Protokoll der Sitzung vom 12.12.2019

[Beifall bei der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Mohr das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Den Aufschlag in der Haushaltsdebatte zum Einzelplan 11 – Integration, Arbeit und Soziales – hat für die AfDFraktion bereits mein Kollege Hanno Bachmann gemacht. Ich möchte in der zweiten Rederunde die verbliebene Zeit nutzen, um den haushälterischen Wahnsinn dieses Senats im Bereich Arbeit und Soziales zu beleuchten. Dazu möchte ich nur zwei Punkte herausgreifen, einen aus dem Bereich Arbeit und den anderen aus dem Bereich Soziales.

Kommen wir deshalb gleich zum Prestigeprojekt des Bürgermeisters, zum sogenannten solidarischen Grundeinkommen.

[Regierender Bürgermeister Michael Müller: Sehr gut! – Ülker Radziwill (SPD): Sehr gut!]

Allein für dieses unsolidarische Unterfangen sind auf Kosten des Steuerzahlers im kommenden Doppelhaushalt über 54 Millionen Euro veranschlagt.

[Zuruf: Hört, hört! – Ülker Radziwill (SPD): Das ist gelebte Solidarität, Herr Kollege!]

Öffentlich geförderte Beschäftigung wie diese Form der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme 2.0 wird aus unserer Sicht aber nicht als ein geeignetes Förderinstrument erachtet, um Langzeitarbeitslosigkeit zu bekämpfen.

[Zuruf von Lars Düsterhöft (SPD)]

Der Ausbau von künstlich geschaffenen, zudem staatlich subventionierten Stellen kann nicht die Antwort auf die Herausforderungen der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts sein. Eine arbeitsbeschaffungsähnliche Maßnahme wird

(Stefanie Fuchs)

auch aus Kapazitätsgründen des öffentlichen Beschäftigungssektors sowie aufgrund finanzieller Haushaltsbelastungen schnell an ihre Grenzen stoßen, weshalb für uns andere Instrumente, wie zum Beispiel eine verbesserte Unterstützung bei der Arbeitssuche, zielführender und vor allem nachhaltiger sind.

[Beifall bei der AfD]

Der zweite Punkt betrifft die Wohnungslosen- und Obdachlosenpolitik. Zu diesem Thema hatten wir innerhalb eines Jahres hier im Plenum bereits zwei Aktuelle Stunden, und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich an dieser Stelle wiederhole, möchte ich dem Senat abermals mit auf den Weg geben, dass er durch die von ihm verantwortete Politik lediglich Symptombekämpfung betreibt. Berlin ist, was die Obdachlosigkeit betrifft, an der Belastungsgrenze angekommen, hat sie wahrscheinlich schon längst überschritten. Dann helfen auch keine kleinteiligen Maßnahmen mehr, nur weil der Senat aus rein ideologischen Gründen einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel ablehnt.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Der zu stärkende präventive Ansatz bei drohendem Wohnungsverlust, der so wertvolle Ausbau der Kältehilfe und der Notschlafplätze bei bereits eingetretener Obdachlosigkeit als niedrigschwelliges Angebot – all diese Maßnahmen sind schön und gut, sie sind aber eben nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Offenkundig haben inzwischen sogar Sie als Senat es verstanden, dass mit Schaufensterprojekten wie „Housing First“ nur den allerwenigsten betroffenen Menschen geholfen werden kann. Deshalb kommen Sie – entschuldigen Sie bitte – auf solche Schwachsinnsideen wie die Errichtung von sogenannten Tiny Houses auf öffentlichen Plätzen. Da können Sie eigentlich gleich Ihre Kapitulationserklärung, was die Unterbringung von obdachlosen Menschen betrifft, unterschreiben. Ich bin jedenfalls auf die Akzeptanz der Berliner Bürger gespannt, wenn in ihrer Nachbarschaft vom Senat mit Steuermitteln geförderte Slums entstehen werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos) – Frank-Christian Hansel (AfD): Bravo! – Zuruf von Lars Düsterhöft (SPD)]

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Abgeordnete Topaç.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste, sofern noch welche da sind! Sie alle, die Sie heute ins Abgeordnetenhaus gekommen sind, werden es heute Morgen gesehen haben: Das Duschmobil

für obdachlose Frauen, das heute ausnahmsweise Halt vor unserem Haus gemacht hat, ist auf den Berliner Straßen unterwegs und gibt den Frauen ein Stück ihrer Würde zurück.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Mit diesem innovativen Angebot verfolgen wir einen erweiterten Ansatz der aufsuchenden Sozialarbeit. Hygiene ist auch ein Menschenrecht, das wir obdachlosen Frauen damit niedrigschwellig ermöglichen. Vor allem aber gibt es hier Beratung und Informationen über Hilfsangebote, um auch den Weg aus der Obdachlosigkeit noch einmal angeboten zu bekommen. Dieser Bus ist für mich ganz konkret Politik zum Anfassen, auch in dieser Stadt. Ich freue mich sehr, dass mit dem vorliegenden Entwurf die Finanzierung des Busses für die nächsten zwei Jahre gesichert ist. Aber als R2G fördern wir nicht nur Modellprojekte wie dieses, sondern wir wollen auch die Wohnungslosenhilfe an die verschiedenen Bedarfe der Menschen ohne Obdach anpassen, denn wir akzeptieren eben nicht, dass auf Berlins Straßen Tausende von Menschen in einem elenden Zustand leben.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Deshalb arbeitet diese Regierung auch daran, durch passende Angebote, Hilfsangebote, ein Leben in Würde, ein besseres Leben zu ermöglichen. Wir vergrößern beispielsweise die Anzahl der Betten in der Krankenwohnung für obdachlose Menschen und ergänzen im vorliegenden Haushalt dieses Angebot um die Palliativversorgung. Wir schaffen ein Modellprojekt für Rollstuhlfahrende, denn wir meinen, Barrieren dürfen kein Hindernis im Hilfesystem darstellen. All das zeigt auch, dass endlich – ich glaube, eine der Senatorinnen hat das vorhin auch selbst gesagt – die beiden Senatsverwaltungen inzwischen ressortübergreifend genau an diesem Thema arbeiten, was uns natürlich sehr freut.

Auch bei der Teilhabe von Menschen mit Behinderung haben wir Meilensteine gesetzt. Der Größte ist der Beschluss des Berliner Teilhabegesetzes im September dieses Jahres. Aber wahre Teilhabe zu schaffen, ist eine Mammutaufgabe. Wir arbeiten hart daran, den Betroffenen auch das zu ermöglichen. Deswegen haben wir Mittel für eine Geschäftsstelle des Landesbeirats für Menschen mit Behinderung bereitgestellt

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

und das ISP zur Stärkung der Behindertenhilfe tatsächlich auch aufgestockt. Auch das Deutsche Institut für Menschenrechte werden wir gezielt fördern. Mit seiner Monitoringstelle begleitet und sichert es die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.

Abschließend möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bei all den Personen und Institutionen bedanken,

(Herbert Mohr)

ich glaube, im Namen aller, die mit uns zusammenarbeiten, uns in unserer Arbeit Impulse geben, mit uns träumen, konkretisieren, aber diese Träume dann tatsächlich in dieser Stadt realisieren und umsetzen. Herzlichen Dank dafür!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Zusammen arbeiten wir daran, Berlin nach und nach inklusiver und sozial gerechter zu machen. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Für den Senat spricht nun Frau Senatorin Breitenbach. – Bitte, Sie haben das Wort!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN]

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Kolleginnen der Koalition haben mir freundlicherweise schon sehr umfassend den Haushalt dargestellt. So kann ich hier noch mal auf einige Sachen eingehen.

Herr Bachmann! Wissen Sie, was ich von Ihnen erwarte: Wer immer eine große Klappe hat und immer dicke Backen macht, muss irgendwann mal springen. Wenn Sie mir hier unterstellen, dass ich öffentliche Mittel veruntreue, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie mich anzeigen und dass wir das dann klären, aber den Mut haben Sie nicht.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Henner Schmidt (FDP) – Zuruf von Hanno Bachmann (AfD)]

Über Hetze und Rassismus kommen Sie nicht hinaus. Wissen Sie, was das ist? – Erbärmlich und würstchenhaft!

[Anhaltender Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Hanno Bachmann (AfD)]

Herr Seerig! Ihre Frage kann ich relativ schnell beantworten, aber ich glaube, auch Sie hätten mal zuhören müssen. Wir haben sehr deutlich gesagt, dass Landesgleichberechtigungsgesetz befindet sich gerade in der Mitzeichnung. Sie wissen, so was dauert immer. Ich gehe davon aus, dass wir das in dieser Legislatur noch beschließen können, und dann sind wir auch tatsächlich einen ganzen Schritt weiter, um Ihre Frage zu beantworten.

Jetzt werde ich mich dem Thema Wohnungslosigkeit widmen. Ja, ich freue mich, dass wir bei dem Thema

Wohnungslosigkeit weitergekommen sind, dass wir die Leitlinien haben, die wir in einem langen Prozess erarbeitet haben. Wenn das jetzt dem Herrn Penn alles zu lange gedauert hat, kann ich nichts dafür. Er hätte es ja in der letzten Legislatur schneller machen können, ist aber nicht passiert, so!

[Ülker Radziwill (SPD): Da haben sie zu spät angefangen!]

Jetzt haben wir diese Leitlinien, und jetzt werden wir sie umsetzen. Da hoffe ich, dass alle diese Umsetzung kritisch begleiten. Das zum einen!

Wenn wir über Wohnungslosigkeit reden, finde ich tatsächlich, muss man auch über den Mietendeckel reden, denn es ist einfach dumm zu sagen, der Mietendeckel schafft keine neuen Wohnungen.

[Andreas Wild (fraktionslos): Genau so!]

Nein, schafft er nicht, aber er verhindert, dass zunehmend mehr Menschen ihre Wohnung verlieren und auf der Straße landen.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Auch deshalb haben wir die AV Wohnen schon zweimal verändert. In der letzten Legislatur ist das nicht passiert.

Lieber Herr Czaja! Da Sie sitzen, ich habe drei Jahre lang auch echt die Klappe gehalten, weil ich eigentlich auch finde, viele Sachen sind vergossene Milch, und über viele Sachen muss man sich heute nicht mehr aufregen.