Lieber Kollege Grasse! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Frau Präsidentin! Die 5 000 Wohnheimplätze werden kommen. Sie werden später kommen, wie alles in Berlin immer ein bisschen später kommt.
Insofern ist auch das ein Lehrstück, wie man in einer hochverdichteten Stadt noch Wohnungen bauen kann.
Zu der Frage nach den Start-ups und warum die jetzt nach Brandenburg gehen, sollten Sie sich mal mit denen unterhalten. Dann können wir uns noch einmal über die Spekulation mit Boden und steigende Bodenpreise unterhalten. Wenn Sie da an unserer Seite stehen und die Bodenspekulationen regulieren wollen, dann stehen wir gemeinsam auf einer Seite.
Die wichtigste Entscheidung für die Wissenschaft haben wir schon zu Beginn dieser Legislaturperiode getroffen, nämlich in den Koalitionsverhandlungen, als wir uns entschieden haben, jedes Jahr 3,5 Prozent mehr in die Hochschulen zu geben. Von dieser Entscheidung profitieren wir heute und profitieren auch die Wissenschaftseinrichtungen, denn sie macht uns unabhängig von der Konjunktur und auch von den Aufs und Abs des Gesamthaushalts, und so können wir vermelden, dass bis zum
Ende der Hochschulvertragsperiode 228 Millionen Euro mehr in unsere Hochschulen fließen werden, und das ist genau die Planungssicherheit über fünf Jahre, die diese Hochschulen brauchen, um sich so gut zu entwickeln, wie sie das derzeit tun. Und da kann ich noch mal sagen, darauf können wir auch stolz sein, dass wir uns dazu durchgerungen haben, damals eine feste Prozentzahl zu vereinbaren, und die jetzt über die Jahre fortschreiben. Ich glaube, darauf setzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Berlin und freuen sich darüber. Und die Grundfinanzierung ist ja auch das, was wir steigern sollten. Die Drittmittel haben wir natürlich nicht in der Hand, auch wenn wir uns über jeden Drittmittel-Euro freuen.
Und Berlin gibt am meisten für seine Hochschulen pro Einwohner aus in Deutschland. Wir übernehmen damit Aufgaben für die anderen Bundesländer in relevanter Höhe mit. Mehr als jeder zweite Studierende, der an unseren Hochschulen studiert, kommt nicht aus dieser Stadt. Das finden wir gut. Austausch ist wichtig für die Wissenschaft. Aber es ist natürlich auch eine Aufgabe, die wir zu leisten haben als Land und als Stadt. Wir haben sozusagen mehr als 200 000 Studierende, die soziale Infrastruktur brauchen. Ich freue mich, dass wir für das Studierendenwerk der Stadt noch mal mehr als 30 Prozent Aufwuchs im Haushalt drin haben, denn es geht um Beratung, um Betreuung, es geht um die Mensen, es geht um Wohnheimplätze, und all dies muss finanziert werden. Es war ein Kraftakt, auch noch mal im Parlament diesen Aufwuchs fürs Studierendenwerk hinzubekommen. Die Studierenden brauchen dringend diese Angebote. Deswegen sind die Millionen richtig angelegt.
Ein zweiter wichtiger Baustein waren 4 Millionen, die wir für studentische Beschäftigte im Haushalt haben. Wie alle wissen, gab es ja ein Landesarbeitsgerichtsurteil, das vorgesehen hat, dass studentische Beschäftigte, die in der Verwaltung arbeiten, nicht mehr im TV Stud, also dem studentischen Tarifvertrag, sondern im Tarifvertrag der Länder beschäftigt werden müssen. Wir lassen die Hochschulen mit diesen Mehrkosten nicht allein, sondern finanzieren ihnen das gegen. Ich erwarte von den Hochschulen, dass sie dieses Geld abrufen, dass sie die Stellen umwandeln, damit wir hier gute Arbeit für Studierende in der Stadt und in den Universitäten und Hochschulen haben. Wir haben extra dieses Geld bereitgestellt, und jetzt sollen die Hochschulen es auch abrufen. Dafür wird es im nächsten Jahr ein Verfahren geben. Insgesamt wird das Thema gute Arbeit, das Thema Ausbau der Kapazitäten, das Thema gute Wissenschaft in Berlin in diesem Haushalt noch mal gestärkt, auch bei den Investitionen. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es gibt zwei herausragende Themen, die die wissenschaftspolitische Debatte in diesem Jahr in besonderem Maße geprägt haben. Das eine Megathema ist die Gefährdung der grundgesetzlich garantierten Freiheit von Wissenschaft und Forschung.
Das andere ist der Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten. Auf beiden zentralen Feldern hat der Senat bislang alles andere als überzeugend agiert. Er hat die heraufziehenden Herausforderungen vielmehr verdrängt, geleugnet oder bagatellisiert. Spätestens mit dem aufrüttelnden Artikel von Hannah Bethke in der „FAZ“ vom 8. August diesen Jahres unter der Überschrift „Die Feigheit der Wissenschaft“ hätte auch Ihnen klar sein müssen, Herr Müller, dass das Thema Freiheit der Wissenschaft kein exotisches Randthema anderer Länder ist, wie Sie immer wieder suggerieren, sondern ein Thema, das uns in Berlin unmittelbar unter den Nägeln brennt und das geeignet ist, den Ruf Berlins als Wissenschaftsstandort nachhaltig zu beschädigen – ich muss das einmal so deutlich sagen.
Hannah Bethke berichtet in ihrem Artikel von der stillen Beerdigung des von Prof. Jörg Baberowski geplanten Zentrums für vergleichende Diktaturforschung durch die Humboldt-Universität und vom vorauseilenden Gehorsam der Universitätsleitung gegenüber einer kleinen Gruppe radikaler Studenten – ein wahrhaft beschämender Vorgang.
Nein! Ich gestatte keine Zwischenfragen. – In ihrem Artikel wirft Frau Bethke vollkommen zu Recht die Frage auf, ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
Herr Regierender Bürgermeister, diese Frage gilt nicht nur der Humboldt-Universität. Auch der Senat hat sich diese Frage zu stellen. Ich frage Sie deshalb: Wie kann es
Warum schweigen Sie zu den empörenden Vorgängen um die Verhinderung des von Prof. Jörg Baberowski geplanten Instituts für vergleichende Diktaturforschung? Oder, um ein anderes Beispiel zu nennen, warum schweigen Sie zur wiederholten Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaften – Herr Grasse hat es dankenswerterweise erwähnt –, wo Ihr ehemaliger Staatssekretär Andrej Holm scheinbar wieder schalten und walten kann, wie es ihm beliebt?
Gerade gestern war dazu wieder Beklemmendes auf den Wissenschaftsseiten der „FAZ“ zu lesen, genauso wie im „Cicero“, der im Juni titelte: „Professorenjagd – wie Political Correctness die Freiheit der Lehre zerstört“. Das war auch auf Berlin gemünzt. All diese Weck- und Warnrufe wie auch der Ihrer Parteifreundin Susanne Gaschke in der „Welt“ verhallen beim Senat leider ungehört. Deshalb frage ich einmal ganz grundsätzlich, Herr Müller: Wo ist eigentlich Ihr Kompass für die Wissenschafts- und Hochschulpolitik geblieben?
Noch vor einem Jahr – das muss man wissen, um die Fallhöhe ermessen zu können – war der Senat dazu bereit, als Reaktion auf eine Anfrage meinerseits den studentischen RefRat der HU auf mehr Transparenz verklagen zu lassen, um linker Ämterpatronage im RefRat den Nährboden zu entziehen. Dafür hat der Senat damals breiten politischen Rückhalt bekommen, auch von meiner Fraktion. Aber was ist daraus geworden? Was ist seither geschehen? – Die Antwort ist traurig, aber für Berlin typisch. Der rot-rot-grüne Senat hat die HU-Präsidentin in einer Weisung vom Juni 2019 zurückgepfiffen und Frau Kunst nahegelegt, dass sie sich lieber mit den radikalen Studenten arrangieren und an allen Fronten den Streit begradigen soll. Das ist die bittere Wahrheit, Herr Müller. Sie machen lieber Ihren Frieden mit den linken Radikalinskis an den Unis, als für Transparenz und die Freiheit von Wissenschaft und Forschung einzutreten.
Eingeklemmt zwischen Exzellenz-Rummel und linksradikalem Aktionismus gehen Sie den Weg des geringsten Widerstands. Damit aber erweisen Sie der Freiheit der Wissenschaft und dem Wissenschaftsstandort Berlin einen Bärendienst. Denn für Berlin gilt dringlicher als jemals zuvor nach 1990: Wir brauchen die Freiheit der Wissenschaft wie die Luft zum Atmen, und wir brauchen vor allem einen Wissenschaftssenator, der das auch erkennt und der bereit ist, dafür im Zweifelsfall auch mal seine Autorität in die Waagschale zu werfen. Aber vielleicht ist es ja da noch nicht zu spät. Ich hoffe es jedenfalls, Herr Müller.
Ein weiterer wichtiger Punkt in den hochschulpolitischen Debatten der vergangenen zwei Jahre, auf den ich kurz eingehen will, ist das Thema Verhinderung von Betrug und Fälschung in der Wissenschaft. Meine Fraktion hat dazu wichtige Änderungsanträge eingebracht.
Ja, es geht um die Grundlagen der Politik dieses Senats. Ich weiß, dass Sie die nicht kennen, Herr Schneider.
Die scheinen Ihnen egal zu sein. Die Grundsätze Ihrer Politik scheinen Ihnen vollkommen egal zu sein. Und auch hier agiert der Senat nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!
In dem heiklen Fall der plagiatsbehafteten Doktorarbeit von Bundesministerin Franziska Giffey glaubt sich der Senat beispielsweise einfach dadurch aus der Verantwortung ziehen zu können, dass er den jeder Rechtsgrundlage entbehrenden Ritterschlag der FU für Frau Giffeys Promotion schlichtweg ignoriert und meine Fragen dazu falsch oder gar nicht beantwortet. Dazu schreibt die „FAZ“ vom 20. November, ich zitiere – Herr Schneider, hören Sie mal gut zu, wenn Sie den Artikel nicht gelesen haben:
Die Antwort des Senats zeugt von deutlicher Unkenntnis bei Grundsätzen des Verwaltungsrechts und auch des Verfassungsrechts.
Von dieser Unkenntnis ist leider auch der vorliegende Haushaltsentwurf durchzogen. Deshalb sehen wir beim besten Willen keine Grundlage, um dem vorliegenden Entwurf zustimmen zu können. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
[Beifall bei der AfD – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo! – Torsten Schneider (SPD): Phrasendrescher! Kein Wort zum Haushalt! – Frank-Christian Hansel (AfD): Es ist schlimm, was er berichten musste!]
Frau Präsidentin! Liebe Gäste! Nach dieser beklemmenden Rede stelle ich erst mal sachlich fest: Berlin ist Wissenschaftsstandort Nummer 1. Und das war schon unsere Halbzeitbilanz, die ich zur Aktuellen Stunde im Mai dieses Jahres ziehen durfte.