Protokoll der Sitzung vom 05.03.2020

weil gerade diese Gruppen besonders häufig von Gewalt betroffen sind, weil gerade diese Menschen besonders schutzlos in unserer und jeder anderen Gesellschaft auf dieser Welt sind. Deshalb müssen auch wir in Berlin die Konvention schnellstmöglich umsetzen, denn sie ist keine Kann-Bestimmung, sondern ein Gesetz, eine MussRegelung.

Genau das wollen wir mit unserem Antrag tun. Diesem Antrag sind viele Treffen mit Fachberatungsstellen, Frauennotrufen, Frauenhäusern, Antigewaltprojekten und SenGPG vorausgegangen. Ich kann Euch sagen, das waren sehr intensive und sehr emotionale Runden. Wir haben uns mit Expertinnen und Experten zusammengesetzt und überlegt, wie eine Strategie aussehen könnte. Was muss sie beinhalten? – Als Erstes brauchen wir einen neuen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Dieser wird von der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung zusammen mit den zivilgesellschaftlichen Akteuren ausgearbeitet. Da der vorhandene Berliner Aktionsplan noch aus dem Jahr 2002 stammt, muss dieser dringend an das neue geschlechterspezifische Verständnis von Gewalt der Istanbul-Konvention angepasst werden. – [hustet] – Ist kein Corona, ist Asthma!

[Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD, den GRÜNEN und der FDP]

Bereits mit dem letzten Doppelhaushalt 2020/21 haben wir bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung eine Koordinierungsstelle für die Umsetzung und Begleitung der Istanbul-Konvention geschaffen. Das war nicht einfach, kann ich Euch sagen. Wir in Berlin sind bundesweit die Ersten, die diese Stelle haben, denn laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gibt es ansonsten kein weiteres Bundesland mit solch einer Stelle. Der Koordinierungsstelle stellen wir ein Begleitgremium ähnlich dem Runden Tisch zur Seite. Runde Tische kennt Ihr ja, hat jede Verwaltung. Wichtig ist uns dabei, dass die Zivilgesellschaft, also die Beratungs- und Präventionsstellen, die Hilfehotline, die Frauenhäuser, die Antigewaltprojekte an der Ausarbeitung und Umsetzung beteiligt werden.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ebenfalls beteiligt sein müssen die Senatsverwaltungen für Inneres, Justiz, Arbeit und Soziales, Bildung, Jugend, Familie, Wissenschaft sowie die Polizeipräsidentin, denn der Schutz von Frauen ist kein Alleinstellungsmerkmal einer Senatsverwaltung. Um wirklich nachhaltige Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt zu konzipieren, braucht es die Anstrengung aller Verwaltungsinstrumente.

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung, um die Umsetzung der Istanbul-Konvention zum Erfolg zu führen. In der Vergangenheit hat sich gezeigt: Dilek, tolle Zusammenarbeit, können wir eine Menge erreichen! – Es ist uns ernst. Wir bleiben dran. Dafür stehen wir mit unserem Namen.

So liebe Leute! Jetzt noch was in eigener Werbung: Am Sonntag ist Frauentag, kennt Ihr, letztes Jahr Lampe, Feiertag, wisst Ihr alles, brauchen wir nicht noch mal rauszuholen.

[Heiterkeit bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN – Beifall bei der LINKEN]

Ich würde mich freuen, wenn Ihr alle kommt und mit mir gemeinsam diesen Feiertag feiert. Heute hat Rosa Luxemburg 149. Geburtstag. Das heißt, vielleicht haben wir Sonntag noch eine Gelegenheit, gemeinsam anzustoßen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN]

Für die AfD-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Auricht das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Großen und Ganzen kann ich allen meinen Vorrednerrinnen – das wird Sie vielleicht erstaunen oder auch nicht – zustimmen, aber es gibt vielleicht doch das eine oder andere Detail, wo wir eine andere Sichtweise haben. Wir haben heute schon oft gehört, die offiziellen Datenerhebungen machen es deutlich, dass Gewalt gegen Frauen in allen Ländern, Kulturen und Gesellschaftsschichten vorkommt. Besonders schlimme Ausmaße nimmt diese Gewalt allerdings in Ländern an, die am weitesten von einer gelebten Kultur der Frauenrechte der westlich-modernen Welt entfernt sind. In einigen dieser Länder verhindern religiöse oder traditionelle Gründe die Einführung simpelster Frauengrundrechte wie die Teilhabe an Wahlen oder Bildung oder die Freiheit eines selbstbestimmten Lebens. Das soll aber nicht von der Tatsache ablenken, dass auch in Deutschland eine hohe Anzahl von Fällen häuslicher Gewalt an Frauen und Kindern stattfindet.

[Beifall bei der AfD]

Wir haben die erschreckenden Zahlen gehört. Laut dem Bundeskriminalamt waren im Jahr 2018 114 000 Frauen Opfer häuslicher Gewalt. Ich habe hier ein paar andere Zahlen: 324 endeten tödlich. Das sind offizielle Zahlen, und die Dunkelziffer ist weitaus höher.

Außerdem gibt es seit einigen Jahren auch noch andere Formen von Gewalt an Frauen und Mädchen, die wir vorher so in Deutschland nicht wirklich kannten. Das sind zum Beispiel Zwangsehen, Kinderehen, Ehrenmorde, Zwangsprostitution, Gruppenvergewaltigung oder Genitalverstümmelung an kleinen Mädchen. Leider kann man zu diesen Fällen nur Schätzungen aussprechen. Offizielle Zahlen werden nicht erhoben. Warum die nicht erhoben werden, dazu habe ich meine Meinung,

[Zuruf von Silke Gebel (GRÜNE)]

aber ich habe auch die Meinung einer Kollegin aus dem Bundestag. Die sagte nämlich genau zu diesem Problem: Wer keine Probleme sieht, will auch nicht handeln. – Recht hat sie.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Das war ein Zitat von Cornelia Möhring von den Linken. Ihr Fokus auf die Istanbul-Konvention zeigt wieder mal grundsätzliche Fehler links-grüner Politik. „One size fits all“ passt eben nicht immer, genauso wie man hier gut gemeinte Maßnahmen mit sehr viel Gender-Blödsinn vermischt.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos), Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

So behauptet ja dann auch Die Linke, dass die zunehmende Gewalt an Frauen Ausdruck der ungleichen

(Ines Schmidt)

Geschlechterverhältnisse in Deutschland ist. Was für ein Blödsinn!

[Regina Kittler (LINKE): Na, Sie haben eine Ahnung!]

Keine gleichstellungspolitische Maßnahme, kein Paritätsgesetz, keine Quotenregelung und auch keine GenderSprache werden auch nur eine Gewalttat an Frauen in dieser Stadt verhindern.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Ich sagte es bereits, die unreflektierte Übernahme internationaler Konventionen, mit denen die UNO oder hier in diesem Fall die EU eigentlich Länder meinen, die vom Elend geprägt sind, die in allen Menschenrechtsthemen meilenweit von deutschen Standards entfernt sind, führt nicht immer zum angestrebten Ergebnis, im Gegenteil, oft schadet sie mehr, als sie nützt. Erwähnt sei an dieser Stelle zum Beispiel die Inklusion, die dazu führte, dass hervorragende Förderschulen in Deutschland abgeschafft wurden, und damit wurde man niemandem, vor allem nicht den Kindern, gerecht. Nur die Finanzen Berlins haben natürlich davon profitiert, weil die deutlich besseren Personalschlüssel von Sonderpädagogen unterlaufen wurden, aber das sei hier nur am Rande erwähnt. Also tun wir bitte nicht so, als herrschten hier in Berlin Verhältnisse wie in Karachi oder Teheran.

Trotz der gravierenden Unterschiede zu den frauenfeindlichen Regionen dieser Welt sind auch in unserer Stadt Frauen der häuslichen Gewalt ausgesetzt. Jedes Verbrechen an Frauen ist eines zu viel, und wir müssen etwas dagegen tun. Das ist ja selbstverständlich.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos), Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Und natürlich kann man jedes Jahr mehr Beratungsstellen einrichten, noch mehr Frauenhäuser und Schutzwohnungen bereitstellen und noch mehr Finanzen aufwenden. Auf kurze Sicht müssen wir das auch tun, damit Frauen und Kinder schnellstmöglich in Sicherheit kommen. Leider werden alle diese Maßnahmen an den Ursachen der zunehmenden Gewalt an Frauen aber nichts oder wenig ändern. Und ich verstehe auch nicht, dass man sich mit jeder Öffnung immer neuer Frauenhäuser zufrieden gibt, weil es doch eigentlich ein Zeichen von Kapitulation vor den Tätern ist. Jede neue Einrichtung zeigt uns, dass wir an den Täter überhaupt nicht herankommen.

[Ülker Radziwill (SPD): Oi, joi, joi!]

Was sind aus unserer Sicht wirksame Maßnahmen, um Gewalt an Frauen zu bekämpfen? – Ich weiß, jetzt werden Sie gleich wieder aufquietschen. Als Allererstes müssen wir die Zuwanderung nach Deutschland kontrollieren.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos), Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Zurufe von der SPD und der LINKEN]

Wir haben auch ohne eine massenhafte Einwanderung genügend Gewaltpotenzial im eigenen Land.

[Beifall bei der AfD – Zuruf von Ülker Radziwill (SPD)]

Wir wollen eine konsequente Anwendung bestehender Gesetze und eine Justiz, die keine Kulturrabatte verteilt, und wir wollen Täterschutz vor Opferschutz.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos) – Bravo! von der AfD – Zuruf von der SPD: Schandhafte Rede!]

Äh, nicht Täterschutz vor Opferschutz. – Zwangsehen stellen nicht nur eine schlimme Verletzung von Menschenrechten dar, oft sind sie Keimboden für Gewalt, Vernachlässigung und Vergewaltigung in der Ehe. Deshalb haben wir in diesem Haus zu einer besseren Datenlage aufgefordert, um die Folgen effizienter zu bekämpfen. Trotz blumenreicher 8.-März-Bekenntnisse sah die Koalition keine Notwendigkeit, dieser unserer Forderung nachzukommen.

Prävention und Aufklärung sind natürlich auch gangbare Wege, um der Gewalt gegen Frauen zu begegnen, sie können aber nur zielführend sein, wenn man so viel wie möglich über die Täter weiß. Ablehnung von wissenschaftlichen Studien oder Nichterfassen von Nationalitäten helfen da auch nicht weiter. Die Bekämpfung von kultureller Geringschätzung von Frauen bis hin zu Ehrenmorden kann eben nur dann erfolgreich sein, wenn falsch verstandene politische Korrektheit beiseitegelassen wird.

[Beifall bei der AfD – Beifall von Jessica Bießmann (fraktionslos), Kay Nerstheimer (fraktionslos) und Andreas Wild (fraktionslos)]

Und zu den unantastbaren Themen zählen ja auch die Debatten über religiös motivierte Kopftücher und andere Verschleierung von Frauen. Die Feministinnen in diesem Haus schweigen auffallend laut bei diesem Thema, vielleicht weil sie sich zwischen den Stühlen verschiedener Interessengruppen sehen. Wir tun das nicht. Für uns sind das Kopftuch und alle anderen Frauenverhüllungen ein Zeichen von und ein Mittel für die Verhüllung von Frauenrechten.

[Beifall bei der AfD]

Wir brauchen eine stärkere Sensibilisierung von Polizei und Justiz bei Delikten wie Stalking und Cybermobbing. Gegebenenfalls müssen bestehende Gesetze auch an aktuelle Tendenzen angepasst werden. Und so schwer wir

direkt in das Themenfeld häusliche Gewalt eindringen können, umso leichter könnten wir Frauen bei der öffentlichen Sicherheit helfen. Denn wir möchten in einer Stadt leben, in der eine einsame Joggerin nicht um ihr Leben, sondern um ihrer Gesundheit willen rennt. Dafür brauchen wir keine Antigewaltfahnen an den öffentlichen Gebäuden, sondern sichere Städte.

[Beifall bei der AfD]

Wir brauchen mehr Sicherheitspersonal auf den Straßen und auf den Plätzen und in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Dazu gehören baulich sicher gestaltete und gut ausgeleuchtete Angsträume wie Parkhäuser oder Unterführungen. Stecken wir das Geld lieber in einen funktionierenden Sicherheits- und Justizapparat und nehmen es nicht für sinnlose Genderprojekte, die nicht zum Kampf gegen die Gewalt beitragen oder dazu, die Gewalt an Frauen zu verhindern.

[Beifall bei der AfD]

Bitte verstecken Sie sich nicht weiter hinter internationalen Konventionen. Machen Sie Ihre Hausaufgaben hier vor Ort, und dann feiern wir nicht mehr die Eröffnung des x-ten Frauenhauses. Lassen Sie uns gemeinsam an einem Tag feiern, an dem wir das letzte Frauenhaus wegen fehlenden Bedarfs schließen können. Und dann feiern wir gemeinsam auch gerne mit halbtrockenem Rotkäppchensekt und roten Nelken, wie es am 8. März in der DDR üblich war. Aber bis dahin haben wir noch viel zu tun. Packen wir es gemeinsam an, ohne Scheuklappen! – Vielen Dank!

[Beifall bei der AfD – Ines Schmidt (LINKE): Der Frauentag ist älter als die DDR! – Zuruf von der AfD: Den gab es auch in Nordkorea!]