Generell keine Nachfragen, bitte! – ging ich einen Schritt zurück in die bosnische Community. Dort habe ich mich nämlich nicht minderwertig gefühlt. Zum Glück gab es bei mir deutlich mehr entgegengestreckte Hände als Menschen, die mir ihre eigene Vorstellung vom Leben überstülpen wollten.
Wir haben in Deutschland einen klaren Rahmen, und das ist unser Grundgesetz. Er gilt für alle, auch für die neu Ankommenden. Innerhalb dessen ist jedoch sehr viel Platz für unterschiedliche Versionen des Deutschseins. Es gibt Platz für Sie, es gibt Platz für mich und auch für gläubige Muslime.
Aber womöglich geht es Ihnen in Ihrem Antrag weder um konkrete Neuerungen im Unterricht noch um Integration. Womöglich geht es in Ihrem Antrag einzig darum, Ressentiments in der Gesellschaft zu schüren und das gefühlte Unbehagen zu befeuern, ungeachtet dessen, ob es begründet ist oder nicht.
Möglicherweise nutzen Sie unser Hohes Haus nur dazu, sich selbst hochzustilisieren als die Antiestablishmentpartei, die den Mut zur gefühlten Wahrheit hat und dabei Fakten ganz bewusst außen vor lässt.
Ich bleibe ratlos ob Ihrer Motivation. So oder so – dieser Antrag beinhaltet keine weiterführende Idee, die Anlass geben könnte, sich im Ausschuss näher mit ihm zu befassen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie daher, diesen Antrag sofort abzulehnen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete! – Für die CDU-Fraktion hat jetzt die Abgeordnete Frau Bentele das Wort. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Ihrem Antrag zum islamischen Religionsunterricht zitieren Sie
seitenweise Gerichtsurteile, doch gehen Sie auf den Wesenskern des Religionsunterrichts und seine Beziehung zum Staat nicht ein, welche in Gerichtsurteilen, unter anderem in dem vom Verwaltungsgericht München, deutlich dargelegt wurden. Ich zitiere:
Die Frage der Deutung und Auslegung religiöser Offenbarungsschriften … obliegt allein den Gläubigen selbst und ihren Glaubensgemeinschaften … Eine staatliche Einmischung in Glaubensinhalte als solche ist mit dem Gebot staatlicher Neutralität gegenüber religiösen Überzeugungen … nicht vereinbar.
Das heißt, es kann allein rein rechtlich keine staatliche Zensur des islamischen Religionsunterrichts geben und damit auch nicht die Maßnahme, die Sie unter I a fordern – ganz abgesehen davon, dass diese Maßnahme absolut wäre, da islamischer Religionsunterricht nur in der Grundschule erteilt wird.
Natürlich aber gibt es für den Religionsunterricht Kontrollmechanismen wie zum Beispiel die Zulassung der Träger, die Genehmigung der Rahmenlehrpläne, unangemeldete Unterrichtsbesuche. Wie liegt unser Fall in Berlin? – Die Islamische Föderation hat sich das Recht, Träger des islamischen Religionsunterrichts zu sein, gerichtlich erstritten, und es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, dass sie dieses Recht verwirkt haben könnte. Die Rahmen der Pläne wurden genehmigt und der Unterricht durch unangemeldete Unterrichtsbesuche kontrolliert. Hierbei gab es keine Beanstandungen.
Vor diesem Hintergrund erschließen sich uns der Handlungsbedarf und die Handlungsmöglichkeiten nicht. Deshalb werden wir den Antrag auch ablehnen.
Allerdings – das möchte ich auch im Hinblick auf Frau Lasić sagen – hätten wir eine Ausschussüberweisung sinnvoller gefunden als die beantragte Sofortabstimmung; denn das hätte uns Gelegenheit gegeben, eine fundierte und durchaus notwendige Diskussion über die Weiterentwicklung des islamischen Religionsunterrichts im Hinblick auf die Trägerschaft, die Lehrkräfte und die praktizierte Herangehensweise an den Koran zu führen.
Da werden wir dann wohl – was aber auch gut ist – mit einem eigenen Besprechungspunkt oder Antrag noch mal an das Thema herangehen müssen. Denn auch der FDPAntrag heilt zwar die grundsätzlichen Probleme des AfDAntrags, springt unserer Meinung nach inhaltlich aber immer noch zu kurz. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete! – Für die Fraktion Die Linke hat jetzt die Abgeordnete Frau Kittler das Wort. – Bitte schön!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Antrag ist offensichtlich der Versuch, den Beschluss des Stuttgarter Parteitages der AfD mit der Botschaft „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ umzusetzen.
§ 13 Schulgesetz und die entsprechende AV regeln Punkt I bereits, und das wissen die Einreicher selbstverständlich auch. Sie zitieren ja auch teilweise aus diesen. Frau Bentele hat das jetzt schon ausführlich erklärt, das muss ich gar nicht wiederholen.
Das Schulgesetz gilt für alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die zum Unterricht zugelassen werden. Insofern ist auch der FDP-Änderungsantrag überflüssig. Er fordert das, was längst geregelt ist. Der AfD geht es natürlich nicht um alle, sondern nur um eine, die des Islam. Begründung findet das in ellenlangen Zitaten aus dem Koran. Das Gleiche hat der Kollege hier vorhin auch gemacht. Die Frage ist: Wieso beschränken Sie sich eigentlich darauf? – Ach so, ja, weil der Islam ja angeblich nicht zu Deutschland gehört! – Sie konstruieren eine Sonderstellung des Islam, die er nicht hat.
Koranverse sollten genau wie Bibelverse oder andere Auszüge religiöser Schriften grundsätzlich immer von den Lehrenden kommentiert und im Kontext vermittelt bzw. erklärt werden. Wir reden hier über Texte, die über 3 000 Jahre alt sind. Sie wurden zu zum Teil martialischen Zeiten geschrieben – was man auch nachlesen kann –, und das gilt eben auch für Bibel, Tora oder Koran.
Aufgaben der Vermittlung religiöser Inhalte auf Basis von religiösen Quellen und deren Anwendung auf die
Gegenwart bzw. die Bedeutung für das alltägliche Leben und Miteinander in Deutschland und in Berlin gehören zu den religionspädagogischen Grundaufgaben. Dass dies im Sinne des Rechtsstaates geschieht, ist, wie eingangs erläutert, durch Schulgesetz und AV gesichert. Ich könnte Ihre Begründung jetzt Stück für Stück auseinandernehmen, aber wir haben heute noch Wichtigeres zu tun, deshalb beschränke ich mich auf einige Punkte. So soll der Koran – und nur dieser – unter anderem auf Tötungs- und Kriegsaufrufe, religiöse Diskriminierung, Volksverhetzung und Rechtsdefizite bei der Behandlung von Frauen untersucht werden. Abgesehen davon, dass ich der Meinung bin, dass genau nach diesen Kriterien die Untersuchung von Aussagen von AfD-Mitgliedern wie Gauland, Höcke und Storch
oder auch so mancher Vertreter der Berliner AfD alarmierende Ergebnisse erbringen würde, empfehle ich dem Verfasser des Antrags, sich auch mal mit der Bibelexegese zu beschäftigen.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Wir hatten die Aufklärung! Was reden Sie denn da? – Zurufe von Marcel Luthe (FDP) und Stefan Franz Kerker (AfD)]
Wie wäre es zum Beispiel mit dem Alten Testament, Buch Jesaja, Kapitel 13, Vers 16? Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin:
Es sollen auch ihre Kinder vor ihren Augen zerschmettert werden, ihre Häuser geplündert und ihre Frauen geschändet werden.
Aber in den Städten dieser Völker, die dir der Herr, dein Gott, zum Erbe geben wird, sollst du nichts leben lassen, was Odem hat, sondern an ihnen den Bann vollstrecken lassen, nämlich an den Hetitern, Amoritern, Kanaanitern, Perisitern, Hiwitern und Jebusitern, wie dir der Herr, dein Gott, geboten hat.