Menschen in systemrelevanten Berufen müssen langfristig besser geschützt und auch bezahlt werden. Das Kurzarbeitergeld sollte deutlich erhöht werden; auch über Pandemiezuschläge für niedrige Renten und Hartz IV muss nachgedacht werden. Kredite sollen mit sehr niedrigen oder null Zinsen vergeben werden, die Rückzahlung soll auch an künftige Erträge gekoppelt sein. – Wie können wir noch stärker eigene regionale Unternehmen zur Produktion wichtiger Schutzkleidung und Desinfektionsmittel oder eben auch wichtiger medizinischer Geräte motivieren? – So wie wir bei der Pandemie am Anfang stehen, stehen wir auch bei den Hilfen am Anfang. Hier müssen wir als Land, aber auch als Bund nachbessern, unbedingt, schnell und zuverlässig. – Vielen Dank!
Für die AfD hat zunächst Frau Dr. Brinker das Wort, danach der Kollege Hansel. – Bitte schön, Frau Kollegin!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir befinden uns in einer historischen Ausnahmesituation. Wie es dazu kommen konnte, wird noch aufzuarbeiten sein. Nach allem, was wir bisher hören, plant der Berliner Senat, mit einem Nachtragshaushaltsvolumen von ca. 2,6 Milliarden Euro sowohl die medizinischen Kosten als auch die ökonomischen Kosten des Shutdowns abzufedern. Im Grundsatz haben wir den ersten Hilfsmaßnahmen zugestimmt, um die Soforthilfen schnellstmöglich auf den Weg zu bringen und die Versorgungsengpässe bei dem medizinisch-technischen
Equipment und den entsprechenden Materialien zu beseitigen. Allerdings darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Coronakrise auf eine verschleppte Euro-, Banken- und Staatsschuldenkrise in Europa trifft.
Dadurch wird die Gesamtlage zusätzlich verschärft und erst recht explosiv. Nach den Berechnungen des ifo Instituts erreichen die Kosten des coronabedingten Shutdowns für ganz Deutschland bei einer Dauer von ca. zwei Monaten bis zu knapp 500 Milliarden Euro und bei drei Monaten bis zu 730 Milliarden Euro, was einem Wachstumsverlust von 10 bis 20 Prozent entsprechen würde. Zudem könnten bis zu 1,8 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze wegfallen sowie mehr als 6 Millionen Arbeitnehmer in der Kurzarbeit landen.
Was bedeutet das für uns? – Der bereits vorerkrankte Patient, unsere Volkswirtschaft, liegt nun wegen Corona auf der Intensivstation. Jeder Tag, jede Woche zählt. Das ist wichtig zu verstehen, um die Angemessenheit der wirtschaftlichen und fiskalischen Maßnahmen richtig bewerten zu können, denn: Die Medizin darf nicht gefährlicher sein als die Krankheit. Inzwischen mehren sich Stimmen, die zunehmend die Frage nach der Verhältnismäßigkeit sowie die Systemfrage stellen. Darunter sind Persönlichkeiten wie Clemens Fuest, Thomas Straubhaar oder Daniel Stelter, um nur einige zu nennen.
Der der Kanzlerin nahestehende Vorstandsvorsitzende des Springer-Verlags, Herr Döpfner, geht noch weiter. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Sehr geehrte Senatsmitglieder! Lassen Sie diesen Wettbewerb kritischer Intelligenz zu! Lassen Sie sich von einem Expertengremium beraten, das nicht nur aus Virologen und Medizinern besteht, sondern auch aus Ökonomen, Finanzwissenschaftlern, Zukunftsforschern! Überprüfen Sie sämtliche Coronamaßnahmen wöchentlich auf ihre Sinnhaftigkeit, Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit! Sämtliche Sondermaßnahmen müssen temporär befristet werden. Verstehen Sie diese Krise auch als Chance! Nutzen Sie den Shutdown, um leerstehende öffentliche Gebäude wie Kitas, Schulen, Universitäten, Theater zu sanieren und baulich zu ertüchtigen! Helfen Sie damit gleichzeitig der Berliner Bauwirtschaft!
Ja, das ist auch eine Forderung der CDU, aber wir sehen es genauso; wir erweitern es sogar – wir denken sogar an die Theater, stellen Sie sich vor, Herr Schneider. – Verkürzen Sie zwingend umständliche und zeitraubende Ausschreibungsverfahren auf die wirklich wesentlichen Rahmenbedingungen!
Bauen Sie auch in Ihrem eigenen Interesse bürokratische Hürden und Investitionshemmnisse ab, und vor allem: Legen Sie uns und den Berlinern eine Strategie für den Ausstieg aus dem Shutdown vor! Denn was hilft es uns und den Menschen, wenn wir am Ende des Jahres eine Gesellschaft vorfinden, die verarmt ist und deren Mortalitätsrate aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Situation höher ist als jemals zuvor?
Jan Fleischhauer warnte am vergangenen Sonntag und schrieb, dass – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:
Der Absturz einer Gesellschaft führt erst in die kollektive Verarmung und treibt dann die Sterblichkeit nach oben. – Zitat Ende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wägen Sie sorgfältig ab! Lassen Sie den systemrelevanten Wettbewerb kritischer Intelligenz zu! Es gilt das Gebot der Verhältnismäßigkeit, damit wir unsere freiheitliche Grundordnung nicht auf dem Altar der Panik opfern. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Vielen Dank auch für die Desinfektion des Tisches! – Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Zuschauer! Wenn der Shutdown länger dauert, wird er zwar nicht zum physischen, aber in vielen Fällen zum wirtschaftlichen Tod von Selbstständigen und Kleinunternehmern führen, die versucht haben, in Berlin ihre Existenz zu sichern oder aufzubauen. Das ist das größte Problem unserer Stadt.
Wir sind nicht Wolfsburg oder Stuttgart. – Den Großkonzernen und der Industrie wird geholfen; die sind too big to fail. Die Bundespolitik hat hier mit dem Wirtschaftsstabilitätsfond das klare Signal gesetzt, dass alles getan wird – koste es, was es wolle –, damit die Industrie nicht zusammenbricht. Das kostet beispiellos viel Geld, und das muss auch so sein. Es ist ein historisches Experiment, das allerdings auf der anderen Seite zu Kollateralschäden wie der Vertiefung der Verschuldung, der weiteren Schleusenöffnung bei der EZB und den sich daraus ergebenden toxischen Folgen führt.
Hier in der Dienstleistungsmetropole Berlin liegt der Fall aber anders. Berlin lebt von den vielen selbstständigen Einzelunternehmern in allen möglichen Bereichen – Einzelhändlern, Kneipiers, Unternehmern, Freelancern in der Medien- und Kreativwirtschaft und so weiter. Alles viele Tausende, die in Berlin gerade so überleben.
Sie sind es, die das ausmachen, was mal „arm, aber sexy“ hieß. Dieses Überleben ist jetzt bei Hunderttausenden infrage gestellt, zumal bei jedem weitere Existenzen dranhängen.
Es ist gut, dass die erwähnten Programme, Herr Schneider, Soforthilfe I und II, schnell eingerichtet wurden und die Mittel auch abfließen. Letztlich weiß aber niemand, ob mit diesem Geld die existenziellen Ausfälle kompensiert werden können, ob der wirtschaftliche Tod – und um den geht es hier – damit in ausreichendem Maße verhindert werden kann.
Wenn nicht, wäre das das Wegbrechen eines Teils der arbeitenden Mittelschicht, teils in die Armutsfalle. Für dieses Segment – zahlenmäßig das größte in dieser Stadt – ist der schnelle Einstieg in den Exit des sozioökonomischen Komas, das wir durchleben, das A und O; letztlich die einzige Rettung, die diesen Begriff rechtfertigen würde. Die finanziellen Hilfen, die wir als AfD
natürlich mitgetragen haben, können vielleicht helfen, aber nicht retten. Im Ergebnis: Keine Wirtschafts- und Finanzhilfe kann so viel helfen, sprich wirken, wie die möglichst baldige Wiederaufnahme des Regelbetriebs.
Jetzt komme ich zum Prinzipiellen: nämlich weg von Wirtschaftshilfen hin zu dem, was Unternehmen und der Wirtschaft wirklich hilft. Was helfen würde, ist nichts anderes als das Ende der ideologisierten Wirtschaftsfeindlichkeit, die wir Ihnen, seit wir in diesem Hause sitzen, leider immer wieder vorwerfen müssen – ob es heute dieses unsägliche Vergabegesetz ist, das nicht zu beschließen die IHK uns Abgeordnete in einem dramatischen Appell aufruft; ob es der in der Bauindustrie investitionshemmend wirkende Mietendeckel ist; ob es die ganze unsinnige Enteignungsdebatte Ihres Senats und der ihn tragenden drei Linksfraktionen ist; oder ob es das Gerede vom Sozialismus bei Ihren Youngstern ist, die noch nie einen Cent durch eigene Arbeit verdient haben; da kam schon Sigmar Gabriel das Kotzen.
Das alles schadet, und das alles können wir uns in Berlin nicht mehr leisten, wenn die Wirtschaft insgesamt abschmiert, in die Rezession fällt – und genau da sind wir jetzt.
Ich sage es mal so: Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts. – Sie tun sich mit dieser Erkenntnis leider schwer. Sie haben leider zu viele in Ihren Reihen, die anstelle der Wirtschaft lieber den Staat sehen würden. Schreiben Sie sich das hinter die Ohren: Berlin ist kein Experimentierfeld für eine DDR 2.0; streichen Sie Ihre versteckte Agenda eines Sozialismus 2.0.
Das ist nämlich das Problem, wenn die Wirtschaft wieder hochkommen soll: Ihre Ideologie, mit der Sie alles abwürgen.
Ausgerechnet gestern Abend, Frau Pop, erreichte uns die Nachricht, dass der Vorstandsvorsitzende der Messe Berlin, Dr. Christian Göke, einer der wenigen wirklich fähigen Manager dieser Stadt, gekündigt hat. Das ist für mich ein Fanal, nämlich das fatale Signal, dass dieser Senat das politische Reinregieren in die landeseigene Unternehmenslandschaft über jedes vertretbare Maß überzogen hat. Die grünideologisch motivierten peinlichen zwiespältigen politischen Signale des Senats bei dem gescheiterten Versuch, die IAA nach Berlin zu holen, mögen hier den Rest gegeben haben.
Darum müssen Sie nach dem Hochfahren von Wirtschaft und Gesellschaft alles vermeiden, was die Wirtschaft abwürgt und Unternehmer demotiviert, und im Gegenteil eine glaubwürdige Willkommenskultur mit allen positiven Signalen, die damit verbunden sind, für Unternehmer
schaffen. Im Klartext: Sie müssen den rot-grünen ideologischen Ballast über Bord werfen, wenn Berlin nach dem Koma wieder gesunden und gedeihen soll, wie wir uns das eigentlich alle wünschen.
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit rund drei Wochen befindet sich unsere Stadt in einem jetzt schon historischen Krisenmodus. Das öffentliche Leben ist stark heruntergefahren. Wir halten physischen Abstand, wir bleiben zu Hause, damit wir das Virus nicht übertragen, damit wir Leben retten – und das werden wir.