ein wichtiger, bedeutender Schritt. Man sieht eben: Wenn der politische Wille in diesem Senat da ist, getragen von einer sozialen Koalition, kann Sozialpolitik schnell organisiert werden. Und wir, Rot-Rot-Grün, wollen die Solidarität der Stadtgesellschaft für alle hier erlebbar machen.
Und zu den fehlenden Statistiken möchte ich in diesem Zusammenhang noch auf ein Problem aufmerksam machen: Auch der Bund muss unbedingt eine bundesweite Statistik erheben über die Menschen in Deutschland, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind. Denn Wohnungslosenpolitik ist nicht nur Sache der Bezirke, der Länder, sondern auch des Bundes, und hier wird über die soziale Wohnraumförderung entschieden, über die Sanktion der Wohnkosten bei Hartz-IV-Empfängerinnen wird entschieden, über den Kündigungsschutz von Mie
tern/Mieterinnen wird entschieden. Auch hier gilt es, gewissermaßen Licht ins Dunkel zu bringen, denn mit einer Statistik wird der Bundesregierung, besonders der schwarzen Hälfte dieser GroKo hoffentlich ihr Handlungsbedarf endlich klarer. Z. B. ein Bundesheimatminister kann mehr machen, auch für diese Zielgruppe.
Ich möchte einen Freund zitieren, einen Freund, der Ihnen allen bekannt ist: Dieter Puhl war am Freitag in meinem Bürgerbüro. Wir haben uns über Einsamkeit und Armut ausgetauscht. Er hat, wie Sie auch lesen konnten, in dieser Woche in seiner Kolumne in der „Morgenpost“ die wichtige Frage gestellt: Kennen Sie namhafte Bundespolitiker, die sich für die Belange obdachloser Menschen einsetzen, mit Kontinuität, mit Herzblut, mit Vehemenz, immer wieder und wieder? – Ja, auch ich musste einen Moment nachdenken, aber ich bin froh, dass Hubertus Heil, der Sozialminister, nun erklärt hat, eine Wohnungslosenstatistik solle auf Bundesebene erstellt werden.
Und, ja, der Bund muss hier auch seinen Beitrag leisten. Nur Hand in Hand können wir hier diese soziale Frage gemeinsam angehen.
Der dritte Aspekt ist die Schaffung von berlinweiten Vorgaben Qualitätsmanagement für den Prozess der Übernahme von Mietschulden einschließlich eines Controllings und der Ausbau bestehender niedrigschwelliger Hilfen um weitere Notunterkünfte, besonders für Frauen sowie für Familien und Kinder. Ja, Wohnungslosigkeit ist nicht mehr nur männlich, meine lieben Kollegen und Kolleginnen. Es gibt leider auch immer mehr Frauen, die wohnungslos sind. Und es trifft besonders Familien. Schätzungen gehen davon aus, dass rund ein Viertel der in der Wohnungslosenhilfe Untergebrachten Familien und Kinder sind. Das wollen wir eben nicht hinnehmen, und diese Leitlinien werden dazu beitragen, dass wir die Beratung verbessern, dass mehr Prävention reinkommt und dass wir das Angebot ausbauen.
Niemand gehört auf die Straße, wenn er oder sie es nicht will, und Frauen und Kinder schon gar nicht, Familien auch nicht. Die Leitlinien sehen eben vor, dass wir
künftig 2 500 Wohnungen im geschützten Marktsegment ausbauen wollen, dass wir die Zwangsräumungen verringern. Das ist, denke ich, auch Teil des Aufbruchs.
Vielen Dank! Ich verzichte sehr gerne. – Und ich will an dieser Stelle zum Schluss meiner Rede noch eine Sache hervorheben.
Sehr freundlich, lieber Kollege! – Wir haben in diesem Doppelhaushalt sehr viel Vorsorge getroffen. Wir haben an vielen Stellen mehr Geld eingestellt und wollen die Wohnungslosenhilfe ausbauen. Ich will hier den ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann zitieren.
Man erkennt den Wert einer Gesellschaft daran, wie sie mit den Schwächsten ihrer Glieder verfährt.
Genau das sollte unsere Richtschnur hier im Haus sein. Je mehr wir auf die Schwächsten achtgeben und je mehr wir ihnen Hilfe zukommen lassen, desto stärker wird unsere Gesellschaft.
Lasst uns den Menschen an den Rändern der Gesellschaft wieder einen Platz in unserer Mitte geben, damit alle Berliner und Berlinerinnen ein selbstbestimmtes Leben führen können.
Zum Schluss meiner Rede möchte ich noch einen Punkt, der mir wichtig ist, anmerken, gerade auch mit Blick auf den gestrigen Tag der Wohnungslosigkeit. Ja, gerade in einer Zeit, in der Rechtsextremismus leider wieder stärker wird, möchte ich auch an die Geschichte erinnern. In der NS-Diktatur wurden Menschen, die obdachlos waren, als „Asoziale“ nicht nur tituliert, sondern sie wurden in Arbeitshäuser, in Gefängnisse und später ins KZ gesteckt.
Das dürfen wir nicht vergessen. Es ist wichtig, daran zu erinnern, denn es gibt kein Mahnmal für diese Menschen. Viele Obdachlose sind der rechten Gewalt schutzlos ausgeliefert und gehen anschließend nicht zur Polizei oder kontaktieren ihren Anwalt. Gleichwohl sind Obdachlose nicht nur rechter Gewalt ausgesetzt. Jede Ge
walt ist falsch. Gegen Schutzlose ist Gewalt ungleich perfider.
Ich bin bei meinem letzten Satz, Herr Präsident! – Daher sage ich an diesem Tag der Wohnungslosen: Jeder Angriff auf einen Obdachlosen ist ein Angriff auf uns und ein Angriff zu viel. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, spätestens jetzt wissen alle, die generalistische Ausbildung kommt, das Gesetz zur Reform der Pflegeberufe vom 17. Juli 2017 reformiert die Berufsausbildung in der Pflege. Die generalistische Ausbildung fasst zusammen die alten bisherigen Berufsbereiche Altenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Gesundheits- und Krankenpflege zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann.
Das Pflegeberufegesetz eröffnet dem Landesgesetzgeber einen gewissen Ausgestattungsspielraum, da teilweise landeseigene Regulierungsmöglichkeiten zugelassen bzw. auch vorgeschrieben sind. In der entsprechenden Vorlage steht zum Beispiel – ich darf zitieren, Frau Präsidentin –: Diese sollen
das Bundesgesetz sowie die auf Bundesebene erlassene Pflegeberufe-Ausbildungsfinanzierungs
verordnung und die bundesrechtliche Pflegeberufe-Ausbildungs- und -Prüfungsverordnung ergänzen.
In der Vorlage steht auch:
Es ist dabei nicht gänzlich auszuschließen, dass die Regelungen auf Landesebene aufgrund der völlig neuen Konzeption dieser generalistischen Ausbildung in den kommenden Jahren angepasst, ergänzt und weiterentwickelt werden müssen.
Das ist nachvollziehbar.
Für ein effektives Verwaltungshandeln
steht in dieser Vorlage,
bietet sich daher an, die das Bundesrecht ergänzenden Landesregelungen weitestgehend als
Rechtsverordnungen zu gestalten, da dadurch eine schnelle und zielgerichtete Handlungsmöglichkeit der zuständigen Verwaltungseinheit gewährleistet werden kann.
(Tim-Christopher Zeelen)
Das ist auch irgendwie nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass jetzt nur noch 138 Tage vor uns liegen, bis das Gesetz gelten muss.
Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen wird. Einer der Gründe, warum ich nicht zugestimmt habe, ich habe mich im Ausschuss nur enthalten, war eigentlich die Kritik, dass ich es gewünscht hätte, dass wir dieses Gesetzesvorhaben noch vorher gemeinsam in dem Ausschuss hätten ausführlicher beraten können. Jetzt muss aber auf die Tube gedrückt werden. Zwei Jahre sind, wie gesagt, schon herum. Es ist noch einiges zu regeln und vielleicht noch nicht alles in trockenen Tüchern, obwohl vieles auch schon in der Vorbereitung gut läuft.
Es ist aber natürlich auch festzuhalten, dass es eine Realität vor Spahn, dem Bundesgesundheitsminister, gibt. Berlin hat vor seinen Initiativen das Schulgeld in der Pflege abgeschafft. Das ist gut so. Deshalb wollen natürlich besonders die Berufsfachschulen für Altenpflege klar wissen, wie hoch die Mietzuschüsse und die Investitionszulagen für Sie sein werden. Der Pflegeschulbund hat hier auch ganz klar Forderungen gestellt, denn sie müssen planen können. Deshalb habe ich auch im Ausschuss entsprechend hart nachgefragt.
Zweitens besteht auch die berechtigte Sorge, dass durch den senatsseitig festgelegten Starttermin 1. April mit den Ausbildungsgängen und nicht, wie bisher üblich, 1. Februar bei den Altenpflegefachschulen, Lücken entstehen können. Die Frage ist, ob dadurch die Ausbildung gefährdet werden kann. Ich hoffe nicht. Ich gehe nicht davon aus, aber die Frage ist berechtigt. Natürlich ist die Frage auch wichtig, was an Kosten auf die Altenpflegeschulen zukommt und wer sie trägt. All das werden wir noch ausgiebig miteinander in den Haushaltsberatungen beraten müssen.
Ein dritter, aus meiner Sicht wichtiger Punkt ist, dass erwartet wird, dass die Pflegesenatorin die Kooperationsvereinbarung zwischen Ausbildungsbetrieben und den die Praxisplätze bereitstellenden Einrichtungen, zum Beispiel auch Krankenhäuser unterstützt, damit es abgeschlossen werden kann. Hier scheint noch nicht alles rund zu sein. Aber, wie gesagt, es sind noch 138 Tage vorhanden.
Ein wichtiger letzter Punkt, bevor ich zum Schluss komme: Es gibt die berechtigte Sorge insbesondere von den Altenpflegeschulen, dass die geplante Zentralprüfung tatsächlich umgesetzt werden kann bzw., anders formuliert, es bleibt spannend, wie reibungslos diese Zentralprüfung funktionieren wird und wie weit das System insgesamt in eine Schieflage kommen könnte. Darüber müssen wir reden. Das war meine Kritik, dass wir das im Ausschuss nicht hatten ausgiebig erklären können.
Aber, zum Schluss kommend, es ist wichtig in der Pflege, dieses wichtige Reformvorhaben umzusetzen. Wir sind
zuversichtlich, dass es gelingen wird. Heute werden wir dieser Vorlage, die Ausführungsgesetze für Pflegeberufe beinhaltet und damit diese Verwaltung ermächtigt, über Rechtsverordnungen vieles schnell zu regeln, zustimmen. Ich werde dem auch zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Das ist definitiv kein Schaufensterantrag. Ich wundere mich sehr über Sie, Herr Friederici. Sie sind ja Verkehrspolitiker und waren in der letzten Legislaturperiode auch in der Koalition mit uns dabei. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie das verstehen. Es ist definitiv kein Schaufensterantrag, sondern sehr wichtig, besonders für die sensiblen Zielgruppen. An sensiblen Orten mehr Kontrollen zu machen ist doch kein Schaufensterantrag!
Nein, gestatte ich nicht! Er hat ja hier auch einfach seine Rede durchgezogen. – Ich finde, der Antrag spricht für sich. Das ist ein wichtiger Antrag, und der Koalition und uns als SPD-Fraktion ist es eben wichtig, die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Wir haben es uns fest vorgenommen, die Verkehrssicherheit deutlich zu steigern, und deswegen wollen wir mehr Verkehrsüberwachung haben.
Danke für den Applaus, Tino! – Der vorliegende Antrag ist wichtig und will bessere Unfallprävention und – das ist das Neue – speziell den Schutz besonders gefährdeter Gruppen im Straßenverkehr und an sensiblen Orten erhöhen. Kinder, Heranwachsende, Senioren und Seniorinnen brauchen mehr Schutz. Sie können eben nicht so schnell und flink reagieren. Sie können eben einem heranrasenden Auto auch nicht so schnell ausweichen. Deswegen ist es wichtig, gerade ihnen mehr Schutz hier zu ermöglichen. Diese Gruppen wollen wir eben an Orten, an denen besonders viele von ihnen am Straßenverkehr teilnehmen, schützen und an Schulen, an Kitas, an Senioreneinrichtungen die Kontrollen deutlich erhöhen. Das ist doch selbstverständlich.
Dagegen kann aber auch kein sein, wenn wir das erhöhen wollen. Also müssten Sie eigentlich für diesen Antrag, Herr Friederici, und nicht dagegen.
Wir wollen, dass mit mobilen Blitzern die Autofahrer und Autofahrerinnen ihr Verhalten ändern. Das ist nachhaltiger, wenn sie umsichtiger, vorsichtiger, rücksichtsvoller fahren. Das hat auch nichts mit abkassieren und ähnlichem zu tun.
Im Antrag wird es auch noch mal ganz deutlich. Diesem Antrag ist deutlich zugrunde gelegt, dass es um die Erhöhung der Verkehrssicherheit, um die Milderung von Unfallfolgen und die nachhaltige Sensibilisierung geht.
Wir haben auch noch etwas verändert. Das will ich hier auch noch einmal darstellen. Meine Fraktion und die Koalition haben hier einige Punkte in der Verkehrssicherheit eingebracht. Wir werden zum Beispiel Spediteure unterstützen, die Abbiegeassistenten einzubauen. Da haben wir im Nachtragshaushalt 2 Millionen Euro eingestellt. Das ist doch mal was.
Zum Schutz der Fußgängerinnen und Fußgänger hat diese Koalition eine erfolgreiche Bundesratsinitiative eingebracht, die eine europaweite verpflichtende Einführung von Lkw-Abbiegeassistenten fordert. Wir haben im Bereich Mobilität etwas auch Wichtiges auf den Weg gebracht, nämlich das Mobilitätsgesetz. Hier ist wichtig, dass wir die Zielgruppen nicht gegeneinander ausspielen, sondern von Fußgängern über Radfahrer, Autofahrer, alle, die an der Mobilität beteiligt sind, betrachten. Der bestimmte größte Meilenstein für diese Verkehrssicherheit in Berlin ist aus unserer Sicht eben auch das Mobilitätsgesetz. Mehr Blitzer sind nur eine von vielen Maßnahmen, wie Sie sehen. Alle Maßnahmen zeigen deutlich, wie wichtig uns die Verkehrssicherheit ist. Deswegen können Sie aus meiner Sicht diesem Antrag nur zustimmen. Ich freue mich darauf. – Vielen Dank!