Protokoll der Sitzung vom 28.11.2019

(Burkard Dregger)

greifen – vollkommen auf Effekthascherei angelegt und nichts anderes.

Da in diesem Antrag nichts drin ist, sondern er eher ein Placebo und völlig substanzlos ist, will ich darauf kommen, was tatsächlich zu tun ist, in aller Kürze, denn auch ohne Ihren, diesmal besonders dürftig ausgefallenen Antrag bekämpfen wir extremistische Gewalt jeglicher Art konsequent. Wir verstärken diese Maßnahmen sogar und dies seit Beginn unserer Regierungszeit. Wir stärken die Observations- und Auswertungseinheiten beim polizeilichen Staatsschutz, und zwar sowohl personell als auch strukturell. Wir schaffen zusätzliche Ressourcen für die Ermittler des Landeskriminalamtes und für ihre technische Ausstattung.

Ja, auch der Verfassungsschutz wird gestärkt und nicht infrage gestellt, sondern wir werden auch da die nötigen Strukturen für die Aufklärung und die Erfüllung des Auftrags bereitstellen. Wir haben eine gemeinsame Analyse- und Bewertungsstelle für Rechtsextremismus eingerichtet, womit auch der Informationsaustausch zwischen Polizei und Verfassungsschutz verbessert werden soll. Wir bauen ein Terrorabwehrzentrum gegen islamistische und sonstige terroristische Gefahren – der Senator hat darauf hingewiesen.

[Burkard Dregger (CDU): Wo ist die Strategie in der Rigaer Straße?]

Wir haben Vertrauen in alle Sicherheitsbehörden, von Polizei über Staatsanwaltschaft bis hin zum Verfassungsschutz, dass alle Formen extremistischer Gewalt mit Nachdruck verfolgt werden, und das werden wir weiterhin im Abgeordnetenhaus einfordern.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Zu den Methoden verrate ich kein Geheimnis, dass wir den Schutz potenzieller Opfer extremistischer Gewalt verstärken. Auch dafür werden wir die nötigen Mittel bereitstellen.

Sie sprechen immer wieder sehr gerne die Rigaer Straße und ähnliche Vorfälle an, die auch uns sehr mit Besorgnis erfüllen und wo wir eine konsequente Arbeit gegen diese Gewalt brauchen und diese unterstützen.

[Zuruf von der CDU: Seit Jahren brauchen!]

Aber geben Sie, Herr Kollege, uns bitte keine Ratschläge, wie wir diesem Problem begegnen. Sie sind mit Ihrer Strategie 2016 so kolossal gescheitert, dass es besser wäre, Sie würden sich hier mit Ihren Vorwürfen deutlich zurückhalten.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU]

Statt Effekthascherei brauchen wir gezielte Strategien zur Vorfeldaufklärung, was Strukturen und Personen betrifft. Wir brauchen Gefahrenabwehr. Wir brauchen Prävention.

Wir brauchen Ermittlungen und beweiskräftige Festnahmen. Wir brauchen auch Deradikalisierungsprogramme – haben wir eingeführt –, die gezielt auf Ausstieg und Deradikalisierung setzen. Das alles zusammen verfolgen wir mit Nachdruck, statt wie Sie Placeboanträge einzubringen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Vereinzelter Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort Herr Abgeordneter Gläser. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hier war in der letzten Zeit viel vom Mauerfall die Rede. Deswegen will ich Ihnen eingangs kurz schildern, wie ich den 9. und vor allem den 10. November 1989 erlebt habe. Sie werden gleich verstehen, worum es geht. Ich war damals 15jähriger Gymnasiast am Canisius-Kolleg in der Tiergartenstraße, und viele von uns haben am Vormittag des 10. November beschlossen: Gehen wir mal rüber und gucken uns an, was am Brandenburger Tor los ist.

Da standen ganz viele Leute auf der Mauer – dazu gibt es die vielen Fotos. Da war die Mauer sehr breit. Und es sind viele von unserer Schule rübergegangen und standen dort oben. Dann kamen immer mehr Leute – es war vor allem Westpublikum, was dort stand und rübergeguckt hat – und dann kamen ein paar junge Leute, die wohl von der Jungen Union waren. Einer von ihnen hatte eine Deutschlandfahne dabei. Es dauerte kaum eine Minute, und dann kam ein Trupp von Leuten – zahlenmäßig überlegen –, die offenbar der Kreuzberger Hausbesetzerszene zuzuordnen waren, rissen dem armen Jungen die Fahne weg, verprügelten ihn sofort, gingen auch auf Unbeteiligte wie mich los. Ich habe nur gefragt: Was soll das? Was macht ihr da? – Da kam der Typ und sagte: Die Leute in der DDR haben nur für Reisefreiheit demonstriert und nicht für ein neues Großdeutschland; deswegen kriegt jeder, der hier mit Nationalsymbolen kommt, was auf die Fresse! – Das war meine erste Begegnung mit der, ach so toleranten, extrem politischen Linken in unserer Stadt. – Herzlich willkommen im linksversifften Berlin!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Und es ist kein Zufall, 20 Jahre nachdem sich Andreas Baader und Ulrike Meinhof in unserer Stadt getroffen und ihr gemeinsames Projekt gestartet haben und der ganzen Hausbesetzerszene, den antiamerikanischen Demos in der damaligen Zeit, den 1.-Mai-Demos, deren Zahl verletzter Polizisten in die Tausende geht, wenn man das addiert, und später dem bis heute ungesühnten Mordanschlag auf meinen Freund Thorsten Thaler oder die Brandserie von Autos, die immer noch vor sich hinlodert,

(Frank Zimmermann)

die schon seit vielen Jahren andauert und bei der Autos in der ganzen Stadt brennen – und der Senat hat leider nichts rausgefunden oder selten einen Täter ermittelt. Das hat sich alles bei uns in Berlin abgespielt.

Warum erzähle ich das alles?

[Katina Schubert (LINKE): Das frage ich mich auch!]

Erstens, weil ich Ihnen, Herr Dregger, signalisieren will, dass wir diesen Antrag unterstützen. Wir finden ihn richtig. Wir wollen auch gegen gewaltbereite Extremisten vorgehen, egal ob es Rechts- oder Links- oder sonst welche Extremisten sind.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Dazu brauchen wir eine gut ausgerüstete Polizei, motivierte Staatsanwälte, natürlich harte Strafen, auch Rückendeckung aus der Politik – wie durch diesen Antrag –, aber das darf nicht nur leeres Wortgeklüngel sein. Es bedarf einiger weiterer Dinge.

Die zweite Sache ist: Ich frage mich, wer in den ganzen Jahren das Zepter in der Hand gehabt hat. War das nicht Ihre Partei, die den Kanzler gestellt hat, die den Regierenden Bürgermeister gestellt hat, die den Innensenator gestellt hat, die den Schulsenator gestellt hat? Was hat denn die Union – nicht Sie persönlich –, was hat Ihre Partei getan, um diesen Linkstrend der deutschen Gesellschaft zurückzudrehen? – Nichts haben Sie unternommen!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Nichts haben Sie getan, um den roten Sumpf trockenzulegen! Ein junger Mann, der voller Zorn einen Stein in die Hand nimmt, in der Rigaer Straße, und den auf einen unserer Polizisten wirft: Da hat etwas stattgefunden, der ist ja nicht vom Himmel gefallen. Der ist auf eine Staatsschule gegangen, und da wurde er mit roter Propaganda bombardiert. Hinterher hat er eine Staatsuni besucht und irgendein schwachsinniges Fach studiert, wo „sozial“ im Namen vorkommt,

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Frank-Christian Hansel (AfD): Mitklatschen!]

wo man ihm erklärt hat, dass der Kapitalismus überwunden werden muss und dass halt ein paar Vermieter und Arbeitgeber für eine bessere Gesellschaft über die Klinge springen müssen. Und jetzt arbeitet er vielleicht sogar in einem „Kampf-gegen-Rechts“-Projekt. Wer weiß, vielleicht wird er sogar dafür bezahlt. Der hat kein schlechtes Gewissen bei dem, was er tut. Sein ganzes Leben lang ist ihm von oben eingebläut worden: Das, was er tut, ist wichtig, um das Schweinesystem hier zu bekämpfen.

[Anne Helm (LINKE): Wer weiß das schon? – Sie nicht!]

Und übrigens: Es ist ja kein Zufall, dass es ein früherer Mitarbeiter der Amadeu-Antonio-Stiftung war, der im Januar beim Zündeln mutmaßlich am Auto eines politischen Gegners erwischt worden ist

[Anne Helm (LINKE): Ungeheuerliche Behauptungen!]

Das sind Fakten!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Deswegen meine Aufforderung: Kommen Sie zurück auf den Pfad der Tugend! Helfen Sie uns, gemeinsam den roten Sumpf in dieser Stadt trockenzulegen! Unterstützen Sie meine Fraktion mit unserem Projekt „Neutrale Schule“! Wir wollen, dass die Schulen entpolitisiert werden, damit dort nicht mehr so viel rote Propaganda betrieben wird.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Unterstützen Sie meinen Kollegen Martin Trefzer, der herauszufinden versucht, welche Maoisten und Stalinisten sich an der Humboldt-Universität und in den Selbstverwaltungsorganen tummeln. Unterstützen Sie meine Fraktion, wenn wir sagen, wir wollen den Kampf gegen rechts beenden und diese ganzen Organisationen, Amadeu-Antonio-Stiftung, MBR, und wie sie alle heißen, dass ihnen nicht nur das Geld, sondern die gesellschaftliche Unterstützung entzogen wird. Dann wird unsere Stadt wieder gesund. Dann ist es nicht nur eine inhaltsleere Resolution, sondern eine echte Solidaritätserklärung. Da müssen jetzt Taten folgen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt das Wort der Abgeordnete Schrader. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir spielen hier heute auf Wunsch der CDU ein Spiel, das wir hier schon ziemlich oft gespielt haben.

[Burkard Dregger (CDU): Müssen – leider!]

Das Spiel geht so: Es wird hier ein Antrag vorgelegt und so eine Entschließung, in der irgendetwas ganz doll verurteilt wird. Meistens ist es so etwas wie politische Gewalt, wie heute. Dann wird gesagt, wer dem jetzt nicht so zustimmt, ist irgendwie verdächtig, Sympathien für Straftaten zu haben. Da kann man auch schon hundertmal solche Selbstverständlichkeiten gesagt haben, wie, dass politische Gewalt kein akzeptables Mittel ist, aber nein, es muss hier ein Bekenntnis her, und wer dieses Be

(Ronald Gläser)

kenntnis jetzt nicht abgibt, der steht eigentlich schon fast auf der Seite des Bösen.

[Beifall von Marcel Luthe (FDP)]

Das ist offensichtlich auch heute Ihr Ziel, Herr Dregger, nicht der Konsens, sondern der Angriff auf den politischen Gegner. Ich lasse Ihnen da Ihren Spaß, aber haben Sie Verständnis, dass wir dieses Sandkastenspiel nicht mitmachen.

[Beifall bei der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Ihr macht doch das Sand- kastenspiel! Das ist der Unterschied!]

Man sieht auch an der Art und Weise, wie Sie das eingebracht haben und hier sofort zur Abstimmung stellen, dass Sie kein Interesse haben und es nicht wirklich ernst mit einer gemeinsamen Entschließung meinen. So etwas ist möglich. Das haben wir hier im Haus auch schon öfter praktiziert. Wir haben eine Resolution verabschiedet gegen Hass und Intoleranz, in der übrigens auch politische Gewalt verurteilt wird, gegen Antisemitismus und andere. Da hat man sich aber vorher zusammengesetzt und hat einen Text zusammen ausgearbeitet, den dann alle zusammen mittragen können.