Protokoll der Sitzung vom 20.08.2020

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Senatorin Scheeres hat eines geschafft, was noch kein Bildungsminister vor ihr geschafft hat. Ich würde jetzt gerne und neidlos sagen: Sie hat es geschafft, die Schulen zu sanieren, aus unseren Klassenzimmern keine Zeitkapseln zu machen, sondern moderne Unterrichtsräume. Ich würde auch gerne sagen: Sie hat es geschafft, dass Berlin nicht mehr das Schlusslicht im Bildungsvergleich ist. Ferner würde ich gerne sagen: Sie hat es geschafft, den Lehrermangel in Berlin zu beheben. – Stattdessen muss

(Regina Kittler)

ich leider sagen: Frau Senatorin Scheeres hat es geschafft, alle, aber auch wirklich alle im Schulbereich gegen sich aufzubringen:

[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]

Eltern, Schüler, Lehrer, Personalräte, Gewerkschaften – gut, die Opposition muss es qua Funktion. Herr Stettner ist in dieser Hinsicht immer fleißig bei mir. – Das darf einfach nicht sein.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall von Andreas Wild (fraktionslos)]

Das zeigt, dass wir ein grundlegendes Problem an der Spitze des Hauses, der Bildungsverwaltung, haben. Es schreit „Verrat!“ in den Lehrerzimmern. Der Personalrat schreibt Ihnen einen Brief, in dem es heißt, die Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich verraten ob Ihrer Aussage in der „Abendschau“, Frau Scheeres! Sie fühlen sich von Ihnen im Stich gelassen. Ihre Kommunikationspolitik wurde schon in der letzten Ausschusssitzung besprochen, und keiner ist damit zufrieden. Die Schulleiter sagen: Wir bekommen die Informationen immer erst mit der Presse oder wesentlich später. Wir bekommen kurz vor den Ferien Neuerungen mitgeteilt am Freitagabend, die wir am Montag umsetzen müssen. – Wie sollen diese Kolleginnen und Kollegen in den Schulen denn vernünftig arbeiten, wenn sie nicht einmal ausreichend Zeit haben, um die Dinge umzusetzen?

Erinnert sei auch an die ersten Auswüchse in der Krise, als 1 000-Liter-Tanks mit Desinfektionsmittel vor Schulen gestellt wurden, das die Lehrerinnen und Lehrer aber nicht selbst abfüllen durften, weil dazu Fachkräfte gebraucht werden, die natürlich nicht gestellt wurden. Das zeigt, dass man das Problem sieht und weiß, was man machen könnte, aber man macht etwas komplett anderes, etwas, was total überdimensioniert und nicht passgenau ist.

Natürlich – da gebe ich dem Kollegen Stettner recht – brauchen wir einen Bildungsgipfel in dieser Stadt.

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Natürlich müssen wir alle, die sich um Schule kümmern und um die Bildung unserer Kinder, um die Zukunft unseres Landes besorgt sind, zur Kenntnis nehmen: Wir reden hier über nichts Geringeres als über die Zukunftsfähigkeit des Landes Berlin und seiner Schülerinnen und Schüler, die später einmal das Steueraufkommen stemmen müssen, um Ihre teilweise wüsten Steuerausgaben zu finanzieren.

[Zuruf von Andreas Wild (fraktionslos)]

Es geht um die Kinder; um die müssen wir uns kümmern.

Ich würde noch ein Stück weitergehen, als die CDU es in ihrem Antrag tut. Mir fehlt ein wenig die Zielstellung

dieses Gipfels. Nur mal so darüber reden, und dann wird es schon werden – ich glaube nicht, dass das reicht.

[Beifall bei der FDP]

Ich glaube, wir brauchen mehr als einen einfachen Gipfel. Wir müssen schauen, dass wir eine Runde schaffen. Der Zeitpunkt wäre sehr gut,

[Zuruf von der AfD: Machen! Umsetzen!]

um die Politik sowie die Stakeholder von Schule und Kita an einen Tisch zu holen, um gemeinsam über die Handlungsfelder zu sprechen, die jetzt nach und nach angegangen werden müssen. Dort wäre gemeinsam über Lösungen zu sprechen, und ein Konsens müsste erreicht werden. Damit hätten wir eine große Chance, wie sie in der Freien und Hansestadt Hamburg ergriffen wurde, einen Schulfrieden für Berlin zu beschließen. Ein gemeinsam getragenes Konzept der gesamten Gesellschaft in Berlin – das, was Ihnen viele Wählerinnen und Wähler an den Wahlkampfständen sagen werden: Jetzt reißt euch doch mal zusammen und kämpft nicht immer nur gegeneinander, sondern auch einmal miteinander für die Sache! –, genau das könnten wir für die Schule brauchen. Darum rufe ich Sie auf: Lassen Sie uns einen Bildungsgipfel machen! Holen Sie die Politik und die Stakeholder von Schule und Kita mit an den Tisch! Lassen Sie uns gemeinsam die Handlungsfelder besprechen, Lösungen erarbeiten und diese in den nächsten Jahren gemeinsam umsetzen! Dann kriegen wir Berlin auch wieder nach vorne. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP und der CDU]

Vielen Dank! – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt die Kollegin Burkert-Eulitz das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn die CDU zum Gipfel ruft – Punkt, Fragezeichen. Gipfelpolitik ist für die CDU immer ein beliebtes Mittel, um Tätigkeit zu suggerieren. Auf Bundesebene lud Kanzlerin Merkel im Jahr 2008 zum Dresdner Bildungsgipfel. Auf die Umsetzung seiner Beschlüsse warten wir noch heute. Es ist bezeichnend, dass im Bereich der Digitalisierung von Schulen erst durch die Coronapandemie vom Bund noch zusätzliche Mittel bereitgestellt werden, etwa für die Anschaffung von Tablets.

Die aktuelle Bilanz der CDU-regierten Länder bei der Bildung zu Pandemiezeiten und die Kritik aller Bildungsakteure in diesen Ländern, fällt negativ aus: an den CDUBildungsministerinnen bzw. -ministern von SachsenAnhalt und Hessen oder im schwarz-gelb regierten Nordrhein-Westfalen, wo übrigens Tausende Lehrkräfte fehlen

(Paul Fresdorf)

trotz Verbeamtung. Massive Kritik an der Schulpolitik gehört zum Tagesgeschäft.

Schauen wir aber einmal genau nach Berlin zu Pandemiezeiten: Zu den Sommerschulen und den Lernbrücken, die von der Senatsverwaltung entwickelt wurden, gibt es durchweg positives Feedback, auch von der CDU. Es gibt eine Teststrategie, an der noch erheblich nachgebessert werden muss. Ferner stehen den Schulen 300 000 Masken zur Verfügung. Es gibt die Fachbriefe für die Lehrkräfte, die Frau Kittler bereits vorgestellt hat. Der „Grundschulpapst“ Prof. Ramseger kommentiert es wie folgt – nicht nur über die Presse –: Liebe Freunde der Grundschule! Heute möchte ich Sie auf eine fabelhafte Veröffentlichung der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Berlin hinweisen, die auch für die Lehrkräfte in allen anderen Bundesländern äußert hilfreich ist. Der Fachbrief Grundschule Nr. 12 zum Themenschwerpunkt Lernen im Alternativszenario vom August 2020, der auf dem Bildungsserver BerlinBrandenburg online für jedermann zur Verfügung steht, stellt eine umfassende pädagogische Konzeption für die Verzahnung von Präsenzunterricht und Lernen zu Hause vor. – Den Rest davon haben Sie schon gehört. – Außerdem heißt es: Hier liegt ein solches Konzept, das von exzellenten Praktikerinnen in kurzer Zeit äußerst sachkundig zusammengestellt wurde, und kann sofort benutzt werden, natürlich auch von den Lehrkräften in allen anderen Bundesländern.

Schauen wir genau hin – das heißt, die Verwaltung war nicht untätig. Sie hat hier etwas geschaffen, was allen Lehrerinnen und Lehrern zur Verfügung steht. Klar ist aber auch, dass wir bei der Digitalisierung sehr viel besser werden müssen.

[Zuruf von der AfD]

Daran wird intensiv gearbeitet, unter anderem von meiner Kollegin Remlinger. Kinder wollen lernen und brauchen Kontakt zu Gleichaltrigen. Eltern brauchen verlässliche Betreuung und die Gewissheit, dass ihre Kinder nicht abgehängt werden. Daher ist es notwendig, dass die Schulen, soweit es geht, geöffnet sind. Es gibt ein Alternativszenario. Allen Dank den Eltern, den Erzieherinnen und Erziehern, den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, den Lehrkräften, den Reinigungskräften, Hausmeisterinnen und Hausmeistern sowie den Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern in den Bezirken und der Senatsverwaltung, die unermüdlich daran arbeiten, dass unsere Kids lernen können!

Ja, es gibt Kritik, insbesondere an der Kommunikation, der Weitergabe von Informationen durch die Senatsverwaltung. Die Informationen kommen entweder zu spät oder dort an, wo sie nicht hingehören. Das muss sehr viel besser werden. Daran arbeitet jetzt der Hygienebeirat, in dem sich gesundheitlicher Sachverstand und schulfachliche wie schulpolitische Akteure austauschen und ergebnisorientiert arbeiten sollen. Der Hygienebeirat soll die

Kritikpunkte aufnehmen. – Da nehmen wir Sie beim Wort, Frau Scheeres, dass dann eine schnelle Umsetzung erfolgt.

Noch ein Hinweis: Nicht in den Schulen verhalten sich die Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen falsch, sondern ein Teil der Erwachsenenwelt in dieser Stadt. Von der Disziplin unserer Kinder können wir uns eine Scheibe abschneiden – wir alle.

[Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN]

Wir werden weiter diskutieren.

Übrigens – darauf hat schon Frau Kittler hingewiesen –: Berlin hat beim Bildungsmonitoring 2020 nachweislich seine Hausaufgaben gemacht: bestes Abschneiden bei den positiven Entwicklungen. Das ist mal was. Da müssen wir anknüpfen. Von Platz 16 sind wir jetzt auf Platz 13. Wir haben noch sehr viel zu tun.

[Zuruf von der CDU: Weiter zurückfallen geht nicht! – Zurufe von Tommy Tabor (AfD) und Franz Kerker (AfD]

Aber was die positive Entwicklung angeht, ist das Land Berlin bei diesem Bildungsmonitoring, das immerhin auch durch die Wirtschaft unterstützt wird, da geht es voran, und andere Länder stagnieren oder fallen hinten zurück. – Vielen Dank!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank, Frau Kollegin! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Vorgeschlagen wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 4:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Rechnungshof von Berlin

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 12. August 2020 Drucksache 18/2901

zum Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Die Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 18/2724

Ich eröffne die zweite Lesung des Gesetzesantrags. Ich rufe auf die Überschrift, die Einleitung sowie die Artikel I und II des Gesetzesantrages und schlage vor, die Beratung der Einzelbestimmungen miteinander zu verbinden. – Widerspruch hierzu höre ich nicht. In der Beratung beginnt die Fraktion der SPD, und hier der Kollege Hofer. – Bitte schön!

(Marianne Burkert-Eulitz)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir als Parlament, als Abgeordnetenhaus von Berlin, arbeiten gut mit unserem Rechnungshof zusammen. Deshalb freue ich mich, dass wir heute ein Parlamentsgesetz beschließen werden, mit dem wir die Finanzkontrolle in Berlin stärken werden.

[Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]

Ich freue mich auch, dass unsere Rechnungshofpräsidentin, Frau Klingen, heute anwesend ist, um dieser Debatte beizuwohnen. Auch das zeigt, dass wir hier wirklich ein gutes Gesetz auf den Weg bringen. Der Hauptausschuss hat diesem Gesetz auch schon einstimmig zugestimmt.

Was steht jetzt eigentlich im neuen Rechnungshofgesetz drin? – Erstens: Wir geben dem Rechnungshof hier im Parlament ein Rederecht, damit er seinen Jahresbericht vorstellen kann. Dieser Jahresbericht ist für uns ein wichtiges Arbeitsinstrument, und deshalb finde ich es gut, dass wir ihn auch hier in diesem Parlament beraten und der Rechnungshof die Möglichkeit hat, ihn hier vorzustellen. In Brandenburg ist das bereits der Fall.

Der zweite Punkt, den wir in diesem Gesetz regeln, ist, dass wir dem Rechnungshof bei der Personaleinstellung mehr Freiraum geben möchten. Bisher galt für die Prüferinnen und Prüfer eine starre Altersgrenze von 35 Jahren, mit ganz vielen Voraussetzungen. Es war eine Schwierigkeit, unter diesen Bedingungen Personal zu finden. Deshalb geben wir dem Rechnungshof die Möglichkeit, sich zu verjüngen, indem wir diese Regelung abschaffen. Da bin ich auch zuversichtlich, dass wir das schaffen können; gegenwärtig beträgt der Altersdurchschnitt beim Rechnungshof 52 Jahre.