Die ersten Kipppunkte sind überschritten. Ich bin der Initiative Klimanotstand wirklich dankbar, dass sie das noch einmal bei uns auf die Tagesordnung gesetzt hat. Ein Beschluss dazu ist in Arbeit, und ich hoffe, wir bekommen bis zur nächsten Sitzung des Umweltausschusses in der nächsten Woche einen Beschluss der Koalition hin.
Nun hat die FDP, und das finde ich gut, einen Antrag dazu geschrieben, allerdings nur zu einem Punkt. Es ist nichts dazu zu lesen, ob der Klimanotstand ausgerufen werden soll – oder ob er anders heißen soll, selbst dazu nichts. Es ist nichts zu den Pariser Klimazielen zu lesen. Die FDP scheint keine Meinung zu haben, welche zusätzlichen Maßnahmen, die ja nötig sind, ergriffen werden sollen. Das ist wieder einmal typisch.
Sie nehmen sich immer einen richtigen Punkt – Berlin ist nicht digital genug, das Monitoring kann besser sein, so etwas – heraus und bauen da herum ihr ideologisches Gerüst, ohne konkret zu werden. Meta reicht aber nicht. Wer regieren will, der darf nicht nur rumlindnern.
Heute wurde der bundesweite Abschaltplan der Bundesregierung für die Kohlekraftwerke vorgestellt. Ich sage Ihnen: Jamaika hätte nicht viel Gutes gehabt, aber wir hätten, hätten Sie da mitgemacht,
hätten Sie den Mut gehabt, dieses Jahr mehr Kohlekraftwerke abgeschaltet und mehr Emissionen gespart als die ganzen Berliner Emissionen zusammen. Das wollten Sie nicht. Liberale Eitelkeit war da stärker als Fachpolitik.
Die FDP ist hier an einem Scheideweg, und das sieht man an Ihrer Fraktion ganz genau. Wollen Sie Politik für toxische Männlichkeit machen,
Nun bin ich mit Blick auf diesen Antrag positiv überrascht und freue mich, dass mit den Kollegen Schmidt, Swyter und einigen anderen der Weg der konkreten Politik – wenn auch zu wenig – eingeschlagen wird. Lassen Sie mich kurz auf diesen Antrag – der ist nice – eingehen. Natürlich: Das diBEK muss moderner, schicker werden, und wo möglich müssen CO2-Einsparungen, wo sie quan
tifiziert werden können, aufgezeigt werden. Ich denke, das muss extern vergeben werden, das sollte nicht irgendjemand aus der Verwaltung machen. Dafür muss das Geld bereitgestellt werden; Geld gibt es da ja genug.
Die zentrale Erfassung – das ist schön, aber wir haben ja nun schon ein ganzes Sammelsurium an Klimaschutzmaßnahmen: bei der IHK, im Bildungsbereich, bei „Berlin spart Energie“, und demnächst kommen die „KlimaMacher“ von den Betrieben dazu. – Das kann man zusammenfassen! – Das klingt erst einmal gut, aber wir müssen schon auch klären, warum. Worin besteht der Mehrwert? Der FDP ist es immer so wichtig, dass die Unternehmen von jedem Reporting ausgenommen werden. Bloß nichts aufschreiben müssen, das macht Arbeit! – Lassen Sie uns doch dann auch so ehrlich sein und gemeinsam bei der eigenen Verwaltung, von der wir jeden Tag Tausend Sachen – und eine Menge Anfragen von Ihnen – verlangen, überlegen, ob das wirklich nötig ist!
Die Quantifizierung – auch das klingt erst einmal gut: Lassen Sie uns aufschreiben, was eine Klimamaßnahme bringt! – Was machen wir aber bei Maßnahmen im Bildungsbereich? Was machen wir bei Maßnahmen im Anpassungsbereich? Dazu würde ich gerne mit Ihnen noch weiter ins Gespräch kommen, auch zur Frage der Priorisierung. Das klingt gut: Wir machen eine Priorisierung der Klimaschutzmaßnahmen. – Das ist gut für die politische Auseinandersetzung, darüber können wir streiten. Da mache ich mich auch gerne angreifbar, aber ehrlich gesagt: Ich will gar nicht wissen, was die Prioritäten der FDP bei alten Klimamaßnahmen sind. Ich will wissen, was Ihre neuen Prioritäten sind. Es ist übrigens nicht nur eine Sache der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz. Im BEK stehen über 100 Maßnahmen.
SenUVK hat die Federführung bei 46 Maßnahmen. Mitwirkend und federführend bei anderen Maßnahmen sind u. a. SenWiEnBe mit 38, SenStadtWohn mit 40 Maßnahmen. Wissen Sie, bei wie vielen von über 100 Maßnahmen im BEK SenUVK ganz alleine zuständig ist? – Bei neun Maßnahmen. Und dann überlegen Sie sich mal, wie wir das mit der Priorisierung hinbekommen! Ich setze mich gerne mit Ihnen zusammen, aber es ist ein bisschen komplizierter als Sie denken.
Klimaschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe, und deshalb müssen wir uns dem gemeinsam widmen. Deshalb werden wir in der nächsten Ausschusssitzung wie auch im nächsten Plenum einen Beschluss zur Klimanotlage fassen. Wir sind uns in der Koalition einig, dass wir nicht nur das, was der Senat beschlossen hat, wollen, sondern dass wir darüber hinausgehen wollen.
Dazu gibt es verschiedene Vorschläge – Solarpflicht, Klimavorbehalt, die öffentliche Hand mehr in die
Verantwortung nehmen etc. Genau darüber werden wir debattieren. Ich freue mich, wenn die FDP auch in diese Debatte mit einsteigt.
Lassen Sie mich zu guter Letzt Regine Günther und Stefan Tidow im Namen des gesamten Hauses gute Besserung wünschen. Sie werden die Sitzung wahrscheinlich digital mitverfolgen. – Vielen Dank!
Vielen Dank! – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Schmidt eine Zwischenbemerkung angemeldet. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Kössler! Zunächst reden Sie von konstruktiver Sachlichkeit, und dann arbeiten Sie sich an der FDP ab. Dazu ist noch mal festzuhalten: Jamaika ist nicht an der Energie- und Klimapolitik gescheitert.
Das haben Ihre eigenen Leute anschließend gesagt; dafür gab es ganz andere Gründe. Das vorzuschieben ist nun wirklich absurd.
Zurück zu dem eigentlichen Thema: Sie haben selbst gesagt, es gibt ein Sammelsurium an Maßnahmen – bei den Unternehmen, beim Senat, bei anderen Stellen. Ihre Lösung ist nun: Wir machen über dieses Sammelsurium hinaus noch ganz viele andere Maßnahmen und schauen danach, wie es so läuft. Und der Verwaltung sei es nicht zuzumuten, das nachzuhalten. – Doch!
Wir verlangen, dass die Verwaltung weiß, was die Maßnahmen, die sie den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt aufdrückt, für den Klimaschutz bringen. Es einfach zu fühlen – wir wollen gern veganes Essen in der Mensa oder drei Flugzeuge weniger landen lassen –, ist nicht genug. Wir müssen den Leuten sagen, was es überhaupt bringt, wenn sie Kosten und Belastungen haben, wenn sie sich einschränken müssen. Viele der Maßnahmen, die da stehen, sind Pipifax, das sind lächerliche Dinge, die nichts zur CO2-Reduktion beitragen. Das kriegen Sie in der Atmosphäre gar nicht gemessen, was aus diesem Programm resultiert.
Bei den Maßnahmen im BEK wissen Sie bis heute nicht, was das Ganze überhaupt bringt, um die Klimaziele zu erreichen. Sie haben eine riesige Arbeit veranlasst und alles Mögliche nebeneinandergesetzt. Sehr vieles davon
ist überhaupt nicht umsetzungsfähig. Sie wissen nicht, was das bringt. Das Einzige, was Sie jetzt machen, ist zu sagen: Wir müssen uns noch ganz viel mehr einfallen lassen! – Damit wird das Ziel trotzdem nicht erreicht. Deshalb noch einmal: Der Senat neigt dazu, sich hier wie auch in anderen Bereichen immer wieder zu verzetteln. So wie wir eben die Radwege hatten, von denen Sie Hunderte bauen wollen und keinen einzigen beendet bekommen, so wird es auch bei den Klimamaßnahmen sein. Sie werden sich Tausende von Maßnahmen einfallen lassen, aber keine richtig umsetzen, schon gar nicht die, die richtig dringlich sind.
Wir wollen hier Zug reinbringen, wir wollen Priorisierungen reinbringen. Wir wollen, dass die Senatsverwaltung für Klimaschutz die Verantwortung, die sie trägt, auch wahrnimmt und dass sie, wenn sie ernsthaft meint, Klimaschutz betreiben zu wollen, die Verantwortung auch an sich zieht. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Schmidt, gerade für die letzte Bemerkung! Das Heranziehen im Senat, um etwas umzusetzen, ist Teil der Überlegung eines möglichen Klimavorbehaltes. Wenn wir dazu konkreter in die Debatte einsteigen, bin ich sehr gespannt, ob wir vielleicht sogar zusammenkommen.
Sie haben recht: Die Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden und in der Umsetzung sind, die müssen besser dargestellt und besser erklärt werden. Die Maßnahmen beruhen übrigens auf einem großen wissenschaftlichen Gutachten – die Vorlage für das BEK 2030 auf Grundlage der Klimaziele der alten Koalition, bis 2050 minus 85 Prozent CO2. Das BEK ist also durchgerechnet, was es in Gänze ist. Wir alle sind uns einig – Sie auch –: Wir müssen mehr machen! – Und das meinte ich: Zu diesem Mehr warte ich auf Ihre Vorschläge. Wir brauchen zusätzliche Sachen, auch, um die Maßnahmen im BEK wirklich anzuschieben. Wir haben im BEK die Maßnahme Solar City. Das sind wahnsinnig viele kleine Runde Tische und Fördergelder. Mit der Idee einer Solarpflicht für Neubauten kann man dort einen Boost reinkriegen; das ist ein Berliner Mondprojekt.
Die ganze Stadt debattiert nicht über das Ob, sondern bis zur IHK nur noch über das Wie. Wo sind die liberalen
Zu diesem Tagesordnungspunkt hat der fraktionslose Abgeordnete Wild gemäß § 64 Abs. 2 der Geschäftsordnung einen Redebeitrag angemeldet. Die Redezeit beträgt wie immer bis zu drei Minuten. – Sie haben das Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kössler! Wir sind uns nicht alle einig. Die FDP hat einen Antrag gestellt, der dabei helfen soll, die Berliner Klimaziele zuverlässig zu erreichen. Ich stelle nicht infrage, dass dieser Antrag das tatsächlich leisten könnte, schließlich mangelt es ihm nicht an der vorbildlichen Einbindung der aktuell beliebtesten Reizwörter wie dem Drei-in-eins-Allzweckheilmittel „zentral, öffentlich, digital“ und „Zivilgesellschaft“ oder „Kreativität“. Leider beruht der Antrag der FDP auf einer falschen Prämisse. Ich zweifle daran, dass die Berliner Klimaziele den Prioritäten einer fachgerechten Politik zum Schutz unserer Biosphäre entsprechen. Zu keiner Zeit hat sich diese Biosphäre so rapide gewandelt wie während der Industrialisierung. Diese Veränderungen lassen das Klima nicht unangetastet. Dennoch, wer nicht für den Klimaablass ist, der muss weder in der Hölle noch auf Erden verbrennen. Wir brauchen uns nicht vor einer menschengemachten Klimaapokalypse, wie sie der breiten Öffentlichkeit von Greta, Fridays for Future und vielen regierungsfinanzierten Nicht-Regierungsorganisationen suggeriert wird, zu fürchten. Unsere Spezies ist weder in Reykjavik durch Kälte noch in Athen durch Hitze ausgestorben. Was dem globalen Kohlenwasserstoffkreislauf tatsächlich gut täte, wäre die Förderung synthetischer Kraftstoffe auch in Berlin. Aber stattdessen wollen die Grünen den Berlinern das Leben durch CO2-Gebühren schwermachen. Der eine oder andere Misanthrop schreckt nicht einmal davor zurück, die Kinder in den CO2-Handel einzubeziehen. Kinder seien Netto-CO2-Emittenten, ergo klimaschädlich und zu vermeiden, gegebenenfalls vor Geburt abzutreiben. Weniger Kinder, weniger CO2, weniger Klimawandel.
Im Berliner Energiewendegesetz hat sich Berlin verpflichtet, seine CO2-Emissionen bis 2050 um 85 Prozent zu verringern. Ich sage Ihnen, wie dieses Ziel erreicht werden könnte. Bis 2050 müsste Deutschland deindustrialisiert werden. Damit das ausgestoßene CO2 wieder gebunden werden kann, müssen drei Viertel Berlins bewaldet werden. Aber selbst die Abschaltung der Grundenergielieferanten verringert den weltweiten CO2-Saldo nicht, denn die noch verwendbaren Teile unserer Kraftwerke hierzulande wiegen nicht einmal die Hälfte der
neuen chinesischen auf. Die Berliner brauchen nicht ständig mit den Minimalauswirkungen ihrer Emissionen berieselt zu werden. Nicht der Klimawandel bedroht Berlin, sondern der demografische Wandel. Kinder sind keine CO2-Emittenten, sondern sie sind die Zukunft.
Herr Czaja, der Antrag Ihrer Fraktion macht den Staat effizienter, aber es ist der falsche Staat, für den Sie sich einsetzen. Deshalb stimme ich gegen den Antrag der FDP. – Danke!