Ein Beispiel, wie daraus Widersprüche entstehen: Wenn man die Straße Unter den Linden zur Fußgängerzone macht, die Leipziger Straße und die Torstraße durch Radwege verengt und dann noch in die Leipziger Straße eine Straßenbahn legt, ist nicht nur das Verkehrschaos vorprogrammiert, dann wird auch das genaue Gegenteil von dem erreicht, was als Ziel verkündet wird. Es werden nämlich mehr Menschen durch Abgase und Lärm zusätzlich belastet. Die Anwohner der Torstraße und der Leipziger Straße werden so die ersten Opfer dieser aktionistischen, undurchdachten Politik.
Das macht auch die Deklarationen zum Gesundheitsschutz, die die Senatorin immer wieder bringt, recht unglaubwürdig.
Das Gleiche gilt für die Straßenbahn in der Leipziger und der Potsdamer Straße. Glauben Sie denn ernsthaft, dass der ÖPNV attraktiver wird, wenn die Straßenbahnen gemeinsam mit den Autos im Stau stehen? Straßenbahnen ohne eigene Trassen, das ist ein Zurück in die Sechzigerjahre.
Es geht eben nicht alles zusammen, was man sich wünscht. Man muss Prioritäten setzen. Das hat der Koalitionsvertrag offensichtlich nicht gemacht, und das wäre jetzt eine dringende Aufgabe der Senatorin, die wir Freien Demokraten von ihr auch einfordern.
Der einzige rote Faden, den man sieht, ist bisher eine durchgehende Autofeindlichkeit. Sämtliche Schikanen, die man sich überlegt hat, sollen zur Anwendung kommen. Alle Folterinstrumente von Tempo-30-Zonen mitten auf Hauptverkehrsstraßen über die bewusste Verknappung von Parkplätzen bis hin zu Einfahrverboten werden hier angewendet.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Wenn Sie Autofahrer prinzipiell zum Feind erklären, vergessen Sie aber eines: Wir haben bereits einen geringen Autobestand in der Stadt. Viele Menschen sind auf ihr Auto angewiesen, weil sie kleine Kinder haben, weil sie schlecht zu Fuß sind, weil sie schon älter sind, und diese Menschen können Sie nicht durch noch so viele Schikanen auf das Fahrrad zwingen.
Wenn der Staatssekretär Kirchner mehrfach – das ist ein Zitat, das Sie mehrfach gebracht haben – sagt: Wer hier Auto fährt, hat einfach zu viel Zeit –, dann empfinde ich das zumindest als eine Verhöhnung der Menschen, die auf ihr Auto angewiesen sind und im Stau stehen.
Wir brauchen stattdessen Perspektiven für einen modernen, integrierten Verkehr. Der Verkehr wird nicht besser, indem man das Autofahren schlechtmacht, sondern indem man neue, bessere Angebote macht und echte Perspektiven entwickelt. Dazu gehört zum Beispiel das, was in unserem Antrag steht: Eine Antwort auf die Verdichtung der Innenstadt.
Sehr geehrter Herr Schmidt! Sie sagten gerade, wir könnten niemanden dazu zwingen, Fahrrad zu fahren, worin ich Ihnen absolut recht gebe. Wie sieht es aber mit denjenigen aus, die nicht Auto fahren können, weil sie zum Beispiel noch nicht 18 Jahre alt sind – die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt? Finden Sie nicht auch, dass es unsere Pflicht im Sinne von mehr Sicherheit ist, für sie Bedingungen zu schaffen, damit sie künftig sicher von A nach B kommen?
Ich finde es völlig richtig, dass man Radfahrern und anderen Leuten, die nicht Auto fahren können, die nicht Auto fahren dürfen oder es nicht wollen,
zusätzlich Möglichkeiten schafft. Ich halte es auch für richtig, Radwege auszubauen und Lückenschlüsse im öffentlichen Nahverkehr durchzuführen.
Das kann man aber nicht gegeneinander ausspielen. Wir müssen für alle etwas tun, nicht nur einseitig für einzelne Gruppen.
Ich nenne nur mal ein Beispiel, wo Perspektiven fehlen, die wir einfordern: Wenn wir so eine ungeheure Verdichtung haben, wenn jetzt Zehntausende Menschen zusätzlich zum Alexanderplatz oder zur Heidestraße kommen werden, brauchen wir dafür auch ein Konzept, übrigens nicht nur für Autos. Wir brauchen moderne und integrierte Verkehrsangebote. Berlin hat unglaublich viele tolle Ideen; man muss wirklich einmal tausend Blumen blühen lassen und auch Experimentierklauseln ausprobieren. Deshalb fordern wir den Senat auf, erst einmal eine Perspektive zu entwickeln, statt sich in kurzatmigem Handeln und ideologischen Reflexen zu verstecken.
Wir müssen weg von diesem planlosen Aktivismus. Dazu dient als Aufforderung dieser Antrag. Wir bitten Sie dafür um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank!
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP fordert ein durchdachtes, zusammenhängendes Verkehrskonzept
Mitnichten handelt es sich bei den verkehrspolitischen Maßnahmen des Koalitionsvertrags um einen rot-rotgrünen Wunschzettel. Vielmehr sind diese die zentralen Dreh- und Angelpunkte für die Verkehrspolitik unserer wachsenden Stadt. Die Behauptung, der Koalitionsvertrag enthalte kein zusammenhängendes Konzept für die Berliner Innenstadt, ist nicht nachvollziehbar. Tatsächlich verweist der Koalitionsvertrag auf die bereits bestehende gesamtstädtische Strategie Berlins, den Stadtentwicklungsplan Verkehr. Lassen Sie mich dies in aller Kürze verdeutlichen.
Der Umgang mit dem erhöhten Verkehrsaufkommen durch Ziel- und Durchgangsverkehre im Innenstadtbereich, insbesondere in der City-West, ist geregelt. Die Erhaltung des flüssigen Verkehrs und die Vermeidung von Stau sind bereits Teilstrategien des Stadtentwicklungsplans Verkehr. Hinzu tritt das Organisationsgutachten der Verkehrslenkung Berlin mit dem Ziel, zum Beispiel Defizite im fließenden Straßenverkehr zu beheben, die Baustellenkoordination zu optimieren und Organisationsstrukturen innerhalb der Behörde effektiver zu gestalten.
Die Entdynamisierung der Stadtgebiete erreichen wir durch punktuelle Verkehrsberuhigung und die Reduzierung des Durchgangsverkehrs. Der Umbau von Straßen und Kreuzungen und die gezielte Anlage von Radverkehrswegen ergänzen diese Maßnahmen.
Wir dürfen neben der Betrachtung des Innenstadtverkehrs die Region nicht aus dem Blick verlieren. Die Metropolregion Berlin-Brandenburg ist in Zukunft verstärkt als gemeinsamer Verkehrsraum zu sehen und zu entwickeln. Die stetige Nachverdichtung des ÖPNV durch Aus- und Neubau von Straßenbahnlinien, aber auch der U-Bahn sind für uns, neben dem Ausbau des Rad- und der Entlastung des Autoverkehrs, zentral. Einer gegenseitigen Behinderung der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer treten wir effektiv entgegen.
Die Planung und der Bau der Tangentialverbindung Ost als Stadtstraße mit parallelem Radschnellweg sind beispielhaft für eine übergreifende Verkehrspolitik. Wir schaffen ein Maßnahmenpaket, das ein Nebeneinander und zugleich eine intelligente Verzahnung von motorisiertem Straßenverkehr, ÖPNV, Radverkehr und Fußgängern ermöglicht. Trotz deutlichem Bevölkerungswachstum in den letzten Jahren und der Zunahme der Verkehrsdichte wurde der erhöhte Bedarf durch die Verkehrsmittel des Umweltverbundes aufgefangen. Der Rückgang des motorisierten Individualverkehrs ist dabei festzustellen. Ob also Tunnelanlagen, wie in Ihrem Antrag gefordert, eine adäquate moderne Lösung zur Erschließung neuer Stadträume sind, sei einmal dahingestellt.
Mit den sehr umfassenden und zum Teil sehr kleinteiligen Maßnahmen ist der Koalitionsvertrag beispielgebend.
Gerade diese ermöglichen eine zielgenaue Auswertung und Anpassung im Sinne einer nachhaltigen Verkehrsentwicklung. Der zweite Fortschrittsbericht zum Stadtentwicklungsplan Verkehr bestätigt dies – wir sind mit den umgesetzten und kontinuierlich weiterzuentwickelnden Maßnahmen auf dem richtigen Weg. Wir haben im Koalitionsvertrag den Anspruch einer nachhaltigen, sicheren und intelligenten Mobilität für Berlin formuliert.