Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

Lieber Herr Czaja! Da Sie sitzen, ich habe drei Jahre lang auch echt die Klappe gehalten, weil ich eigentlich auch finde, viele Sachen sind vergossene Milch, und über viele Sachen muss man sich heute nicht mehr aufregen.

Frau Seibeld! Es gibt aber eine Grenze, und ich finde, die haben Sie jetzt überschritten, zumindest für meinen Geschmack. Deswegen möchte ich Ihnen noch ein paar Sachen sagen. Geflüchtete Menschen sind Menschen, die von Wohnungslosigkeit bedroht sind. Deshalb haben wir in den Flüchtlingsunterkünften des LAF rund 10 000 bis 11 000 Menschen, die statusgewandelt sind, die in der Verantwortung der Bezirke liegen, und die Bezirke kümmern sich nicht darum, dass diese Menschen Wohnungen kriegen oder irgendwie unterkommen, sondern sie lehnen sich zurück und sagen: Die lassen wir dort.

Frau Seibeld! Ich möchte auch nicht versäumen zu sagen, aus dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf sind darunter 350 Bedarfsgemeinschaften. Ich kann Ihnen nicht genau sagen, wie groß diese Bedarfsgemeinschaften sind, aber ich kann Ihnen sagen, die durchschnittliche Bedarfsgemeinschaft beträgt 1,9 Personen. Sie können rechnen, dann wissen Sie, wie viele Menschen es in Steglitz-Zehlendorf sind, insgesamt 10 000 bis 11 000. Und jetzt können alle rechnen. Und dann werden alle sehr schnell feststellen: Wenn die Bezirke die Menschen aus den Flüchtlingsunterkünften des LAF rausholen und ihrer Verantwortung nachkommen würden, dann müssten wir keine weiteren Flüchtlingsunterkünften bauen.

(Fadime Topaç)

[Zuruf von Cornelia Seibeld (CDU)]

Deshalb kann ich nur sagen, ich fordere auch hier alle Abgeordneten auf, sich in ihrem Wahlkreis klar zu positionieren, dafür zu sorgen, dass uns umsetzbare Grundstücke benannt werden, und aufhören, diese Hetze mit zu treiben.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Liebe Frau Seibeld! Dann muss man sich irgendwann mal entscheiden, was man will, ob man tatsächlich jedem AfDler und jedem der sagt, ich will keine Flüchtlingsunterkunft, hinterherläuft oder ob man dann auch sagt: Nein, wir als Bezirk schaffen es nicht, die Verantwortung wahrzunehmen, die wir eigentlich haben, und deshalb müssen wir MUFs bauen. – Das machen sie aber nicht. Genau die Bezirke, die sich nicht um die Menschen kümmern, stellen sich hin und sagen: Not in my Backyard! – Das, finde ich, ist nicht akzeptabel und nicht hinnehmbar.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Ülker Radziwill (SPD)]

Einen letzten Punkt: Falls Sie vergessen haben, wie die Menschen in den Turnhallen gelebt haben, dann wird es Ihnen vielleicht Herr Czaja noch mal näher erläutern können.

[Zurufe von Cornelia Seibeld (CDU) und Ülker Radziwill (SPD)]

Und wenn Sie nicht den Unterschied erkennen zwischen dem Hausen in einer Turnhalle und dem Leben in einem MUF, dann tut es mir leid, dann fällt mir auch nicht mehr viel ein, dann – kann ich nur sagen – sind Sie entweder bösartig oder Sie haben alles vergessen. Ich glaube, an dem Punkt haben Sie es nicht vergessen, sondern Sie machen hier auch echte Hetze.

[Zurufe von Ülker Radziwill (SPD) und Martin Trefzer (AfD)]

Und da, finde ich, haben Sie eine Grenze überschritten, und deshalb wollte ich gerade auf Ihren Redebeitrag eingehen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Hören Sie endlich auf! Den Salm kann man gar nicht mit anhören!]

Ja, dann würde ich Ihnen vorschlagen, Sie gehen einfach nach Hause und bleiben da, das wäre mir auch am liebsten!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Georg Pazderski (AfD): Das würde Ihnen so passen!]

Das ist mir, ehrlich gesagt, relativ egal, weil Sie nicht weiter stören, aber Sie tragen auch nicht dazu bei, dass irgendwas besser wird.

[Georg Pazderski (AfD): Nein, Sie stören hier! – Katina Schubert (LINKE): Würstchen gehören ins Wasser! Und Tschüss!]

Wir reden von einer solidarischen Gesellschaft, die wir umsetzen wollen. Dafür haben wir sehr viele Maßnahmen eingeleitet, ebenso für den Bereich „Gute Arbeit“ über das SGE hinaus haben wir einen armutsfesten Mindestlohn. Und wir sind erstmals den Weg gegangen, dass wir sagen: Auch die Träger, wo die Beschäftigten im Zuwendungsbereich eine zentral wichtige und gute Arbeit leisten, auch dort wollen wir, dass die Menschen korrekt bezahlt werden. Und deshalb werden wir an dieser Stelle auch dafür sorgen, dass die Tariflücke geschlossen wird. Auch hierfür sind die Gelder eingestellt. Das war, glaube ich, der einzige Punkt, den noch niemand genannt hat, den ich jetzt nachtragen wollte. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Ich rufe auf

lfd. Nr. l):

Einzelplan: 12 Stadtentwicklung und Wohnen

und verknüpfe dies mit der Beratung über die Auflagenbeschlüsse des Hauptausschusses Nummern 82 bis 90 auf Drucksache 18/2400. Zunächst geht es um das Thema Wohnen. Es beginnt in der Beratung die SPD. – Frau Abgeordnete Spranger, Sie haben das Wort!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen! Meine sehr geehrten Herren! In ein paar Minuten den Einzelplan 12 in diesem Teil darzustellen, ist natürlich eine Mammutaufgabe, deshalb werde ich nur einzelne Punkte daraus vorstellen.

Wir haben heute früh ja schon in der Generaldebatte sehr deutlich gehört, dass der Einzelplan 12 wie der Gesamthaushalt ein Investitionshaushalt ist. Das spiegelt sich natürlich auch enorm im Einzelplan 12 wider. Gerade bei den Investitionen stocken wir kräftig auf. Im Doppelhaushalt stehen dafür über 250 Millionen Euro für Wohnungsbau und öffentlichem Hochbau zur Verfügung, der heute schon oft kritisiert worden ist. Deshalb ist es gut, wenn man noch einmal die genauen Zahlen hört: Im gesamten Einzelplan 12 stehen fast 2 Milliarden Euro zur Verfügung, um das wachsende Berlin zu gestalten.

(Senatorin Elke Breitenbach)

Ein paar Schwerpunkte unserer sozialen Wachstumspolitik im Bereich Stadtentwicklung: Wir verstärken finanziell mit dem Haushalt die Neubauförderung, damit werden mehr bezahlbare Wohnungen entstehen, die wir so dringend in der Stadt benötigen. Wir werden dabei die Außenbezirke eng mit anbinden, wir werden den Wohnungsbau eng mit der verkehrlichen Anbindung zusammendenken – das ist sehr wichtig.

Herr Dregger! Heute früh haben Sie in Ihrer Rede gesagt, dass die Bauzahlen mit den Baugenehmigungen zurückgegangen sind. Da muss ich Ihnen sagen, die Bauzahlen werden nicht nur an Baugenehmigungen festgemacht. Nach dieser Logik würde in den CDU-Bezirken, die ich in der letzten Parlamentssitzung aufgezählt habe, praktisch gar nichts gebaut werden – insofern haben Sie sich selbst widersprochen.

Für Gebiete, in denen Nachverdichtung stattfindet, gibt es einen neuen Titel, um das dortige Wohnumfeld aufzuwerten. Dort wo gebaut wird, sollen auch die jetzigen Mieterinnen und Mieter vom Neubau und von der besseren Gestaltung im Wohngebiet profitieren. Dafür stellen wir zusätzlich 7 Millionen Euro zur Verfügung. Für Genossenschaften stellen wir, extra für die Neubauförderung, 25 Millionen zur Verfügung – das ist sehr wichtig. Damit verbunden wird es natürlich ein sehr großes Förderprogramm geben, um Grundstücke im Erbbaurecht zu vergeben und um Mietpreisbindung, länger als bisher, für die gesamte Laufzeit des Erbbaurechts zu sichern. Wir stellen 4 Millionen Euro für die Umgestaltung von Stadtplätzen zur Verfügung, denn gerade der öffentliche Raum ist für lebendige Kieze von zentraler Bedeutung.

Ganz wichtig – weil wir in Verbindung mit dem Mietendeckel noch ein zusätzliches Angebot machen wollen – sind die Angebote der kostenlosen Mieterberatung in jedem Bezirk. Diese haben wir zusätzlich massiv erhöht, damit sich Bürgerinnen und Bürger in jedem Bezirk entsprechend informieren können.

Unser Kurs ist klar: Im Bereich Stadtentwicklung denken wir die zwei Bereiche Neubau und Bestandsschutz stets zusammen. Berlin braucht sowohl neue Wohnungen als auch Schutz für bestehende Mietwohnungen, dafür schafft dieser Haushalt die Grundlage. – Ich bedanke mich!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Für die Fraktion der CDU hat Herr Abgeordneter Gräff das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Kapitel müsste eigentlich heißen: Mutlosigkeit, Ideenlosigkeit und Klein-Kleckersdorf!

[Beifall bei der CDU – Oh! von der LINKEN]

Um den Regierenden Bürgermeister zu zitieren – da könnten Sie ja mal klatschen, aber es ist ja keiner mehr von Ihnen im Raum.

[Sven Kohlmeier (SPD): Bei euch auch nicht!]

Ein Schwerpunkt in der Stadtentwicklungspolitik ist bei Ihnen überhaupt nicht erkennbar; beim Thema Wohnen auch nicht. Deshalb haben wir als CDU ein mutiges Programm beantragt. Wir kümmern uns um den Uni Campus West, um den Spreebogen, um die historische Mitte Berlins – nicht einmal die ist der Stadtentwicklungssenatorin etwas wert – um eine internationale Bauausstellung 2030, um das ICC. Führen wir eine Stadtdebatte um das Tempelhofer Feld, machen wir einen wirklichen Hochhausentwicklungsplan, der es möglich macht, in dieser Stadt die weltweit besten Architekten nach Berlin zu holen.

[Katalin Gennburg (LINKE): Wie in Biesdorf!]

Das wichtigste Thema – das bei Ihnen fast überhaupt nicht vorkommt, hier haben wir einen Schwerpunkt in diesen Haushaltsberatungen gesetzt – ist das Thema: Berlin-Brandenburg. Es fehlen mindestens 290 000 Wohnungen bis 2030, darauf haben Sie überhaupt keine Antwort. Deswegen ist unsere erste Priorität, mit all denen zu reden, die bauen sollen und die in der Tat auch verwalten und Vermieter sind – ein Bündnis für Wohnen. Wir wollen die Genossenschaften stärken – die Sie völlig links liegen lassen, wie man auch in der Anhörung in dieser Woche wieder gesehen hat – wir wollen sie finanziell stärken.

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sie waren doch in der Anhörung kaum da!]

Ich sage Ihnen an dieser Stelle noch einmal: Ohne die Wohnungsbaugenossenschaften wird es nicht gehen. Wachen Sie endlich auf! Hören Sie doch einmal in dieser Frage auf die Grünen!

[Beifall bei der CDU]

Selbstverständlich auch ein Thema, das für Sie Teufelswerk ist – ich habe schon öfter an dieser Stelle gesagt, gerade die Linken müssten sich eigentlich schämen –: Helfen wir Menschen in Wohneigentum zu kommen, denn das ist die beste Altersvorsorge, die es gibt – da setzen wir einen Schwerpunkt.

[Beifall bei der CDU – Katrin Schmidberger (GRÜNE): Sie sind der Mann mit dem Zuzugsstopp!]

(Iris Spranger)

Ich ende mit Frau Kapek, vom Grünen-Parteitag. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, Frau Lompscher war gemeint:

Mir sind zehn Mini-Robin-Hoods, die vielleicht auch mal mit Pfeil und Bogen übers Ziel hinausschießen, die aber mit Energie, Leidenschaft und Mut dafür kämpfen, dass sich in dieser Stadt etwas zum Besseren verändert, zehnmal lieber, als jemand, der nur mit dem Finger auf andere zeigt und ansonsten die Hände in den Schoß legt.