Protokoll der Sitzung vom 16.01.2020

(Ronald Gläser)

Vielen Dank! – Herr Kollege Gläser! Sie haben schon die Unausgewogenheit bei den Öffentlich-Rechtlichen angesprochen, wenn man sich anschaut, wie selten Vertreter der größten Oppositionspartei im Bundestag zu Talkshows eingeladen werden, und im Verhältnis dazu mal schaut, wie häufig Herr Habeck oder Frau Baerbock dort sind. Glauben Sie auch, dass wir demnächst die GEZGebühren möglicherweise in der Steuererklärung als Parteispende an die Grünen deklarieren können?

[Heiterkeit bei der AfD]

Das ist eine gute Idee. Das sollte man in Erwägung ziehen. Ich möchte so viel dazu sagen: Uns wird gern der Vorwurf gemacht, ich höre es schon, dass einer der nachfolgenden Redner das sagen wird: Ihr wollt den öffentlich-rechtlichen Rundfunk so umdrehen, dass er euch gefällt. Ihr wollt quasi euren eigenen Staats- und Regierungsrundfunk. – Nein, so ist es nicht! Ich würde mir nur wünschen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender und Medien so kritisch mit Ihnen umgehen, wie sie es mit uns tun.

[Beifall bei der AfD]

Mit uns gehen Sie ständig hart ins Gericht und bei den Konsensparteien geht alles durch. Ich könnte noch viel über die Höhe der Gehälter sagen, da gibt es nicht nur Herrn Buhrow, sondern auch andere, über Marktverzerrung und so. Die Zeit geht zu Ende.

Ich möchte jetzt aber kurz was aus dem „Spiegel“ zitieren, es ist nämlich schön, dass viele Leute aufwachen, nicht nur bei uns, auch bei den anderen Parteien, namentlich bei CDU und FDP, vielleicht nicht hier im Haus, aber in anderen Landtagen. Bei manchen fällt der Groschen schneller als bei anderen. Ich möchte aus dem großen „Spiegel“-Interview von Armin Laschet zitieren. Da steht auch Unsinn, aber am Ende des Interviews sagt er Folgendes – ich zitiere mit Ihrer geschätzten Erlaubnis, Frau Präsidentin –, der Ministerpräsident von NordrheinWestfalen sagt:

Aber es würde die Akzeptanz erhöhen, wenn jeder, der öffentlich-rechtliche Medien nutzt, wahrnimmt, es wird professionell gearbeitet, kompetent und objektiv berichtet und es werden unterschiedliche Meinungen binnenplural erkennbar, die die gesellschaftliche Debatte widerspiegeln.

[Stefan Evers (CDU): Nicht nuscheln!]

Baff! Er sagt nichts anderes, als dass diejenigen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk schauen, nicht das Gefühl haben, dass da kompetent und professionell gearbeitet wird und unterschiedliche Meinungen zu Wort kommen. Das könnte er auch von uns haben.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Ich hoffe, er hat da nicht nur die Backen aufgeblasen, sondern er wird wirklich dafür sorgen, dass die überhöhten Gehälter der WDR-Leute in Zukunft sinken. Ich möchte Sie alle einladen, an einer großen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mitzuwirken, gerade die geschätzten Kollegen von CDU und FDP, die hoffentlich auch erkennen, dass dieser rote Sumpf mal trockengelegt werden muss. Das geht so nicht weiter. Wir werden hoffentlich bald, so Gott will, Ministerpräsidenten von der AfD haben, die dann bei kommenden Rundfunkstaatsverträgen auch ein Wörtchen mitzureden haben. Und wir werden dafür sorgen, dass es einen neutralen, objektiven, schlanken und bürgernahen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Der hätte eine Zukunft, der jetzige mit dem jetzigen Staatsvertrag hat keine. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Zimmermann das Wort. – Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach diesen Hetztiraden gegen eine demokratisch verfasste Institution

[Oh! von der AfD – Christian Buchholz (AfD): Plattitüden!]

kann man nur eines feststellen: Rechts neben Ihnen ist nur noch die Wand, und hinter der Wand sind die Nazis, und Sie sind kurz davor, auf diese andere Seite herauszufallen. Man kann vor diesen Hetztiraden nur warnen. Das ist ekelhaft.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Lachen bei der AfD – Zuruf von Christian Buchholz (AfD)]

Es ist das alte Spiel: Die Bonzen kapern die Institutionen und das arme Volk muss sich das zurückholen. – Das ist genau die Machart und die Tonlage, die einen ekelhaften Faschismus herauszukitzeln imstande ist –,

[Lachen von Andreas Wild (fraktionslos) – Zuruf von der AfD]

ob Sie das nun wollen oder nicht. Und das werden wir hier mit breiter Mehrheit zurückweisen. Es lohnt im Moment nicht, mehr dazu zu sagen; ich will zum Thema kommen.

Dieser Staatsvertrag ist ein kleiner Staatsvertrag, gemessen an dem großen, der demnächst kommt, der auch schon verhandelt ist. Die beiden Punkte, die angesprochen wurden, die Befreiung bei der Zweitwohnungssteuer und die Auskunftsansprüche, die dort reingeschrieben wurden, sind gar nicht weiter der Debatte wert. Sie nützen den Beitragsunterworfenen, und ich glaube, dagegen kann kein Mensch etwas haben.

Es geht allein um die Frage des Datenabgleichs. Da wird von den Datenschutzbeauftragten kritisiert, dass das nicht von der Datenschutzgrundverordnung getragen sei und dass man hier nicht so weit gehen dürfe, ein automatisiertes Abgleichverfahren zu installieren. Ich will aus unserer Sicht sagen: Wir haben das geprüft, wir halten wie die Landesregierungen diese Anwendung der Norm für verhältnismäßig, denn nicht allein durch die Umstellung auf das Beitragssystem 2013, sondern auch danach ist eine regelmäßige Überprüfung der Daten in einem angemessenen Turnus, vier Jahre, erforderlich, weil die Beitragsgerechtigkeit im gesamten System nicht anders zu wahren ist. Wenn man also sicherstellen will, dass bei der Erhebung der Beiträge immer die richtigen Daten zugrunde gelegt werden, braucht man eine regelmäßige Überprüfung. Wir halten es für sachgerecht, dass alle vier Jahre zu machen, auch in diesem Verfahren. Deswegen geht dieser Einwand fehl.

Ein zweiter Punkt, der genannt wurde: Die KEF sei nicht berechtigt, das zu überprüfen. – Ich glaube, da liegt ein Missverständnis zugrunde. Die KEF ist ins Spiel gebracht worden, um hier im Interesse der Bürgerinnen und Bürger eine Ausnahme zu ermöglichen, nämlich wenn die KEF sagt, Datenabgleich ist gar nicht erforderlich, weil das Auftragsvolumen nach unserer Kenntnis so weitergeht und wir keinen Grund haben zu zweifeln, dass die Daten falsch sind, dann kann die KEF im Interesse der Bürgerinnen und Bürger den Meldeabgleich ausnahmsweise anhalten. Das ist der Gedanke, und das schafft zusätzliche Verhältnismäßigkeit. Damit kann man sagen, das Ding ist erforderlich und im engeren Sinne verhältnismäßig. Deswegen haben wir nicht nur kein Problem, sondern werden diesem Staatsvertrag zustimmen, hoffen dann aber auf den großen Staatsvertrag, der die wesentlichen Änderungen, die nötig sind, enthalten wird. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Vielen Dank! – Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Goiny das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat geht es hier um die Umsetzung eines Bun

desverfassungsgerichtsurteils in die entsprechenden rundfunkstaatsvertraglichen Regelungen. Das ist aus unserer Sicht richtig und nachvollziehbar. Deswegen werden wir dem Antrag auch zustimmen.

Zur Frage des Datenschutzes hat der Kollege Zimmermann eben schon ein paar Worte gesagt. Es ist in der Tat so, wir haben ja eine europäische Datenschutzgrundverordnung, und wenn wir uns die Umsetzung in anderen europäischen Ländern anschauen, dann stellen wir fest, dass da teilweise offensichtlich noch ganz andere Dinge unter dem europäischen Recht möglich sind. In anderen Ländern wird zum Beispiel der öffentlich-rechtliche Rundfunkbeitrag zusammen mit der Stromrechnung abgebucht. Da hat quasi der Stromanbieter die Datenhoheit und weiß das alles. Das ist offensichtlich europarechtlich auch zulässig. Deswegen glauben wir nicht, dass das, was uns die Datenschutzbeauftragte im Land Berlin empfohlen hat, unter europapolitischer Würdigung tatsächlich das zwingende Ergebnis dieser Vorschrift ist, sodass wir mit dem Änderungsstaatsvertrag keine Probleme haben. Deswegen wird die CDU-Fraktion dem auch zustimmen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Vielen Dank! – Für die Linksfraktion hat die Kollegin Helm das Wort.

Herzlichen Dank, Frau Präsidentin! – Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Ja, es war durchsichtig, dass die AfD diese Vorlage dazu missbrauchen würde, um hier weiterhin ihre Hetzkampagnen gegen Medien und Presse fortzusetzen.

[Ronald Gläser (AfD): Das verbitte ich mir! – Zuruf von Christian Buchholz (AfD)]

Worum es eigentlich geht, das haben meine Kollegen Zimmermann und Goiny schon ganz gut erörtert. Wen das interessiert, dem empfehle ich, das noch mal nachzuhören oder nachzulesen. Aber gut, dann nutze auch ich jetzt die Gelegenheit: Reden wir mal über die duale Medienordnung und den Rundfunkbeitrag!

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind natürlich nach wie vor essenziell für die Grundversorgung, und das gerade in Zeiten von Redaktionssterben und in Zeiten, wo viele Journalisten in die PR wechseln. Weil sie dort sicherere Jobs haben, wird das auch so bleiben.

[Zuruf von Gunnar Lindemann (AfD)]

Auch wenn die Öffentlich-Rechtlichen nach wie vor großes Vertrauen genießen, stehen sie unter einem er

(Frank Zimmermann)

heblichen Spar- und Reformdruck. Diese Debatten werden wir uns auch durch eine Indexierung nicht ersparen können. Darum sind wir als Linke der Überzeugung, dass wir vor allem eine Beitragsstabilität und eine soziale Entlastung brauchen. Deswegen schlagen wir vor, dass wir eine prinzipielle Befreiung bei Sozialhilfeempfängerinnen und -empfängern einführen und ähnlich wie beim Wohngeld eine staatliche Entlastung zum Ausgleich haben. Das würde auch gleichzeitig alle anderen Beitragszahlerinnen und -zahler entlasten.

[Beifall bei der LINKEN]

Was hingegen die Idee der AfD von Pressefreiheit und Staatsferne ist, das hat man ja jetzt an dieser grotesken Kampagne zum Omagate erleben können. Übrigens, Herr Kollege, wir sind für den WDR überhaupt nicht zuständig – Ich weiß nicht, ob Sie es nicht schon wussten, aber Sie sitzen im Berliner Abgeordnetenhaus. Aber Ihre Kameraden in NRW haben jetzt die geheimdienstliche Durchleuchtung und eine Gesinnungsprüfung für alle freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefordert.

[Gunnar Lindemann (AfD): Da haben Sie ja Erfahrung!]

Daran merkt man – wenn man diesen Herrn ans Ruder lässt –, was dann passieren wird: Mit Pressefreiheit und Staatsferne ist es dann vorbei.

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Zurufe von der AfD]

Aber wenn wir etwas aus dieser Schlammschlacht lernen konnten, dann ist es das, dass die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Öffentlich-Rechtlichen besser geschützt werden müssen. Wenn infolge ihrer Arbeit Neonazis vor ihrer Tür stehen, wie z. B. bei Julian Feldmann und Danny Hollek, oder wenn Richard Gutjahr und seine Familie über Jahre durch eine antisemitische Hetzkampagne terrorisiert werden,

[Zuruf von der AfD: Unverschämtheit!]

dann müssen sie auf die Unterstützung ihrer Arbeitgeber zählen können.

[Beifall bei der LINKEN – Frank-Christian Hansel (AfD): Wer hat denn Schupelius das Auto abgebrannt? Linksextremisten waren das! – Weitere Zurufe von der AfD]

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns im Gespräch bleiben, wie wir zusammen den gemeinsam getragenen Rundfunk zu einem modernen und das Beitragsmodell zu einem gerechteren machen können! Die Vorlage, die wir gerade besprechen, ist dabei zwar kein großer Wurf. Aber wir beraten sie selbstverständlich sachgemäß im Fachausschuss und berücksichtigen dabei auch die Einwände der Datenschutzbeauftragten. Und vor allem weisen wir gemeinsam jegliche Versuche von rechts zurück, unsere Pressefreiheit zu erodieren. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frank-Christian Hansel (AfD): Und von links?]

Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Förster das Wort.