Protokoll der Sitzung vom 28.11.2019

Denn auch bei diesem Thema – wir hatten es heute schon – leiden die Berlinerinnen und Berliner darunter, dass Sie nichts, aber auch gar nichts tun, um den Wirtschaftsverkehr und den Lieferverkehr zu organisieren.

Insofern möchte ich noch auf ein, zwei Punkte aus dem Antrag eingehen. Erstens: Das Thema ausreichende Lieferzonen ist etwas, was Sie insbesondere bei der Beschleunigung des ÖPNV bewegen sollte. Daher ist mir völlig schleierhaft, dass Sie auch bei diesem Thema sagen: Ach, dann machen wir erst mal nichts, weder konzeptionell noch operativ. – Völlig schleierhaft!

[Beifall bei der FDP – Beifall von Oliver Friederici (CDU)]

Zweitens: Die Förderung von Forschung und Entwicklung ist ein Thema, das wir in dieser Legislaturperiode schon des Öfteren hatten. Wir haben extrem viele Startup-Unternehmen in Berlin, extrem viele etablierte Unternehmen, die sich mit Lösungen für den Lieferverkehr und für den Individualverkehr beschäftigen und diese heute in die ganze Welt, in smarte Städte exportieren, und sie können diese überall anwenden und verkaufen, nur in einer Stadt nicht – in Berlin, weil sich niemand dafür interessiert, weil sich niemand dafür interessiert, das umzusetzen oder konzeptionell vielleicht einmal einen Schritt weiterzugehen. Deswegen ist der Antrag richtig; wir unterstützen ihn. Nach der Rede von Herrn Jahnke bin ich mir relativ sicher – er hat schön zusammengefasst, dass ihm das auch fehlt –, dass die SPD-Fraktion dem

auch zustimmen wird. – Denn so habe ich Ihre Rede jedenfalls verstanden. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Für die Fraktion Die Linke hat jetzt Herr Gindra das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der ersten Lesung am 22. Februar 2018 sah ich den Antrag noch positiver, als ich ihn heute sehe. Sicher sind darin einige Fragen angesprochen, die in ein integriertes Wirtschaftsverkehrskonzept aufgenommen werden müssen, und zu denen es bereits private und öffentliche Anstrengungen und Probebetriebe gibt. Das betrifft innovative Distributionsstrukturen wie Mikrodepots, gebündelte Anlieferungen und verkehrsschonenden Transport auf der letzten Meile. Es wird Verschiedenes ausprobiert. Es ergibt keinen Sinn, Verzichte und Verbote für das Land Berlin darin unterzubringen, wie Sie es in dem Antrag gemacht haben, also dass es sich dort nicht engagieren darf.

Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir sinnvolle Einzelheiten im Zusammenhang mit einer tatsächlichen Vorlage des Senats zum ergänzenden Teil zum Mobilitätsgesetz hätten diskutieren können.

[Paul Fresdorf (FDP): Hätte, hätte, Fahrradkette!]

Diese Vorlage liegt leider noch nicht vor, was ich bedauere, aber das können wir 2020 noch nachholen. Ihren Antrag muss man aber insbesondere ablehnen, weil ich den Eindruck habe, dass Ihr Fokus in die falsche Richtung geht. Sie möchten proaktiv den steigenden Lieferverkehr bewältigen. Ich sage, das können wir nicht proaktiv bewältigen,

[Paul Fresdorf (FDP): Wie denn sonst?]

und schon gar nicht, wenn Sie von einer ausreichenden Anzahl von Lieferzonen bei einem gleichzeitig vorhandenen ausreichenden Parkplatzangebot für den Individualverkehr mit Kfz ausgehen.

[Zuruf von Marcel Luthe (FDP)]

Damit machen Sie die Quadratur des Kreises. Es ist Ausdruck alten Denkens, denn Sie wollen im Prinzip gegen die Zielsetzung des Mobilitätsgesetzes sagen: Wir stellen dort Ladezonen, wir stellen dort Parkplätze für den Individualverkehr.

[Beifall bei der FDP – Marcel Luthe (FDP): Ja, Sie haben es verstanden!]

Das sagen Sie. Wir sagen: Die Fläche für den Verkehr ist begrenzt im verdichteten Raum, und wir verteilen die Fläche gerade neu, und zwar mit einem Vorrang des

ÖPNV und von Fahrzeugen, die nicht so viel Raum benötigen.

[Zuruf von Paul Fresdorf (FDP)]

Also ist die gesamte Zielrichtung Ihres Antrags gegen das gerichtet, was dieser Senat verfolgt.

[Beifall bei der FDP]

Ihr Antrag führt auch nicht zum Erfolg, denn bei dem weiteren Wachstum des Onlinehandels werden Sie verstopfte Straßen behalten.

[Marcel Luthe (FDP): Die verstopften Straßen machen Sie doch!]

Herr Kollege! Ich darf Sie fragen, ob Sie zwei Zwischenfragen zulassen.

Nein, ich bin ja fast am Ende oder sollte sogar am Ende sein! – Deswegen werden wir die Diskussion neu aufnehmen in einem integrierten Konzept, das berücksichtigt, dass der Raum anders verteilt werden muss. Ansonsten muss man in der Wirtschaftsdiskussion sagen: Wir brauchen andere Lösungen und Konzepte in der Verbindung von Onlinehandel und stationärem Handel. Denn teilweise leidet der stationäre Handel. Die Lieferfahrzeuge – das ist nicht vernünftig in verdichteten Räumen – bringen ihr Gut bis vor die Tür, verstopfen uns die Straßen und behindern den übrigen Verkehr – und damit auch den ÖPNV mit den Bussen. – Ich beende das jetzt damit.

[Beifall bei der LINKEN – Marcel Luthe (FDP): Bravo! – Zuruf von der CDU: War sowieso alles falsch!]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt Herr Christian Buchholz das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Liebe Unternehmer! Liebe Fahrzeugbesitzer! Zunächst einmal möchte ich konstatieren, dass die FDP einen berechtigten, vorausschauenden und sogar lösungsorientierten Antrag gestellt hat.

[Lachen von Georg Kössler (GRÜNE)]

So etwas ist man von Rot-Rot-Grün überhaupt nicht gewohnt. Dort arbeitet man lieber mit Verbot, Zwang und Gängelung.

[Beifall bei der AfD]

Bürgernahe Lösungen können die bürgerlichen oder marktwirtschaftlich orientierten Parteien einfach besser.

Aber kommen wir zum Antrag selbst: Die FDP stellt fest, dass es aufgrund des zunehmenden Onlinehandels mehr und mehr Bedarf an Lieferdiensten gibt. Dieser Feststellung und der Schlussfolgerung daraus können wir uneingeschränkt folgen. Aber ist es geschickt, den Senat aufzufordern, ein Konzept zu erstellen? – Das sehen wir eher kritisch. Der Senat neigt zu ideologischen Projekten, die durchgepeitscht werden, egal ob sie funktionieren oder nicht.

[Harald Moritz (GRÜNE): Quatsch!]

Auch Widersprüche spielen bei diesem Durchpeitschen keine Rolle – ein Beispiel: So will man einerseits Elektroautos, schafft aber nicht die Voraussetzung, dass auch nur ein einziges Tesla-Taxi in Berlin wirtschaftlich betrieben werden kann. Eine zu lange Suche nach Lademöglichkeiten und eine Preisexplosion für die Aufladung haben zur Folge, dass jetzt Berlins einziges Tesla-Taxi zum Jahresende aufgegeben wird. Wenn der Senat und die Koalition also behaupten, die Elektromobilität sei ihr ganz großer Schwerpunkt, aber dann nicht die Voraussetzungen dafür schaffen, dass in Berlin auch nur ein einziges Tesla-Taxi wirtschaftlich betrieben werden kann, dann sind Zweifel an der Kompetenz des Senats angebracht.

[Beifall bei der AfD]

Aber nicht nur an der Kompetenz des Senats sind Zweifel angebracht, man kann inzwischen sogar so weit gehen, am guten Willen des Senats zu zweifeln. So ist das Auffinden von Parkplätzen seit ca. 30 Jahren das größte Problem der Kurier-, Express- und Paketdienstleister. Seit etlichen Jahren und besonders seit diesem Jahr wird das Parkplatzproblem vorsätzlich verschärft. Es werden vorhandene Parkplätze vernichtet und Neubaugebiete ohne Parkplätze geplant. Das wirkt sich natürlich auch auf die Liefer- und Ladezonen aus. Eine vorsätzliche Verknappung von Parkplätzen und die Verteuerung von Anwohnertickets verschärft Konflikte und erschwert Privatleuten, Berufstätigen und Lieferdiensten das Leben.

Der Antrag der FDP geht in die richtige Richtung, aber vom Senat ein vernünftiges Konzept zu erwarten, ist nicht realistisch. Mit den Leuten, die die Probleme verursacht haben, kann man sie nicht lösen. Besser hätte die FDP den letzten Satz ihrer eigenen Antragsbegründungen als eigentlichen Antrag genommen. Darin heißt es, Berlin

muss sich auf die Förderung von Forschung und Entwicklung für innovative Konzepte konzentrieren und die Entwicklung von gemeinsamen Lösungsansätze der Branche fördern und moderieren.

Richtig so! –, nur sollte dabei die Betonung auf privater Forschung und Entwicklung sowie Expertenlösungen und Ideologiefreiheit liegen; dann wären die Chancen auf Erfolg noch größer. Der vorliegende Antrag ist zwar nicht perfekt, geht aber in die richtige Richtung, sodass die AfD ihm zustimmen kann.

(Harald Gindra)

[Beifall bei der AfD]

Für Bündnis 90/Die Grünen jetzt Herr Moritz – bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute reden wir zum zweiten Mal über den Antrag der FDP zum Lieferverkehr, aber wirklich neue Argumente zu diesem Antrag habe ich hier nicht gehört.

Herr Schmidt! Mich wundert auch: Wo sträubt sich denn die Senatsverwaltung gegen innovative Lösungen der KEP-Dienstleister? In der Ausschussberatung haben Sie dazu keinerlei Hinweise gegeben, wo dies möglich wäre. Dort ist deutlich geworden, dass die Senatsverwaltung am Wirtschaftsverkehrskonzept arbeitet. Sie hat auch betont, dass ein separates Konzept für die KEP-Dienstleister nicht zielführend ist, vielmehr muss der Wirtschaftsverkehr insgesamt betrachtet werden. Dies geschieht im integrierten Wirtschaftsverkehrskonzept, bei dessen Erarbeitung die Verbände und Unternehmen intensiv einbezogen gewesen sind – das als Planwerk für den Stadtentwicklungsplan Mobilität und Verkehr – und zum anderen – auch da sind die Verbände einbezogen – bei der Erarbeitung der Eckpunkte für den künftigen Wirtschaftsverkehrsteil im Mobilitätsgesetz.

Aber, Herr Schmidt, wir sind uns in vielen Punkten einig: Die Lieferungen müssen zuverlässig und flächendeckend möglich sein. Ob das allerdings der Senat garantieren muss, das stelle ich infrage. Auch die Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern und die Vermeidung von Emissionen: Da sind wir uns einig, und da gibt es gerade von der Senatsverkehrsverwaltung das Vorzeigeprojekt

KoMoDo, wo erstmalig in Deutschland alle großen KEPDienstleister in einem Standort zusammengeführt worden sind, sich austesten und die Sendung mit dem berühmten Lastenfahrrad, also emissionsfrei, verteilen konnten.

Der Standort für dieses Pilotprojekt soll nach Auslaufen des Projekts bestehen bleiben, und es sollen weitere Mikrodepots gefunden werden. Aber das ist nicht nur Aufgabe des Senats, sondern auch der Unternehmen.

Herr Kollege! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Friederici von der CDU-Fraktion?

Nein, danke! Das können wir bilateral machen. – Streng genommen ist es aber nicht nur Aufgabe der Verwaltung, sondern der Unternehmen, denn die achten auch immer streng darauf, dass ihr Unternehmen, ihre Farbe vom

Versender bis zum Empfänger sichtbar bleibt. Genau das führt eben nicht zu platz- und ressourcensparenden Lösungen in der Stadt, die wir brauchen. Und Instrumente, diese zu erzwingen, haben wir nicht – deswegen auch die Kooperation in den Planwerken.