Protokoll der Sitzung vom 16.01.2020

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erst einmal eine ausdrückliche Entschuldigung – vielen Dank, dass wir das jetzt so machen konnten! Ich freue mich sehr, dass die Senatorin jetzt hier im Raum ist.

[Carsten Schatz (LINKE): Wir freuen uns auch, dass Sie hier sind!]

Ich bin es auch und bitte ausdrücklich um Entschuldigung für die Verspätung!

Ich finde es, ehrlich gesagt, trotzdem gut – ich verstehe ja, dass Sie aufgeregt sind, das wäre ich an der Stelle in der Tat auch –, dass wir heute noch darüber reden. Denn das ist in der Tat der erste Punkt – Frau Spranger hat es schon angesprochen: Die Koalition wollte partout über dieses ihr angeblich so wichtige Gesetz nicht sprechen; das darf ich erst einmal feststellen. Nur aufgrund der Tatsache, dass es die CDU zu einer Priorität gemacht hat, können wir heute darüber sprechen.

[Steffen Zillich (LINKE): Ist gar keine Priorität!]

Zweitens: Insofern ist es ja sehr, sehr interessant, dass es gestern die Anhörung auch im Rechtsausschuss gegeben hat, und ich darf hier mal den Kollegen Kohlmeier von der SPD-Fraktion zitieren, der eigentlich alles gesagt hat, womit sich die Koalition beschäftigen sollte – ich zitiere: Ich hoffe, dass mindestens Teile des Gesetzes nicht verfassungswidrig sind. – Ende des Zitats; das werden wir im Protokoll noch bekommen.

Genau das ist der Punkt, über den wir heute auch mit Ihnen diskutieren möchten, obwohl wir noch gar nicht wissen, was Sie uns denn am Ende des Tages vorlegen.

[Carola Bluhm (LINKE): Ja, genau! Aber Sie wissen es schon!]

Sie wissen genau, dass dieses Gesetz verfassungswidrig ist.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Zillich?

Nein, vielen Dank, keine Zwischenfragen! – Sie gehen vor allen Dingen, nicht nur für die Eigentümer, für die Vermieterinnen und Vermieter, sondern selbstverständlich auch für die Mieterinnen und Mieter ein maximales, ein hohes Risiko ein, weil Sie genau wissen, dass dieses

Gesetz verfassungswidrig ist und weil – und so hat es auch die Senatorin gesagt – Mieterinnen und Mieter Geld zurücklegen sollen für die zu erwartende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und auch des Landesverfassungsgerichts, obwohl Sie wissen, dass das natürlich viele Mieterinnen und Mieter nicht tun werden.

Dann kommt zur rechtlichen Würdigung auch noch hinzu, dass hinter vorgehaltener Hand, und das werden sicherlich auch Kolleginnen und Kollegen von Ihnen zugeben, viele Grüne- und SPD-Mitglieder zu uns sagen: Ein Glück, dass ihr klagt. Ein Glück, dass es beklagt wird und wir möglicherweise nach dem Urteil Rechtssicherheit haben. Das gehört zur Wahrheit auch dazu.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Ich bin sehr gespannt, was Sie uns überhaupt vorlegen werden. In den letzten Wochen sind jedenfalls jedwede Ankündigungen, jedwede Änderungen, die vorgenommen worden sind, immer schlimmer geworden. Das Gesetz ist noch rechtsunsicherer geworden.

[Sebastian Schlüsselburg (LINKE): Das können Sie doch gar nicht bewerten, Herr Gräff!]

Da kann man möglicherweise sagen als Opposition: Es wird ja immer schlimmer, aber auf der anderen Seite, und das gehört zur Wahrheit dazu, wird es für die Mieterinnen und Mieter viel schlimmer und unsicherer.

[Carola Bluhm (LINKE): Der juristische Sachverstand spricht!]

Sie wissen das, es ist Ihnen vollkommen egal. Ich glaube, Sie werden uns irgendetwas, irgendein Konstrukt trotzdem vorlegen, und es wird schlimmer für die Mieterinnen und Mieter. Insofern sind wir gespannt auf das, was wir nächste Woche in einem chaotischen Schnellverfahren hier möglicherweise mit Ihnen behandeln werden. Vielleicht ja auch nicht, werden wir mal sehen nächste Woche Mittwoch, was uns da vorliegt, und dann in der nächsten Parlamentssitzung auch vorliegen wird.

Wir kündigen an, dass wir, nicht nur, weil wir glauben, dass dieses Gesetz dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung von Berlin widerspricht, und weil wir der Auffassung sind, dass es ein so großer Eingriff in das Eigentum ist, keine Änderungsanträge stellen werden. Wir werden darauf warten, was Sie hier vorlegen. Ich gehe davon aus, dass wir danach das Verfassungsgericht von Berlin, den Verfassungsgerichtshof anrufen werden.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Schön, Herr Schlüsselburg, dass Sie sich dazu auch melden. Auch Ihre Einlassungen gestern im Rechtsausschuss waren sehr interessant zu diesem Gesetz. Insofern haben auch Sie große Zweifel. Das bestätigt uns jedenfalls in unserem Klageweg, um Rechtssicherheit für die Mieterinnen und Mieter zu schaffen.

[Zuruf von Carsten Schatz (LINKE)]

(Vizepräsidentin Dr. Manuela Schmidt)

Eine letzte Bemerkung darf ich noch machen: Wenn Sie wirklich vorhaben sollten, ein sogenanntes Mietendeckelgesetz zu beschließen, dann sind wir gerne bereit, darüber zu diskutieren. Das ist etwas, was vor allen Dingen die Grünen in den Raum gestellt haben, weil sie genau wissen, dass es danach keinen rechtsgültigen Mietspiegel gibt und dass Millionen von Mieterinnen und Mietern in Berlin vor großen Gefahren stehen, was mit ihrer Miete nach der Feststellung der Verfassungswidrigkeit passieren wird,

[Udo Wolf (LINKE): Deutlicher als jetzt kann es nicht werden!]

zumindest mal darüber nachzudenken, was dann passiert. Ich sage Ihnen eines: Wir werden insbesondere der Linken, die diesen populistischen Weg gegangen ist, selbstverständlich den Spiegel vorhalten und Mieterinnen und Mietern sagen, was sie Ihnen zu verdanken haben, obwohl alle, die sich damit beschäftigt haben, nicht nur Eigentümer, nicht nur Oppositionsparteien, sondern zum Teil auch Regierungsparteien, auch Teile Ihrer Partei im Deutschen Bundestag gesagt haben: Dieses Gesetz ist verfassungswidrig.

[Zuruf von Sebastian Schlüsselburg (LINKE)]

Sie machen einen schweren Fehler für die Zukunft Berlins, für die weitere Entwicklung.

[Zurufe von Katalin Gennburg (LINKE) und Katrin Schmidberger (GRÜNE)]

Den Mieterinnen und Mietern werden wir das sagen, dass Sie das sehenden Auges getan haben und überhaupt nicht an die Folgen denken wollten, weil Sie das nicht möchten. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Zuruf von Carola Bluhm (LINKE)]

Die SPD-Fraktion hat eine Kurzintervention angemeldet. – Frau Spranger, Sie haben das Wort!

Verehrter Herr Bundesverfassungsrichter Gräff!

[Lachen bei der CDU – Oliver Friederici (CDU): Ja, man muss auch die Wahrheit benennen!]

Genau! Da liest man einerseits in der Presse, dass die CDU wegen steigender Gewerbemieten ihre Zentrale nicht mehr finanzieren kann. Woher das wohl kommt?

[Torsten Schneider (SPD): Der Markt!]

Da liest man andererseits in der Presse, dass Herr Evers, was ich vorhin schon gesagt habe, die Modernisierungsumlage begrenzen will. Herr Gräff sagt etwas anderes. Die anderen sind alle aufgeregt und sagen: Oh Gott, oh Gott! Was hat er jetzt gesagt?

[Zuruf von Frank-Christian Hansel (AfD)]

Sie müssen sich mal einig werden, was Sie wollen.

[Zuruf von Katalin Gennburg (LINKE)]

Deshalb: Man merkt es an jedem Knopfloch. Die Mieterinnen und Mieter sind Ihnen völlig egal. Sie begreifen gar nicht, verehrter Herr Gräff, was eigentlich eine Gewaltenteilung ist. Sie verstehen es nicht.

[Zuruf von Stefan Förster (FDP)]

Deshalb noch einmal: Wir stehen hier auf Neuland. Das wissen wir. Das haben wir immer gesagt. Wir haben gesagt: Alle Bundesländer, mittlerweile nicht nur Berlin, schaut hier drauf, ob wir die Genehmigung bekommen, dass wir diesen Mietenstopp machen können. – Wir sind der Meinung, wir können es, und das lassen wir uns von Ihnen auch nicht kleinreden.

[Lachen bei der AfD – Karsten Woldeit (AfD): Na klar!]

Sie sind nicht das Bundesverfassungsgericht, und dann werden wir es sehen. Wir sind gemeinsam auf Neuland, und das haben wir immer gesagt, und dann sehen wir, wie es ist. Aber die Mieterinnen und Mieter dürfen uns nicht egal sein und sind es auch nicht. Dass Sie nicht einmal wissen, dass der qualifizierte Mietspiegel noch bis zum Mai 2021 gilt! Selbst das wissen Sie nicht. Machen Sie hier nicht so viel Verunsicherung, denn auch der ist noch da. Er gilt. Und wenn Sie mal den Landeshaushalt lesen würden, den Einzelplan 12, da stehen 100 000 Euro für zwei Jahre jeweils für die Einführung eines Wohnkatasters drin. Da stehen im Übrigen auch noch 1,4 Millionen Euro für einen Mietspiegel drin. Deshalb bleiben Sie bitte so, wie Sie sind. Das ist ganz eindeutig. Für die Mieterinnen und Mieter machen Sie es nicht, weil die meisten von Ihnen natürlich für die Lobbyisten sind, und das sind die Immobilienmakler. – Danke!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Herr Gräff! Sie haben die Möglichkeit der Erwiderung. – Bitte!

[Torsten Schneider (SPD): Der Bundesverfassungsrichter!]

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Spranger! Sie haben gerade einen ganz grandiosen Vorschlag darüber gemacht, was man mit Start-up-Unternehmen alles machen sollte, um sie aus Berlin zu vertreiben.

[Carola Bluhm (LINKE): Zuzugssperre!]