Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Ja, aha! Und ich sage Ihnen, warum und wo das Restrisiko liegt:

[Zurufe von der CDU]

Ja, ja, ganz ruhig! Ich möchte es gerne erklären, dann können wir darüber streiten. Sie brauchen sich auch nicht zu freuen, denn es ist nicht schön.

[Heiko Melzer (CDU): Wir freuen uns gar nicht!]

Die Planung, die wir jetzt machen, ist quasi eine Planung von der Hand in den Mund.

[Heiko Melzer (CDU): Finanzverwaltung!]

Wir ziehen Turnhallen dann frei – und wir können sie auch nur dann freiziehen –, wenn wir alternative Unterkünfte haben. Das ist jetzt im Moment die Situation: Wenn eine neue Unterkunft fertig ist, dann wird sie freigezogen.

Wenn wir jetzt, so wie unsere Planung ist, die Turnhallen freiziehen, bleiben zum Schluss tatsächlich noch Plätze übrig, und wir könnten alle Turnhallen freiziehen. Jetzt stehen wir vor einer Entscheidung: Die Fertigstellung von zwei geplanten Unterkünften verzögert sich möglicherweise um wenige Tage. Die Entscheidung, die wir jetzt treffen müssen, ist: Ziehen wir Turnhallen frei und bringen die Menschen für ein oder zwei Wochen an die Stelle A, um sie dann in die endgültige Unterkunft wieder umziehen zu lassen? – Diese Entscheidung muss man treffen, aber bei Bauten – das wissen Sie alle – kann immer was schiefgehen, kann es immer zu Verzögerungen kommen. Das ist das Restrisiko. Mit diesem Restrisiko müssen wir leben.

[Zurufe von der AfD und der FDP – Zuruf von der AfD: BER!]

Und ich sage Ihnen heute, dass es möglicherweise schwierig wird. Trotzdem halten wir daran fest: Wir ziehen die Turnhallen frei. Und wenn wir die Turnhallen freigezogen haben, dann geht es mit den anderen prekären Unterkünften wie den Hangars, wie dem ICC und weiteren Unterkünften weiter.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Frau Seibeld! Jetzt kommen wir zu der von Ihnen angesprochenen Umzugsplanung. Ich muss Ihnen da leider widersprechen. Die Umzugsplanung von Herrn Czaja sah eben nicht vor, im Dezember irgendwelche Turnhallen freizuziehen, sondern die Umzugsplanung von Herrn Czaja war nach der geplatzten europaweiten Ausschreibung vom letzten Sommer: Man macht eine Interimsvergabe. Dazu hat die Kollegin Radziwill schon was gesagt. Und nach dem Abschluss der Interimsvergabe zieht man frei. – Das war eine andere Umzugsplanung und hätte bis März/April gedauert. Deshalb haben wir gesagt: Nein, wir lassen nicht die Unterkünfte leer stehen, was Herr Czaja geplant hatte, sondern wir ziehen jetzt um.

Deshalb haben wir ein etwas kompliziertes Verfahren – ja, es ist real auch kompliziert –, aber nur mit diesem Verfahren konnten wir beginnen, die Turnhallen freizuziehen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ich möchte dieses Verfahren kurz darstellen: Wir beenden gerade eine Notlage und ziehen die Turnhallen nach ASOG frei. Weil auch immer irgendwelche Fragen kommen: Nein, da bewerben sich keine Betreiber, sondern in diesem Moment verpflichten wir Betreiber, eine Unterkunft für eine relativ kurze Zeit zu führen, denn die Interimsausschreibung von Herrn Czaja ist jetzt am Laufen. Wenn dieses Interimsausschreibungsverfahren beendet ist, werden – übrigens erneut vorübergehend – neue Betreiber gesucht. Die werden diese Unterkünfte betreiben.

Diese Zeit benötigen wir tatsächlich, um das vorgeschriebene europaweite Ausschreibungsverfahren durchzuführen, zu beenden und die abschließenden Betreiber zu finden. Das ist ein relativ aufwendiges Verfahren, ein risikoreiches Verfahren, wie wir schon bei der ersten europaweiten Ausschreibung erleben konnten, aber daran führt kein Weg vorbei. Das werden wir so machen und dann irgendwann auch mal Ruhe haben. Das ist eine vordringliche Aufgabe, dass wir die Menschen in andere, in bessere Unterkünfte bringen.

Alle, die jetzt gesagt haben: Na ja, zur Integration gehört ja viel mehr. – Ja, klar, gehört zur Integration viel mehr. Hat auch nie jemand etwas anderes gesagt. Also ein Dach über dem Kopf reicht nicht zur Integration. Im Übrigen, die Tempohomes und MUFs sind auch vorübergehende Lösungen, denn auf Dauer können wir nicht den Plan verfolgen, Menschen in Unterkünften unterzubringen, wo sie – wenn die Unterstützerinnen und Unterstützer nicht da sind – unter sich bleiben und wo sie auf eingezäunten Grundstücken leben. Auch das ist keine Integration. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum für alle Menschen in

(Senatorin Elke Breitenbach)

dieser Stadt, die darauf angewiesen sind. Daran werden wir arbeiten. Von hier auf heute lässt sich das nicht umsetzen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Eine vernünftige Lebenssituation und eine vernünftige Wohnsituation sind eine Voraussetzung dafür, dass Menschen die Ruhe und den Kopf dafür haben, sich um ihren Beruf, um ihre Arbeit, um ihre Schule, um ihre Ausbildung zu kümmern. Das berichten auch viele Geflüchtete immer wieder: Ich kann in der Turnhalle, im Hangar nicht lernen. – Und das ginge uns übrigens genauso.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Deshalb – dazu haben die Kolleginnen und Kollegen auch schon eine ganze Reihe gesagt – gehört es natürlich dazu, dass wir uns in Zukunft verbessert darum kümmern, erstens, wie und wo belegt wird, Belegungsmanagement hat Katina Schubert gesagt. Ja, wir brauchen ein Belegungsmanagement, denn dieses Prinzip ist verbesserungswürdig. Wir haben keine guten Lösungen und nicht überall Schutzräume für alleinreisende Frauen beispielsweise, für LSBTI-Flüchtlinge oder für die unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten, die auch schon angesprochen wurden.

Wir brauchen mehr Schulplätze. Auch das ist klar, denn wir können nicht auf Dauer darauf setzen, dass es gut ist, geflüchtete Kinder in Willkommensklassen zu behalten oder gar in den Unterkünften zu beschulen. Die Kinder müssen in reguläre Klassen wie alle anderen Berliner Kinder auch!

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Grünen]

Und auch beim LAF haben wir noch viel zu tun – Frau Seibeld, keine Frage! Ich sage nur: Nicht alle Fraktionen, die jetzt in der Koalition sind, fanden, dass das LAF eine gute Idee war. Aber jetzt ist dieses LAF da, und als Erstes geht es darum, die vielen Stellen, die immer noch unbesetzt sind, zu besetzen. Ich finde, dieses LAF muss gestärkt werden, und zwar ohne Wenn und Aber, und das werden wir tun.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Grünen]

Zentral für ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben ist der Zugang zur Ausbildung und Arbeit. Auch hier gibt es in dieser Stadt viele Konzepte, viele unterschiedliche Konzepte und auch viele gute Konzepte. Wir sind jetzt an dem Punkt, dass wir mit allen Akteuren gemeinsam überlegen müssen: Wie können wir das besser verzahnen, besser aufeinander abstimmen? Und wie können wir garantieren, dass geflüchtete Menschen eine Beratung und eine Unterstützung von Anfang an bis zu dem Moment, wo sie einen Beruf gefunden haben, erhalten? Das ist die Aufgabe, die vor uns steht.

Alles andere – ich finde im Übrigen, viele konkrete Sachen – finden Sie in der Koalitionsvereinbarung. Wir haben auch heute einige konkrete Vorschläge gehört. Insofern freue ich mich auf eine Debatte, die wir in Zukunft führen müssen, über die Integration, über die Partizipation von geflüchteten Menschen und über die Armutsbekämpfung und den Abbau von Erwerbslosigkeit aller Menschen in dieser Stadt.

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den Grünen]

Und auch diese Debatten werden wir nicht nur in den Fachausschüssen, im Hauptausschuss oder im Parlament führen, sondern wir werden sie auch mit den Akteurinnen und Akteuren dieser Stadt führen. Alle, die sich daran beteiligen wollen, sind hierzu herzlich eingeladen. Ich bin mir sicher: Wir werden das alles nur gemeinsam schaffen, mit Mut, mit Ideen und mit großer Solidarität.

[Beifall bei der LINKEN und den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Daran wird die Hetze der AfD, die hier versucht, Menschen gegeneinander auszuspielen, nichts ändern!

[Vereinzelter Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der AfD]

Ihre Argumentation, sofern man sie als solche bezeichnen darf, ist ausgesprochen schlicht. Ihre Argumentation: Ich weiß nicht, ob das Bildungsarmut ist, ich glaube, Ihre Argumentation baut ganz bewusst auf Unwahrheiten auf,

[Lachen bei der AfD – Zuruf von der AfD: Sie sind eine politische Traumtänzerin!]

und deshalb ist sie keine Argumentation, sondern sie ist und bleibt Hetze.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.

Ich komme nun zur

lfd. Nr. 2:

Fragestunde

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen. Sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten werde ich die Fragen zurückweisen. Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach Stärke der Fraktion mit je einer

(Senatorin Elke Breitenbach)

Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu. Eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden. Für die erste Frage rufe ich ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte, an das Rednerpult zu treten. Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Frau Kühnemann, bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat: Wie bewertet der Senat die Behauptung der GEW, die Arbeitgeber hätten ihre Forderung, die Beschäftigungsbedingungen Berliner Erzieher und Erzieherinnen und Sozialpädagogen und Sozialpädagoginnen zu verbessern und denen anderer Bundesländern anzupassen, abgelehnt?

Herr Senator Kollatz-Ahnen, bitte schön!

Danke schön, Herr Präsident! – Sehr geehrte Abgeordnete Kühnemann! Das ist so nicht zutreffend. Wie einige von Ihnen wissen, gibt es zwei bundesweite wesentliche Tarifverbünde. Das eine ist die TV-L, das Zweite ist die TVöD. Insofern nehme ich für den Senat erst einmal mit Befriedigung zur Kenntnis, dass nicht nur Verdi, sondern auch die GEW auf bundesweite Tarifverhandlungen setzt. Das stellt eine Weiterentwicklung der bisherigen Positionen dar.

In einem Verdi-Flugblatt, das, glaube ich, gestern verteilt worden ist, hat Verdi darauf hingewiesen, dass in den Tarifverhandlungen sehr wohl über dieses Thema der Entgeltordnung in den Bereichen, die Sie angesprochen haben, geredet wird. Es hat aber in den Tarifverhandlungen der TV-L gerade die erste Runde stattgefunden. Insofern ist auch klar, dass man darüber, ob das gescheitert ist oder nicht, erst am Ende der Tarifverhandlungen berichten kann. Ich kann Ihnen aber versichern, dass das Thema dort erörtert werden wird. Es wird also Gegenstand der Verhandlungen in den weiteren Runden sein.

Der Sache nach ist es so, dass es zwischen beiden Tarifverbünden eine Auseinanderentwicklung gegeben hat. Wir sind als Stadtstaaten davon stärker betroffen als Flächenstaaten, weil wir immer Land und Kommune in einer Person sind. Bei Flächenländern ist es überwiegend – wenn auch nicht immer – so, dass die Kommunen in diesen Berufsgruppen die Mehrzahl der Angestellten haben, wenn die Schulsozialarbeit nicht beim Land ist. Aber im Prinzip ist es so, dass wir in den Kommunen eine bessere Bezahlung haben. Es hat also eine Auseinanderentwicklung gegeben. Nun ist es normal, dass es